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Wie alles anfing - »Schlomos« erste Kolumne

Ren Dhark & das WeltallWie alles anfing
»Schlomos« erste Kolumne

Mich juckt`s in den Fingern, da will etwas ganz dringend heraus, in die Tastatur fließen, in einem File landen, am besten direkt und ohne Umwege aus dem Gehirn in den Computer. Hack Lechts! Ich fiebere so richtig dem Text entgegen, der da kommt, will wissen, was ich da ausbrüte, lesen, was sich in mir an Ideen zusammenbraut. Denn - hm – woher soll ich wissen was ich denke, bevor ich es geschrieben hab?


Woher kommt dieser plötzliche Schreibanfall? Nun, das hat vor knapp 12 Stunden begonnen, musste nur zwischendurch ein paar Stunden knacken und davor noch an einem anderen Projekt weiter arbeiten. Also: Wollte so gegen 0300 schnell mal meine eMails tschäcken, und was finde ich? Eine Mail, bei der irgend etwas mit Ren Dhark im Betreff stand. Geöffnet, gelesen, gestaunt. Horst Hermann von Allwörden hatte meine Adresse von meinem alten Freund Nobby aus Bielefeld (der felsenfest davon überzeugt ist, dass es Bielefeld doch gibt, und der sogar glaubt, dort zu wohnen...), und er – nicht Nobby (Obwohl? Weiß man`s?), Horst - sucht einen neuen Ren Dhark Kolumnisten.

COOL! Da ging sofort ein neuronales Feuerwerk in meinem Hinterkopf los, ein Megalechts, sofort in die Tastatur zu hämmern, und - au, kurze Mampfpause.

Gebratene Selleriescheiben, Kartoffelbrei, Blattsalat mit Ziegenkäse.

Eine ½ Stunde später: Börps! Satt. So, noch schnell Tass Kaff, Verdauungskippe -

- und weiter:

Fühl mich jetzt echt vollgefressen. Äh, wo waren wir stehengeblieben? Ah, klar. Letzte Nacht im Labor. Hab also sofort eine Antwort geschrieben. Inhalt (kurz zusammengefasst und auf einen Nenner gebracht): Klar! Logo! Lechts! Gier! Sabber! Wieviel? Bis wann?

Musste aber dann weiter Gesteinsproben bestimmen, und hatte gerade ein paar Härtefälle vor mir. Einer sah aus wie Gabbro, dunkelgrün, könnte aber auch ein grobkörniger Amphibolit sein. Seltsamer Weise hat er eine braune Kruste. Hm. Den muss ich wohl eingehender analysieren. Als ich nach einer Stunde immer noch kein eindeutiges Ergebnis hatte, hab ich beschlossen, erst einmal eine Runde zu pennen. Also: Computer runter gefahren, Labor über den Hauptschalter stromlos geschaltet, zwei Treppen hochgelaufen und - kann mich nicht daran erinnern was dann war. Bin jedenfalls vorhin gut ausgeschlafen aufgewacht und hab beschlossen, mich vor der Arbeit zu drücken und mal schnell was für den Zauberspiegel zu schreiben. Ist heute – denk ich zumindest – eh Sonntag.

So. Damit wären wir zeitlich und funktional wieder an der Stelle, an der die Kolumne angefangen hat. Und in meiner aktuellen persönlichen Gegenwart. Dann können wir ja mal loslegen.

Jaaaa – Ren Dhark (Schwärm). Die Hefte, später die Bücher, die Geschichten und das Feeling, das besondere Flair, das Kurt Brand eingebaut hat, und das Hajo später congenial weitergestrickt hat, ja, das ist schon so eine Art von rotem Faden, der in meinem Leben immer wieder eine Rolle spielt. Wie bin ich darauf gestoßen? Das dürfte so Anfang 1967 gewesen sein, als ich einen Stapel Ren Dhark Hefte bei meinem Cousin entdeckte. Der war ein paar Jahre vorher – zusammen mit meiner Tante und meiner Cousine – aus den USA nach Bayern gekommen, ist das erste Jahr in die Amerikanische Schule gegangen, wurde dazu jeden Tag mit dem Schulbus (so ein echter US Schulbus, wie man sie aus den Filmen kennt. Ja, die gab es damals auch in München, aber eben nur für die Ami-Schüler. Was ich ein Jahr danach sehr bedauert hab, als ich in die Schule kam. Seufz. Jeden Tag einen Kilometer hin und wieder zurück laufen. Zu Fuß war ich noch nie so besonders...) abgeholt, musste aber im folgenden Jahr in eine deutsche Schule gehen. Bis dahin hatte er die Sprache zumindest so weit gelernt – Mit Hilfe einer Lehrerin der hiesigen Schule, die ihm Nachhilfe gab -, dass er dort verstand, worum es ging, aber um besser zu werden, verpasste ihm meine Tante Pulp Hefte. Nicht US Pulp, auf die ich rund 10 Jahre später so abgefahren bin, sondern welche auf deutsch.

Den Ren Dhark Stapel hab ich damals neben seinem Nachttisch gefunden, war sofort fasziniert von den runden Titelbildern, wollte von meinem Cousin wissen, worum es da geht. Science Fiction. Recht viel mehr war aus ihm nicht herauszubekommen. Ich wusste nur, dass er die Hefte aus genanntem Grund lesen musste. Aber ob er das auch getan hat? Wir werden es wohl nie erfahren. Ausleihen wollte ich mir die Hefte nicht – zum einem weil ich meinen Cousin als Schrägvogel eingestuft hatte und zum anderen, weil er die Dinger ja lesen musste. Meine Tante konnte ich auch nicht fragen, da sie mir immer Bücher auf Englisch schenkte (da sie der Ansicht war, dass mein Englisch besser werden müsse. Das passende Wörterbuch hatte ich von meiner Mutter.), aus dem Laden, einem Zeitschriftenkiosk, vor der Treppe runter zum Krankenhaus in der McGraw, an dem ich immer Comic lesend wartete, wenn meine Cousine mal wieder beim Doc war, was sehr oft vorkam, da sie irgendwie dauernd von Hunden gebissen wurde oder dergleichen – was sie anscheinend fast magisch anzog. Auch eine Superkraft. Nur nicht von der Art wie in den Comics.

Es gab in Waldperlach – nur eine Straße von mir entfernt – einen winzigen Schreibwarenladen, in dem es praktisch alles gab, was man zum Basteln braucht: Wundertüten, Ausschneidebögen (mit bis zu 10 Blättern, etwa ein WWII U-Boot), Klebstoff, Buntpapier, Feuerwerkskörper (das ganze Jahr über) und Süßigkeiten. Klar, dass das mein bevorzugter Aufenthaltsort war.

In diesem Jahr – 1967 – waren im Mai die Bastelbögen “Manchester Railway” im Fix und Foxi Heft, und im Juli, wenn ich mich recht erinnere in der letzten Woche vor den Sommerferien, ein Bogen mit einem Renault Oldtimer. Sehr simple, aber dennoch ansprechende Teile, die ich – speziell bei heißem, sonnigem Wetter – auf der Terrasse am Boden sitzend unter einem Sonnenschirm ausschnitt und zusammenklebte. Und irgendwie weckte das bei mir die Lust auf mehr. Als die Sommerferien begannen und ich ein paar Mark wegen des Zeugnisses bekommen hatte, bin ich sofort zum Schmucker, so hieß die Betreiberin des Schreibwarenladens und damit auch der Laden selbst, gerannt und hab das vorhin genannte U-Boot gekauft.

Das bedeutete Spaß für mehrere Tage, danach hab ich einen Bach unter den Johannisbeersträuchern im Garten gegraben und betoniert, mit Beton, den ich von meinem Onkel geschnorrt hatte, der in der Kohlenhandlung im Grundstück hinter unserem eine Waschküche baute, etwas später hab ich mein Piratenschiff zerlegt und aus den Brettern ein Haus gebaut (um das ausrangierte Gestell einer Werkbank meines Vaters herum, die er Jahre zuvor aus dem Klavier meiner Mutter gebaut hatte). Bis es dann gegen Ende August vom Wetter her so richtig mies wurde: Grau in grau, Nieselregen, kalt. Echt unangenehm.

Irgendwann hab ich dann beschlossen, ich bastle im Haus weiter. Nur was? Panik! Jetzt bestand die Gefahr von Langeweile! Und Langeweile ist bekanntlich das Einzige, mit dem ich überhaupt nicht umgehen kann. Also musste schnell – SCHNELL! - eine Idee her. Zum Glück fielen mir sofort die Modellbaubögen wieder ein, also hab ich meine Safe geöffnet (der auch vom Schmucker stammt, Plastik, 5 Mark, 3 Ziffern, wobei man den Code selbst einstellen kann. Hab ich ein paar Tage nach Weihnachten `66 gekauft, mit einem Fünfmarkstück, das ich von meiner Großmutter bekommen hatte. Echt cool! Ich hab das Teil immer noch), alle Münzen raus geholt, Anorak und Gummistiefel angezogen und zum Schmucker gewieselt.

Die Bastelbögen waren in Blöcken vom Format DIN A2 geheftet, und vom interessanten Block, dem, in dem das U-Boot war, hatte ich schon alles gebastelt, was sich auch nur irgendwie zu basteln rentierte. Das zweite Heft war voll mit Dingen, mit denen sich dem 60er Jahre Klischee nach Mädchen beschäftigten. Also extrem uninteressant. Aber Frau Schmucker hatte inzwischen einen dritten Block bekommen: Gebäude. Darin befand sich unter anderem ein 25 teiliger Bogen von Schloss Neuschwanstein. 25 Bögen! Cool. Aber ein Schloss? Ich mag keine Schlösser, weil die voll mit Schnörkeln sind. Und Schnörkel kann ich nicht ausstehen. Wenn es eine Ritterburg gewesen wäre! Darauf fahr ich ab. Aber ein Schloss? Nein. Nix für mich.

Trotzdem hab ich die Idee mit der Burg im Hinterkopf behalten. Im Frühjahr 1968 hab ich dann das Haus aus dem Werkbankrahmen zerlegt und eine Burg gebastelt. 3 mal 3 Meter, mit Burgmauer, Turm, Verlies, mehreren Zimmern, und natürlich einem Geheimgang (an dem ich bestimmt 2 Wochen lang gegraben hab). 1969 hab ich dann aus der Burg ein Raumschiff gebaut...

So. Nachdem das mit den Bastelbögen nichtswar, hab ich mich im Laden umgeschaut, ob es vielleicht sonst etwas gibt, an dem zu basteln sich lohnt. Da wurde mir bewusst, dass man im Laden auch Romanhefte tauschen konnte. Die lagen stapelweise in kleinen Regalen vor der Theke, und auf einem Stapel sah ich ein Ren Dhark Heft oben auf liegen. Die kannte ich von meinem Cousin, der sie las – oder zumindest lesen sollte -, um Deutsch zu lernen. Ich vermute, dass er seine Ren Dhark Hefte beim Schmucker verkauft hat, wenn er sie ausgelesen hatte – oder Kohle brauchte.

Also hab ich die Hefte durchgeblättert. In eins der Hefte hab ich kurz reingelesen, bin dann aber wieder heim gegangen, weil mir bei der Lektüre eingefallen ist, dass ich eigentlich an meiner 3-dimensionalen Sternkarte weiter basteln könnte.

Am Abend hab ich dann den Tag noch mal Revue passieren lassen, das wenige, was ich in dem Ren Dhark Heft gesehen hatte – speziell die Rubrik “Die Welt des Ren Dhark” - in der Erinnerung noch einmal angesehen. Was ich gelesen hatte (2051! Interstellare Raumfahrt!) hat mir aber keine Ruhe gelassen, also bin ich am nächsten Tag wieder zum Schmucker gegangen und hab weiter gelesen. „Offiziell“ wollte ich mir Sauerbonbons kaufen. Was ich auch gemacht hab, aber gemampft hab ich sie während ich ein Ren Dhark Heft gelesen hab...

Da die Frau Schmucker superfreundlich war, bin ich dort sehr oft herumgelungert, hab für 10 Pfennig 10 Sauerbonbons gekauft – die gab es in einem Riesenglas auf der Theke – und hab Ren Dhark gelesen. Immer so lange, bis ich meine 10 Sauerbonbons aufgemampft hatte, was relativ lange gedauert hat, da sie steinhart waren und man sie daher nicht einfach zerkauen konnte. Ich hatte da schon meinen Stammplatz neben der Tür vor den Heftregalen.

Ab da war ich praktisch jeden Tag einmal im Laden, aber als die Schule dann angefangen hat, konnte ich bestimmt eine Woche lang kein Heft lesen, weil der Laden gestopft voll war mit Leuten, die Schulhefte, Stifte und den ganzen Kram gekauft haben. Erst nach diesem „Run“ konnte ich wieder jeden Tag nach der Schule in Ruhe weiter lesen.

Eines Tages hatte ich aber Pech: Meine Mutter kam in den Laden, stellte ganz verblüfft fest, dass ich hier abhing und wollte wissen, was ich da eigentlich mache. Und was sie da von mir erfuhr, gefiel ihr gar nicht. Daher gab sie mir eine Mark und verlangte von mir, die Hefte zu kaufen, wenn ich sie lesen wollte. Also kaufte ich 5 Ren Dhark Hefte und 50 Sauerbonbons...

Von da an hab ich mindestens einmal in der Woche ein paar Hefte und eine Ladung Sauerbonbons gekauft. Das ging eine Weile gut, aber Ren Dhark wurde leider nach Heft 98 eingestellt, es tauchten aber bereits 1968 nur noch selten neue Hefte im Laden auf. Die SF Bücher aus dem Bücherbus – einerWanderbibliothek – hatte ich auch schon durch und als ich im Dezember meine jährliche Wintererkältung bekam, hatte ich keinen Lesestoff mehr. Sehr ärgerlich. Also ging meine Mutter zum Schmucker und kaufte dort ein Perry Rhodan Heft. Band 65, /Ein Hauch Ewigkeit/. Gefiel mir gar nicht. Erst als ich ein paar Wochen später PR Heft 354 gekauft hab – das fand ich wirklich spannend – las ich mangels weiterer Ren Dhark Hefte eben notgedrungen Perry Rhodan.

Und diese Durststrecke war erst zu Ende, als ich im Weltbild Katalog die Buchausgabe von Ren Dhark entdeckte. Jemand, der nicht Ren Dhark Süchtig ist, kann sich gar nicht vorstellen, was für ein neuronales Feuerwerk in dem Moment in meinem Hinterkopf los ging. Die Welt war plötzlich wieder in Ordnung. Sowas von in Ordnung sogar, das kann ich gar nicht beschreiben.

Als dann noch die Fortsetzung unter der Regie von Hajo F. Breuer kam, war mein Leben wirklich perfekt!

Wie es weiter ging - oder besser: geht -, erfahrt ihr in der nächsten Kolumne

Schalom,
Schlomo

Kommentare  

#1 Nobby1805 2015-05-07 10:20
Wow ... B. wie er leibt und lebt :lol: weiter so ...
#2 Toni 2015-05-07 16:40
Sehr spaßig...steh ich drauf :-) ! Bin gespannt wie es weitergeht!!

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