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Creature Features

Schrott auf DVD und BluRayCreature Features

Was ist ein schlechter Film? Nun, diese Betrachtung ist sehr subjektiv, denn es liegt immer im Empfinden des Zuschauers.

Filme die ich schlecht finde muss ein anderer nicht zwangsläufig auch so ansehen. Für mich sind zum Beispiel die weitaus meisten der heutigen A-Filme schlecht. Da wird es manch einen Leser geben, der nun die Stirn runzelt und ein Fragezeichen über dem Kopf trägt.

Seit Einsatz von CGI haben Monsterfilme den Markt überschwemmt. Als Fan von Gurken mit Riesenviechern kommt man da kaum hinterher sich die Dinger alle anzuschauen. Na ja, meistens sind die Teile auch schnell und mies hergestellt. Da ist man als Freak schon froh, wenn mal etwas klassisch handgemacht ist. Dass ausgerechnet Filme aus dem deutschen Sprachbereich diese Kriterien erfüllen sollen ist mehr als ungewöhnlich. Aber man lässt sich ja gerne überraschen.

BlutgletscherBlutgletscher (2013)
Regie: Regie: Marvin Kren, mit Gerhard Liebmann, Edita Malovcic, Santos, Hille Beseler, Peter Knaack, Felix Römer, Brigitte Kren
Als der Film von Koch Media herausgegeben wurde war man vielerorts voll des Lobes über dieses Ding, von dem ich vorher noch nichts gehört hatte. Die Ösis haben ein gutes Creature Feature gemacht? Ein wenig fehlte mir der Glaube daran. Aber gut, ich bin in die Videothek gegangen und habe es mir ausgeliehen. Ich sollte es nicht bereuen.

Irgendwo in den Alpen steht eine Klima-Forschungsstation. Die Leute dort müssen miteinander leben, aber so richtig grün sind sie sich nicht. Eines Tages machen Janek (Gerhard Liebmann) und ein Kollege eine seltsame Entdeckung. Einer der Gletscher hat sich rot verfärbt. Während die Männer Proben entnehmen wird sein Hund in einen Kampf mit einem unbekannten Tier verwickelt. Die Untersuchung der Proben fördert Erstaunliches zutage, denn so etwas dürfte es eigentlich nicht geben. Es handelt sich um Leben in bisher nicht gekannter Form. Die Einzeller befinden sich in der Lage in jedes Lebewesen einzudringen und die Geninformationen des Wirtskörpers anzunehmen. Dringen sie in einen weiteren ein, so werden die Gene kombiniert, bei Fleischfressern reichen schon jene des Mageninhalts. Das führt zu kuriosen Kreaturen im Äußeren wie im Inneren.

Eine Gruppe von Leuten um die Ministerin Bodicek (Brigitte Kren) befindet sich auf dem Wanderweg zur Station. Sie wollen diese inspizieren. Unterwegs treffen sie auf eine junge Frau, die von einem Raubvogel mit riesigem Stachel angegriffen wurde. Das Tier geht nun auch auf die anderen los. Einer der Männer wird von einem mutierten Insekt gestochen und flieht, ein anderer wird von dem Stachel getötet. Mit letzter Kraft erreichen die Überlebenden die Station.

Es ist Nacht geworden und plötzlich wird das kleine Haus von einem riesigen Steinbock mit Insektenflügeln angegriffen. Als das Tier eindringt kann die Ministerin es töten. Janek und seine Freundin Tanja begeben sich zur Messstation, denn dorthin ist eine Kollegin gegangen und hat das einzige Satellitentelefon mitgenommen. Während sie die völlig entstellte Frau finden und Hilfe herbei rufen wird die Station erneut überfallen.

Der Schluss ist ein bisschen kitschig und berechenbar, doch er lässt unzählige Möglichkeiten offen die eine Fortführung zulassen. Der Stoff ist so interessant und vielschichtig, dass er nach mehr als nur einer Fortsetzung oder gar nach einer TV-Serie schreit. Ehrlich gesagt, ich war geplättet von diesem Film und es war mir eine Ehre, ins nächste Geschäft zu laufen und ihn zu kaufen. An mir soll es nicht liegen, dass er vor die Hunde geht.

Alles in Handarbeit. Die Kreaturen wurden in mühevoller Kleinarbeit hergestellt und animiert. Okay, selten bekommt man eines der Viecher vollständig zu sehen, bei der Animation schwächelt der Film etwas. Kaschiert wird es dadurch, dass der größte Teil bei Nacht spielt. Aber ehrlich, mich störte das irgendwann gar nicht mehr, denn dazu hätte ich mich aus der Atmosphäre lösen müssen, die mich total gefesselt hat. BLUTGLETSCHER gehört für mich zu jenen Filmen, die sich kleine Fehler leisten dürfen, weil ich sie nicht einmal bemerken will. So ist das Auftauchen des Bauernmädels etwas seltsam, aber dadurch ergibt sich ein spannender Handlungsstrang.

Wie man richtige Charaktere ausarbeitet macht der Film in glänzender Weise vor. Er hat nicht viel Zeit dafür und doch gelingen ihm unterschiedliche Personen, die nicht einfach nur mit Schablone gezeichnet sind. Im Wesentlichen haben wir es mit durchschnittlichen Menschen zu tun, die nicht immer logisch agieren und ob der Stresssituationen auch mal sinnlos aufeinander losgehen. Dass eine Politikerin nicht von oben herab agiert, sondern auch die Ärmel hochkrempelt und schmutzige Arbeit verrichtet kommt auch selten vor. Gewöhnungsbedürftig könnte für manche Leute die Sprache sein, denn einige der Protagonisten sprechen den Dialekt der Gegend. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, verleiht es dem Ganzen doch ein authentisches Ambiente.

Jungs und Mädels, die ihr diesen Film gemacht habt, ich ziehe meinen (imaginären) Hut vor euch. Ich habe nicht erwartet ein Szenario anzureffen, das ohne Langatmigkeit und Tiefsinnigkeit auskommt, wie es bei Mitteleuropäern sonst so häufig der Fall ist. Der Film ist lebendig, spannend und doch nicht gehaltlos.

Empfehlenswert.

StungStung  (2015)
(Stung)
Regie: Benni Diez, mit Matt O'Leary, Jessica Cook, Lance Henriksen, Clifton Collins jr., Cecilia Pillado, Eve Slatner, Daniele Rizzo
Kann man den als deutschen Film betrachten? Er wurde in unserem Land gedreht, jedoch im Wesentlichen mit US-Geldern finanziert und mit Darstellern aus Amerika besetzt. Der komplette Stab setzt sich aber aus Deutschen zusammen. Wie auch immer, dieses kleine Creature-Feature ist eine angenehme positive Überraschung und wenn man bedenkt, dass es sich um einen Regieerstling handelt, dann kann man schon ein wenig jubeln.

Regisseur Benni Diez ist vom Fach, eigentlich ist er der Mann für Masken und Effekte. Eines Tages bekam er das Drehbuch in die Finger und beschloss, daraus seinen ersten Spielfilm als Regisseur zu entwickeln. Es dauerte noch zwei Jahre bis sich die Gelegenheit ergab.

Den Film habe ich mir aus mehreren Gründen angesehen. Ich mag Monsterfilme, gleich welcher Art. Außerdem handelt es sich faktisch um einen deutschen Film, was mein Interesse noch steigerte. Und er hat Lance Henriksen, den ich sowieso sehr gerne sehe.

Die Voraussetzungen standen also gut, als ich mich vor den Fernseher setzte, die Disc in den Player warf und gespannt auf den Bildschirm starrte. Ja, von den Deutschen erwartet man eigentlich nicht, dass sie einen fetzigen Monsterknaller machen. Angespornt war ich durch die positive Erfahrung des Österreichers BLUTGLETSCHER, der mir bewiesen hatte, dass es möglich ist.

Zunächst war ich nicht sonderlich angetan. Er beginnt wie eine von diesen gefühlt tausend sinnlosen deutschen Komödien, deren Witz flach und deren Charaktere komplett austauschbar sind. Also doch nichts Besonderes? Ich kann diese blöden Klamotten nicht mehr sehen und bin ja dazu übergegangen sie komplett zu ignorieren, weil sie in ihrer Flachheit schwer zu überbieten sind. Sollte ich diesen Film also aus machen? Nö, ich wollte zumindest sehen was Lance bringt.

Also verfolgte ich Paul (Matt O'Leary) und Julia (Jessica Cook), die zu einem riesigen Herrenhaus fahren, weil sie den Auftrag haben sich um das Catering für eine große Feier zu kümmern. Ein paar doofe Witze, na ja. Der Hund der Hausbesitzer kratzt ein Loch in den Rasen und öffnet damit ausgerechnet ein Wespennest. Die Feier beginnt, doch plötzlich fallen die Brummviecher zu Tausenden über die Leute her. Wer gestochen wird, der verwandelt sich in eine menschengroße Wespe. Ein paar Leute können sich ins Haus retten, darunter der Sohn der Familie, auch Paul und Julia, sowie der Bürgermeister des Ortes (Lance Henriksen). Schnell wird die Gruppe dezimiert bis nur noch die beiden Cateringleute und Lance übrig sind.

Kurzer Zwischenstopp. Bis hierhin ist das Ganze eher witzig, wobei der vordergründige Klamauk langsam dem hintergründigen Gag weicht. Was mich an dieser Stelle schon verwundert ist die FSK-Freigabe ab 16 Jahren, denn es gibt doch einige derbe Splatterszenen zu bewundern. Davon gibt es auch im weiteren Verlauf noch einige und überdies baut er eine Atmosphäre auf die nicht ohne ist. Okay, heutzutage ist die FSK etwas lockerer geworden und so geht die Freigabe wohl in Ordnung.

Aber weiter. Die Gefahr lauert überall und die Bestien versuchen in das Haus einzudringen. Aber auch drinnen sind jene, die gestochen wurden, recht aktiv. Es kommt zu einer scheinbar ausweglosen Situation, doch der Bürgermeister opfert sich in heroischer Weise um das Heldenpaar entkommen zu lassen. Jenen gelingt dann auch die Flucht, wobei sie das Haus in die Luft jagen. Dummerweise heftet sich eine Riesenwespe, welche in Flammen steht, an ihren Lieferwagen. Erst ein waghalsiger Crash an einen Baum kann die Gefahr bannen. Aber ... während das Paar im Rettungswagen eine Nummer schiebt fliegt ein Schwarm Riesenwespen heran.

Der Film kommt sehr schnell zum Thema und verlässt damit auch die Ebene des billigen Humors. Natürlich ist das Ganze Unfug und die Erklärung, dass ein Haarwuchsmittel vermischt mit Gartendünger die Wespen verändert hat ist Blödsinn - aber auch grandios. Sie fügt sich nahtlos in die Ironie des Films, der so ernsthaft wie komisch daher kommt.

Es gibt letztlich wenig zu bemängeln. Die Creature-Designs und die Animation sind brilliant, wobei man im Wesentlichen auf den Einsatz von CGI verzichtet hat. Ganz bewusst wollte Benni Diez ein klassisches Creature-Feature drehen, zumal er selbst vom Fach kommt. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr diese Tatsache meinen positiven Blick auf den Film beeinflusst hat, zumal das Resultat äußerst gelungen ist.

An diesem Film haben kompetente Leute gearbeitet die es verstanden, den billigen Film nicht billig aussehen zu lassen. Es spricht auch für Cast und Crew, den unerfahrenen Regisseur (bis hierhin lediglich drei Kurzfilme) nicht ins offene Messer laufen zu lassen. Die schnelle Konzentration auf nur wenige Darsteller machte es ihm leicht, zumal die Leute, seinen Worten nach, Kreativität entwickelten und diverse eigene Ideen beisteuerten. Bemerkenswert auch, die Interviews und das "Making of" auf der Disc bestehen nicht nur aus hohlen Phrasen, wie es meistens bei teurer produzierten Filmen der Fall ist.

Ein liebenswerter kleiner Film. Es ist lebendig und verzichtet auf unnötigen Tiefgang oder gar eine mit dem üblichen deutschen erhobenen Zeigefinger vorgetragene Aussage. Er ist das was er sein will, ein fetziger unterhaltsamer Monster-Horror und gleichzeitig perfektes Retrokino.

Kommentare  

#1 AARN MUNRO 2018-11-05 12:20
Vielleicht macht der "Weinkonsum" den Film erst erträglich? :-)

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