Debbie Rochon
Die Kanadierin Debbie Rochon ist die wohl ungekrönte Königin des gegenwärtigen Billig-Horror-Kinos. Bei uns ist die Dame kaum bekannt, denn a) kommen ihre Filme bei uns nicht in die Kinos, b) kommen ihre Filme nur bei unbeachteten Billiglabels heraus und c) kommen die meisten ihrer Filme gar nicht erst bei uns heraus. Wenn man seine Karriere bei einer Trash-Firma wie Troma beginnt und dieser treu bleibt, dann stehen die Chancen wohl schlecht aus dem Eck heraus zu kommen.
Die Filmografie der am 3. Dezember 1968 in Vancouver geborenen Schauspielerin umfasst mehr als 250 Titel und doch muss man lange suchen, bis man mal ein paar davon findet. Sie begann in den 80'ern sporadisch mit Nebenrollen, wobei ihr Name noch nicht einmal im Cast vermerkt wurde. Danach wurde sie immerhin genannt, trat aber nicht großartig in Erscheinung. Erst in den 90'ern wendete sich das Blatt, als sie zu einer festen Größe bei Troma aufstieg.
Fortan konnte man sie in vielen Werken dieser Firma bewundern. Ein Ausbruch aus den billigen Filmen ist kaum zu vermerken. Sie war bald nur noch in Horrorfilmen oder kostengünstigen Thrillern zu sehen und verkörperte in der Regel eine böse Figur.
Vier Filme habe ich erst einmal, da werden gewiss noch welche folgen. Als Extra könnte ich mir vorstellen, mal einen Artikel über ihre Zeit bei Troma zu verfassen. Es gibt eine exzellente filmische Dokumentation darüber, von Troma-Chef Lloyd Kaufman persönlich inszeniert.
American Nightmare (2002)
Der Film besitzt eine recht gute wenn auch nicht neue Idee. Debbie als Hauptfigur macht sich gut darin, zeigt sich mal geheimnisvoll, mal kokett, mal erotisch, mal aggressiv. In jedem Fall stellt sie alle anderen Mitwirkenden an die Wand. Das ist allerdings ob der amateurhaften Riege auch nicht sonderlich schwer.
Es ist Halloween. Ein paar Jugendliche treffen sich in einem Café und lauschen der Sendung AMERICAN NIGHTMARE eines Piratensenders. Der Moderator fordert seine Zuhörer auf sich bei ihm zu melden, damit sie ihm ihre tiefsten Ängste schildern. Den Geständnissen der Jugendlichen lauscht auch eine Serienkillerin (Debbie). Als die Kids dann auf eine Halloween-Party gehen, sterben sie genau auf jene Weise, die sie am meisten fürchten. Natürlich stößt die böse Dame irgendwann auf Gegenwehr, als sie Jessie (Brandy Little) terrorisiert, die als Babysitter in einem großen Haus arbeitet. Alle Szenen dort sind übrigens mehr als nur eine HALLOWEEN-Hommage.
Wie das Ganze weiter- und ausgeht verrate ich nicht. Es gibt ein paar hübsche Twists und das Ende ist absurd. Aber warum sollte man nicht auf eine Fortsetzung spekulieren? Ich würde mich sogar freuen, wenn Debbie diese Rolle hätte weiterführen können. Es gibt Nuancen in ihrer Darstellung die Tiefe vermuten lassen, welche das Drehbuch aber ignoriert hat. Natürlich ist der Stoff ein wenig vom WISHMASTER abgekupfert, aber das möchte ich ihm ungern vorwerfen. Es gibt halt immer Filme die sich ein erfolgreiches Vorbild suchen. Wenn nicht allzu dreist kopiert wird, dann kann man es nachsehen.
Sind eigentlich Filme mit Debbie so schlecht, dass die weitaus meisten deshalb den Weg über den großen Teich zu uns nicht gefunden haben? Es ist müßig darüber nachzudenken. Wenn man sich all den billigen Schund vor Augen führt, der zuweilen von den kleinen Labels unter das Volk geworfen wird, dann kann man es nicht glauben. Vielleicht spielt da auch der Frust meinerseits ein wenig mit, denn ich würde gerne mehr von diesem Zeug sehen. Sei's drum, es lohnt sich nicht, für mich und ein paar weitere Verwirrte den Aufwand zu betreiben.
AMERICAN NIGHTMARE macht jedoch Lust auf mehr. Er ist nicht sonderlich gut gemacht, entbehrt oft der Logik und hat keine ergreifend guten Darsteller. Aber er hat mich ansprechend unterhalten - und das ist mehr als ich über viele höher budgetierte Filme sagen kann.
Final Examination (2003)
In den frühen Jahren des neuen Jahrtausends war Debbie eine ernstzunehmende Schauspielerin, auch wenn sie schon zu jener Zeit fast ausschließlich in Billigfilmen auftrat. Das gilt auch für eine Gurke wie diese, ein verkorkster Thriller im Slasher-Stil.
Gleich vorweg, der Name Ed Raymond ist ein Pseudonym und gehört dem Trashfilmer Fred Olen Ray. Ist man sich dieser Tatsache bewusst, dann weiß man worauf man sich einlässt. Nun ja, immerhin sieht der Film phasenweise nicht ganz so billig aus wie gewohnt, für die Sehgewohnheiten des normalen Zuschauers ist er jedoch kaum annehmbar.
Ein paar Tussies der Examensklasse von 1997 werden fünf Jahre später von einem Männermagazin nach Hawaii eingeladen. Da sie alle im Kopf blond sind fliegen sie natürlich auch ohne zu hinterfragen hin. Recht schnell wird eine von ihnen ermordet. Die Ermittlerin Julie (Kari Wuhrer) und ein versetzter Polizist aus L.A. (Brent Huff) machen sich daran den Täter zu finden. Natürlich können sie nicht verhindern, dass weiter gemordet wird. Offenbar geht es zurück auf ein Geschehen vor fünf Jahren. Ein Mädchen aus der Studentenverbindung beging Selbstmord, weil sie nervlich dem Mobbing der anderen nicht gewachsen war. Irgendjemand nimmt jetzt Rache dafür. Als der Täter geschnappt wird scheint alles vorbei, doch da entdeckt man ein unangenehmes Geheimnis.
Ich bin ja an die Dinger vom ollen Fred gewöhnt und so kann mir auch diese Story keinen Schrecken einjagen. Die Plottwists am Schluss sind derart haarsträubend, dass es einem die Lachmuskeln strapaziert. Plötzlich wird ein Bruder des Mädchens aus dem Hut gezaubert, dann eine Schwester, dann noch ein Bruder. Nicht eine der Personen trägt den gleichen Nachnamen. Da kommt man sich ganz schön veräppelt vor.
An dem Treiben verliert man schnell die Lust. Der Stoff ist nicht ausreichend und so füllt Fred den Film mit diversen Liebessequenzen auf, die zwar keinen Sinn ergeben aber eben das Ding über die Zeit retten. Zudem sind die angedeuteten Sexszenen so harmlos, dass sich das große Gähnen breit macht.
Ich habe mich irgendwann darauf zurückgezogen, mich über Auftritte von Leuten zu freuen, die mich schon seit den 80'ern durch den Trashfilm begleiten. Typen wie Jay Richardson oder Richard Gabai, welche die Filme der damaligen Scream Queens bis Mitte der 90'er veredelten. Einige In-Jokes, wie etwa ein Kerl namens James A. Wynorski, der eine Schlägerei zur Anzeige gebracht hat, funktionieren auch nur, wenn man in der Billigfilm-Szene zuhause ist. So hält dieser Langweiler immerhin ein paar Dinge bereit die mir ein heimisches Gefühl geben.
Debbie indes ragt aus dem Cast nicht heraus, dennoch spielt sie mit jenem Maß an Ernsthaftigkeit, die ihrer Rolle ein wenig Glaubwürdigkeit verleiht. Dass sie am Ende die Böse ist verwundert wenig, denn eigentlich ist sie es immer. Trotzdem, ob sich diese Gurke nun in ihrer Filmografie befindet oder nicht spielt keine Rolle. Dafür ist er zu belanglos - für den Zuschauer und für sie selbst.
Hellblock 13 (2000)
Es gibt Filme, da möchte man eigentlich davon laufen. Die Geschichte ist doof, der Film sieht mies aus, die Schauspieler sind schlecht. Wenn man sich dann noch die deutsche Synchronfassung antut, die von irgendwelchen Amateuren erstellt wurde (es wird dabei gerne von Pornosynchro gesprochen), dann wird einem jeglicher Filmgenuss verdorben.
Wir haben es mit einem schrulligen kleinen Episodenfilm zu tun, dessen drei Geschichten und deren Rahmenhandlung so unoriginell sind, dass man heulen möchte. Stories wie diese kann sich jeder am Fließband ausdenken.
Ein Gefängniswärter und gleichzeitig Vollzugsbeamter (Gunnar Hansen) sucht eine Gefangene (Debbie Rochon) auf, die um Mitternacht hingerichtet werden soll. Sie ist eine Serienmörderin, mehr erfahren wir nicht. Ist auch egal. Während ihrer Zeit in der Zelle hat sie ein Buch mit Geistergeschichten geschrieben. Daraus liest sie nun dem Wärter vor.
Eine Frau bringt ihre zwei Kinder um und versenkt sie im See, damit sie einen reichen Mann heiraten kann. Die Kinder steigen jedoch empor und rächen sich. Das ist alles, keine Hintergründe, keine Pointe.
Eine Frau wird von ihrem proletenhaften Kerl wegen jeder Kleinigkeit erniedrigt und geschlagen. Sie sucht einen Zauberer auf der ihr helfen soll. Nach seiner Anleitung kocht sie einen Sud der ihren Mann töten soll, ihn aber durch einen Fehler in ein Monster verwandelt welches dann sie umbringt. Das ist alles, keine Hintergründe, keine Pointe.
Eine Rockerbande befindet sich auf dem Weg nach Mexiko, um einen Rauschgiftdeal über die Bühne zu bringen. Unterwegs machen sie Halt um ihrer mumifizierten Schutzpatronin zu huldigen. In der Nacht bringt die Tote einen der Männer um. Am Morgen stellen die anderen fest, dass er ein Undercover-Polizist war. Das ist alles, keine Hintergründe, keine Pointe.
Der Wärter verschwindet kurz. Als er zurückkehrt hat die Frau sich die Pulsadern aufgeschnitten. Er geht in die Zelle und muss beobachten, wie der Geist der Killerin sich erhebt. Sie tötet ihn. Das ist alles ... ach, was soll's.
Schon mit CAMPFIRE TALES (1991) lieferte PaulTalbot einen recht unoriginellen Episodenfilm ab, doch wenigstens sah der noch ganz anständig aus. HELLBLOCK 13 besitzt ein grobkörniges Bild, einen dreckigen Look mit viel zu heller Ausleuchtung. Das mag alles gewollt sein, aber es wirkt nicht so richtig.
So sind es die Darsteller, die uns bei der Stange halten müssen. Gunnar Hansen hat nicht mehr zu tun als am Gitter zu stehen und abfällige Kommentare über die Gefangene abzulassen. Na ja, ist nicht wichtig. Sein Name in der Headline dient der Werbung. Wer weiß schon wie "Leatherface" (THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE, 1974) ohne Maske aussieht? Die gute Debbie, zu jener Zeit eine häufig gesehene Darstellerin in Troma-Filmen, kommt als einzige Person recht gut 'rüber. Nun gut, sie spielt eine dankbare Rolle als leicht verdrehte, geheimnisvolle Serienkillerin ohne Hintergrund. Da kann sie die Augen rollen, die Lippen spitzen, mit den Händen fuchteln und sinnlose Sätze von sich geben. Das aber, man muss es zugestehen, macht sie recht wirkungsvoll.
Angesichts dieses Films verwundert es wenig, dass Debbie Rochon kein Star des Genres außerhalb der USA wurde. Die weitaus meisten Filme schafften gar nicht erst den Weg über die Landesgrenzen. Derart billiges Zeug kann man im Grunde niemandem zumuten, doch der Weg in größere Produktionen blieb der Frau versagt. Dabei hätte sie gerade um die Jahrtausendwende das Zeug zum weltweiten Genrestar gehabt - wenn sie bessere Filme gemacht hätte. Sie war eine gutaussehende Frau, wirkte abgründig sexy und konnte besonders in Rollen der Antagonistin sehr überzeugend sein.
Ein Film wie dieser konnte, auch wenn er im Vertrieb von Troma lief, der Karriere nicht förderlich sein. Er war letztlich einfach zu schlecht, auch wenn ich ihn ob seiner unbeholfenen Art mag.
Bikini Bloodbath (2006)
Schon erschreckend wo Debbie sich so herumtreibt. Natürlich werden die Macher dieser Amateurgülle froh gewesen sein einen Gastauftritt von ihr zu bekommen, den sie dann in die Headline und an den Beginn des Vorspanns setzen konnten. Debbie wird es egal gewesen sein. In der Masse von Schrotthorror, der ihre Filmografie bevölkert, fällt das Ding allenfalls wegen seines Titels auf. Ihr kurzes Erscheinen am Anfang dürfte ihre Hardcorefans frustrieren. Aber vielleicht sind sie auch froh, denn allein die Vorstellung, dass der Star sich länger in diesem Videomüll herum treibt, verursacht Anfälle die normalerweise einen Finger im Hals erfordern. Man könnte auch auf die Frau verzichten, denn ihre Rolle ist bedeutungslos - aber immerhin kann man mit dem Namen werben.
Ein paar Tussies (real gewordene Blondinenwitze) und ein paar Kerle (ebenfalls) feiern ihre College-Abschlussparties - in verschiedenen Häusern. Irgendein Typ tritt in Erscheinung, als Koch verkleidet, und metzelt diverse Mädels und Jungs nieder, wird dann selber platt gemacht. ENDE!
Ehrlich, was soll man über diesen Stumpfsinn erzählen, gegen den sogar jeder TomCat-Film noch ein Highlight ist. Es gibt wirklich nichts was zu loben wäre oder was irgendeinen Schauwert besäße. Und selbst ich, der eine Menge filmischen Schrott teilweise sogar gut findet, saß fassungslos vor diesem Kram und konnte dem nicht das Geringste abgewinnen. Dass in der deutschen Fassung die Schere gewütet hat empfand ich sogar als positiv, denn dadurch war der Film schneller am Ende. Auf dem Cover steht allerdings "Uncensored". Wenn dem tatsächlich so sein sollte, dann ist der Film noch mieser als er ohnehin schon aussieht.
Natürlich könnte man das Ganze als Jux betrachten, doch gibt man sich zu angestrengt albern, sodass keine Sympathie dafür entstehen kann. Nein, dann lieber Dennis Devine, Hausregisseur bei TomCat, der kann es zwar auch nicht besser, aber er ist sich dieser Unzulänglichkeiten wenigstens bewusst. Oder gleich Rene Pérez, der zwar gerne ein großer Regisseur wäre und immer an der eigenen Unfähigkeit scheitert, aber den Mut nicht verliert.
Einen Euro hat mich dieses Ding gekostet. Der Verlust dessen hat mich mehr geschmerzt als die Hundert Tacken, die ich kürzlich in den Gulli warf. Und nun kommt's - es gibt drei Fortsetzungen auf diesen Müll und in allen tritt erneut Debbie auf, obgleich sie schon hier den Löffel abgegeben hat. Ich weiß nicht ob diese Dinger auch zu uns gekommen sind - ist aber auch nicht wichtig.