Verschwunden in der Geschichte - Karl Stephan - Titelbildzeichner (Teil 1)
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Karl Stephan Titelbildzeichner im
Goldenen Zeitalter des Heftromans
(Teil 1)

Sieben Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, drei Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist das Land eine riesengroße Wartehalle, in der beständiges Kommen und Gehen herrscht. Flüchtlinge, Vertriebene, Kriegsheimkehrer und Ausgebombte suchen einen neuen Platz in der Gesellschaft und in der Geschichte. Nicht jeder ist dabei erfolgreich, aber wer es schafft, darf auf ein Auskommen in der Zeit des Wirtschaftswunders hoffen.
Am Karlsplatz, dem Stachus, in München steht 1952 ein knapp 29-jähriger Mann. Die Münchener Innenstadt ist nach wie vor von den Schäden gezeichnet, die alliierte Bomben anrichteten, aber der Wiederaufbau kommt voran.
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
Der 29-jährige meint, sich dieses Urteil erlauben zu können. Bereits während seiner Kinder- und Jugendzeit im heimatlichen Gera in Thüringen hat er leidenschaftlich gern gezeichnet und gemalt. Das Zeichnen wird zu einer von zwei Passionen seines Leben, wird er später sagen. Immerhin hält er, als zur Zeit von Karl Stephans erstem Schuljahr, ein Zeppelin in der Nähe Gera landet, das Großereignis in Bildern auf der Schultafel fest und erntet für diese Reportage viel Lob.
Außer für das Zeichnen schlägt das Herz des jungen Karl Stephan auch für die Fliegerei die zweite Passion seines Lebens. Viele Jugendliche schwärmen in den 20er und 30er Jahren des vergangen Jahrhunderts für die kühnen Piloten, die mit immer schnelleren Maschinen durch den Himmel eilen und dabei Abenteuer in aller Welt erleben. Karl Stephan geht es konsequent an: Nach der Schulzeit absolviert er eine Ausbildung im Flugzeugbau und entdeckt seine Liebe zur Segelfliegerei. Auch im Betrieb zieht er aus seinem zeichnerischen Talent Vorteile: Er wird außer Flugzeugbauer auch offizieller Plakatmaler des Unternehmens so eine Art Hauszeichner mit echtem Schreibtisch, Sessel und Glasverschlag.

Nach der Kapitulation will Stephan nicht mehr ins sowjetisch besetzte Thüringen zurück. Er schafft es bis ins fränkische Bamberg und kann dort während der Nachkriegsjahre in einem Werbeunternehmen seine ersten Moneten verdienen. Seine Arbeit besteht zunächst in der Anfertigung von Hinweisschildern. Später kommen auch Kinoplakate hinzu. Die wurden nicht vervielfältigt, sondern als Originale von Kino zu Kino gefahren. Deshalb, so erinnert sich Karl Stephan später, könne er Marikka Röck immer noch im Schlaf zeichnen.
Solches Selbstbewusstsein hilft Karl Stephan auf seinem weiteren Weg. Denn das so scheussliche Titelbild des Tom Shark-Romanhefts, das er an dem Kiosk am Stachus in München entdeckt hatte, lässt ihn Kontakt mit dem Moewig-Verlag aufnehmen. Dort legt er Skizzen für Romanheft-Titelbilder vor, wie sie ihm vorschweben. Und Stephan kommt damit an im Moewig-Verlag, der zum Wilhelm Heyne Verlag gehört.

Mit Titelbildern für Tom Shark wird es aber nichts. Denn Moewig hat die Romanheftreihe eingestellt. Dafür wird Stephan wohl auch mit tätiger Hilfe Rolf Heynes bei einer neuen Serie des Moewig-Verlags heimisch: den Fliegergeschichten. Sie bieten ihren Lesern Erlebnisberichte vor allem aus der Zeit des Zweiten und des Ersten Weltkriegs, aber auch aus den Pioniertagen der Fliegerei. Themen sind auch die Abenteuer der letzten Entdecker und die kleinen kleinen und großen Katastrophen der modernen Zivilfliegerei.
Karl Stephan hätte es mit diesem Einstieg in die Covergestaltung für Romanheft-Verlage nicht besser treffen können. Denn alles, was künstliche Flügel und einen metallenen Rumpf hat, ist sein Thema: Stephan kann seine beiden Passionen das Zeichnen und das Fliegen auf eine für ihn erfolgreiche Weise verbinden und den Grundstein für eine langjährige Karriere als Titelbildzeichner legen.
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Teil 2 (20. Februar 2011)
Teil 3 (voraussichtlich 06. März 2011)
Kommentare
Bin schon gespannt auf die Fortsetzung!
Und warte gespannt auf einen 3. Teil und weitere Infos. Mich interessieren die genauen Lebensdaten
(gestorben an seinem Geburtstag? Wann Wo?), Was hat es mit der Behauptung auf sich (die durchs Netz lief). er sei Mitarbeiter von Albert Speer gewesen, ich habe darüber keine eindeutigen Belege finden können. Über jede Nachricht freute sich
Walter Wehner, Iserlohn
Ich fand Stephan technisch besser und mehr "sophisticated" als Bruck, bei dem viele Cover aussahen wie mit dem Quast gemalt, später in negativer Hinsicht noch getoppt von Eddie Jones, der für Terra Astra und Fischer Orbit Cover gemalt hat, bei denen Rätselraten angesagt war.
Karl Stephans Leben wird wohl immer ein Rätsel bleiben, fürchte ich …
Beide wohnten damals im Großraum München.
Als Sammler von SF-Heft-Originalzeichnungen schätze ich beide.
Hermann Wolter