#10 Fanzinekaufen
# 10: FanzinekaufenWenn wir also im Tandem auf den Treffen aufschlugen, hielten wir immer Ausschau nach Fanzines der Clubs. Die hatten es uns angetan. Jede Beute wurde sofort in der Tasche verstaut und zur späteren Nutzung verwahrt. Sofort wurde einander von der gemachten Beute berichtet.
Zwischendrin lief das übliche Conprogramm. Fragestunden, Signierstunden, Herumlabern. Sich vorstellen und alte Freundschaften bei Cola und Bier wieder auffrischen oder neue zu schließen. Über Romane ablästern, Autoren begutachten. Was eben so anfiel. Später dann lästernd zu Abend essen. All diese Dinge eben. Mal selbst den einen oder anderen Roman signieren lassen.
Man genoss den Nachmittag und hatte Spaß, schmiedete Pläne für Stories und versprach dieses und jenes wurde versprochen. Alles nahm seinen gewohnten Gang.
Da ich damals immer noch höchst aktiv kickte und es eigentlich ohnehin nicht üblich war vor Ort zu übernachten, brachen Norbert und ich vom Westen aus am frühen Abend auf, um den jeweils letzten IC (der ICE war noch Science Fiction) nach Hamburg-Harburg zu erwischen.
Im Zug spielte sich dann eine Ritual ab, das zu meinen schönsten Erinnerungen an diese Zeit gehört. Wir packten unsere Schätze, die Zines der anderen Clubs, aus und begannen zu lesen. Nicht lange danach hörte man großes Gelächter, prusten und Sätze wie: "Guck mal, wie doof!" oder "Hast Du das gelesen?" oder "Das musst Du lesen!".
Wir amüsierten uns prächtig über Geschichten, Artikel und Zeichnungen. Da gab es im Magazin des Marburger Horror-Clubs (Martin Dembowsky) eine Geschichte Sven Baumerts, wo auf 14 original A5 Seiten 83mal das Wort "Ghoul" verwendet wurde (wir zählten unter Gelächter). Auch in dieser Geschichte stand das Heldenpaar vor einer Bauruine, wo die Ghouls die Freundin entführt hatten. "Komm wir gehen uns ausruhen und kommen morgen wieder."
Wegen solcher und ähnlicher Dinge, liebten wir es Fanzines zu kaufen. Wer die alten Dinger durchblätttert wird auf einen Mörderenthusiasmus der Macher stoßen, den wir auch nie in Zweifel gezogen haben. Natürlich haben wir deren Arbeit anerkannt. Was aber nicht hieß, dass wir es nicht saukomisch fanden.
Das war wie ein schlechter Horrorfilm, saulustig, weil unfreiwillig komisch. Und auch diese Filme lieben Norbert und ich, was aber nicht verhindert, dass ich bei einigen von ihnen schon mal in den Teppich gebissen habe. Diese Zines war eben wie Filme von Edward D. "Ed" Wood jr. (u. a. Plan 9 From Outer Space). Sie sind sauschlecht, völlig talentfrei, aber mit Liebe gemacht.
Ich bin immer noch bereit darüber zu lachen. Aber nie würde ich Mühen oder die Arbeit in Zweifel ziehen. Obwohl eines Tages werde ich von Pierre Schmidt aus Luxemburg erzählen. Der hat den Fass die Krone ausgeschlagen. Das war der Hammer.
Aber das ist eine andere Geschichte ...
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