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# 65 - Schlüsselqualifikation

As Time Goes By# 65: Schlüsselqualifikation

Die heutige Episode ist eine, die ich fast vergessen hatte, aber der gute Norbert erinnerte mich daran. Es muss auf einem der Meerbusch-Cons gewesen sein, als ich erfuhr, welch strengen Kriterien andere Fanzineherausgeber an die Fähigkeiten ihrer Redakteure anlegten. Ein bisschen Sachkenntnis, wie beim Zauberspiegel gefordert, reichte anderen längst nicht aus. Sie forderten deutlich mehr. Ich glaube in den Neunzigern kam dafür das Wort Schlüsselqualifikationen in Mode. Ich erinnere mich nicht mehr an Namen und das Fanzine um das es ging, aber das Gespräch und das Ergebnis ist mir wieder präsent (und von Norbert bestätigt). Den Mitarbeitern in dem Cafe in Harburg müssen von unserem Gelächter immer noch die Ohren klingeln.


Der Zauberspiegel hatte mit Norbert einen Mann, um Filme zu besprechen und über Filme und Filmschaffende zu berichten, der Si/Za-Club Bremen hatte Sven "Filmpapst" Beltermann für diese Aufgabe. An ihm bewundere ich sein brillantes Gedächtnis. Und seine Leidenschaft für den Film. Sven und ich hatten in Bremen einmal ein griechisches Restaurant in wilde Panik versetzt, weil wir heftig über die Tatsache diskutierten, ob man wirklich jeden Film auf der großen Leinwand sehen müsse oder nicht. Sven ist Purist. Natürlich war sein Standpunkt, man müsse jeden Film im Kino sehen. Ich hingegen vertrat die Meinung, dass es Filme gibt, die man auf der Leinwand sehen muss, und für andere reiche durchaus die Mattscheibe aus. (Den Angestellten dort klingelten von der steigenden Lautstärke wohl auch noch lange die Ohren.)

Zurück nach Meerbusch an diesem denkwürdigen Nachmittag in der Frühzeit des Horrorfandoms. Die Sinclairfans mochten mich zwar nicht leiden, aber das bezog sich ja nur auf die Leserbriefe im Si/Za-Magazin. Auf den Cons plauderten wir locker miteinander. Irgendwo im Hintergrund konnte man das Kratzen von Jason Darks Filzschreiber über zahllose Titelseiten hören. Con-Alltag eben. Die Luft summte von den Gesprächen der Fans, von denen einige immer weitere Berge von Heftromanen zu Jason Dark schleppten, auf das sein Filzschreiber nicht zur Ruhe kam.

Ich sprach also mit diesem Filmredakteur eines Fanzines und dessen Clubleiter/Herausgeber. Man unterhielt sich so und selbst mir als Laien waren Fehler aufgefallen. Ich versuchte nun hinter dieses Mysterium zu kommen, warum einer, der sich für ein Fanzine mit Filmen befasst, derartige Anfängerfehler macht. Ich konnte mir das nicht erklären (und freute mich schon auf das ungläubige Staunen von Norbert auf der Rückfahrt im Zug), aber es sollte noch besser kommen.

Jetzt kam etwas, das mich damals in grenzenloses Erstaunen versetzt hat, etwas, das ich davor und danach nie wieder gehört habe und mich (fast) wünschen ließ, sie würden weiterhin die Filmartikel aus Vampir-Horror oder der Cinema abschreiben (ein Thema, daß wir in AS TIME GOES BY #81 noch ausführlicher behandeln werden).

Es kam heraus, dass der Filmredakteur sich nur am Rande für Filme interessiert. Auf meine Frage, was ihn dann zum Filmredakteur qualifiziere, sagte der junge Mann im Brustton der Überzeugung. "Ich habe einen Videorekorder. Die anderen nicht."

Und das ist doch wohl eine Schlüsselqualifikation ...

Kommentare  

#1 Thomas 2010-07-26 19:22
Damals standen Videorecorder noch relativ selten in deutschen Wohnzimmern, was sich aber in den darauffolgenden Jahren infolge des Videobooms gewaltig ändern sollte...

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