# 152: Der Inspirator
# 152: Der Inspirator
Dabei geht zumindest bei mir die Inspiration durch den Vater des Horrorheftromans wesentlich tiefer. Ich war lange Zeit einfach nur begeisterter Leser und zog mir alles rein, was mir in die Finger kam. Kein Geburtstag, kein Weihnachten ohne Bücher unter den Geschenken oder am Gabentisch. Freunde und Bekannte schenkten mir Krimis oder Western in Heftform.
Ich zog mir alle möglichen Western rein: Unger, Nagel, Wilken, »Rocky Steel« und »Tombstone«. »Jerry Cotton« und »Kommissar X« gabs auch. Jede Menge Jugendbücher und auch schon die großen Geschichten von Dumas und Stevenson, wobei ich da oft auf gekürzte Texte traf. Aber meine Mutter war da lernfähig und versuchte mir gerade von den Klassikern die ungekürzten Versionen zu besorgen (ich war noch nicht mal acht Jahre alt). Mein Lieblingsbuch war ein Abenteuerroman. Er hieß »Captain Bob«. Ich habe verdrängt, wer das Buch geschrieben hat. Kann mir da jemand helfen?
Aber irgendwie las ich die Bücher, Taschenbücher und Hefte nur runter und griff zum nächsten Exemplar. Sicherlich hatte ich meine Lieblingsautoren, aber das waren nur Favoriten. Ich war noch kein Fan.
Mich auf diese dunkle Seite zu ziehen, das war dann Jürgen Grasmück alias Dan Shocker vorbehalten. Er packte mich. Ich las den 65. »Silber-Grusel-Krimi«, der da betitelt war: »Dr. Satanas Herr der Skelette«. Von da an hatte er mich. Mit jedem Roman wurde ich mehr und mehr in die Welt der Agenten der »PSA« gesogen.
Ich wollte immer mehr Horror, aber keiner konnte mich derart packen wie Dan Shocker. Als dann meine erste Sammlung an Horrorheften ein Opfer der Sturmflut geworden war, gab ich auf. Ich wollte eigentlich nicht mehr. Ich drohte wieder zum Leser zu werden. Aber kurz nach der Flut hatte ich endlich meinen ersten Leserbrief an Dan Shocker geschrieben. Aber insgeheim glaubte ich nicht an eine Antwort. Der hat bestimmt Besseres zu tun, dachte ich mir.
Hatte er nicht. Er schickte mir zwei signierte Hefte und drückte mir sein Bedauern aus. Von diesem Moment an war ich Feuer und Flamme. Ich wurde Fan und Sammler und war nicht mehr zu bremsen.
Und meine ersten Geschichten schrieb ich, weil ich wie Dan Shocker schreiben wollte. Jahre später erfuhr ich, dass auch Jürgen über Fanstorys seinen Weg zum Schreiben fand. Mich haben seine Romane inspiriert. Durch ihn bin ich zum Fan geworden (allerdings nicht in der Hardcore-Variante) und kam zum Schreiben, zum Zauberspiegel und schließlich auch dazu, ein paar Bücher und Hefte selbst verfasst zu haben.
Ich weiß nicht, ob noch ein anderer Autor einen acht-, neunjährigen Jungen, wie ich es war, so in seinen Bann hätte schlagen können, dass er zum Fan wird. Das hat Jürgen Grasmück geschafft. Ich weiß auch nicht, wie die Entwicklung heutzutage ablaufen würde. Ich bin ein Kind der Siebziger. Der Heftroman war ein Massenmedium. Das Fernsehen hatte drei Kanäle mit Sendeschluss. Computerspiele und das Internet waren Science Fiction. Da war Lesen immer eine Alternative.
Ich habe den Rubicon vom Leser zum Fan überschritten, und das hat bis heute angehalten. Und so wird es bleiben
Wie war es bei euch? Erzählt mal, wer euch so beeindruckt hat.
Kommentare
Spaß beiseite. Dan Shocker hat viele Menschen zum Schreiben inspiriert. Sein Stil ist einmalig und hat so manchen in den Ban gezogen. Ich selbst bin relativ später "eingefangen" worden, nämlich in den 80er des vergangen Jahrhunderts :) Meine Mutter hatte ein paar Larry Brent (schon eigene Serie) und Macabros, sowie Silber-Grusel-Krimis in eine Bücherkiste. Da ich die John Sinclair schon durch hatte, die da drin waren, las ich die Dan Shocker Roman... der Rest ist wohl klar: kaufen, sammel, haben müssen. Am 31.01.1984 bekam ich dann meinen Marlosausweis und war endlich Mitglied im Dan Shocker's Fantastik-Club.
Mal abgesehen von den netten Leuten die ich kennen lernte, und einigen Freundschaften die sich bildeten, begann ich auch mit der Schreiberei... die zum Hobby wurde. Und wer war schuld: hauptsächlich Dan Shocker! (ein paar andere Autoren, die ich im DSFC kennenlernt trugen auch ihr Schärflein dazu bei...) Zum profesionellen Schreiben hat es aus welchen Grünen leider nicht gereicht - aber das ist nicht weiter wild.
Tja, und so erlag ich, wie so viele andere hier, dem DS-Virus, der ja bekanntlich unheilbar ist!
Auch ich bin mit drei Programmen, Büchern und Radio - ja es war die Zeit der Kassettenrecorder - aufgewachsen, und spielte noch draußen in der Natur.
Dieses "Shocker"-Gefühl ist bis heute geblieben und deshalb bin ich auch hier mit von der Partie...
Ach ja, mein Larry Brent T-Shirt habe ich noch immer im Schrankl - auch wenn's nicht mehr passt!
muss mich korrigieren. Mein erster Brent war Band 45 der eigenen Serie. Hatte auch ein starkes Cover, deswegen der Irrtum.
Bei mir gab es keine bis viele "Inspiratoren". Der scheinbare Widerspruch erklärt sich aus den Bedingungen, unter denen ich aufgewachsen bin. Ich lebte in einem Haushalt der "literarischen Diktatur", in der meine Mutter selbstherrlich in bester Diktatorenmanier bestimmte, was ich zu lesen hatte = durfte und was nicht. Nebenbei: Die Diktatur erstreckte sich auch auf den musikalischen Bereich und nahm manchmal groteske, teilweise brutale Züge an. Stichwort "Bücherverbrennung", Stichwort "Plattenzerstörung". (Wobei das Verbrennen nicht wörtlich gemeint ist, da die von der Zensur konfiszierten Werke "nur" zerrissen und in der Mülltonne entsorgt wurden. Und nebenbei: Ich wurde sehr schnell sehr erfinderisch darin, sämtliche Verbote auszhebeln und zu lesen, was ich wollte, ohne dass die Diktarion was davon mitbekam. )
Auf besagtem Index stand damals alles, was nicht zur Weltliteratur gehörte oder ein Schulbuch war oder ausdrücklich als Jugend-(Mädchen-)Literatur ausgewiesen war. Vielleicht hat sich ja irgendjemand von Goethe, Brecht, Schiller & Co. inspiriert gefühlt - ich nicht. Sie inspirierten mich nur zum Gähnen. Aber als Einschlafhilfe waren sie unübertroffen!
Als ich begann, Heftromane zu lesen (ich habe mit dem guten Perry Rhodan angefangen; da war ich 12 oder so), haben mich ausschließlich die Geschichten interessiert. Ich habe sie verschlungen. Das galt auch für die irgendwann dazugestoßenen Gespenster-Krimis, John Sinclaire Romane und die Western. Wer der jeweiligen Autor/die Autorin war, hat mich nie interessiert = darauf habe ich nie geachtet. Wie die Leute hießen/heißen, habe ich - wenn ich ehrlich bin - erst so richtig mitbekommen, als ich anfing, regelmäßig den Zauberspiegel zu lesen. Da wurde diese Bildungslücke nachhaltig geschlossen. (Vielen Dank!)
Zu meinen eigenen SF-, Grusel-, Western- und anderen Storys haben mich also in erster Linie die Geschichten angeregt, sodass ich beim besten Willen nicht behaupten kann, mich hätte in meiner Anfangszeit ein/mehrere bestimmte/r Autor/en inspiriert. Das hat sich später fortgesetzt. Wenn ich mich heute inspirieren lasse, dann in erster Linie vom packenden Plot eines Romans und achte ich immer noch nicht oder nur bedingt darauf, wer ihn geschrieben hat.
Ich wähle mein Lesefutter auch (bei Büchern) ausschließlich nach dem Inhalt des Cover-/Klappentextes aus und nicht nach dem Namen des Autors oder ob das Buch auf der Bestsellerliste steht. Mein Geschmack weicht in einigen Bereichen zu weit vom "Mainstream" ab, denn die Inhaltsangaben der meisten Bestseller gefallen mir nicht.
So kam es also, dass ich keine (konkreten) Inspiratoren und gleichzeitig viele habe/hatte. Was die "Ursubstanz" meiner persönlichen Inspiration ausmacht, hat die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830 ? 1916) bestens formuliert. Sie antwortete auf die Frage, woher Schriftsteller ihren Stoff (= die Ideen) nehmen: "Bücken Sie sich, und heben Sie ihn auf, er wächst überall aus dem Boden. So strecken Sie die Hand aus, wenn Sie sich nicht bücken wollen, Stoffe fliegen zu Hunderten in der Luft herum."
Dem ist nichts hinzuzufügen.