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Der Horror-Heftroman und ich

Das Grauen wird 40Der Horror-Heftroman und ich

Peter Roegner (1986)Dass der Horror-Heftroman in diesem Jahr nullt, war mir völlig entfallen. Das ist umso erstaunlicher, da ich im selben Jahr wie Larry Brent das Licht der Welt erblickte und mir das Schicksal des 40. ebenfalls bevorsteht (bzw. mich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes bereits ereilt hat).

Horst jedoch hat mich daran erinnert und mich gleich um ein paar Zeilen zu diesem Anlass gebeten. Dem möchte ich gerne nachkommen. Da ich jedoch gar keinen Bezug mehr zum Heftroman habe, läuft alles auf einen autobiografisch gefärbten Text in der Art von „As Time Goes By“ hinaus.

Nachdem ich die Trivialphase (sehr zum Ärger meiner Eltern) mit Comics a la Zack u.ä. eingeleitet hatte, folgte im März 1981 mein erster Kontakt zum Heftroman. John Sinclair Nr. 143, „Die Schöne aus dem Totenreich“, war das gute Stück, das mich aber nicht endgültig fesseln konnte.

Ich erinnere mich, dass ich mehrmals aussetzte und erst im vierten Anlauf mit 20 geschenkten Mark meiner Großmutter endgültig dem „Groschenroman“ verfallen bin. Das war im Januar 1982, als Band 183, „Das Knochenschiff“, erschien. Von da an gehörte der dienstägliche Gang zum Kiosk (meistens sogar schon am späten Montagnachmittag zur Bahnhofsbuchhandlung) zum Leben wie Essen und Schlafen.

Andreas, ein Junge aus dem Nachbarhaus, gehörte ebenfalls zu den Sinclair-Fans, und er nannte bereits eine stattliche Sinclair-Sammlung sein Eigen. So schmökerten wir zusammen die Leserseiten durch, und dabei stieß ich in einem älteren Heft auf die Adresse eines Sinclair-Fanclubs in Hannover. Ich schrieb an den Clubleiter und erhielt die Antwort, dass sein Club nicht mehr existiere. Ich möge mich doch an einen gewissen Dieter Hoven aus Meerbusch wenden. Dieser habe gerade einen neuen Club gegründet und suche noch Mitglieder.

Ich schrieb also dorthin und erhielt als Antwort ein bisschen Info-Material und die Einladung zum ersten Con in Meerbusch irgendwann im Sommer. Dieter warb sehr intensiv für diesen Con, und ich fühlte mich fast schon genötigt, daran teilzunehmen. Mit 14 Jahren allein in die weite Welt zu fahren (und eine Fahrt in die Nähe von Düsseldorf erschien mir in dem Alter wie eine halbe Weltreise) war mir aber nicht ganz geheuer, und ich schrieb daraufhin zurück, dass ich das Ganze doch nicht wollte.

Eigentlich war das Thema Fandom damit für mich erledigt, bevor es überhaupt begonnen hatte. Aber Dieter ließ nicht locker, schrieb mir zurück nach dem Motto „Beim Treffen besteht natürlich keine Anwesenheitspflicht, und ein Brief kostet immer das Gleiche, egal, wo man wohnt“. Letztlich wurde ich dann doch Mitglied im „Horror-Magnet“ und erhielt regelmäßig das „Pentagramm“, das für mich etwas völlig Neues war. Aus heutiger Sicht sehr einfach gestaltet, aber für computerlose Zeiten wahrlich kein schlechtes Produkt.

Aus dieser Zeit ist mir noch folgende Anekdote erinnerlich: Meine Tante wohnte damals in einem superkleinen Kaff am Ende der Welt im hessischen Odenwald. In diesem Dorf gab es damals (also etwa 1983) zwar einen Tante-Emma-Laden, der jedoch weder Romanhefte noch die Fußballzeitschrift kicker führte. Kein Problem: Mit dem Fahrrad waren die fünf Kilometer in die nächste Kleinstadt schnell geschafft. Doch was für eine Enttäuschung erwartete mich dort: Das Sinclair-Heft war schon mehrere Wochen alt und mir natürlich längst bekannt. Erst später erfuhr ich den Grund für diese Pleite. Die Kleinstadt lag in Bayern, und durch die Phasenauslieferung erschienen die Hefte hier neun Wochen später als in Deutschland, äh, Entschuldigung, dem Rest von Deutschland...

Durch das Pentagramm erfuhr ich auch, daß es außer John Sinclair noch andere Gruselromane gab. Ganz besonders hatten es mir Professor Zamorra und Larry Brent angetan. Beide Serien waren völlig anders gestaltet und gefielen mir deutlich besser als der Inspektor von Scotland Yard. Zamorra hatte sich durch das Engagement von Werner Kurt Giesa eher in Richtung Fantasy entwickelt, bei Larry Brent gab es meistens irgendeinen wissenschaftlichen Hintergrund. Bei Sinclair dagegen gab es immer die gleiche Dämonen-Suppe; John zog sein Kreuz, und das Thema war durch. Dazu konnte Dan Shocker deutlich besser schreiben als Jason Dark.

Nun, da ich drei Serien sammelte, suchte ich natürlich regelmäßig - und mehrmals die Woche – die hannoverschen Romantauschläden auf. Es müssen damals um die 15 Stück gewesen sein, über das ganze Stadtgebiet verteilt. Mit dem Fahrrad habe ich zwischen Stöcken und Wülfel, zwischen Vahrenwald und Linden so manchen Kilometer zurückgelegt. Natürlich gibt es den Großteil dieser Geschäfte nicht mehr. Meines Wissens existieren nur noch drei davon.

Aber auch in fremden Städten war ich immer auf der Suche nach Romanläden. Da ich in den Ferien immer wieder bei der besagten Tante war (die inzwischen wieder direkt in Darmstadt wohnte), ließ ich auch in Südhessen viel Geld für Romane.

In der Nähe von Darmstadt liegt die Burg Frankenstein. Hier traf sich der Dan Shocker‘s Fantastik Club, in dem ich inzwischen Mitglied war, mehrere Male. Zweimal war ich auch dabei und lernte so Dan Shocker alias Jürgen Grasmück und Leute aus dem Club wie etwa Uwe Schnabel kennen. Später nahm ich noch an weiteren Marlos-Treffen teil und richtete den 1988er Con in Hannover selbst aus. Später verschlechterte sich die Stimmung im Club rapide, und ich fuhr dann nicht mehr auf Marlos-Cons, sondern trieb mich eher auf dem Buchmesse-Con rum.

So etwa um 1985 herum ließ das Interesse für Sinclair völlig nach, und ich wandte mich Professor Zamorra, dem Geister jagenden Parapsychologen aus dem Loire-Schloß zu. Diese Serie habe ich von Band 1 bis etwa Band 200 nachgelesen, habe dazu zu jedem Heft eine Inhaltsangabe geschrieben und ein Zamorra-Lexikon erstellt. In dieser Zeit pflegte ich einen (für meine Verhältnisse) intensiven Kontakt zu den Zamorra-Autoren Werner Kurt Giesa und Rolf Michael. Höhepunkt dabei war ein Treffen mit Rolf, der gerade auf Verwandtenbesuch in Hannover war, in der Gaststätte „Frosch“ in Hannover, die heute noch existiert.

Die Zeit von 1985 bis etwa 1990 war meine produktivste Zeit im Fandom. Ich schrieb einige kurze Stories, jede Menge Rezensionen und Sach-Artikel (z.B. für „Merlins Stern“ und die „Roman-Post“ von Rudolf Wildner), sammelte jede Serie, die nicht bei „drei“ auf den Bäumen war, hatte zu jeder Menge Leute Kontakt, war in jedem Club Mitglied und arbeitete auch an einigen Projekten mit. Mir fällt dabei der „Omega-Plan“ ein, eine auf ca. 10 Ausgaben geplante Mini-Serie. Ich glaube, davon sind nur drei erschienen. Eine davon enthielt eine längere Story von mir, die ich heute als das beste betrachte, was ich für das Fandom geschrieben habe.

Ganz besonders erinnere ich mich an Kai Uwe Neubert. Irgendwann tauchte der wie aus dem Nichts auf, wurde zum aktivsten Fandomler unter der Sonne, um dann von einem auf den anderen Tag spurlos zu verschwinden. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.

Man sagt, dass sich etwa alle sieben Jahre die Interessen der Menschen ändern. Bei mir kommt das ungefähr hin. Ich war 13, als ich John Sinlcair und das Horror-Fandom entdeckte, und etwa mit 22 ließ das Ganze dann nach. Ich war mittlerweile berufstätig und fest liiert (übrigens noch mit derselben Frau wie heute), und das Fandom stand nicht mehr an erster Stelle. Inzwischen hatte ich schon die eine oder andere Serie verkauft, las zwar noch Fanzines, aber arbeitete nicht mehr so aktiv mit.

Aus dieser Zeit stammen meine einzigen eigenen Fanzines, nämlich „Phantastic Voyage“ und ein Zine zu irgendeinem Jubiläum von Werner Kurt Giesa. Auch die Serie „Brik Simon“, die Volker Krämer schrieb, habe ich eine Zeitlang herausgegeben.

Was blieb, waren persönliche Kontakte zu Volker Krämer, Stefan Bayerl und Timothy Stahl. Aber auch das hielt nicht ewig. Mittlerweile stehe ich nur noch Timmy in losem Kontakt (das heißt etwa eine Email im Jahr). Volker und Stefan sind wie so viele Fandomler spurlos verschollen, aber das bringt es wohl mit sich, wenn beide Seiten das Interesse am einzigen gemeinsamen Hobby verlieren.

Im letzten Jahr habe ich dann noch die letzten Schritte gemacht. Nahezu alle Fanzines wurden bis auf die besten Artikel oder Stories dem Altpapier übergeben, und meine komplette Larry Brent-Sammlung wechselte per eBay den Besitzer. Geblieben sind nur ein paar ausgewählte Romane (z.B. der erste Zamorra oder auch der SK 747, dessen Jubiläum wir in diesem Jahr feiern), besagte Fanzine-Reste und die Sammlung von Jürgen Grasmück-Romanen, die nicht in seinen Serien erschienen sind. Die Grasmück-Sammlung ist, soweit ich weiß, sogar komplett und umfasst auch seltene 50er- und 60er-Jahre-Krimis. Übrigens würde ich auch diese Sachen in gute Sammlerhände abgeben. Bei Interesse einfach mal über die Redaktion anfragen.

Tja, wie lautet das Fazit aus dieser Zeit? Es war eine schöne Zeit (ich denke an die großen Pausen, in denen ich schnell mit dem Fahrrad nach Hause fuhr, um nach Post, sprich neuen Fanzines, zu gucken). Stress, den es manchmal gab (im DSFC, um die Fortführung der Larry-Brent-Reihe, um die Enthüllung, dass Helmut Rellergerd doch nicht alle Sinclairs geschrieben hat), wirkt im Nachhinein völlig belanglos. Viel habe ich nicht ins heutige Leben mitgenommen, aber ich bedauere das nicht wirklich. Heute gibt es für mich andere Dinge.

Aber das heißt nicht, dass ich nicht doch manchmal die eine oder andere Homepage im Internet aufsuche und mich an die alten Zeiten erinnere. Und wenn‘s mich doch mal packt - der eine oder andere Roman liegt noch gut verstaut im Schrank...

© 2008 by Peter Roegner

Kommentare  

#1 G. Walt 2008-07-23 14:14
Auch ich erinnere mih noch gut an die Treffen, die wir beide gemeinsam besucht haben. Und ich denke gern an die Zusammenkünfte bei der Städtegruppe Hannover.
Peter, ich wünsche dir alles Gute.
#2 benfi 2008-07-27 12:45
Schöner Rückblick! Also - für einen fairen Preis (im Verhältnis zum Zustand) würde mich der SK 747 schon interessieren! Da muss der Webmaster mal einen Kontakt herstellen...
#3 Peter 2008-07-28 00:13
Den 747er gebe ich natürlich nicht her. Der bleibt in meiner Sammlung (auch als nette Erinnerung daran, daß ich fast ohnmächtig geworden bin, als ich ihn für 50 Pfennig in einem normalen Roman-Tausch bekommen habe).
Über alle anderen Krimis, Western, SF und über die Leihbücher können wir aber reden.

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