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Die wunderbaren Jahre

Das Grauen wird 40Die wunderbaren Jahre

Manfred WeinlandVorweg: Ich bewundere sie, die Kollegen, die auch nach Jahrzehnten noch haarklein irgendwelche Episoden und Anekdoten aus ihrem Leben und Schaffen aus dem Ärmel schütteln. Ich selbst bin da leider mit einem eher löchrigen und lückenhaften Gedächtnis gesegnet. Was aber mitunter auch tatsächlich ein Segen sein kann ...

Vor und dreißig Jahren, so um das Jahr 1977 rum, stand ich voll im Banne der Perry-Rhodan-Serie und war vom SF-Virus infiziert. Ich las außer Perry noch Zauberkreis SF und hier besonders gern die Romane eines gewissen Gerry McDunn, von dem ich damals noch nicht wusste, dass „er“ etwas später Mitglied des PR-Teams werden würde, das erste weibliche Mitglied, weil sich hinter dem männlichen Pseudonym eine gewisse Marianne Sydow verbarg, deren Ausscheiden für mich damals, neben Willis Tod 1984 und anderen Gründen, einer der Mitauslöser war, warum ich der Rhodan-Serie erst mal bis zum Cantaro-Zyklus den Rücken kehrte. Irgendwie war nach dem genial-grandiosen Tausender von Voltz („Der Terraner“) die Luft raus, und die Handlung um Spoodies, Herzogtum Krandor etc. konnte mich nicht mehr annähernd so fesseln wie die Bände von 650-1000, die für mich das Glanzlicht der Serie überhaupt darstellen.

Na ja, ich merke schon, ich schweife ab. Was ich sagen will, ist einfach, damals hatte ich mit Grusel/Horror wenig bis gar nichts am Hut, ich war fast ausschließlich auf SF abonniert. Im Fanbereich schrieb ich seit längerem schon mal die ein oder andere Kurzgeschichte für irgendwelche Fanzines, und Kurzromane für Werner Giesas terrapress-Verlag, über den schon anderenorts genug zu lesen war – spirit-carbon-bedruckte Heftchen mit Miniauflage, die mich aber ungemein motivierten, da immer mal wieder auch wohlwollende Kritiken zu meinen Werken kamen – von der sehr überschaubaren Leserschaft, von denen die meisten selbst schrieben und ebenso versessen auf „Feedback“ waren wie ich.

Das war auch so die Zeit, in der ich Kontakt zu Michal Nagula und Alexandro Laue bekam, die in Frankfurt und Hanau wohnten. Michael ist ja mittlerweile Teammitglied bei PR, und damals streute er mal so beiläufig ein, dass er das Idol meiner Jugend, Willi Voltz, persönlich kenne, darüber hinaus auch noch einen gewissen Dan Shocker (der mir – ich gestehe – erst mal gar nichts sagte, weil ich keine Gruselkrimis und dergleichen las). Voltz elektrisierte mich, und ich glaube, es war Michael, der mich animierte, die ein oder andere Geschichte an den Chefautor der Rhodan-Serie zu schicken, mit der Bitte um ehrliche Kritik. Hm, die kam dann in anderer Form als erwartet: Willi plante meine Story „Gestörte Ordnung“ in einen Terra-Astra-Anthologieband unter dem Titel „Das zweite Ich“ ein; er selbst steuerte die Titelstory bei. Das Ding erschien, und ich war „angefixt“. Mit Michael zusammen schrieb ich einen Roman, den wir beide schon innerhalb der Terra-Astra-Serie sahen: „Im Angesicht des Todes“ oder so, hieß er. Die Reaktion darauf, nachdem wir ihn dem Verlag geschickt hatten: Der berühmt-berüchtigte GMS (Günter Schelwokat) rief mich zuhause an (äh, ich war sechzehn oder siebzehn damals) und haute mir so liebevolle Sätze um die Ohren wie „Das ist gar nichts!“, „Vielleicht in 5-10 Jahren ...“ oder „An Ihrer Stelle würde ich mit dem Schreiben sofort aufhören.“

Jep. Falls ich es noch nicht erwähnte: GMS war ein Motivationskünstler par excellence und ich, wie man im späteren hörte, nicht sein einziges Opfer ...

Lange Rede, kurz Sinn: Nach diesem Telefonat war ich tatsächlich entschlossen, nie wieder auch nur eine Zeile zu Papier zu bringen. Am meisten frustete mich dabei wohl, dass Michael bei unserem gemeinsamen (Mach-)Werk in Schelwokats Beurteilung weitaus besser wegkam. Wie er die gestückelten Beiträge auseinander hielt, ist mir bis heute unklar. Aber vielleicht hat Michael ja auch damals mit Textmarker oder sonst wie gekennzeichnet, was von ihm und was von mir war. Ich weiß es wirklich nicht, vielleicht frag ich ihn mal bei Gelegenheit.

In diese Unlustphase hinein kam dann irgendwann der Kontakt zu Jürgen Grasmück (Dan Shocker) zustande, der damals eine Romanagentur auf den Namen seiner Frau Karin laufend gegründet hatte. Und dieser Jürgen fragte mich tatsächlich, ob ich nicht Lust hätte, mal einen Gruselroman zu schrieben.

Äh, klar!, antwortete ich. Musste mir dann aber erst mal ein paar von den Dingern, die ich vorher immer ignoriert hatte, wenn ich in unserem Tante-Emma-Laden nach Romannachschub kramte, zulegen und mich reinlesen.

Da machte es dann auch ziemlich schnell Klick!

So schlecht wie erwartet, waren die Abenteuer gar nicht. Und siehe da, ich entdeckte, dass es noch ein Leben abseits der SF gab...

Ruckzuck war ein Gruselroman geschrieben, der in meiner realen Umgebung angesiedelt war und leider auch (okay, ich wollte Eindruck im Freundes- und Bekanntenkreis schinden) reale Namen tatsächlich lebender Personen enthielt ... Die einen fanden’s witzig, die anderen weniger, und eine ... na ja, darüber decke ich lieber das Mäntelchen des Schweigens; mit ihr bekam ich richtig Ärger.

Aber so war es damals. Ich war völlig aus dem Häuschen, dass etwas von mir Geschriebenes gedruckt und im laden zu erwerben war und stürzte mich sofort in die Arbeit an meinem Zweitling. Der dann aber grandios baden ging, sprich: von Zauberkreis abgelehnt wurde. (Er erschien dann aber doch irgendwann, nur bei einem anderen Verlag, ich glaube innerhalb der Vampir-Reihe.)

Der nächste Gruselkrimi wurde dann wieder angekauft, und von da an ging es kontinuierlich aufwärts. Über Jürgens Agentur fand ich Zugang zu den Bastei-Serien Damona King, Professor Zamorra oder Reihe wie Gespenster Krimi.

1986 war’s dann aus bei Zamorra. Die Gründe sind bekannt. Werner schrieb ab da erst mal lange Zeit allein über die amourö... äh, unheimlichen Abenteuer des Herrn aus Frankreich.

Ich selbst nahm diese Fügung zum Anlass, drei Jahre lang gar nichts mehr zu schreiben. Ich hatte auch echt keinen Spaß mehr dran. Der kam erst peu à peu wieder, und als es soweit war, wählte ich den Mitternachtsroman unter der sehr liebenswürdigen Redakteurin Frau Bönnen als Wiedereinstiegsdroge. Beziehungsweise ich wurde an sie vermittelt, wenn ich mich jetzt wieder genauer entsinne, und zwar vom damaligen Bastei-Redakteur Reinhard Rohn, dem ich das Skript eines Jugendbuchs schickte – das er ablehnte, aber mit sehr wohlwollenden Worten, und mich an Frau Bönnen verwies, die immer neue Talente suche.

Gesagt, getan. Und in jene Ära fielen dann gut zwanzig, fünfundzwanzig Mitternachtsromane, die immer mal wieder eine Neuveröffentlichung bei Kelter erfahren (im Irrlicht, Gaslicht oder wie sie alle heißen). Dafür ein ganz herzliches Dankeschön an Dr. Schäfer, den Cheflektor, den ich als sehr verständnisvollen und lieben Menschen kennengelernt habe.

Frau Bönnen empfahl mich dann weiter an einen gewissen Herrn Schönenbröcher, und außerdem erhielt ich Kontakt zu Rainer Delfs, dem Chefredakteur der Spannungsromane, der mich aufforderte, mich doch mal an einem Jerry Cotton zu versuchen.

Das tat ich. Das Resultat war eine Einladung in den Verlag und die Offerte, weiter für Cotton zu schreiben, weil sowohl der Prüfer als auch der Außenlektor (Joachim Honnef) höchst angetan von meinem Erstling waren.

Besser konnte ich bei meinem zweiten Anlauf im Profigeschäft den Fuß in keine Verlagstür bringen.

Ich war hoch motiviert, schrieb für Cotton, Mitternachtsroman, Dino-Land, Trucker King u.a., machte mich 1992 selbständig als freischaffender Autor (ein durchaus gewagter Sprung ins kalte Wasser) ... und eines Tages läutete das Telefon, und Michael Schönenbröcher meinte lapidar: Du und ich, wir beide machen eine neue Serie, es geht um eine Vampirin, und es darf/soll/muss auch durchaus ein bisschen erotisch sein ...“

Äh, ja! Das mit der Erotik nahm ich als notwendiges Übel, ansonsten verließ ich mich ganz auf das, was ich immer getan hatte: Ich schrieb einfach über Themen, die mich selbst faszinieren, in der Hoffnung, auch andere damit faszinieren und unterhalten zu können.

Cotton lief dann eher nebenher und wurde vernachlässigt, was Delfs überhaupt nicht verstehen konnte, aber ich hatte einfach mehr Spaß an einer eigenen Serie, auch wenn die weit von einem wirklichen Verkaufserfolg entfernt war.

Bekanntermaßen wurde sie auch mit Taschenheft 60 (nach insgesamt, die Heftromane mitgerechnet, 110 Abenteuern unter der Marke Bastei) eingestellt, lief aber noch ein paar Jährchen im Hardcover bei Zaubermond weiter.

2003 kam dann meine zweite eigene Bastei-Serie, Bad Earth, und es ging zurück zu meinen eigentlichen Wurzeln, zur SF.

Das alles war – und ist! – eine wunderbare Zeit. Und (es lebe die Nostalgie!) in Kürze wird mit den Bänden 893 und 894 auch ein neuer Zamorra-Doppelband aus der Feder eines gewissen Adrian Doyle erscheinen, in dem ich mal wieder reinschnuppere in die magische Welt jenes französischen Professors, der mich nun schon so lange Jahre, ja Jahrzehnte begleitet.

Und wer einmal Lust auf SF abseits von Perry Rhodan hat, der ist herzlich eingeladen, bei Zaubermond.de vorbeizuschauen und sich ein wenig über BAD EARTH zu informieren, die Serie, die im vierten Hardcoverjahr gerade auf Band 16 zusteuert.

Genug der Eigenwerbung.

Es waren wunderbare Jahre in einer Szene, die mit der heutigen kaum noch vergleichbar ist. Damals gab es kein Internet – und niemand hat es vermisst ... Wink

Kommentare  

#1 benfi 2008-07-23 23:53
Schöner Rückblick! Und VAMPIRA war - man möge mir verzeihen - geil! Echt was frisches damals - nur wohl leider zu Komplex für den Gelegenheitsleser; wie einst beim HEXER. Da ich den Zamorra-Doppelband hier ja schon anlesen konnte, muss ich da wohl doch mal Einkaufen...immer diese blöde Eigenwerbung... :P
#2 Adrian Doyle 2008-07-24 11:09
Was sollte es da zu verzeihen geben?? ;-)
Und zum Foppelband: GEnau, kaufen, kaufen, kaufen! :D

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