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Helden der zweiten Reihe (II): Cody Mulcahy

SternengeflüsterHelden der zweiten Reihe (II)
Cody Mulcahy

Vor beinahe zwei Monaten habe ich einen Beitrag über die »zweite Reihe« bei »Sternenfaust« geschrieben. Ich stellte dabei nicht nur fest, dass die Sterblichkeitsrate relativ hoch ist, sondern auch, dass die Bedeutung der Brückencrew im Laufe der Serie abgenommen hat. Das führte dazu, dass im damals aktuellen Band »Das Geheimnis von Trior« der erste Offizier David Alyawarry sterben konnte, ohne dass sein Verlust den Leser besonders traf. Der Beitrag endete mit der Feststellung, dass eine profilierte zweite Reihe deutlich zu einem vertrauten und familiären Gefühl bei den »Sternenfaust«-Romanen beitragen kann.

Ich würde der Serie aber unrecht tun, wenn ich behauptete, die Brückencrew bestünde lediglich aus Namen. Im Gegenteil: Eigentlich hat man sich für jedes Mitglied einen Background ausgedacht, der Potential bietet.


Das Problem ist lediglich, dass der derzeitige (durchaus gelungene) Aufbau der Serie es nur sporadisch ermöglicht, Charaktere neben Frost häufiger auftreten zu lassen. Just in den Heften nach meinem Artikel wurde jedoch die zweitwichtigste Person an Bord der Sternenfaust in den Mittelpunkt gerückt: Cody Mulcahy.

Vom Glück gestalkt
Cody Mulcahy kam zusammen mit Thomas Höhl in die Serie und müsste eigentlich gehasst werden. Nicht, weil Thomas Höhl schlechte Arbeit leistet, sondern weil Mulcahy relativ rasch Dana Frost als Captain der Sternenfaust verdrängte.

Mulcahy war Waffenoffizier auf der Starlight. Seinen „großen Moment“ hatte er, als Nickie Berger mehrere Torpedos auf das Schiff abfeuerte, die die Starlight sogar bis in den HD-Raum verfolgten. Es gelang Mulcahy, das Schiff aus einer eigentlich unmöglichen Situation zu retten. Dadurch kam er zu seiner ersten großen Beförderung. Aber das war noch nicht das Ende: Wenig später wurde Dana Frost mittels einer Krankheit für eine Weile aus der Serie geschrieben. Cody Mulcahy übernahm ihren Platz als Captain der Sternenfaust.

Dort erlitt er zunächst das Schicksal, dass Admiral Taglieri im ersten Zyklus neben Dana Frost erleben musste: er blieb völlig farblos. Nicht nur, dass er im Vergleich zu Frost, die seit Anbeginn der Serie dabei war, kaum Kontur hatte, auch neben Taglieri wirkte der Neuling natürlich etwas blass. Das hatte freilich Vorteile, schließlich gelang es den Autoren im Erzengel-Zyklus das Profil Taglieris zu schärfen und viele Versäumnisse des vorherigen Zyklus nachzuholen.

Mulcahy strapazierte sein Glück allerdings noch ein zweites Mal. Bei der ersten Kampfhandlung zwischen den solaren Welten und den Orphanen wurde er stark verletzt. Sein Gehirn trug irreparablen Schaden davon. Doch Doktor Tregarde fand eine Lösung. Mulcahy wurde ein Chip eingepflanzt, der die Gehirnfunktionen für ihn übernimmt. Das hat sowohl den Vorteil als auch den Nachteil, dass Mulcahy sich jetzt an alles erinnern kann, weil der Chip alles aufzeichnet und abspeichert. Damit wurde Mulcahy vom glücklichen Aufsteiger zum Captain, der zumindest eine ungewöhnliche Eigenschaft hat.

Rückkehr in die Bedeutungslosigkeit
Den Rest des Zyklus fiel Mulcahy jedoch nicht mehr besonders auf. Er war immer da, wenn es um die Sternenfaust ging. Aber das waren Jake Austen und David Alyawarry auch, ohne dass sie erwähnt werden mussten. Sein Gedächtnischip wurde zwar regelmäßig erwähnt, damit er nicht in Vergessenheit geriet, viel daraus gemacht wurde aber nicht.

Dabei hätte man den Chip durchaus für interessante Geschichten verwenden können. Warum sträuben sich die Solaren Welten eigentlich gegen die genetische Verbesserung von Gehirnen und ermöglichen gleichzeitig Techniken, die Gehirne komplett ersetzen? Fühlen sich nicht ein paar von Mulcahys Untergebenen jetzt mehr unter Druck gesetzt, schließlich kann Mulcahy vorher übersehenes Fehlverhalten jetzt in der Rückschau wieder nachvollziehen? Zwar wurde durchaus erwähnt, dass Mulcahy Gewöhnungsschwierigkeiten mit dem Chip hatte, aber hätte das nicht zumindest für eine Nebengeschichte gereicht?

Keiner der Fragen wurde nachgegangen. Andererseits wäre es auch unpassend gewesen, mitten in der Orphanen-Bedrohung einen ganzen Roman auf Mulcahy zu ver(sch)wenden. Denn eine Einbindung in die Haupthandlung wäre vermutlich schwierig geworden.

Nachträglich im Rampenlicht?
Auch wenn die Autoren im aktuellen Zyklus bereits Bruder Williams als profilierten und David Alyawarry als zumindest mal mit einem Dreiteiler ausgestatteten Charakter aus der Serie geschrieben haben, bemühte man sich zuletzt vermehrt um die Personen hinter Dana Frost. Das kam in erster Linie Cody Mulcahy zugute.

Die Space-OmaEs könnte sogar sein, dass Mulcahy in der Aufklärung der Zyklusfrage eine gewichtige Rolle spielen wird. Das liegt an einer mysteriösen und etwas kruden Nebenhandlung aus dem Roman mit dem wunderschönen Titel „Die Space-Oma“. In diesem Heft wurde Mulcahy im Nachhinein eine echt miese Kindheit angedichtet. Jahrelang wurde er von seinem Vater gequält, bis er ihn umbrachte. Dafür wanderte der damals vierzehnjährige Mulcahy für eine überraschend kurze Zeit ins Gefängnis und wurde dann mit 18 von der „Grafschaft“ angeworben.

Diese „Erweiterung“ von Mulcahys Hintergrund konnte nicht komplett zufriedenstellen. Einerseits war das Folterprinzip, mit dem Mulcahy gefoltert wurde, etwas unersichtlich. Weder der Vater noch Mulcahys Reaktion wirkten wirklich überzeugend. Die kurze Strafzeit war ebenfalls unglaubwürdig. Schließlich weigerte sich Mulcahy standhaft darüber zu berichten, warum er seinen Vater getötet hat. Dass er mit 18 schon ein vielversprechender Anwärter des Star Corps war, verwundert in diesem Zusammenhang. Die überraschende Anwerbung durch die Grafschaft ist ebenfalls nicht überzeugend.

In der Serie „Star Trek: Enterprise“ befand sich Lieutenant Reed mal in einer ähnlichen Position. Er wurde von einer Vorgängerorganisation der Sektion 31 angeworben und führte einige Aufträge für sie aus. Er distanzierte sich zwar von der Organisation, verschwieg ihre Existenz aber seinen Vorgesetzten. Als die Organisation wieder etwas von ihm wollte, führte er ihre Aufträge aus und brach damit das Vertrauensverhältnis zu seinem Captain.

Ähnlich ist es hier mit Mulcahy, denn auch Dana Frost ist sehr enttäuscht darüber, dass Mulcahy ewas von der Grafschaft weiß. Doch im Gegensatz zu Sektion 31 vermittelt die Grafschaft nicht so stark, dass sie die Menschheit mit allen Mitteln schützen wird. Eigentlich weiß man über die Grafschaft nämlich noch gar nichts Genaues, außer dass sie vermutlich an Dana Frosts genetischer Aufwertung beteiligt war und Frost in irgendeiner Weise ausgewählt hat. Auch wirkt Mulcahy nicht wie der simple Patriot, der sich für den Schutz der Solaren Welten nicht nur dem Star Corp, sondern auch noch  einer Geheimorganisation anschließen würde.

Dennoch wertet dieser Handlungsstrang Mulcahys Rolle deutlich auf. Denn eventuell wird er in diesem Zyklus einen größeren Beitrag zu der Lösung der „Grafschaftsfrage“ leisten. Nach dem Einsetzen des Gedächtnischips, der ihm ein ungewöhnliches Merkmal beschert, wäre es dann seine erste größere Funktion in einem Zyklus.

Cyber-TodDie Hoffnung, dass mit Mulcahy ein Mitglied der Brückencrew gestärkt wird, wurde gleich durch das nächste Heft genährt. „Cyber-Tod“ bastelte zum ersten Mal eine Geschichte rein um Mulcahys Gedächtnischip. Zusammen mit anderen Mitgliedern der Sternenfaust kämpfte sich Mulcahy durch einen Cyberspace, der von Aliens erschaffen wurde, deren Intentionen im Verlauf des Romans immer mehr den „Borg“ ähnelten und die zuletzt gar deren Standardspruch „Widerstand ist zwecklos“ verdächtig nahe kamen.

Der Roman zeigte aber, dass man um Mulcahy auch einen Roman stricken kann, ohne auf Rückblenden zurückgreifen zu müssen. Außerdem brachte man durch Dana Frosts Ex-Mann noch eine Geschichte um einen zweiten Charakter mit in die Geschichte. Romane können also durchaus auch mehr als eine Person im Mittelpunkt haben.
Natürlich sind solche Geschichten zurzeit einfach. Schließlich tauchen im Moment permanent mächtige Aliens auf, wie die, die den Cyberspace erschaffen haben. Da ist es durchaus möglich, auch mal eine Geschichte für Mulcahy zu finden.

Noch ist nicht abzusehen, in welche Richtung sich der Zyklus entwickeln wird. Da die Einzelromane in der Regel spannend sind, ist das gut so. Denn wichtig ist, dass gute Einzelgeschichten, die fesselnd und spannend sind, erzählt werden. Daher ist es nicht möglich zu sagen, ob Mulcahy zum Ende des Zyklus hin noch mehr Aufmerksamkeit erhält oder ob er wieder für eine Weile abtreten muss.

Die beiden erwähnten Hefte haben aber gezeigt, dass die „zweite Reihe“ den Autoren keineswegs egal ist. Auch wenn die nachträgliche schwere Kindheit mit Anwerbung Mulcahys etwas übertrieben und seltsam wirkte, wurde ihm damit eine weitere Facette hinzugefügt, die es nun zu nutzen gilt. Dann könnte Mulcahy vielleicht irgendwann, wenn er das Amt des Captains der Sternenfaust verlässt, zumindest eine im Ansatz vergleichbare Lücke hinterlassen wie Dana Frost.

Kommentare  

#1 immer mal wieder 2011-05-17 15:59
Guter Artikel!
Zwei Anmerkungen hab ich dazu allerdings noch.

Zum einen geht es um die Jugend von Cody, wie im Artikel beschrieben ist sie nicht ganz schlüssig. Dies wird sogar noch weiter verstärkt durch die Aussagen in Band 128. Dort steht, dass Cody bei seinen Großeltern auf Wega V aufwuchs, während seine Eltern als Ärzte im Krankenhaus arbeiteten. Nun kann es natürlich sein, dass das vor dieser Zeit alleine mit seinem Vater war. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, denn dann hätte sich Cody in Band 128 wohl nicht in dieser Form, wie es beschrieben wird, zurückerinnert.

Des Weiteren ist noch anzufügen, dass er bereits im Band 155 entscheidend im Kampf gegen die "Vergessenen" eintrat. Als einziges Besatzungsmitglied konnte er sich an die Eindringlinge erinnern.

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