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Der Rolls Royce und das Finanzamt, Computer und Arbeitsplätze, sowie Tendyke...

Teestunde mit Rolf...Autos und Computer – Beides gab es im Zamorra reichlich. was gibt es denn dazu zu erzählen. Es gilt Werners Satz: „Der Computer ist ein Feind!“ und auch Autos hatten diese hohen Stellenwert... Lass Dich aus. Der Tee ist bereitet.

Der Rolls Royce und das Finanzamt, Computer und Arbeitsplätze, sowie Tendyke...

Bevor Werner K .Giesa eine gewisse Heike Müller kennen lernte, hatte er eine ganz andere „große  Liebe“.

Einen Rolls Royce – und da möglichst ein Modell aus den Zeiten vor den 60ern. Leider habe ich die ganzen Bezeichnungen der RR-Modelle vergessen, von denen W.K. träumte – und in seinen Träumen saßen da garantiert auch blonde Girlies drin, der gesamte Kleidung gerade in der Wäsche war...

 

Irgendwann rief er mich ganz aufgeregt an. Man hatte ihm einen Rolls-Royce – Phantom, so hieß glaube ich das Modell, angeboten. Und das für einen Preis, über den man als erfolgreicher Heft-Autor, der zu Hause wohnt und wenigstens die Miete spart, gar nicht diskutieren muss.

Fünfundzwanzigtausend sollte der Wagen kosten.  Ob ich nicht seine „Excalibur“ günstig übernehmen wollte.  Wollte ich aber nicht. Meine „Solaris“ war ein metallic-grüner Opel-Rekord und ziemlich baugleich mit W.K.'s Wagen.  Nur hatte er ein Schiebedach und damals eine eingebaute CB-Funkanlage. Und die „Solaris“ habe ich mit blutendem Herzen abgegeben, als es eben drum ging, die Stufen der kraftfahrerischen Rangordnung etwas empor zu steigen und Mercedes-Fahren zu werden. Natürlich auch, wie es sich gehört, auf der ersten Strecke mit Hut und Zigarre – eben als damals typischer Mercedesfahrer. Naja, heute hat die Zigarre ausgedient...

Aber es war mir klar, beim nächsten Mal würden sie Leute in Ahnatal was zu gucken haben. Ein „Rolli“ im Dorf – das war doch mal was. Auch wenn er den „spinnerten Schriftsteller mit dem Raben“ besuchte.

Diese Sensation kam aber nicht. Denn kurz nach unserem Telefonat hatte Werner unangenehmen Besuch gehabt. Und nur Leute von der Mafia hätte W.K. weniger gern gesehen. Denn sie kamen vom Finanzamt und hatten so einige Fragen zu Werners Steuererklärung.

Um es kurz zu machen – den „Rolls Royce“ hat das Finanzamt bekommen, wie Werner mir mit leichenbitterer Miene dann erzählte. Wie -  warum – wieso – weshalb – das war für mich damals nicht von Interesse und heute auch nicht. Aber Werner hat wohl mit einer Nachzahlung ganz schön bluten müssen. Und es war auch in unserer Zeit das einzige Mal, dass sein Nachzahlungsbetrag beim Fiskus so hoch war, dass es bei W.K. ans „Eingemachte“ ging.

Auch wenn es nur fünfundzwanzigtausend müde Mark waren – der Deal mit dem „Rolls“ war geplatzt und Werner hat dem Wagen noch viele Jahre nachgejammert.  Dass er das Finanzamt und seine Insassen nicht mochte und dem Sachbearbeiter im Amt vorrechnete, dass dieser sein Angestellter sei, ist ja allgemein bekannt.l Werners rechnete ihm vor, dass sein monatliches Steueraufkommen bei drei bis vier Romanen im Monat tatsächlich diese Summe haben konnte.

Jeden dritten Roman, so erklärte Werner damals auch den Fans, schreibe er für das Finanzamt. Doch Empörung hat das nicht hervorgerufen. Denn auch der normale Bundesbürger hat ja nicht den Bruttobetrag seines Verdienstes auf dem Konto. Und die Abzüge eines Lohnabhängigen sind von den Prozenten her auch nicht geringer als das, was man als freier Schriftsteller so dem unersättlichen Drachen des Fiskus in den Rachen werfen muss.

Aber so fuhr Professor Zamorra in der giesa'schen Frühzeit Opel und später Mercedes und dann irgendwann BMW. Genau die Marken, die sein geistiger Vater und lebendes Abziehbild damals auch fuhr.

Je mehr Werner den Zamorra zu einer Serie machte, umso lebendiger wurde sie Figur für den Leser. Und – umso mehr der neuen Zeit angepasst. Denn Werner sorgte dafür, dass Zamorra in den tiefen Kellern von Chateau Montagne, die bis heute immer noch keiner ganz erforscht hat (das kann er einem erzählen, der die Hose mit der Kneifzange zumacht) eine Computeranlage einrichten.

Das Maß aller Dinge von Zamorras EDV-Anlage war auf Ren Dharks „Point-Of“ zu finden – und außerdem hatte ich Werner mal durch die damals existierenden drei Computer-Räume unterer Stadtkasse geführt.

Das war damals das absolute Prunkstück unserer Stadtverwaltung – heute hat jeder Teenager Geräte mit einer weitaus höheren Leistungsfähigkeit. Und – das ist erst etwas mehr als 30 Jahre her. Durch die Erfindung und Weiterentwicklung der Mikro-Chips ist  die Computer-Technik schon lange auf die Überholspur gegangen.

Wer ungefähr wissen will, wie so eine Computer-Anlage aussah, die Zamorra damals hatte, der muss sich mal alte amerikanische SF-Filme in schwarz/weiß ansehen – so bis Ende der 60er. Die wurden damals alle noch mit Lochkarten und Lochstreifen gefüttert und sahen aus wie ganze Schrankwände.

Das Aufkommen der Mikro-Chips war dann die Revolution und führte die „Schrankwände“ ad absurdum. Und die Fern-Kopien, heute „Fax“ genannt, ersetzten unseren überdimensionalen Fernschreiber.

Weil dann hat die nachfolgende Entwicklung im Computerwesen alles überrollt. Werner musste Zamorra einige Bände lang eine ganz neue Computer-Anlage in Chateau Montagne installieren lassen – und natürlich auch alles neu abspeichern.  Aber das war lange nach meiner Zeit und Werner war über alles, was der Markt neu brachte, bestens informiert.

Umso sonderbarer war es, dass sich Werner sehr lange geweigert hat, selbst von der Schreibmaschine auf Computer umzustellen.

Wir hatten und auch gerade einige Jahre vorher echt professionelle Typenradmaschinen mit Korrektureinrichtungen gekauft. Das Neuste, was damals auf dem Markt war und gerade in die Vorzimmer der Dezernenten und Amtsleiter Einzug hielt – bevor die „Personal-Computer“ den Markt eroberten.

Irgendwann hieß es in der Branche, dass Schreibmaschinen-Manuskripte nicht mehr angenommen würden.  Für alle von der professionellen Schreibe bedeutete das – es gab wieder ein Abschreibe-Objekt für die Steuer....

Werner war zwar gewillt, eben mal für ein Western-Hemd oder einen Hut mehr als 100 Mark auszugeben – aber die Computer-Preise lagen damals noch wesentlich höher. Also kein Grund, von der Schreibmaschine umzustellen, wenn man so fest im Geschäft drin ist. Immerhin schrieb ja Jason Dark noch auf einer mechanischen Olympia, deren Bedienung schon echtes Fitness-Training war. Und soweit ich weiß hat er das Teil heute noch im Gebrauch. Der zweite Autor, dem man noch Schreibmaschinen-Manuskripte abnahm, soll G.F.Unger gewesen sein.  Also, die „Flaggschiffe“ der Heft-Szene des Bastei-Verlages.

Auf dem ersten Kongress der Fantasy in Passau Anno 1984 gab es auch einen Vortrag mit dem Thema „Datenverarbeitung für Schriftsteller“.  Ganz klar, dass alles, was mehr oder weniger professionell schrieb, mit dabei war und interessiert zuhörte. Auch Dan Shocker, Hugh Walker und Ernst Vlcek – die fallen mir gerade ein, dass sie neben einigen anderen „Hochkarätern“ auch dabei waren.

Damals ging es noch darum, den ganzen Text eines Romans auf Diskette gespeichert  an den Verlag zu schicken. Das Internet und sonstige Sticks mit der vielfachen Kapazität einer damaligen Festplatte waren damals noch Zukunftsmusik.

Bei Bastei hatte man ja vorher schon mit Lesemaschinen experimentiert, die einen kompletten Manuskripttexte in Daten umsetzte – und so den Beruf des „Setzers“ abschafften. Und diese „Abschaffung“ eines ganzen Berufsstandes stand im erhöhten Maße bevor, wenn die Autoren die neue Technik mit dem Computer akzeptierten und die Texte gleich vom Datenträger in den Druck gingen. Ein ganzer Berufsstand und die Arbeitsplätze wurden vernichtet. Das konnten wir, die Schriftsteller, nicht dulden. Dagegen  mussten wir uns solidarisch zeigen und uns sperren und wehren.

In der Versammlung erhob sich zorniger Protest. Nein, das würden wir nicht machen. Keiner von der schreibenden Zunft würde mit Computer arbeiten, dadurch Arbeitsplätze vernichten und damit Familien und Existenzen zerstören.

Ich habe vergessen, wer damals der Referent war. Aber seine abschließenden Worte habe ich nicht vergessen.

„In spätestens acht Jahren haben sie alle von der Schreibmaschine auf Computer umgestellt – oder der Arbeitsplatz, der vernichtet wurde, ist Ihrer!“ sagte er mit eisiger Stimme und einem dünnen Lächeln auf den Lippen.

Der gute Mann hatte richtig prophezeit – nur traf die prophezeite Katastrophe bei vielen Autoren schon viel früher ein, während andere weitblickende Autoren wie beispielsweise Wolfgang Hohlbein sofort mit dem Computer schrieben.

Bei mir hat es bis in den Anfang der 90er gedauert.  Als Petra Ende 1989 ihr Köfferchen packte und eine eigene Wohnung bezog, wollte ich nach einigen Jahren der Abstinenz wieder ins Schreibegeschäft. Man hatte mich zwar nicht vergessen – aber ohne Computer bräuchte ich kein Manuskript vorzulegen, kam es vom Bastei-Verlag.

Also hatte meine brave Olympia-Typenrad nach ungefähr 40 oder 50 Heften nur noch Schrottwert und ich habe sie dann auch an eine Arbeitskollegin verschenkt.

Obwohl ich schon beim Ordnungsamt war, klappten meine bei der Beschaffungsstelle geschaffenen Beziehungen zum Büromaterial-Handel immer noch. Obwohl ich den „Commodore“, der mir damals von einem „Experten“ empfohlen wurde, voll bezahlt habe – aber natürlich waren da gewisse Rabatte drin.

Also war ich glücklicher Besitzer meines „Fidus“ und der Meinung, das Teil reicht bis zum Rest des Lebens. Zumal mir Hermann damals versicherte, von der Speicherkapazität könne ich da dreimal den „Herrn der Ringe“ drauf speichern. Na, das reichte doch für meine bescheidenen Ansprüche.

Es hätte auch gereicht – und würde heute noch reichen – wenn ich da nicht mal einen Anruf vom Bastei-Verlag gehabt hätte. „Wissen Sie, was Windows ist?“ war die Frage. Klar, davon hatte ich schon mal was gehört. Aber – ich schreib ja mit „Star-Writer“ - zumal sich das richtig toll anhörte.

„Ohne Daten im Windows-Format brauchen sie uns keine Texte mehr zu schicken!“  klang die Totenglocke für meinen braven „Fidus“.  Bei Hermann angefragt, ob in meinen Commodore kein „Windows“ einprogrammiert werden könnte kam die Gegenfrage: „Kannst du einen Rolls-Royce-Motor in deinen Fiat-Uno einbauen!“

Also, ein neuer, wenn auch gebrauchter Computer musste her – und der „Fidus“ ging als Soli-Zuschlag zur Verwandtschaft in die Ex-DDR. Aber das wurde er auch rasch ausgemustert und jetzt läuft er vermutlich in irgendeiner Bauernkate jenseits des Ural.   Und meinen „Cassiodorus“ danach habe ich wirklich einige Jahre gehabt. Meinen „Justinian“ habe ich dann wieder völlig neu gekauft – und weil ich ihn wirklich nur zum Schreiben nehme und weder Spiele noch sonstige Dinge damit laufen lasse wird er mir wohl noch einige Zeit ausreichen.

Werner hat sich ungefähr noch ein Jahr länger geweigert, auf EDV umzusteigen.  Auch wenn ich ihm immer zugeredet habe – er wollte einfach keine „Arbeitsplätze“ vernichten. Aber – plötzlich hatte er so ein Gerät.  Vermutlich hat man ihm aus der höheren Etage des Bastei-Verlages die Pistole auf die Brust gesetzt. Denn immerhin mussten Werners Romane vom Manuskript her ja noch mal abgeschrieben werden. Und so was machte man eben nur für echte Best-Seller wie Jason Dark und G.F.Unger.

Also fügte sich  Werner Kurt Giesa als einer der Letzten in die Reihe der Computer-Autoren ein - und war auch innerhalb kürzester Zeit auf dem Gerät top-fit.

„Der Computer ist mein Feind!“ erklärte er mit damals den Umstand, warum er innerhalb weniger Tage zum echten Computer-Dompteur geworden war. „Ich hasse ihn – aber ich muss ihn als meinen Feind  genau kennen, wenn ich ihn bekämpfen will.“

Auch eine Meinung – aber ich hatte  von einem solchen SF-Mann wie Werner eigentlich eine andere Grundeinstellung erwartet. Wenn ich schon geistig Raumschiffe fliegen lasse, dann muss ich doch auch mühelos eine solche Technik akzeptieren.  Zumal er beim „Dynastie-Zyklus“ ja die „Computer-Viren“ mit eingebaut hatte und also über diese Technik sehr gut Bescheid wusste.

Inzwischen ist der Computer nirgendwo mehr wegzudenken – geschweige denn vom Schreibtisch eines Schriftstellers. Heiliger Karl May, wie hast du die vielen Texte deiner Werke bloß mit Tintenfass und Feder alle schreiben können, ohne dass dir die Hand abgefallen ist?

Also war irgendwann Werner auch auf einem Stand der Technik, den sein Alter Ego Professor Zamorra längst überschritten hatte. Aber der hatte ja auch andere Einkünfte wie W.K. Giesa. Und deswegen habe ich den Herrn Professor in meinen Romanen dann immer mal wieder Vorlesungen an irgendwelchen Universitäten  halten lassen. Denn irgendwie muss ja der Schornstein von Chateau Montagne rauchen und die „Einkünfte aus Vermietungen und Verpachtungen“ können unmöglich diesen „Lebensstil“ decken.

Alleine was für Summen für die Bauunterhaltung für Chateau Montagne zu berechnen wären. Und Nicole Duval kauft das „kleine Schwarze“ ja auch nicht gerade bei „C & A“ oder bestellt beim Otto-Versand. Von den Kosten für einen Butler samt einer starken PS-Flotte mit dem giesa'schen Attribut „Auto“ ganz zu schweigen.  

Also musste der Herr Professor immer mal im Hörsaal eine Sonderschicht fahren. Und deshalb hatte ich auch vor, mehr Romane zu machen, in denen Zamorra, wie auch bei Perry Rhodan üblich, entweder nur kurz auftaucht oder nur einige Male erwähnt wird. Mit dem Band „Wenn die Blutfrau lockt“ hatte ich einen Anfang  gemacht.

Der „Wolfsmond“ sollte dann ein Roman werden, den Michael Ullich und Carsten Möbius ganz alleine als „Helden“ gestalteten. In einem Schlusskapitel las dann Professor Zamorra in seiner EDV nur neue Erkenntnisse über Werwölfe, die Carsten Möbius ihm in die Dateien eingespeichert hatte. Der „Wolfsmond“ ist dann ja nur im Jubiläumsband des EDFC zum 500sten Zamorra erschienen.

Aber wie bekannt ist, wurde da nichts draus und Werner hat dieses Experiment kaum weiter geführt.  Nur in einigen Bänden um Robert Tendyke und seinen Erlebnissen in der Vergangenheit war Zamorra mal nicht die Hauptperson.

Aber – Robert Tendyke war Werner ja schließlich auch. Und ich war dabei, als er es wurde. Wollt ihr wissen, wie Robert Tendyke „geboren“ wurde? Gut, die Sache kann man hier mal einflechten, weil es gerade passt.  

Wieder eine Epsiode aus unserer beliebten Reine: „Die Abenteuer der Lamont-Brothers“. Übrigens – Werner hat irgendwann festgestellt, dass die italienische Version des Pseudos „Roberto Alimento“ heißen müsste...

Wenn Werner in Kassel oder in Ahnatal war, und das war er ja ziemlich oft, dann war auch ein Besuch im Western-Shop „Round-up“ im Programm.

Natürlich wurden wir in den Geschäfträumen wie „liebe Söhne“ empfangen und es gab auch immer sofort Kaffee. Geschickt – das Wild anfüttern – und dann – Blattschuss – Verkaufsabschluss. Davon gleich mehr...

Natürlich, wir waren beide mit im Kasseler Western-Club und seinerzeit auch recht aktiv. Und dann gab es natürlich in diesem Laden noch eine Frau, in die Werner – nun, ich denke, man kann es heute sagen – so richtig verliebt war.  Bedauerlicherweise war diese Liebe sehr einseitig und für die Frau war Werner eben ein „guter Freund“. Aber – das wollte er eben nicht wahr haben. Schließlich waren wir ja auch beide in einem Alter, wo die meisten schon die erste Scheidung hinter sich haben.

Werner hat lange gebraucht bis er erkannte, dass es mit dieser Frau tatsächlich nicht werden konnte. Sie fuhr dann später auch mit uns zum FOLLOW-Con nach Nürnberg. Das war die Zeit, als ich schon mit Petra verheiratet war und die beiden „Mädels“ verstanden sich wirklich gut. Damit für diese Frau, deren Namen ich diskret verschweige, keine „prekäre Situation“ entstehen konnte, machte Petra einen echt weiblichen „Kunstgriff“.

Werner hatte sich das nämlich alles ganz anders vorgestellt. Ich war ja verheiratet – aber wir hatten im Hotel zwei Doppelzimmer gebucht. Aber – Petra machte dann die „katholische Zimmeraufteilung“ von wegen „Jungen rechts und Mädchen links“.    Und so hatte ich wie in den „alten Zeiten“ W.K.Giesa neben mir im Bett – und meine holde Angetraute teilte sich mit der Frau das Zimmer nebenan.

„Dass du alle diese alten Sachen nicht vergessen kannst!“ würde jetzt gefaucht. Nichts ist vergessen – und nichts wird je vergessen werden. Und – heute betrachte ich die Sache rückblickend als eine ganz lustige Episode.

Sie noch zu sagen, dass die beiden Damen dann beim Fest jeweils eine goreanische „Ta-Theera“ trugen und damit jede Menge Aufsehen erregten. Petra hatte sich mal wieder als Schneiderin betätigt und die Minimalmenge an Stoff genommen. Für Nicht-Goreaner sei gesagt dass die  „Ta-Theera“ die Kleidung einer Kajira ist. Damit müsst ihr zufrieden sein....

Als die beiden Damen dann feststellten, dass die Kürze ihrer Gewandung oberhalb des Knies wirklich nur in einer Paga-Taverne getragen werden konnte, war es bereits zu spät.  Da standen sie schon im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses und es wurden Angebote gemacht, die ich, wären wir auf Gor gewesen, in keiner Weise hätte abschlagen können. Aber – wir waren zwar in Magira – aber auch in der Realwelt. Also musste ich die Angebote höflich aber bestimmt zurück weisen.

In einem Fall musste ich denn doch einen „Barbaren“, der meiner damaligen Ehefrau mit Kopf und Händen zu nahe kam, etwas zu Recht stutzen. Die „Lanzen“ bei den FOLOW-Kämpfen waren dazu bestens geeignet – und im Lauf dieses Kampfes ist dann bei mir die Klappe gefallen. Der bereits reichlich getrunkene Alkohol tat ein Übriges, um mich so richtig „in Laune“ zu bringen.

Zwar haben diese „Lanzen“ vorn das Sauggummi eines „Pümpels“ für die Toilettenreinigung – aber ich war so gut drauf wie in Kindertagen, wenn wir,  wie wir das im Kino von den „Wikingern“ gelernt hatten, mit den Holzschwertern ohne Gnade und Erbarmen aufeinander droschen. Hier war es eben eine Lanze – und mit so was haben wir damals auch gekämpft. Das Bier und der Met, den ich schon drin hatte, weil Werner ja fahren musste, genügte, um „Sigurd“, der ich als Kind bei unseren Wikinger-Kämpfen war, in mir wieder  lebendig werden ließ.

Ich kam erst wieder zu mir, als Werner mich mit Gewalt von hinten festhielt und anbrüllte, während  der Gegner geschlagen auf dem Boden lag und ich, natürlich mit Pümpel vorn, von oben herab mit der Lanze  zustoßen wollte. Und Werners Eingreifen war sicher im letzten Augenblick. Wer weiß, was sonst passiert wäre.

„Ich wusste ja nicht, dass ich einen Killer geheiratet habe!“ war Petras Kommentar- Gut, dass ich  mich später in einigen Situationen unserer „trauten Zweisamkeit“ besser unter Kontrolle hatte.

Aber nach diesem Wochenende wusste Werner dann endlich, wo er mit der Frau dran war und zog sich wieder zurück in die „innere Emigration“.  Aber die hielt nicht lange an – denn als Petra das erste Mal am Wochenende zu mir nach Ahnatal kam, hatte Werner mit einer Frau aus unserer Läufergruppe zusammen eine Busfahrt nach Rom gemacht. Und seit dieser Zeit hat Ted Ewigk eine Villa in Rom – die Werner damals aufgefallen war.

Mit dieser Frau wurde es dann auch nichts und als Werner am nächsten Wochenende kam wurde er auf die Wohnzimmercouch ausquartiert, weil der Platz an meiner Seite eben schon anderweitig vergeben war. Aber kein Jahr später war Werner fest mit Heike zusammen. Doch darüber habe ich aber schon berichtet.

Nur noch nicht über das Werden von Robert Tendyke.  

Wer die „alten Zeiten“ miterlebt hat, der erinnert sich noch gut daran, dass Werner und ich immer in ziemlich edlem Cowboy-Dress zu den Cons gekommen sind. Und der Western-Shop machte in dieser Zeit echt gute Geschäfte – zumal die Chefin genau wusste, wie sie Werner zu nehmen hatte. Und wie schnell der einen Scheck unterschrieben hatte – das in jeder „grauen Vorzeit“ die heutige Kreditkarte ersetzte. Das Scheckbuch, das zog W.K.Giesa seinerzeit im Western-Shop schneller als Wyatt Earp und Doc Holliday den Revolver.

Sei es ein neuer Western-Hut, ein Rodeo-Hemd, eine Weste oder sonst ein größeres oder kleineres Teil – W.K. musste es haben. Selbst einen Military-Hut – selbstverständlich in Südstaaten-Grau, hat er gehabt. Ich habe allerdings, obwohl ich bei Werners textiler „Aufrüstung“ meistens mitzog, auch vor Petras Zeit schon immer etwas weniger ausgegeben. Bei mir gab es eben statt des Offiziers-Hutes nur eine Soldaten-Mütze – aber eben auch von der Rebellen-Armee. Klar, dass ich Werner, wenn er den Haut auf hatte, als „Colonel“ anredete...

Irgendwann kamen wir an jenem Tag dazu, wie gerade neue Ware ausgepackt wurde. Werner hatte ja schon ein Trapper-Hemd aus Leder. Das gleiche habe ich heute noch – mit Racoon-Mütze und den anderen Dingen, die man so als „Lederstrumpf“ trägt. Oder eben als „Mountain-Mike“.  

Denn unter dem Namen „Mountain-Mike“  mache ich ja gelegentlich  mit dem Keyboard Country-Musik – und die Trapper-Kleidung ist so ziemlich  das einzige Stück aus dieser Zeit, dass noch nicht in irgend einem Circus bei der Wildwest-Show zu sehen ist.

Wie ich das so sehe hat Werner ja auch dann in den Folgejahren die ganzen Western-Sachen verschenkt oder vielleicht auch verkauft – das weiß ich nicht. Denn zum Schluss habe ich ihn  ja immer nur auf Cons im weißen Zamorra-Anzug mit einem und demselben Western-Hut gesehen. Und er hatte vorsichtig geschätzt mal zwanzig Hüte dieser Art...

Beim Auspacken der neuen Ware fiel Werner ein dunkelbraunes Wildlederhemd mit Fransen auf. Ich sah meinen guten Freund an und er hatte den gleich Blick wie eine  Katze, bei der die Maus gerade die Nase aus dem Loch steckt. Wir wollten in der Nacht noch nach Kaltern fahren, weil sich zur Weinlese im Herbst die Tafelrunde meistens bei Kurt Brand traf. Und – da brauchte Werner eigentlich noch was Besonderes an Kleidung.  

Mit jener Frau, von der bereits die Rede war, wurde dann darüber diskutiert, dass Leder auf nackter Haut etwas unglaublich Erotisches hat und ein wahnsinnig gutes Gefühl erzeugt. Aber nein, das Hemd müsse jetzt weg gehängt werden, er, Werner, habe ja genug von diesen Dingen. Allerdings – so ein Lederhemd mit Fransen....

Es kam wie es kommen musste. Irgendwann war Werner in der Umkleidekabine und schnurrte wie ein Kater, weil er natürlich das Leder auf die nackte Haut gezogen hatte.

Mit ihren Bemerkungen unterstützten natürlich die anwesenden Frauen des Western-Shops noch 'Werners innere Bereitschaft, hier eben mal 180,00 Mark per Scheck auf den Ladentisch zu blättern. Doch, das hat das Teil gekostet – das weiß ich noch ganz genau.

Der Vorhang der Umkleidekabine öffnete sich und eigentlich fehlte nur noch der „Torero-Marsch“ aus der Oper „Carmen“, um dem Anblick die notwendige Weihe zu geben. Kein Gockel kann mit größerer Grazie über seinen Mist stolzieren und sich von seinen Hühnern bewundern lassen.  Und sie bewunderten ihn natürlich – sie Mädels wussten ja, wie man Werner zum Showdown mit dem Scheckbuch bringt.

Was das restliche Verkaufsgespräch anging – das war genau so, als würde man eine Festung berennen, die bereits alle Tore geöffnet hat.  Das Hemd war nur einmal da, und es konnte nur einen geben....

Zwar gab es einen kleinen Umstand, der das Geschäft hätte verhindern können – aber Werner wollte dieses Hemd. Und was Werner damals wollte – das bekam er auch. Er hatte ja Geld und konnte bezahlen...ja, so war das damals...

War für ein Umstand? Nun, das Hemd hätte W.K. gepasst, als wir uns einge Jahre vorher kennen lernten. Da wir nebenher seinerzeit immer die Unsitte hatten, im „Zagreb“ die großen Fleischplatten zu vertilgen, beim „Zeus“ die Köstlichkeiten aus der Heimat des Perikles und des Aristoteles zu genießen, im „San Marco“ als Vorspeise zur Pizza noch eine Lasagne zu verspeisen und in der „Goldquelle“ bei einer Reistafel nicht das kleinste Reiskörnchen übrig zu lassen war sein körperlicher Äquator einige Zentimeter geweitet worden.

Zu Deutsch – das Hemd spannte ganz  mächtig um die Taille. Aber – wer schön will sein muss leiden Pein. Also – Luft anhalten  und ganz flach atmen – dann geht es.

Klar, das Hemd musste sein. Und weil die Damen hinter dem Tresen ihr Geschäft verstanden, musste gleich noch ein neuer, schwarzer Hut aufgesetzt werden und zum besseren Aussehen dazu ein Hutband mit silbernen Conchas. So trat Werner Kurt Giesa vor den Spiegel. Und dann sagte er wortwörtlich:

„Hier seht ihr Robert Tendyke vor euch!“

Ja, und das war er dann auch mit hautengem Lederhemd, Western-Hut und dunklem Vollbart.  Schon auf der Fahrt nach Kaltern entwickelte Werner die Figur des Robert Tendyke, der gleich ihm damals keine finanziellen Probleme hat und dem Abenteuer hinterher läuft. Allerdings war Robert Tendyke nie so als absoluter Stützpfeiler der Serie geplant. Eher ein Abenteurer, wie ich ihn mit Shane Enders beim „Magier“ eingeführt hatte.

Den Konzern hatte Tendyke schon von Anfang  und und die Freundschaft mit Zamorra brachte es mit sich, dass es zwischen „Tendyke-Industries“  und dem „Möbius-Konzern“ Verbindungen gab.  Aber so gewaltig und mächtig war Robert Tendyke von Anfang an nicht geplant. Auch nicht, dass er über 500 Jahre alt und ein Sohn des Asmodis war. Das hat Werner alles im Verlauf späterer Handlungen dazu erfunden.

Aber – ich habe eben diesen Robert Tendyke bei seiner „Geburt“  vor dem Spiegel stehen sehen und mir eins gegrinst. Wieder eine neue Eigen-Identifikation mit einer Roman-Figur. Aber – das war ja nicht nur bei W.K.G. Der Fall.

Wenn wir damals im Wald „auf Strecke“ gegangen sind, dann lief geistig ja auch Michael Ullich in mir mit.  Nur dass sein Alter Ego, also meine Schönheit,  eben damals schon bei der „Meenzer Ranzen-Garde“ hätte anheuern können. Und zum Carsten Möbius fehlte mir eigentlich nur die schulterlange Mähne – den vergammelten Jeans-Anzug und die Turnschuhe hatte ich immer an, wenn ich auf die Rolle gegangen bin.  Da hat niemand angenommen, dass dieser verbummelte Hippie Geld in der Tasche hatte.

Ja, es ist einfach zu erraten, dass Werner nicht nur das Hemd, sondern auch den Hut und das Hutband kaufte. Und damit ging es  dann nach Kaltern. Sicherheitshalber hatte Werner das Hemd  auf der Fahrt auch nicht an.

Irgendwo in Kaltern in einer Kneipe passierte es dann. Werner hatte das Lederhemd zur „Jungfernfahrt“ an.  Eine falsche Bewegung, es knallte einmal kurz – dann war das Leder genau am Rückrat gerissen. Und das ungefähr dreißig Zentimeter. Also habe ich Robert Tendyke „niemals wieder gesehen“....  

Aber Werner war ja auch noch Ted Ewigk. Nur dass der keine Western-Kleidung trug und Werner den „Geister-Reporter“ eben nur innerlich verkörperte.  Ansonsten war Werner noch Merlin – und auch Gryf. Das waren seine Identifikations-Figuren. Zu alle anderen Figuren hat er niemals so einen inneren Zugang gehabt. Wie das mit seinen späteren Figuren dann war, dass kann ich nicht sagen.

Aber gerade die mehr oder weniger immer aktiven Randfiguren, die zwar nicht immer dabei waren, aber je nach Bedarf in die Handlung kamen, machten den Reiz der Serie für den Leser – wie auch für die Autoren aus.

Ich wollte damals noch einige weitere Figuren mit einbringen. Die „Dagmar Holler“, das Vorzimmermädchen von Carsten Möbius, war dann der Versuch, hier eine neue weibliche Identifikationsfigur aufzubauen.

Fans von damals wissen genau, wer diese Dagmar Holler war.  Jeder kannte damals die Dagmar Musick aus Frankfurt  die in der Straße „Unterm Hollerbusch“ wohnte.  Wenn ich an dieser Frau zurück denke fällt mir nur der Begriff „rattenscharf“ ein. Wenn sie mit ihrer knallengen, schwarzen Lederkleidung auf einem Con erschien hielt alles, was männlich und heterosexuell war, den Atem an. Alle Fans hat diese Frau verrückt gemacht – und einen von den Fans hat sie dann geheiratet. Crom mag wissen, was aus ihr geworden ist.  Ich bin mir sicher, dass sie heute nicht mehr so aussieht, wie ich sie in Erinnerung habe.

Aber – mit Zamorra-Romanen, die Zamorra als Randfigur haben, das wurde nichts, weil Werner diese Idee von mir nicht übernommen hat. Dafür aber die, dass Asmodis mal für fünfzehn bis maximal zwanzig Bänden die Seiten wechseln sollte, um seine „Undurchsichtigkeit“ richtig rauszustellen.

Dass Werner es weiter dabei gelassen hat, fand ich erst nicht gut. Andererseits passt es irgendwie in unser altes Konzept. Das ist mir jetzt nach längerem Nachdenken eingefallen .

Aber warum mir die Erkenntnis gekommen ist, dass Asmodis jetzt völlig legal auf der „Gegenseite“ sein kann – das erzähle ich euch in der nächsten Woche.

Also dann – bis zum nächsten „Donars-Tag“....

 

Kommentare  

#1 Theo 2009-08-13 15:21
Na ja ist schon ein wenig übertrieben. Ich kenne einen Autor, der hat erst Mitte der 90er angefangen für Bastei zu schreiben (und war da alles andere als ein Flagschiff natürlich), und der bekam nie die Bitte zu hören, auf Disk einzusenden. Der hat erst 2003 angefangen auf Computer zu schreiben.
#2 Dolmial 2009-08-18 19:52
Yeah! ich warte auch auf die Jahrhundertwende in deiner Geschichte. Aber beeile Dich bitte nicht damit. :roll:

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