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Tacitus, Paterculus, Dio, Geschichten, Romane und (Fehl-)Deutungen...

Teestunde mit RolfDu hast in den letzten Wochen die Entstehung Deiner Chatten-Saga und des Arpio beleuchtet (das geht ja  noch weiter). Nun sag doch mal. Was ist Geschichte? Was ist Roman? Und inwieweit kann dazu was aus den Quellen herauslesen. Das kann doch spannend werden mal ein wenig abzuschweifen und die Geschichte hinter den Geschichten zu suchen...

Tacitus, Paterculus, Dio, Geschichten, Romane und (Fehl-)Deutungen...

Jetzt habe ich so viel über die Varus-Schlacht geschrieben und meine Theorien vorgestellt, dass sie nicht in Kalkriese stattgefunden haben kann. Also, so denkt jetzt der Teestunden-Freund, ist das, was da in der Chatten-Saga steht, auch die völlige Interpretation des Autoren mit dem Verlauf der Schlacht.

 

Und mein Radio Eriwansches „Im Prinzip – Ja“ wirft sicher so viele Fragen beim Leser auf, dass ich da noch etwas mehr zu sagen muss. Ich denke, es sind auch genügend Leute in der Teestunde, die mal an einer neuen Varus-Theorie interessiert sind.

Zumal sich das alles aus den Schriften des Tacitus belegen lässt und diese Erkenntnis durch das Studium einer ganzen Reihe von Sachbüchern zum Arminiuis- und Varus-Thema kommt. Wohl gemerkt – wissenschaftlich anerkannt Sachbücher – keine historischen Romane.

Eigentlich bin ich genau so schuldig wie alle andern Autoren auch, die von einem mehrtägigen Zug der Römer durch die Wälder Germaniens schreiben. In meinem großen Roman „Arpio – Herzog der Chatten“ habe ich dieses Szenario genau so beibehalten wie dann in der Chatten-Saga.

Wobei ich gestehen muss, dass mir beim „Arpio“ diese Erkenntnis noch nicht gekommen ist. Aber diesen Roman habe ich ja auch viel früher geschrieben und da hatte ich einige Bücher noch nicht gelesen, die mich nach dieser Lektüre alles neu bewerten ließen.

Bei der Chatten-Saga hätte ich das dann tun können. Aber – ich war froh, meinem Verlagsleiter gerade den Ort „Kalkriese“ ausgeredet zu habe. Wie hätte ich ihm klar machen sollen, dass es den Marsch der Römer in der immer wieder geschilderten Form gar nicht gegeben hat und die „Schlacht“ an einem einzigen Punkt stattgefunden hat.

Natürlich sind Gruppen von Römern aus dem „Kessel“ ausgebrochen und einigen ist es auch gelungen, sich bis zum festen Kastell Aliso an der Lippe durchzuschlagen. Auch die komplette Reiterei unter dem Legaten Numonius Vala soll ja desertiert sein. Diesen Namen nennt Vallejus Paterculus. Und er bezeichnet den Durchbruch und Flucht der Reiterei als Feigheit.

Vallejus Paterculus war römischer Offizier, vermutlich Kriegstribun. Er war bei verschiedenen Feldzügen des Marcus Vinicius dabei. Doch, die Figur aus „Quo Vadis“ ist real wie die des Petronius – jedenfalls die Vorfahren. Mit diesem Marcus Vinicius muss er gut befreundet gewesen sein den in den wenigen erhaltenen Textstellen ist er voll des Lobes über Vinicius. Auch über Tiberius, unter dessen Kommando Paterculus mindestens vier Jahr ein Germanien diente. Auch den Tiberius lobt Paterculus was aber verständlich ist. Paterculus hat seine Bücher ungefähr 30 n.Chr. Geschrieben. Und da war Tiberius noch Kaiser. Auch wenn er auf Capri weilte, in der Zeit hätte er auch einem alten „Kriegskameraden“ keine Herabwürdigung vergeben. Erst am 16. März 37 machte der 78jährige Tiberius einem noch größeren Tyrannen Platz – Caius Cäsar – auch genannt Caligula.

Paterculus kannte also Germanien. Und er kannte vermutlich auch Varus und Arminius. In seinem Werk erwähnt er die Schlacht im Teutoburger Wald (er schreibt richtig „Salus Teutoburgensis“) relativ kurz, erklärt aber, er würde sie zu gegebener Zeit genauer behandelten.- Es gebe ja jetzt, d.h. Zu seiner Zeit, genug darüber zu lesen.

Leider hat er das nicht mehr geschrieben – jedenfalls haben wir die Texte nicht mehr. Zumal die Texte des Paterculus erst im 16. Jahrhundert in einem Kloster aufgefunden wurden und man hat ihnen damals keine Bedeutung beigemessen.

Also bleibt nur eins, den Text so zu sezieren, dass der Kern erkennbar wird, der beim großen Lesen verschwindet. Das nächste Problem ist auch die Übersetzung – Worte und Begriffe können, je nach Zusammenhang, verschiedene Bedeutungen haben. Aber – wir wollen das hier ja nicht zu wissenschaftlich werden lassen – zumal ich auch selbst die Texte nicht im Original lesen kann.

Der gesamte Text des Vallejus Paterculus ist im Internet nachzulesen – nur den Namen im Google angeben. Deshalb schreibe ich dann auch nicht den ganzen Text ab, der zum Verständnis der Theorie gehört, die Schlacht hätte an einem einzigen Ort stattgefunden.

Denn dafür ist der Text des Cornelius Tacitus die Grundlage. Die Bücher von Tacitus sind sogar einfach als Buch zu bekommen.

Für unsere Betrachtung wichtig ist das Erste Buch der „Annalen“ und das Kapitel 61. Die Annalen sind Jahrbücher Roms – beginnend nach dem Tod des Augustus. In ihnen bringt Tacitus detailliert alle Ereignisse, die bis in die Zeiten Kaiser Neros in Rom geschehen sind. Die Schlacht im Teutoburger Wald selbst wird also nicht erwähnt, weil sie ja zur Zeit des Augustus statt fand.

Aber – Tacitus beschreibt, wie Germanicus bei seinen Rchezügen im Jahr 15 n.Chr. bas Schlachtfeld besuchte und die Überreste der Toten bestatten ließ. Und – wenn man den Text genau liest, dann ist die ganze populäre Darstellung der Römer auf dem Marsch durch den Teutoburger Wald so nicht ganz wahr gewesen.

Natürlich – die drei Legionen waren vernichtet. Aber wie und auf welche Art – das scheint alles etwas anders abgelaufen zu sein, als es in Romanen und sogar in dem Film „Hermann, der Cherusker“ geschildert wird. Ein Film aus den 70ern, der mit der goldenen Zitrone nicht zu hoch bewertet werden kann.

Angeblich wurde diese Zumutung in Zelloloid mit wissenschaftlicher Beratung gedreht – so steht es im Vorspann – wenn ich mich recht erinnere. Mich wundert es dass unser Fernsehen diese Gurke zum 2.000jahrfeier des Arminius-Sieges nicht wieder ausgegraben hat.

Jedenfalls haben die „Herrn Wissenschaftler“, wenn sie denn je die Dreharbeiten zu „Hermann, der Cherusker“ begleitet haben, alle schon und auch nachfolgend genannten historischen Autoren vergessen. Das ganze war so ähnlich, als hätte Hans-Rudi-Wäscher, der neben den Comics von „Akim“ und „Nick, der Weltraumfahrer“ auch die Ritter-Serien „Sigurd“ und „Falk“ gezeichnet hat, die Storyboards für einen „historischen Film über Kaiser Barbarossa und Heinrich den Löwen“ Zeichen sollen, nach denen dann der Film vom Hintergrund und von den Kostümen her entstanden wäre.

Also, der Film „Hermann, der Cherusker“ war Schrott – und wir sollten uns lieber den weiteren römischen Autoren zuwenden, die in ihren Werken die Varus-Schlacht behandelt haben.

Auch die kurzen Absätze in den Werken des Publius Annaeus Florus und des Sextus Julius Frontinus, beide ungefähr Zeitgenossen des Tacitus, sind hier nicht von Belang. Und Strabo, der vom Triumphzug des Germanicus erzählt oder Suetonius Tarquilinus, der in seinen Kaiserbiographen die Schlacht deshalb erwähnt, um den Satz“ Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder“ zu überliefern, sind für unsere Betrachtung auch nicht wichtig.

Vielleicht ist es aber mal interessant zu wissen, dass man den bekannten Satz Suetons „Gib mir meine Legionen wieder“ auch mit „Gib mir meine Legionsadler wieder“ übersetzen könnte.

Das ist zwar für unsere Betrachtung über den Ort der Varus-Schlacht nicht von Bedeutung, zeigt aber an, welche Wirkung der Sieg der Germanen tatsächlich auf den „Ersten Bürger“ gehabt hat.

Die der Übersetzung „Legionsadler“ kann das Schicksal der getöteten Männer für Augustus weniger schlimm gewesen sein als die Schmach der Niederlage – verstärkt dadurch, dass sie heiligen Feldzeichen verloren gingen.

Gajus Juius Cäsar Octavianus , der sich als „Imperator Augustus“ als milder und friedfertiger Mensch feiern ließ und der als das auch von der Nachwelt angesehen wird, war in Wirklichkeit ein eiskalt rechnender und kalkulierender Politiker, für den Menschenleben keine Bedeutung hatten, wenn es um seinen Vorteil ging.

Als er noch „Octavianus Cäsar“ war, hat er der Welt mit den Worten „Morituri est“ - „Jetzt wird gestorben“ nicht nur ein weiteres Zitat hinterlassen sondern auch etwas von seinem wahren Charakter offenbart, den er dann als der „Erste Bürger“ gut zu verstecken wusste.

Er sagte diese Worte nämlich, als an Cäsars Todestag nach der Schlacht von Philippi die gefangenen gegnerischen Sympathisanten wie als Blutopfer für eine Gottheit getötet wurden. Auf die Bitte dieser Männer um Gnade kam diese Antwort des späteren Augustus.

Immerhin war es für seine spätere geplante Alleinherrschaft unbedingt notwendig, sich die „Opposition“ vom Hals zu schaffen. Sein Onkel, der große Julius, hatte das nicht getan sondern seine Feinde begnadigt. Das Ergebnis waren die Iden des März. Der spätere Augustus hatte diese „politische Lektion“ gut gelernt.

Menschenleben bedeuteten dem „Friedensfürsten“ also nichts. Und deshalb zweifele ich an, dass Augustus mehr um die toten Legionäre als um die verlorenen Legionsadler trauerte.

Das er dann sinngemäß die Worte: „Wenn ich diese Komödie gut gespielt habe, dann klatscht mir Beifall“ kurz vor seinem Tode gesprochen hat zeigt an, dass er Jahrzehntelang die Rolle des Friedensherrschers nur gespielt hat.

Auch wenn den Augustus der Verlust der Menschenleben kaum gekümmert haben dürfte – Angst bekommen hat er nah dem Sieg der Germanen doch. Die germanische Leibwache wurde aufgelöst bzw. an Standorte außerhalb von Rom stationiert und erst Tiberius rief sie später wieder zurück.

Im Gegensatz zu Augustus kannte sein Nachfolger Tiberius die Mentalität der Germanen und wusste, dass sie den Kaiser zu ihrem Herzog ausriefen. Diese Männer waren damals, im Gegensatz zu den Prätorianern völlig unbestechlich.,

Bei den Prätorianern fand schon gelegentlich mal ein Attentat auf Augustus statt. Tiberius war im Schutz seiner Germanen sicher – und Caligula konnte nur getötet werden, als man ihn von seiner germanischen Leibwache abdrängte, um durch den Geheimgang  schneller vom Theater zum Palast auf dem Palatin zu kommen.

Der Tunnel war für die hoch gewachsenen Nordmänner einfach zu niedrig. Der Tunnel ist noch vorhanden, aber heute nicht mehr zugänglich. Auf meiner ersten Fahrt nach Rom in den 70ern kam man in solche Ecken noch rein. Auch, wenn es ein großes Glück war, den versteckten Eingang unterhalb vom Haus der Livia zu finden.

Auch da kommt man heute nicht mehr rein – ich bin damals auch nur ins Haus der Livia gekommen, weil ich eine offene Hand gefüllt habe. Die Räume sind noch bemalt und genau in ihnen haben Augustus und seine Frau Livia gewohnt. Vergesst mal Hollywood – die Kaiser vor Caligula wohnten wesentlich bescheidener. Von den „etwas großzügigeren Bauten“ Kaiser Neros ist kaum was zu sehen – alles was an grandiosen Bauwerken auf dem Palatin zu finden ist, kommt von Domitian, Tajan und den Kaisern danach.

Wer die inzwischen auf DVD erschienene Serie „Rom“ kennt oder auch die Serie „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“ - der hat ungefähr eine Vorstellung von den Räumlichkeiten und den Lebensumständen (vor allem der gehobenen Gesellschaft) in Rom.

Aber – hier geht es ja um Germanien – genau vor zweitausend Jahren. Und noch ein Autor muss genannt werden, der sich mit der Varus-Schlacht beschäftigt hat und sie in seinem Werk beschrieb. Die Rede ist von Cassius Dio – manchmal auch Dio Cassius genannt.

Cassius Dio hat ungefähr zweihundert Jahr nach Varus und Arminius geschrieben. Er war also nur auf schriftliche Zeugnisse angewiesen. Und von Paterculus wissen wir, dass es sehr viele zeitgenössische Berichte gegeben hat.

Die uns geläufige Schilderungen mit dem Aufbruch des Varus vom Weserlager, nachdem ihn vorher der Cheruskerfürst Segest noch gewarnt hat, der Weg durch den Wald und die Vernichtung auf dem Marsch - alles das findet sich bei Cassius Dio.

Und – weil Theodor Mommsen, der Experte für Römische Geschichte im 19. Jahrhundert, die Erzählung des Cassius Dio favorisiert hat und mit der Arroganz des Experten jedes Wenn und Aber vom Tisch fegte, haben wir eben diese Schilderung als allgemein wissenschaftlich anerkanntes Faktum.

Es ist ja nichts dagegen zu sagen, dass sich bei Cassius Dio Einiges gemischt haben mag. Wir wissen ja nicht, welche Quellen der römische Patrizier im Senatoren-Rang aus der Zeit des Kaiser Caracalla zur Verfügung stand.

Denn es sind sicher einige Gruppen von Römern aus dem „Kessel“ ausgebrochen – woraus dann eben der „Marsch durch Regen, Nebel und Wildnis“ entstanden ist. Womit sich hier im Verlauf der zweihundert Jahre vielleicht in den Schriften der damaligen Historiker zwei „Schlachten“ gebildet haben – von denen die erste, die eigentliche Vernichtung der Truppen und der Tod des Varus, übersehen wurde.

Womit wir bei der Bewertung der griechisch-römischen Historiker wären.

Manche römische Historiker haben für ihre Werke akribisches Quellenstudium getrieben – andere haben alles in eine romanhafte, aber leserfreundliche Fassung geschrieben. Wie wir ja auch heute unter den Sachbüchern staubtrockene Abhandlungen finden, deren zweite Hälfte aus den Erklärungen der Fußnoten besteht und bei deren Studium man nach drei Seiten in sanften Schlummer versinkt – und „volksnah“ geschriebene Bücher, die sich fast wie ein Abenteuer-Roman lesen. Diese Bücher bringen grob gesehen das notwendige Wissen in lockerer, leicht verdaulicher Form, während im anderen Fall die kleinste Kleinigkeit mit höchster Aufmerksamkeit bedacht wird.

Als Beispiel nenne ich hier die beiden römischen Historiker Asinius Pollio und Titus Livius. Beide waren Zeitgenossen des Augustus und besonders die Schriften des Livius sind einfach zu bekommen. Bei Asinius Pollio sind leider nur wenige Fragmente erhalten.

Livius überliefert in seiner Geschichte Roms von der Gründung an ganze Reden seiner „Helden“ - und vermischt besonders in den ersten Bänden Geschichte und Phantasie – woraus dann die römischen Sagen entstanden sind. Aber man sehe sich mal „Hannibal ante Portas“ an – wo Livius ganze Reden Hannibals im Text hat. Nur dass wie wahrscheinlich genau so wenig erhalten sind wie die Reden Scipos oder der anderen römischen Feldherrn.

Ich gestehe, meine historischen Romane eben im Geiste des Titus Livius geschrieben zu haben. Nämlich so – dass sie beim Leser ankommen. Das war schließlich der Auftrag meines Verlegers – wie es wahrscheinlich schon der Wunsch des Mannes in Rom gewesen ist, der die Schriften des Livius von Sklaven nach Diktat vervielfältigen ließ um sie dann für einen horrenden Preis zu verkaufen. Denn – im alten Rom war Titus Livius ein absoluter Bestseller-Autor. Auch wenn sein Werk, ketzerisch gesagt, die Gratwanderung zwischen ernsthafter Historie und romanhafter Räuberpistole macht.

Asinius Pollio war da ganz anders. Von ihm ist wenig erhalten. Aber er hat meistens Ereignisse im Bürgerkrieg beschrieben, die er selbst mit erlebt hat. Und wir wissen, dass es Pollio selbst gewagt hat, Julius Cäsars Werke vom Inhalt her zu bekritteln. Da brachte ihm das Lob späterer Historiker ein – auch des von genannten Vallejus Paterculus. Aber – populärer ist in seiner Zeit Livius gewesen.

Warum erzähle ich das hier? Weil Cassius Dio vielleicht als Grundlage für sein Werk zum Studium einen „Livius“ benutzt hat und keinen „Pollio“. Hier mal einen aktuellen Vergleich.

Ich bin bei „WKW“ auf verschiedenen Seiten präsent, die sich mit den Germanen und ihrer Religion beschäftigen. Und viele der dortigen Frauen glauben fest daran, dass es bei den Germanen „Kriegerinnen“ in den Schlachtreihen gegeben habe. Wenn ich dann schreibe, dass dies völlig abwegig ist und der damaligen Realität nicht entspricht, nennt man mir als Beweis dann diverse Bücher – eben so schöne Romane aus Ami-Land, wo das mit den „Kriegerinnen“ ja alles geschrieben steht.

Gut, dass sich jetzt auf einer dieser wkw-Seiten auch eine Frau gemeldet hat, die auch bestätigt, dass ich Recht habe und es „Kriegerinnen“ nur in der Phantasie als Walküren gab – und das auch erst bei den Wikingern.

Die Frauen glauben eben, alles was geschrieben steht, das müsste eben richtig sein. Da mag ja in gewisser Weise sein, dass bei diesen Romanen ein historisch korrekt recherchierter Rahmen vorhanden ist – aber nur so lange es die „spannende Handlung“ nicht stört.  Und das bedeutet auch nicht, dass die Autorinnen oder Autoren es nicht tatsächlich besser wissen.

Aber – dann hätten sie ihre Romane vermutlich für die Festplatte geschrieben. Den der heutige Leser hat ja von der realen Historie wenig Ahnung – und sein Vergangenheitsbild ist durch Comics und Filme geprägt. Schon der ach so hoch gepriesene Film „Gladiator“ ist, wenn wir mal von der ersten Schlacht in Germanien absehen und der Darstellung des Colosseums für jeden Historiker eine Katastrophe.

Alleine die Rüstungen der Gladiatoren passen in jeden Conan- oder sonstigen Barbaren-Film – nur im antiken Rom wurden diese Art Helme, Rüstungen und Waffen nie getragen. Und Kaiser Commmodus wurde von seinem „Trainingspartner“ beim Ringen erwürgt, weil der bestochen worden war und nun mal den Kaiser nicht mehr gewinnen ließ. Der Tod des Commodus in der Arena ist genau so ein schönes Märchen, das in verschiedenen Filmen immer wieder gebracht wird.

Aber – wie sagte Jason Dark so weise und wissend. „Das kennt der Leser. Und das kauft er auch!“ Also, er Leser will im Buch genau das haben, was er vom Film oder vom Comic her kennt – oder er liest das Buch, das ihm die ihm bekannte Welt bringt und nicht sein ganzes geistiges Verständnis durcheinander bringt.

Bei den antiken römischen Autoren kommt noch hinzu, dass sie den „römischen Soldaten“ relativ gut aussehen lassen mussten – während man Varus und seine Offiziere eben unfähig und feige nannte. Die Differenzierung, die Paterculus in dieser Sache in seinem Text hat, indem er die Namen von Helden, von Feiglingen und von Unfähigen nannte – die er vermutlich sogar persönlich kannte – die hat Cassius Dio wahrscheinlich gar nicht gekannt.

Ich will Cassius Dio ja nichts unterstellen – aber ich vermute, unter seinem Quellenmaterial aus den Bibliotheken haben sich „Romane“ befunden, die er einfach als Tatsachenberichte angesehen hat.

Und weil der Text von Cassius Dio in keiner Weise mit denen des Paterculus oder Tacitus übereinstimmen, die beide wesentlich näher am Geschehen waren, klammere ich Cassius Dio bei unseren Betrachtungen einfach mal aus.

Denn um es schon mal vorab zu sagen. Wenn die Berichte von Paterculus und Tacitus richtig gelesen werden und Wort für Wort Beachtung findet, dann ist die ganze Schlacht an einem einzigen Ort geschlagen worden. Der Marsch durch den Wald und die Vernichtung dürfte die Flucht einzelner Gruppen von Legionären bedeuten.

Genau gesehen geht das aus dem Bericht des Tacitus hervor, als er beschreibt, wie Germanicus sechs Jahre später das Schlachtfeld vor fand. Und diesen Text werde ich im Original abschreiben - aber – erst in der nächsten Woche.

Und wer neugierig ist, der kann sich die „Annalen“ des Tacitus ja schon vorher besorgen und mal reinsehen...das passende Kapitel habe ich ja schon genannt, dass langes Blättern und Suchen entfällt... 

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2009-11-12 10:50
Schonmal gedacht als Gastdozent bei der VHS über dieses Thema zu sprechen, Rolf? Bei jeder VHS gibt es doch "regionale" Themenabende.
Das ganze ist doch, wie ich meine, eine spannende Interssante Sache, und es gibt doch viele Mensch, die sich für die Vergangenheit der Heimat interessieren.
Hier im Saarland veranstalten sogar die Orts-VHS (als nicht die Haupstellen der Städte) regionale Tage mit allerlei Infos.

Bin gerade im Marlos-Letter 52 die Werbung für "Schatten über Maiden Castle"" gefunden, in der Horst für den historischen Roman geworben hat. Erschien damals als "Zaberwald Nr.1" für DM 4,00

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