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May, Gralshüter und »Rotkäppchen«

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, der Tee ist wieder mal serviert und wir sind bereit, Dir zu lauschen. Ich weiß, es brennt Dir unter den Nägeln etwas zum Thema Karl May und Peter Thannisch zu sagen. Du als alter May-Fan: Wie findest Du das denn so? 

May, Gralshüter und »Rotkäppchen«

Es ist immer interessant, auf welche Art Verlage literarische Experimente ordern, um einen neuen Lesermarkt zu erschließen. So zum Beispiel die eigentlich absurde Synthese von Karl May mit dem Horror-Genre.

Denn außer einigen ›Gespenstern‹, die Kara ben Nemsi schnell entlarvte, oder das ›Buschgespenst‹ im heimischen sächsischen Erzgebirge hat der große Erzähler aus Sachsen keine ›Horror-Elemente‹ in seinem Werk gehabt.

 

Hier drängt sich schon der alte Circus-Spruch auf: ›Tiere, die sich in freier Wildbahn hier begegnen – bei uns gemeinsam in der Manege.‹  Wobei in diesem Fall Peter Thannisch, den ich als Redakteur, Lektor und auch als Autor sehr schätze, die Rolle des Dompteurs übernommen hat. Und der Leseprobe nach zu urteilen hat er eine ganz ordentlich ›Dressur‹ abgeliefert – wobei ihr weniger das Grollen und Fauchen aus dem Käfig als jenseits des Käfigs berühren mag.

Wie in fast allen Dingen der Kunst, sei es die ›Bildende‹, die Musik oder auch die Literatur gibt es immer wieder ausreichend ›Gralshüter‹, die jede ›Bearbeitung‹ ablehnen als wollte man versuchen, die Bibel für das Verständnis der heutigen Menschheit so umzuschreiben, dass sie nach den heutigen Erkenntnissen akzeptiert werden kann.

Obwohl ich echter Karl-May-Fan bin (alle Bücher stehen in meinem Regal), habe ich doch den ›leicht verfremdeten‹ Teil aus dem ersten »Winnetou« mit Schmunzeln gelesen. Zumal sich Peter Thannisch sich bemüht hat, auf die Eigenarten des May'schen Stils einzugehen. Aber eben von diesem ›leicht angejahrten May-Stil‹ hat er nur so viel  gegeben, dass die Sache für den Nicht-Karl-May-Experten wieder uninteressant wird. Eben jene Leute, die bereits vom »Schuh des Manitou« begeistert waren.

Ob Karl May von dieser Synthese Rotkäppchen, ..ääh, Rothaut »Winnetou und der Werwolf« begeistert gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln – und das gilt selbstverständlich auch für den »Schuh des Manitou«

Karl Mays hat sich mit seinen Figuren so identifiziert und ein Machwerk wie »Der Schuh des Manitou« hätte ihn sicher in der Tiefe seiner Seele getroffen. Bei der inneren, seelischen Verbindung, die Karl May mit seiner Fiktion Winnetou aufgebaut hat, hätte ›Scharlieh‹ sicher trotz all seines Christentums  versucht festzustellen, ob Bärentöter, Henrystutzen und Silberbüchse aus seiner Sammlung in Radebeul auch tatsächlich schießen.

Für diese Art ›Verfremdung‹‹ seiner in Literatur verpackten ›Seelen-Verbindung‹ hätte Karl May genau so wenig Verständnis gehabt wie ein anderer ›Meister aus Sachsen‹, wenn er die heutigen völlig verfremdeten Inszenierungen seiner Musik-Dramen sehen müsste – oder seine gigantische Musik mit ›zeitgenössischen‹ Rhythmen unterlegt.“

Aber selbst die Bibel ist ja mal unter dem Titel »Der große Boss« in so genanntes ›heutiges Deutsch‹ übersetzt worden. Und weil es ein Erfolg war, gleich unter dem Titel »Der Junior« das Neue Testament hinterher. Und zwar ohne das vom ›Autoren‹, als den gewisse religiöse Vereinigungen ja den lieben Gott selbst benennen, sich Widerspruch erhoben hätte. Nicht mal der ›Geschäftsführer‹ in Rom hat sich da z Worte gemeldet.

Persiflagen lieben also im Trend und auch die Fantasy blieb mit dem »Herrn der Augenringe« von ›Dschey Ahr Tollkühn‹  oder der »Endlichen Geschichte« von ›Michael Anfang‹ nicht verschont. Reden wir mal nicht von den „Verkasperungen“ des Conan-Stoffes.  Und was den »Professor Zamorra« angeht, so findet sich davon eine Persiflage in den Teestunden, die mein Bruder Peter mal vor vielen Jahren im Grundtext geschrieben hat und die ich dann etwas aufpoliert habe. Über John Sinclairs Kampf mit dem Reißwolf hat Werner damals mal eine lustige Story für ein Fanzine geschrieben.

Aber diese Zamorra-Satire ist nicht die einzige Persiflage gewesen. Ich erwähne ja immer mal meine ›Märchen für Erwachsene‹. Dass man sich an den ›Märchen‹ vergreift, liegt auf der Hand, man schon in Kassel geboren ist, wo die Brüder Grimm lange Zeit ihres Lebens verbracht haben und teilweise im Märchendorf Niederzwehren aufgewachsen ist, wo eben jene Dorothea Viehmann wohnte, die Jacob und Wilhelm die meisten der uns bekannten Märchen erzählt hat.

Im Unterschied zu andren ›Bearbeitungen‹ der Grimm'schen Märchen  wurde bei meiner Interpretation der Märchen das Sexuelle, das unterschwellig in den Märchen zu finden ist, schamlos an die Oberfläche gezerrt.

Vor vielen Jahren gab es noch Taschenbücher mit erotischem Inhalt, den man auch getrost als ›rattenscharf‹ bezeichnen kann. Es hat sogar mal bei Heyne ein Taschenbuch gegeben, in dem Balladen der Klassik und Romantik, vornehmlich Goethe und Schiller, so umgetextet wurden, dass sie der durchschnittliche Leser von heute als ›total versaut‹ bezeichnen würde.

Solche Bücher hat man nicht im Bücherschrank und wehrt sich mit Zähnen und Klauen gegen die Behauptung, man würde dieses Buch besitzen. Allerdings – man hat es unter dem Kopfkissen.

Genau so wie kein Verlag, jedenfalls kein Großverlag, so etwas ins Programm nehmen würde, weil jeder heute den Begriff ›Schmuddel-Literatur‹ und ›Porno-Verlag‹ fürchtet  wie der Teufel des Weihwasser. Einer der Gründe, warum ich eben diese ›Märchen‹ bei »Readers Planet«  habe und meinen letzten Erotik-Roman »Party-Girl«, geschrieben Anfang dieses Jahres,  erst gar nicht bei einem Verlag vorgelegt habe. Mir genügt eigentlich zu erfahren, was der Text bei denen, die ihn gelesen haben, ausgelöst hat.

Der Grund für das »Party-Girl« war eigentlich nur eine Herausforderung  von  ein paar Frauen, die meinten, ich könne nichts schreiben, was sie so richtig hoch bringt. Doch – ich konnte! Dass aus dem »Party-Girl« nachher über 250 Seiten draus geworden sind, war nicht geplant. Aber nachher hat's mir richtig Spaß gemacht, mal so was zu schreiben. Und wenn ich mir Geschichten erzähle, dann werden die Texte eben so lang, wie sie sein müssen, um den vom Autor gewünschten Effekt beim Leser zu erzielen.  Was denn auch bei der »Zielgruppe« der Fall war...ahem...

Ich sagte schon mehrfach in der ›Teestunde‹, dass Werner und ich zu Sexualität und diesen Sachen eine sehr freie Einstellung hatten. Unterschwellig kam das schon in WKs ›Terra-Press‹-Geschichten durch – aber ganz offen in Werners Zeichnungen.  Und als ich die Märchen damals zu schreiben begann (warum, wieso, weshalb – dazu mal in einer späteren Teestunde) sagte ich W. K., dass ich mal so schreiben wolle, wie er zeichnet.

Die erste Fassung der Märchen war noch recht gezähmt und verhalten. Viele Andeutungen ohne direkte Bezugspunkte, wo jedes Ding beim  rechten Namen genannt wurde. Die Überarbeitung dagegen war dann reichlich ›mit Paprika und Pfeffer gewürzt‹. Ich hatte mich vorher mal in anderen ›Erotik-Romanen‹ schlau gemacht, wie weit man so gehen kann. Und genau so weit bin ich in den ›Märchen‹ dann gegangen – bis direkt ›ans Wasser‹. Vielleicht war ich manchmal so nah an diesem ›Wasser‹, dass ich mir die Schuhe etwas nass gemacht habe.

Allerdings sind die Märchen bis in kleine Details nicht verändert, sondern nur umgedeutet. Gerade das war es, was für mich den Reiz des Schreibens ausgemacht hat. Es kann sich ja jeder selbst ein Bild machen. Auch wenn Readers Planet die ›Märchen‹ nicht komplett, sondern nur einzeln im Angebot hat.  Die Leute da wissen, wie man Geld verdient. Nun, mir ist das recht, wenn ich mir die Abrechnungen so betrachte.

Werner hatte zwar damals fest vorgehabt, tatsächlich die Zeichnungen zu den ›Märchen‹ zu machen und wir hätten die Sache vermutlich auch dann in kleiner Auflage als ›Privat-Druck‹ rausgebracht. Aber dazu ist es nie gekommen und so kann man die Märchen eben bei ›Readers Planet‹ bekommen. 

Womit wir aber, wie versprochen, bei Werners Bildern und den Titelbildern der damaligen Zamorra-Romane wären.

Aber diese Geschichte erzähle ich in der nächsten Woche...

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