Geschichten auf meine Art - Werkstattbericht »Der Psioniker«
Geschichten auf meine Art
Werkstattbericht »Der Psioniker«
Meine Kindheit und Jugend bestand aus der Lektüre aller Heftromane derer ich habhaft werden konnte: John Sinclair, Perry Rhodan, Dämonenland, Die Abenteurer, Professor Zamorra, Maddrax und anderen Serien. Dieser literarische Cocktail wurde dann noch durch zahlreiche Bücher aus den offiziellen Kanones von Star Trek und Star Wars ergänzt. Neben dem Lesen musste ich dann natürlich noch so lästige Dinge wie z.B. die Schule in den Griff bekommen, aber so richtig erinnere ich mich daran kaum noch.
Irgendwann schlug dann endgültig der Ernst des Lebens zu und ich musste mein eigenes Geld verdienen. Dennoch schrieb ich immer weiter, veröffentliche mal in der einen Anthologie eine Kurzgeschichte und gewann mal bei einer anderen Ausschreibung. Dann kam die Gründung der eigenen Familie dazu, aber ich schrieb weiter. Irgendwann wurde mir dann aber klar, dass mich das Schreiben wohl nicht mehr loslassen würde. Aber irgendwie gefiel mir das Herumschlawenzeln und Vagabundieren im Dunstkreis von Literaturwettbewerben und gelegentlichen Textbausteinen aus den Lektoraten von Verlagen so gar nicht mehr. Jeder Autor will ja schließlich auch etwas erschaffen und damit meine ich keine Stapel von langweiligen Ablehnungsbriefen aus den Verlagen.
Das Internet ist voll mit Statements darüber, dass Heftserien ja angeblich ein leichter Einstieg in das Literaturgeschäft sein sollen. Deshalb habe ich mich 2017 ganz auf das Schreiben von Manuskripten für einige renommierte, phantastische Heftserien verlegt. Diese Manuskripte hatten allesamt das gleiche Ergebnis: Null.
Nun hatte ich aber jetzt meine ersten Kurzromane für Heftserien geschrieben, auch wenn sie vermutlich noch nicht einmal in den Redaktionen gelesen wurden. Dennoch hatte ich da so ein unbestimmtes Gefühl, das mir sagte: Dat kannste auch!
Also habe ich mich hingesetzt und habe mich gefragt, was mir eigentlich an meinen favorisierten Heftserien so gefällt. Generell geht es bei mir um Phantastik, andere Themen reizen mich in der Belletristik so gar nicht. Außerdem mag ich intensive Handlungsfäden, die manchmal auch über mehrere Hefte hinausgehen (zyklische Konzeption wie bei Professor Zamorra). Dann wieder mochte ich die früheren John Sinclair Romane, in denen Jason Dark (bewusst?) mit Stereotypen gespielt hat. Was mich aber vielleicht am meisten beeindruckt hat, ist die Art wie Wolfgang Hohlbein im Hexer mikroskopisch kleine Ideen zu wahren Monstren aufgeblasen hat, die dann nur noch als Gigantomanie zu bezeichnen ist.
Für einen Kurzgeschichtenwettbewerb hatte ich eine Geschichte geschrieben, deren Protagonist mich irgendwie immer noch nicht ganz losgelassen hat. Nach einer gewissen Weile wurde mir aber klar, dass ich den Protagonisten nicht auswählen wollte. Für den „Psioniker“ war diese Figur einfach schon viel zu weit entwickelt, viel zu wissend und vielleicht auch viel zu mächtig. Außerdem wollte ich meinen „Fortsetzungsroman“ auch viel lieber in Deutschland spielen lassen, was auch gegen die Verwendung des alten Bekannten gesprochen hat. Also habe ich mich neu orientiert und habe dabei eine neue Figur entwickelt, die für meine Belange noch besser als Protagonist für den Psioniker fungieren könnte. Diese Person ist Jan Hannig, ein ausgefuchster und ebenso gut aussehender Antiquitätenhändler. Seinen Erfolg hat Hannig auch seinen paranormalen Fähigkeiten zu verdanken, denn er ist ein Medium. Sidekick von Hannig ist niemand anderes als ein waschechter Dämon, der den Körper eines ehemaligen Kunden von Hannig besetzt hat. Das hört sich auf den ersten Moment wahrscheinlich etwas sehr nach Komödie an, ist aber einer Frage geschuldet: Was wäre, wenn es deutliche Schattierungen des Bösen (und vielleicht auch des Guten)gibt? Könnte es dann nicht auch „graue“ Dämonen geben, die dem Guten zumindest indirekt dienen könnten? Wie könnte sich das dann in der Hierarchie der Dämonen auswirken?
Zu den beiden mit allen Wassern gewaschenen Charakteren gesellt sich dann im ersten Heft noch eine ebenfalls übersinnlich begabte, aber noch völlig unwissende Figur. Durch das Zusammenspiel dieser drei sehr ungleichen Charaktere will ich dem Leser von Anfang an einen sehr tiefen Einblick in den Kosmos des „Psionikers“ gewähren. Ich habe einfach keine Lust auf eine Neuauflage einer Variante „nichtwissender Adept trifft Meister und geht in die Lehre“, bei der der der Leser erst mal hunderte Seiten ausgeprägte Langweile hinter sich bringen muss, bis der „Held“ dann endlich, endlich nicht mehr grün hinter den Ohren ist. Die Rolle des Adepten habe ich mit dem jungen Musiker Till Helnerus zwar auch besetzt, jedoch nutze ich diese Figur als eine Art „Kontrast“ zwischen dem, wie die hartgesottenen Profis denken und handeln und den Ansichten eines profanen Menschen.
Das Spannungsfeld Gut/Böse hat es mir eben besonders angetan und deshalb werde ich mir dieses, teilweise nur durch Nuancen differenzierbare, und sehr relative Gefälle immer wieder als Thema aussuchen.
Volkspädagogik finde ich persönlich eher abstoßend, hingegen spricht für mich nichts gegen Abstecher in philosophische Themen, auch und gerade in der Phantastik. Mein Vorbild Wolfgang Hohlbein spricht sich in einigen Interviews vehement gegen den Vorwurf des Eskapismus aus. Dies sehe ich jedoch ganz anders, auch wenn das meiner Bewunderung für den Mann keinen Abbruch tut. Eskapismus muss ja grundsätzlich nichts Schlechtes sein, denn wenn das so wäre – was soll denn dann die Tourismusbranche sagen? Einmal im Jahr 14 Tage Urlaub sind ja wohl auch nichts anderes als (wenn auch durch und durch materieller) Eskapismus!
Wenn ich mit meinen Geschichten meinem Leser eine Pause von seinem Alltag verschaffe, dann habe ich eigentlich doch meinem Auftrag als Autor entsprochen. Wenn dann in diesen Auszeiten von Arbeit, Kindererziehung, Studium oder auch Schule gelegentlich auch mal die vermeintlich großen Fragen des Lebens auf unterhaltsame Weise thematisiert werden – dann habe ich meinen Auftrag wohl sogar übererfüllt!
Mit dem „Psioniker“ will ich keinesfalls das Rad der Phantastik neu erzählen. Der Glaube daran wäre zudem sowohl krasse Selbstüberschätzung, als auch eine massive Geringschätzung der Autoren, die mich bereits mit „auf die Reise“ genommen haben, als ich noch ein kleiner Junge war.
Nein, ich will die Geschichten einfach auf meine Art erzählen und das qualitativ so hoch wie möglich und ohne Druck eines Verlags, der mich in die eine oder andere Richtung pushen will.
Wie lange das Ganze gehen soll? Solange ich Freude daran habe! Ich habe jetzt so viele Jahre wahlweise für die Tonne oder für die Schublade geschrieben, da kann ich das auch ganz gezielt für eine Serie tun und auslosten, wie lange mir die Leser folgen. Und eines kann ich jetzt schon sagen: Ich erwarte keinesfalls das mir als Jung-Autor (ich muss diesen Begriff einfach nochmal gebrauchen, da fühle ich mich noch mal so richtig jung dynamisch) die Leser gleich in Hundertschaften auflauern. Eine solche Erwartung wäre naiv und völlig überzogen, zumal mein Name eben unbekannt ist und in der Flut der veröffentlichten Ebooks untergehen kann. Ich glaube an das Glück des Tüchtigen – deshalb lohnt sich schließlich auch das zehnte italienische Restaurant in einer Stadt. Es darf halt nur nicht 08/15 sein und muss seine Kundschaft (Leser) ernstnehmen. Und sind wir nicht irgendwie alle auch kleine Italiener?
Der Speer des Schicksals
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