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Film, Hörspiel, Buch. Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Was ist Spannung?Film, Hörspiel, Buch.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Erscheinungsformen

"Was treiben wir hier?
Nichts Unanständiges. Es geht um die multimediale Huldigung der Spannungsgenres in allen Erscheinungsformen.
Diese Homepage befasst sich als Online-Fanzine auf primärer (in Form von Geschichten, Romanen und Gedichten) und sekundärer (Artikel, Kolumnen, Rezensionen) Basis mit den Spannungsgenres (Schwerpunkt: Horror, Fantasy, SF, aber auch mit Krimi & Thriller, Western, Abenteuer bis zu den historischen Fiktionen) in allen Erscheinungsformen, angefangen mit Heftromanen über Bücher, Hörspiele, Spiele bis hin zum Film.
"
(Aus dem Impressum des Zauberspiegels)


Nehmen wir die Eingangsfrage doch mal ernst.

Das BuchÜbersetzen wir es doch einfach einmal so. Der Geist des Zauberspiegels ist die Spannung und die Materie sind die Erscheinungsformen Bücher, Hörspiele und Filme. Lassen wir mal die Primärformen aussen vor und beschäftigen uns mit den Sekundärformen. Dort werden bei den Besprechungen und Artikeln oft Bücher, Filme und Hörspiele verglichen und in einem Atemzug genannt. Was verbindet sie und was trennt sie eigentlich?

Vor kurzem habe ich folgenden Satz gelesen, der mich zu diesem Artikel animiert hat:

"Hier gab es nur Abbilder der Realität - so wie die Schrift ... ein Abbild der Sprache war, die wiederum ein Echo der Gedanken war" (Greg Keyes, Die Luftschiffe des Zaren, S.134)

Wenn man diesem Gedankengang folgt ergibt sich für die Beiträge im Zauberspiegel eine klare Hierachie. Da sind zunächst die Filme, dann kommen die Hörspiele und zuletzt die Bücher. Filme sprechen die Sinne des Betrachters unmittelbar an. Bilder, Musik und Geräusche werden sofort zu Gefühlen, ohne dass die Fantasie des Betrachters oder gar sein Intellekt eingeschaltet wird. Hörspiele sind auf Musik und Geräusche beschränkt, wirken also ebenfalls sofort auf den Zuhörer, sprechen auch die Gefühle an, müssen aber aus den Erfahrungen und der Fantasie des Zuhörers mit Bildern versehen werden. Kommen wir schließlich zu den Büchern. Hier ist es gerade andersherum. Wir haben (im Normalfall) nur die Schrift als Abbild der Sprache, die wiederum ein grobes Muster für unsere Gedanken, Vorstellungen und Fantasien ist. Zwingen Film und Hörspiel dem Konsumenten bis zu einem gewissen Grad eine eigene fremde Realität auf, so entwickelt das Buch erst durch den Leser ein Eigenleben. Es muss regelrecht in die eigene Bildsprache "übersetzt" werden. Und das hat Folgen!

Nehmen wir mal ein Beispiel. Wenn in einem Film ein Hund gezeigt wird, so ist für den Zuschauer sofort klar, es handelt sich um sagen wir mal einen Pudel. Da bleibt selten Raum zur Interpretation. In einem Hörspiel würden wir vermutlich etwas bellen hören. Vielleicht liefert die Lautstärke des Bellens einen Hinweis darauf, welche Größe das Tier haben könnte, das wars dann aber auch. In einem Buch stände ein Satz wie: " Hinter dem Zaun lief ein Hund auf und ab und bellte dabei wütend." Je nachdem, welche Erfahrungen der Leser selbst hat, wird er sich ein Bild von diesem Hund machen. Wenn man als Kind einen Terrier gehabt hat, wird man sich vermutlich einen Terrier vorstellen. Wenn in der Nachbarschaft ein Schäferhund lebt, wird es wohl auf einen Schäferhund hinauslaufen und wenn der Opa einen Dackel sein eigen nennt, dürfte es zu einem Dackel werden. Oder mal ein anderes Beispiel im Film kann man ein ausgefallenes Raumschiff einfach ins Bild setzen, im Hörspiel und im Buch muss man es beschreiben und das sieht dann z.B. so aus: "Der Raumer bestand aus einem langgezogenen Zylinder, der vorne leicht abflachte. In der Mitte erhob sich eine gedrungene Kuppel, an den Seiten gab es kleine leicht angeschrägte Auswüchse, die an Tragflächen erinnerten." Man braucht wohl kaum zu erwähnen, was anschaulicher ist.

Gerade bei Büchern (natürlich auch bei Hörspielen) gibt es einfach das Problem, das auch die ausgefeilteste Beschreibung eines Gegenstandes oder einer Person nicht wirklich das Bild ersetzen kann. Und wie umständlich wirken solche Landschafts- oder Personenbeschreibungen oft. Wie elegant ist dagegen der kurze Kameraschwenk und schon ist jedem klar, um was es geht. Beim Spiel mit den Gefühlen sind dann wieder Hörspiel und Film auf der einen Seite und das Buch auf der anderen. Eine an sich harmlose Ansicht eines alltäglichen Raumes wird, untermalt durch entsprechende Musik, zu einem düsteren dräuenden Bild. Auch im Hörspiel lässt sich die Musik vortrefflich zur Steigerung der Dramatik einsetzen. Im Buch dagegen muss alles allein durch das Wort geschaffen werden.

HörspielBevor wir jetzt vorschnell ein Urteil zugunsten des Films aussprechen, schauen wir doch einmal, wie die verschiedenen Medien rezipert werden.  Filme im Kino werden in einem Rutsch (Lassen wir die Pause in der Mitte mal aussen vor) gesehen, der Zuschauer muss dem Film folgen, hat keine Zeit einzelne Passagen genauer zu betrachten oder einzelne Szenen und Motive näher zu untersuchen. Im Grunde zieht der Film den Betrachter für 90 Minuten in seinen Bann. Gerade Action-Filme lotsen den Zuschauer durch eine Achterbahnfahrt der Gefühle, Aufregung, Angst, Schrecken, Wut und anderes mehr, ohne dass er adäquat darauf reagieren oder steuernd eingreifen kann.

Bei einer DVD hat der Zuschauer größere Einwirkungsmöglichkeiten. Hier kann er (zumindest theoretisch!) den Film unterbrechen und beliebige Pausen einlegen, in denen er das Gesehene verarbeiten, einordnen und sortieren könnte. Oder er könnte besonders eindrucksvolle Passagen nochmals anschauen, auch sich Klarheit verschaffen, wenn sich ihm bestimmte Aspekte nicht sofort erschlossen haben. Nun wie gesagt er könnte! In der Praxis wird wohl meistens der Film höchstens dann gestoppt, wenn das Telefon klingelt oder eine Pinkelpause eingelegt werden muss. Beim Hörspiel gibt es ebenfalls die Option, Passagen erneut zu hören, aber auch hier ist das wohl eher Theorie. Vielleicht werden öfter als bei der DVD Pausen eingelegt, bzw. das ganze in kleinere Hörabschnitte eingeteilt. Im Prinzip folgt aber auch hier der Zuhörer streng dem Hörspiel. Anders das Buch, hier ist der Leser Herr des Procedere. Er bestimmt, wie schnell und wieviel er liest. Da wird öfter mal ein Absatz zum zweiten Mal gelesen, oder kurz abgesetzt und über das Gelesene nachgedacht. Wenn man etwas vergessen hat, kann problemlos nachgeschlagen und nachgelesen werden. Also mal etwas überspitzt gesagt, unter den Konsumenten ist der Leser der König, zumindest was die Selbstbestimmung angeht.

Und ein drittes muss auch noch bedacht werden. Zwar haben Film  und Hörspiel den Vorteil, die Gefühlsebene der Menschen durch Bild und Musik unmittelbarer als das Buch anzusprechen, doch haben sie andererseits oft Probleme mit abstrakten, komplizierten Sachverhalten. Schon wenn beispielsweise mehrere Handlungstränge nebeneinander laufen oder wenn mit ineinander verschachtelten Rückblenden gearbeitet wird, ist das Buch plötzlich wieder ebenbürtig. Das gilt erst Recht, wenn komplizierte Erklärungen gegeben oder umfangreiche Überlegungen von den Protagonisten angestellt werden. Auch wenn es um das Innenleben der Figuren geht, sind die Möglichkeiten des Buches größer. Einfache präzise Stimmungen, Gefühle und Gedanken, vermag der Film prägnant abzubilden, aber komplexe Überlegungen, Gedankengänge etc. sind nur durch das Wort einzufangen.

Und zuletzt spielt auch noch die Frage des Formats eine Rolle. Der Film ist ziemlich stark auf die Länge von 90 Minuten ausgerichtet, Fernsehserien sind ebenfalls jeweils auf eine bestimmte Minutenanzahl ausgerichtet, die nicht überschritten werden darf. Die gleiche mangelnde Flexibiltät weist übrigens der Heftroman auf. Bücher und Taschenbücher sind dagegen nicht so stark festgelegt. Autoren können sich durchaus mehr Seiten nehmen, um ihre Geschichte so zu erzählen, wie es ihrer Meinung nach dem Thema angemessen ist.   

FilmNun, was sagt uns der kleine Diskurs? Ist Film das bessere, intelligentere Medium? Oder doch das gute alte Buch? Oder vielleicht das Hörspiel? Nun solch eine Aussage wäre wohl entschieden zu kurz gegriffen. Jedes Medium weist Vor- und Nachteile auf. Es kommt sehr darauf an, was vermittelt werden, welche Geschichte erzählt werden soll. Erst dann kann man im konkreten Einzelfall ein entsprechendes Urteil zugunsten von Film, Hörspiel oder Buch vornehmen. Deutlich wird aber, wie vorsichtig man sein muss, wenn man die unterschiedlichen Medien miteinander vergleicht. Zwar handelt es sich oft um die gleichen Genres, ja sogar die selben Plots und trotzdem muss die Umsetzung unterschiedlich ausfallen, eben gemäß dem gewählten Medium. Ausssagen wie: "Ich wünsche mir endlich einmal einen Roman wie Star Trek Episode XY"  (die man in den einschlägigen Foren durchaus öfter finden kann!) sind in diesem Licht als eher naiv zu bewerten. Wieviele erfolgreiche Bücher wurden schon verfilmt und ergaben doch nur durchschnittliche Filme. Umgekehrt, wieviele Bücher zu großartigen Filmen, fallen deutlich zur Vorlage ab! Und deutlich geworden ist auch, wie stark das Buch mittlerweile vom Film abhängig geworden ist. Der Leser schmückt den Text mit seinen eigenen Bildern aus, die er wiederum vor allem aus Film und Fernsehen gewonnen hat.

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