Ein Greenhorn steht im (Fandom)wald
Ein Greenhorn steht im (Fandom)wald
Was ein Neuling auf dem Marburg-Con so erlebte
Da sitzen seltsame Leute rum, lesen, schwatzen, trinken Bier und Kaffee und ein paar Menschen halten Vorträge. Ich halte übrigens auch einen. Horst auf dem Beifahrersitz neben mir rollte sich in aller Gemütsruhe eine Zigarette.
Ich verriss fast das Lenkrad.
Wie ... du hältst einen Vortrag? Du hast doch gar nichts vorbereitet.
Ein entrüsteter Schnaufer. Klar habe ich was vorbereitet. Pause Ich habe doch die Gordon-Black-Hefte eingepackt.
Ich reagierte mit einem langgezogenen Okay. Und was heißt das? während Rolf Michael auf dem Rücksitz heiser lachte.
Dass seltsame Leute irgendwo rumsitzen und seltsame Dinge tun (einer von Horsts Lieblingssprüchen zum Thema Fandom) war ich ja schon gewohnt, darüber wunderte ich mich nur begrenzt.
Tatsächlich hatten sich ca. 50 Fans der Phantastik in den Räumen des Bürgerhauses in Marburg-Wehrda zu den angekündigten seltsamen Dingen versammelt, die zunächst einmal gar nicht so seltsam wirkten was aber noch kam (siehe Horsts Artikel vom Spontitotalcasting). Während die einen der Lesung von Markus Korb lauschten, saßen andere in Saal 1 über Bücher und Heftromane gebeugt, diskutierten an der Theke oder schlenderten an den Bücherständen vorbei.
Rechts und links entlang der Fensterfronten waren Büchertische der verschiedenen Händler aufgebaut mit Büchern, DVDs, Comics und Heftromanen. Hinten links war die beeindruckende Sammlung gebrauchter Bücher (teilweise echte Schätzchen) aufgebaut. Somit war auch klar wohin mein erster Gang führte.
Gerne nutzte ich das Vorrecht des Neulings einfach an einem der Tische zu sitzen, neugierig zu schauen und die Szenerie auf mich wirken zu lassen. Immer wieder wechselte das Publikum im Hauptsaal mit dem Ende der einen oder anderen Lesung. Walter Appel wie die Phantastik-Girls zogen ihre Zuhörer ebenso mit sich wie die Geschichtenweber oder die Vampirschlampen. Langsam kam ich mit den anderen Gästen ins Gespräch, darunter auch eine talentierte Mangazeichnerin (ne, Animee) und lernte den einen oder anderen kennen, dessen Name mir aus Erzählungen von Horst oder Rolf Michael bereits ein Begriff war.
Glücklicherweise hatte ich dann doch noch mein Erlebnis mit den seltsamen Dingen: Das Casting zu dem Psycho-Splatter-Film um Zombies. Leider konnten wir Zuschauer bei den Werbeauftritten der mutigen Fans nicht im Raum bleiben - leider aber nur zu verständlich. Aber es war schon ein Genuss in der Aufwärmphase wohlbeleibte gestandene Männer dabei zu beobachten wie sie spielerisch vor Lachen ihre Fassung verloren oder kollektiv fast sterbend gegen Schränke prallten, Stühle umrissen oder sich am ganzen Körper juckend (was übrigens an dem seltsamen Gas lag, das sich in dem imaginären abgeschlossenen Raum breit gemacht hatte), am Boden wälzten.
Draußen vor der Tür hörten wir es kurz darauf wieder krachen, Entsetzensschreie erklangen ich entschloss mich zur Flucht.
Nach einem dritten Gang zum Bücherkauf zog es auch mich in den kleinen Saal zu einem Vortrag. Dort stellte Horst das neue Projekt der Gordon-Black-Hörspiele vor. Dabei hatte ich dann noch mein persönliches kleines AHA-Erlebnis: Dass auch das Urgestein der Phantastik-Szene (siehe Programmblatt der Veranstalter) nicht unfehlbar ist. Manchmal würde sich Vorbereitung eben doch auszahlen :-): Vergebens suchte er im ersten Band der Gordon-Black-Serie nach der berühmten Stelle in der die sagenumwobene Peitsche von Gordon Black eingeführt wurde.
Eindeutiger Höhepunkt des Abends war es für mich die Gewinnergeschichte des diesjährigen Marburg Award zu hören. Ich saß nach Ende der Geschichte noch für Minuten gefangen da und ließ die Geschichte nachwirken. Thema des Awards war das Genre Steampunk, und der Gewinner Tom Cohel hat es geschafft die Grundideen dieser Gattung mit seiner Geschichte Level 3 hervorragend aufzugreifen. Dabei war die Tatsache, dass die entscheidende Wende nicht ganz unerwartet kam, letzten Endes vollkommen nebensächlich, so packend und bedrückend war die Geschichte des zum perfekten Kämpfer umgestalteten Menschen. Ich kann es gar nicht erwarten auch die restlichen Geschichten in dem hoffentlich erscheinenden Buch der Veranstalter zu lesen. Und wer ist eigentlich dieser Tom Cohel?
Platz 2 errang Dieter Bohm mit seiner Geschichte Die letzte Grenze (leider war er nicht anwesend) und Chris Schlicht mit Deus ex machina auf Platz 3.
Chris Schlicht war es dann auch, die mir noch ein paar Ohs und Ahs entlockte mit ihren wunderschönen Grafiken und Bildern. Das Bild Exham Priory wird in Kürze die Stelle über meinem Schreibtisch zieren.
Es ging wohl langsam gegen Mitternacht als wir dann doch in Richtung Kassel aufbrachen. Ich mal wieder leicht überdreht, Horst und Rolf zufrieden darüber wieder mal viel gequatscht zu haben, mit Büchern, Fotos und neuen Ideen reich bestückt.
Danke für die Vorbereitung und die Gastfreundschaft, liebe Leute vom MVP.
Weitere Impressionen vom Marburg-Con 2008 in unserer Bildergalerie ...