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Wilde Zeiten: John Agar - Ein Teenager-Schwarm

Wilde Zeiten - Das US-B-Kino der 50igerJOHN AGAR
(1921-2002)
Ein Teenager-Schwarm

Er begann seine Schauspielerlaufbahn an der Seite von John Wayne Ende der 40'er. Doch obwohl er gut aussah und sich beachtlich vor der Kamera hielt, war es ihm nicht vergönnt, lange in Hollywoods A-Filmen aufzutreten. So fand er sein Heil in den B-Movies und stieg dort sehr schnell zum Star auf.

Es wird berichtet von Massenhysterien vornehmlich weiblicher Teenager, wenn er sich zu den Premieren seiner Filme zeigte. Dabei drehte er, wie eigentlich jeder andere Darsteller in der B-Welt, eine ganze Reihe eher schundiger Filme. Doch das schien den Fans egal. Schliesslich trat ER darin auf, was den Film verehrungswürdig machte.

<!-- [if gte mso 9]> Wenn man heutzJohn Agarutage über den SF-Film der 50'er Jahre berichten will, dann kommt man um John Agar nur sehr schwer herum. Er drehte einige „echte“ Klassiker, sowohl was qualitativ hochwertige wie Trash-Filme angeht. Dabei wandelte er immer auf dem schmalen Grat der Ernsthaftigkeit und der Selbstironie. Obgleich nicht gerade mit einer sehr variablen Mimik gesegnet vermochte er mit seinen Augen und einem kurzen Lächeln mehr auszudrücken als manch eines von den Knautschgesichtern, die ihre Emotionen mit ständigen Grimassen begraben.

Der am 31. Januar 1921 als John George Agar jr.  in Chicago/Illinois geborene Schauspieler hatte zunächst mit dieser Berufung gar nichts am Hut. Während seiner Zeit beim Militär lernte er den ehemaligen Kinderstar Shirley TempleJohns eigene Karriere. So kam er schnell bei dem mächtigen Regisseur John Ford unter und gab 1948 in dem grossen Kavallerie-Western FORT APACHE (Bis zum letzten Mann) sein Debut. Schon 1949 spielte er grosse Rollen in dem Western SHE WORE A YELLOW RIBBON (Der Teufelshauptmann) und in dem Kriegsfilm SANDS OF IWO JIMA (Todeskommando). Alle drei Filme bestritt er an der Seite John Waynes. kennen. 1945 heirateten die Beiden und die Schauspielerin lancierte

 

Die Übermacht der Stars in der John Ford-Riege brachte ihn jedoch nicht zur Geltung und so sah er sich nach anderen Möglichkeiten um. Nach der Scheidung von Shirley Temple Ende 1949 konnte er Anfang der 50'er Jahre seine eigene Karriere forcieren. Bemerkenswert dabei ist, dass er sehr schnell Zugang zum B-Film fand und hier eben in der Folge zu einem Star des Westerns und vor allem des Science Fiction Films aufstieg. In den vorhergegangenen A-Filmen hatte er nur sozusagen zweite Geige gespielt und war dadurch wenig aufgefallen. Die Angebote für weitere grosse Filme blieben aus.

 
 

John Agar und Patricia Medina in The Magic CarpetAn der Seite der damals sehr populären Schauspielerin und Entertainerin Lucille Ball trat er in dem orientalischen Abenteuerfilm THE MAGIC CARPET (Der Rote Falke von Bagdad, 1951) auf, machte dort jedoch keine gute Figur. Man mochte ihm den Orientalischen Helden so gar nicht abnehmen. In der Folge verdingte er sich im Fernsehen. Eine erste Berührung mit dem SF Film fand 1954 in dem eher an Jugendliche gerichteten THE ROCKET MAN statt. Der im selben Jahr gedrehte Abenteuerfilm THE GOLDEN MISTRESS sorgte für erstes Aufsehen. Doch erst im Jahr 1955 sollte sein grosser Durchbruch kommen.

 

Zunächst drehte er einen ersten Western mit THE LONESOME TRAIL, dann folgten zwei bedeutende SF-Filme unter der Regie von Jack Arnold. Arnold suchte ein neues Gesicht für die Fortsetzung seines exorbitanten Kassenschlagers THE CREATURE FROM THE BLACK LAGOON (Der Schrecken vom Amazonas, 1954). Da ihm die Stars des ersten Films auch nicht mehr zur Verfügung standen, kam John Agar gerade recht. So spielte er einen Forscher, der den sogenannten Gill Man fangen kann, um ihn in einem Unterwasser-Freizeitpark zu studieren. Natürlich bricht das Monster aus, weil es sich in die Assistentin (Lori Nelson) verliebt hat. Agar, ein aufrechter Mann ohne Macho-Allüren, machte Eindruck beim Publikum und Jack Arnold verpflichtete ihn gleich noch für seinen nächsten Film.

 
 

John Agar, lori Nelson und der Gill Man in Revenge Of The CreatureTARANTULA ist das, was man einen Ausnahmefilm nennen kann. Obgleich mit mageren finanziellen Mitteln gedreht steht er technisch und inhaltlich turmhoch über vergleichbaren Produktionen jener Zeit. Die Story um eine Tarantel, die durch ein künstliches Wachstumshormon ins Gigantische mutiert und dann eine Kleinstadt terrorisiert, ist gut durchdacht, der Film sehr gut gespielt und in Szene gesetzt. Agar hatte die Rolle des Matt Hastings, eines Arztes, der in einer kleinen Wüstenstadt mit dem unerklärlichen Phänomen konfrontiert wird. Mit dem Altstar Leo G. Carroll, dem erfahrenen Nestor Paiva und der attraktiven Cathy Downs  wurden ihm exzellente Darsteller an die Seite gestellt. Das Ensemble war in der Lage, die irreale Story glaubhaft zu interpretieren und Agar glänzte regelrecht. Die stimmige Story, die sehr guten Darsteller, der atmosphärische Drehort und die (für diese Verhältnisse) aussergewöhnlich gelungenen Tricks machen den Film zu einem zeitlosen Klassiker.

 
 

John Agar, Leo G. Carroll, Cathy Downs in TARANTULAEin Star war geboren. Was er durch die grossen Filme nicht geschafft hatte, gelang ihm jetzt durch die kleinen B-Movies von Arnold. Sein eher zurückhaltendes aber sehr glaubwürdiges Spiel machte grossen Eindruck, insbesondere auf jüngere Damen. Fortan waren Filme mit ihm eine sichere Bank. Und da er diesen Karriereschub durch SF-Filme bekam, trat er in der Folge in weiteren Streifen dieser Art auf. Aber, oh Schreck, er konnte keinen Film mit einem solch hohen Niveau mehr drehen. Die Fans, die ihm zumindest bis Ende des Jahrzehnts die Treue hielten, störte das nur bedingt. Gleichwohl war das kontinuierlich schlechte Niveau der folgenden Filme sicherlich ein entscheidender Faktor dafür, dass schon zu Beginn der 60'er Jahre sein Stern versunken war.

 

Gleich im folgenden Jahr drehte er THE MOLE PEOPLE. Es ist die abstruse Geschichte eines Forscherteams, das unter der Erde auf ein Volk von Albinos trifft, das sich genetisch veränderte Menschen als Sklaven hält. An sich ist er gar nicht so uninteressant, doch der Film scheitert an seiner technischen Seite. Er gehört zu einer Reihe von mittlerweile legendären Trashfilmen. Aber wie das mit Legenden so ist, kaum einer kennt die Wahrheit. Fraglos sind die Maskeneffekte zum Schreien komisch, ist die Story letztlich zu albern, aber gar so lustig, wie es immer gemacht wird, ist es dann nicht. Die Fehler, die dieser Film machte, konnte auch das Quasi-Remake (also nicht offiziell) WHAT WAITS BELOW (Das Geheimnis der Phantomhöhlen, 1984) nicht ausmerzen. Jener Film war, wenn man es genau nimmt, noch blödsinniger.

 

1957 drehte er dann den Horrorfilm THE DAUGHTER OF DR. JEKYLL (Die Totengruft des Dr. Jekyll), in dem er einen Charakter namens George Hastings spielte. Es mag Zufall sein, dass man hier an die Figur aus TARANTULA erinnert wird. Dem Film half es nicht. Auch der wirklich alberne und durch seine Unbeholfenheit extrem unterhaltsame THE BRAIN FROM PLANET AROUS (Die Augen des Satans, 1957), in dem ein frei schwebendes Gehirn (mit Augen!) versucht die Erdlinge zu unterwerfen, konnte seinem Star-Status noch nicht das Genick brechen. Überraschend ist Agar in diesem Film noch der glaubhafteste Charakter, was sicherlich an seiner Performance liegt.

 
 

Robert Fuller und John Agar in THE BRAIN FROM PLANET AROUSBesser und damit unterhaltsamer war der 1958 entstandene ATTACK OF THE PUPPET PEOPLE. Die Geschichte um einen Puppenmacher, der eine Maschine erfindet die Menschen verkleinert, ist zwar etwas holprig, aber auch hier gilt, dass die Legende es schlimmer macht als es ist. Wie überhaupt die 50'er Filme des Regisseurs Bert I. Gordon immer deutlich unterschätzt worden sind.

 

Es ist möglich, dass Agar diesen Film aus Frust gemacht hat. Es geht die Geschichte um, dass Jack Arnold ihn auch für seinen Film THE INCREDIBLE SHRINKING MAN (Die unglaubliche Geschichte des Mr. C, 1957) verpflichten wollte, der Vertrag jedoch nicht zustande kam und statt dessen Grant Williams (Gewisse äusserliche Ähnlichkeiten lassen sich noch nicht einmal von der Hand weisen) diese Rolle bekam.

 

Danach war es aber doch vorbei. Mit dem Ende der Drive-in-Movies war auch seine Zeit zu Ende gegangen. Das Fernsehen dominierte endgültig und die Herstellung von B-Filmen verlagerte sich ins TV. In dieses Medium ging auch John Agar. Er trat mehrfach in TV-Serien als Gaststar auf und drehte solch wirklich alberne SF/Horror-Filme wie ZONTAR: THE THING FROM VENUS und CURSE OF THE SWAMP CREATURE (beide 1966). In die Kinos kamen lächerliche SF-Vehikel wie JOURNEY TO THE SEVENTH PLANET (1962) oder WOMEN OF PREHISTORIC PLANET (Das Steinzeit-Syndrom, 1966).

 

Autobiografie von John Agar erschienen bei BearManor Media 2007Vermehrt trat er in den 60'er Jahren noch in Western auf, von denen einige, wie etwa JOHNNY RENO (Sheriff Johnny Reno, 1966) auch gehobene Ansprüche erfüllen konnten. Schliesslich kehrte er wieder dorthin zurück, wo er angefangen hatte. Er drehte drei weitere Filme mit John Wayne, THE UNDEFEATED (Die Unbesiegten, 1969), CHISUM (Chisum, 1970) und BIG JAKE (Big Jake, 1971).

 

Mit Beginn der 70'er Jahre trat er nur noch sporadisch in Film und TV auf, war aber immer wieder präsent. Kurz vor seinem Tod 2002 drehte er noch einige Szenen für einen Film, der erst 2005 veröffentlicht wurde (THE NAKED MONSTER).

 

John Agar, den ich früher immer gern „Stoneface“ genannt habe, gehörte zu jener Art von Schauspielern, die nicht so sehr mit Mimik arbeiten. Dadurch entsteht oft der Irrglaube, dass diese Leute gar nicht schauspielern können. Aber sie füllen ihre Rollen aus und bringen sie meist glaubhaft 'rüber. Das kann aber nur sein, wenn eben auch entsprechendes schauspielerisches Talent vorhanden ist. Bei Agar geschah viel über die Augen und über die Sprache. Zudem besass er ein beachtliches Charisma, dass er der jeweiligen Rolle anpassen konnte.

 

Die komplette Filmografie von John Agar in der IMDB 

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