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Wilde Zeiten: SEIFENBLASEN UND STRIPPERINNEN - Die kurze Regie-Karriere des PHIL TUCKER

Wilde Zeiten - Das US-B-Movie Kino der 50igerSEIFENBLASEN UND STRIPPERINNEN
Die kurze Regie-Karriere des PHIL TUCKER

Ed Wood?

Der Name fällt immer wieder, wenn es darum geht, die schlechtesten Filme und damit den miesesten Regisseur aller Zeiten festzulegen. Mir fallen da durchaus noch ein paar Namen ein, die der großen Bad-Movie-Legende zumindest ebenbürtig sind, wenn nicht gar schlechter. Einer dieser Namen ist Phil Tucker.

 

Robot MonsterIn manchen Dingen gleichen sie sich. Beide haben Filme über Stripperinnen und durch ihre Sexualität abseits stehende Menschen gemacht. Und Beide haben je einen unvergesslichen Trash-Klassiker geschaffen. Ed brachte 1959 PLAN 9 FROM OUTER SPACE auf die Leinwand, Phil drehte 1953 in nur vier Tagen den legendären Film ROBOT MONSTER. Insgesamt inszenierte er 8 Spielfilme, die alle nicht besser waren.

Am 22. Mai 1927 wurde er in Kansas geboren. Das ist auch schon alles, was man über ihn erfahren kann. Er wurde nie so berühmt, dass man Artikel über ihn verfasst hätte. Einzig die Medved-Brüder führten 1978 ein Interview mit ihm im Zuge der Recherche für ihr legendäres Buch "The Golden Turkey Awards". Aber auch dem ist nicht viel zu entnehmen.

Er traf 1952 den angehenden Komiker Lenny Bruce. Jener hatte ein Drehbuch geschrieben über einen Killer, der die Drecksarbeit für eine Schmugglerbande erledigt. Ein alberner Stoff, der aber reichte, um ein paar Geldgeber zu überzeugen, in das Projekt zu investieren. Tucker wollte in die Filmwelt und so erklärte er sich bereit, die Regie zu übernehmen.

Heraus kam ein 60 Minuten langes Nichts namens DANCE HALL RACKET, das lediglich vor drei verschieden tapezierten Wänden aufgenommen wurde und eine Hafenszene enthält. Nun ist man immer geneigt, derartigen No-Budget-Filmen einiges zuzugestehen, aber leider besaß Tucker keine Fähigkeiten, mit der er das fehlende Geld hätte kaschieren können. So gibt es in den Bar-Szenen lediglich ein paar Tische, mit denen man einen Club suggerieren wollte. Um auch das schwächliche Drehbuch aufzupeppen, garnierte man das Ganze mit einigen leicht bekleideten Tänzerinnen, die dem Zuschauer ein paar Nummern zum Besten geben.

George Nader kämpft gegen Ro-ManJunge, aufstrebende Schauspieler sind immer bereit, in jedem Müll mitzuspielen, wenn nur ihr Name im Vorspann auftaucht, möglichst ganz vorne. Das muss sich wohl auch George Nader gedacht haben, der seit knapp drei Jahren durch irgendwelche billigen Filme oder TV-Serien getingelt war und entweder gar nicht oder nur ganz weit hinten genannt wurde. Er bekam nun die "Hauptrolle" in ROBOT MONSTER (1953). Die Mär von dem Außerirdischen, der die Invasion seiner Artgenossen vorbereiten soll, wurde in nur vier Tagen im Bronson Canyon abgedreht. Dabei ist die unsägliche Geschichte, die Wyott Ordung schrieb (der uns als Regisseur den nicht minder albernen MONSTER FROM THE OCEAN FLOOR/1954 bescherte), heute kaum noch von Interesse.

Legende wurde der Film durch das Kostüm des Ausserirdischen und durch Seifenblasen. Geld gab es nicht, also war die Möglichkeit, ein geniales Kostüm zu schaffen, gleich null. Tucker kontaktierte George Barrows, der schon seit den 30'er Jahren als Affendarsteller arbeitete und diverse Kostüme besass. Nun wäre ein reiner Affe als Alien kaum glaubhaft gewesen. Also organisierte Tucker den Helm eines Raumanzuges, der aus dem Fundus der Republic-Pictures stammte (Die Legende von einem Taucherhelm ist deutlich sichtbar nicht korrekt). So wurde der Ro-Man geboren, eine der wohl kuriosesten Kreaturen der Filmgeschichte. Barrows erklärte sich auch bereit, diesen Ausserirdischen zu spielen.

Aus heutiger Sicht beinahe schon unglaublich zu nennen ist die Tatsache, dass der Soundtrack von Elmer Bernstein geschaffen wurde, der später die Musik für diverse John Wayne-Filme über die GHOSTBUSTERS (1984) bis hin zu FAR FROM HEAVEN (Dem Himmel so fern, 2002) schrieb.

Ach ja, die Seifenblasen. Tucker hatte eine Maschine bekommen, ein mächtiger Klotz, die Seifenblasen produzieren konnte, wofür er sich im Vorspann bei der Firma artig bedankte und die Maschine immer groß ins Bild rückte, wo sie dann Seifenblasen produzieren durfte. Dieses Gerät diente als Funkstation, um die Brüder im All zu kontaktieren.

Aufgeführt wurde ROBOT MONSTER, der immerhin in 3D gedreht war, mit einem Kurzfilm namens STARDUST IN YOUR EYES (1953), den er selbst inszenierte und in dem eine Stripperin uns die Vorzüge des 3D-Kinos anpreist.

Das muss ihm den Rest gegeben haben. 1954 und 1955 entstanden fünf Filme, in denen sich praktisch alles um Stripperinnen drehte, vor möglichst exotischen Kulissen. Dabei gelang es Phil Tucker die Grenzen des Publikumsgeschmacks zu unterschreiten. In Ermangelung anständiger Finanzen holte er die Tänzerinnen aus den hintersten Stuben hervor, Damen, die im Grunde niemand bei einer solchen Beschäftigung sehen will, oder deren Geschlecht gar zweifelhaft ist.

Titel wie TIJUANA AFTER MIDNITE und BAGHDAD AFTER MIDNITE (beide 1954) und STRIPS AROUND THE WORLD (1955) sind Programm. Kaum eine Handlung, dafür möglichst viele Tanzdarbietungen. Tucker erwies sich dabei als Regie-Untalent. Er verwendete tatsächlich für die meisten Tanzaufnahmen eine Standkamera, vor denen sich die Frauen bewegen mussten. So versanken die Filme schnell, denn derart Langweiliges wollte niemand sehen.

Broadway JungleDa half auch eine erneute Zusammenarbeit mit Lenny Bruce nichts. In DREAM FOLLIES (1954) gab es erneut Tanznummern vor Standkamera. Aufgelockert wurde das Ganze durch abgestandene Gags. Die Handlung, im Grunde wieder nicht vorhanden, war Nebensache. Ein weiterer nichts sagender Stripfilm war BROADWAY JUNGLE (1955).

Cape Canaveral MonstersDanach gönnte Phil Tucker sich und dem Publikum eine Auszeit, bevor er 1960 mit seiner letzten Regiearbeit THE CAPE CANAVERAL MONSTERS zurückkehrte. Eine Trash-Kanone in bester Tradition von ROBOT MONSTER, ultrabillig und untalentiert. Es geht um Aliens, die das Raumfahrtprogramm der NASA sabotieren wollen (weil sie sich davor fürchten?) und dafür Teenager entführen, untersuchen und entsprechend umfunktionieren.

Über die wirklich unterirdischen Strip-Filme braucht man kaum Worte verlieren. ROBOT MONSTER und THE CAPE CANAVERAL MONSTERS sind jedoch pures Trash-Entertainment. Natürlich muss man einen Draht für Filme haben, in denen vieles gewollt, aber mangels Talent nichts erreicht wird. Will man es aber realistisch sehen, dann kann die Filmwelt nur froh sein, dass Tucker sich vom Regiefach zurückzog.

Er wurde Cutter und dem Vernehmen nach war er dafür talentierter. Er betreute diverse TV-Serien in dieser Funktion und auch einige Spielfilme. Leider sind darüber die Angaben spärlich. Den Link am Ende zur IMDb sollte man nur als Info zu seinen Regiearbeiten verstehen, denn dort sind lediglich ein paar Filme verzeichnet, bei denen er für den Schnitt zuständig war.

Phil Tucker starb 1985. Ob am 30. November oder am 1. Dezember, darüber sind sich die wenigen Quellen, die man hat, nicht einig. Ist dann auch nicht so wichtig. Irgendwann in jener Nacht...

Filmografie in der
IMDb

 

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