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400 Jahre Wanfrieder Stadtrechte - Ein Fest der Renaissance

Stadtlogo 400 Jahre Stadtrechte400 Jahre Wanfrieder Stadtrechte
Ein Fest der Renaissance

"Ahh, Sie müssen nach Wanfried zum Renaissancefest, das sehe ich schon."

Horst und ich schauen uns etwas verwundert und ziemlich amüsiert an. Das kommt davon, wenn man gewandet durch die Republik fährt. Um ganz sicher zu gehen, dass wir bei der letzten Kreuzung die richtige Richtung erwischt hatten, fragten wir einen kompetent aussehenden Autofahrer mit Werra-Meißner-Kennzeichen nach dem Weg nach Wanfried.

Stadtlogo 400 Jahre StadtrechteTatsächlich machte es den Eindruck als habe sich eine gerüttete Anzahl Werra-Meißner-Bewohner in Wanfried eingefunden um mit den Wanfrieder Bürgern anläßlich des 400jährigen Jubiläums der Verleihung des Stadtrechts zu feiern.

Knapp drei Jahre Vorbereitungszeit, 700 Kostüme für die Wanfrieder Bürger, eine Vielzahl an Ständen mit Kulinarischem, Dekorativem und reiner Unterhaltung, ein Festzug, der sich fast über den gesamten Weg von Bühne zur Schlagd und zurück erstreckte, um den leibhaftigen Landgraf Moritz von Hessen vom Schlagd, dem Flußhafen abzuholen.Festzug vom Hafen zum Festplatz

Zur Geschichte der Stadt Wanfried


Als der Festzug unten im Hafen angekommen war um den Landgraf vom Schiff abzuholen, waren die Wege und die Brücke dicht gesäumt von Menschen, die alle das Geschehen bestaunen wollten. 

(Es blieb bislang ungeklärt, ob der Landgraf damals tatsächlich per Schiff anreiste - so ganz vorstellen konnten wir uns das nicht - wir wollten Herrn Frank von der Stadt Wanfried auch nicht endlos mit unseren Fragen belagern.)

Festzug vom Hafen zur VerleihungsstätteDann wälzte sich der Festzug wieder durch die Straßen zurück zum Stadtmittelpunkt, wo in einer Zeremonie die Stadtrechte vom Kanzler des Landgrafen verlesen wurden - um dann in die Hände des aufgeregten Bürgermeisters der neugeehrten Stadt gelegt zu werden.

Bettina: Sehr gut gefiel mir die Idee, den "Landgrafen" danach vor der Bühne zu einer deftigen Brotzeit zu laden, bei der die Reichtümer der Region kredenzt wurden: Ein guter Schluck, frisches Bauernbrot, deftig eingelegte saure Gurken und die unvermeidliche Ahle Wurschd, Der Festtisch für den Landgrafenohne die hier oben in Nordhessen gar nichts geht. 

Das war beileibe noch nicht alles: Es gab Gaukler, eine wunderschöne holde Maid mit Schlapphut, die französische Mäuse zur Belustigung der Besucher spielen ließ, am Samstagabend ein Pestzug. Der Fanfarenzug der Stadt ließ die Bürger donnernd wissen, dass es Anlaß zur Freude gab.

Kurzum: Es war jede Menge los an beiden Tagen der 400-Jahr-Feier der Stadtrechte. Die Stadt veranstaltete und hatte Fogelvrei mit der Ausführung beauftragt. Wäre es das allein gewesen, hätten wir vermutlich einen stimmungsvollen Nachmittag in Wanfried zugebracht, wären nach Hause gefahren und hätten uns dann darüber unterhalten, dass es mal wieder ein netter Event gewesen sei, aber nicht mehr. 

Das Erlebnis war dann, dass es dieses Mal etwas anders war, wohltuend. In dem kurzen  Vorgespräch mit dem schwer beschäftigten Johannes Faget wurde schon klar, dass viel Arbeit in dem Fest steckte, und dass die Truppe von Fogelvrei weiß was sie tut. 

Kostümierte Besucherin - die sich so gar nicht fotogen fand - welch ein IrrtumDenn: Bereits vor drei Jahren (siehe oben), so Johannes Faget, hatte die Beratungs- und Vorbereitungszeit begonnen, mit der Wanfried sich auf den Weg gemacht hatte. Die Stadt hatte von einer örtlichen Schneiderin 700 (!) Kostüme für interessierte Bürger maßschneidern lassen, immer darauf bedacht dem Stil der Renaissancezeit treu zu bleiben.

So wurden die Bürger der Stadt lebendiger und vor allem aktiver Teil des Festes. Viele andere hatten sich spontan auch noch eine Gewandung zusammengestückelt und zogen begeistert mit. Das machte die Feier zum 400. Jahrestag der Verleihung der Stadtrechte erst so richtig spannend, interessant und lustig.

Die Bürger, von Johannes Faget und seiner Truppe in Gebahren, Sprache und Handel der Renaissancezeit eingewiesen, waren voller Spaß  dabei und mehrfach hörte ich Gespräche, wie toll das Herumlaufen in Gewandungen doch wäre. Bürgerinnen drehten sich voller Stolz und Männer posierten in ihren Gewandungen.

Einfache Bürgerin mit weißer Haube und Kind auf dem ArmEs gab offensichtlich weder Gemeine noch Bürger, weder Edeldame noch Schweinehirt denen es peinlich war in einem historischen Gewand herumzulaufen.

Horst: Das beeindruckte und machte verdammt viel Spaß. Hinzu kamen noch allerhand Vereine, die sich aktiv einbrachten und so das Bild abrundeten.

Und so war Wanfried mehr als nur ein Stadtfest mit den Leuten von Fogelvrei (die wirklich toll als Bestandteil des Festes und nicht als die Stars auftraten -  hierfür ein extra hohes Lob), sondern ein Fest von Bürgern, Fogelvrei und Gästen in der Stadt.

Die Stimmung konnte auch gelegentlicher Regen nicht gefährden, man stellte sich eben unter und lernte so unbekannte Nachbarn kennen - oder wurde ein wenig nass.

Horst: Wir wollten eigentlich nur ein oder zwei Stunden bleiben, ein paar Fotos schießen und dann wieder den Heimweg antreten, eben unsere Chronistenpflicht erfüllen.

Edle Dame mit Haarkranz aus Samt und edler RobeAber: Wir waren geschlagene fünf Stunden da und haben uns von der Stimmung in der Stadt gefangen nehmen lassen, sahen die historische (wenn auch auch nicht 400 Jahre alte) Postkutsche durch die Stadt rumpeln, das historische Karusell sich drehen (was müssen die "Dreher" für einseitige Muskelpakete haben), kauften uns einige kulinarische Leckereien (das Knoblauchbrot verfolgt uns immer noch) und nahmen örtlichen Honig mit um unsere Vorräte aufzufüllen.

Ebenso positiv: Die Preise der Speisen und Getränke hielten sich im Rahmen und hatten eben keinen Jubiläumsaufschlag. Die Stadt hat sich positiv repräsentiert.

Horst: Und man hatte auch das Gefühl, dass auch Nordhessen gelöster und lockerer sein können, als man ihnen gemeinhin nachsagt. 

Bettina: Heh! Du wohnst hier, benimm dich!

Horst: Wanfried sollte in der Tat überlegen ein solches Fest alle zwei oder drei Jahre auszurichten. Einfach, weil es Spaß macht.

Bettina: Ne, Horst, das sehe ich ein bisschen anders. Es gibt da schon so viele Events, fast schon zu viele, bei denen man das Thema Mittelalter (oder eben ausgehendes Mittelalter) zelebriert. Und irgendwann ist es nicht mehr so schön wie in Wanfried.

Frust Horst: Jo, aber wenns ein Bürgerfest mit Spaß an der Freude bleibt, verkommt es nicht zur Kommerzveranstaltung mit genervten Profis... (drehte sich um und bewegte sich an den Stand mit den Dinkelfladen - der muffelige Gesichtsausdruck rührte gleich darauf daher, dass er nicht schnell genug an seine "Beute" kam).

 

 

 

 

 

So seid nun bedankt, vieledle Bürger von Wanfried, für eure Gastfreundschaft an diesem hohen Tage und für alles Mühen um eure Gäste. Möget ihr die Gnade des Landgrafen lange Zeit genießen und möge es euren Reichtum und eure Wohlfahrt mehren.

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