Hakenkreuze in Comics

Hakenkreuze in Comics

Nazis und die Embleme des dritten Reiches sind Gegenstand vieler Comicpublikationen. Die Bandbreite der Geschichten ist weit. Sie erstreckt sich von der Aufarbeitung historischer Stoffe, über Abenteuergeschichten bis hin zu Superhelden. Die überwiegende Anzahl dieser Comics sind Produktionen aus dem Ausland, die mit den Kennzeichen der Nationalsozialisten anders umgehen. Das stellt deutsche Herausgeber zuweilen vor ein Problem, da die deutsche Gesetzgebung die Abbildung verfassungsfeindlicher Symbole untersagt.

Der §86 des Strafgesetzbuches untersagt die Verwendung und Verbreitung von Zeichen und Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen. Die NSDAP und alle ihre Nebenorganisationen wie SS, Hitlerjugend oder Deutsche Arbeitsfront sind Organisationen, die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft werden. Es ist untersagt, ihre Symbole weiterzuverbreiten. Absatz 4 hebt das Verbot auf, wenn die Embleme zur „staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken“ genutzt werden.

Comics sind zweifelsohne ein Produkt der Kunst und demzufolge dürfte einer Nutzung dieser Symbole aus rechtlicher Sicht nichts entgegenstehen. Dafür spricht, dass in den aktualisierten Indizierungslisten der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz vom August 2023 keine Comics mit einer inhaltlichen Nähe zum dritten Reich aufgelistet sind. Trotzdem scheuen sich Comicverlage immer wieder diese Symbole unverändert abzudrucken. In vielen Publikationen ist zu sehen, dass vor allem das Hakenkreuz mit zusätzlichen Strichen verfremdet wird. Auf Buchumschlägen oder in Filmen wie der Indiana Jones Reihe werden hingegen ganz selbstverständlich die Embleme des dritten Reiches genutzt und niemand stört sich daran. Die Verlage haben in der Vergangenheit angemerkt, dass Kinder die Comics ihrer Lieblingshelden nachzeichnen würden und dass man daher auf eine Abbildung verzichtet oder die Symbole verfremdet. In den letzten Jahren ist bei einigen Comicreihen eine Änderung dieser Praxis zu beobachten. Die folgende Darstellung ist eine Übersicht, wie Comicverlage mit dieser Thematik umgehen.

Superhelden

Hitler und die Nazis waren vor allem in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg beliebte Bösewichter in amerikanischen Superheldengeschichten.

Die Erinnerung an den Krieg war noch frisch und es bat sich förmlich an, die Helden gegen den großen Feind antreten zu lassen. Captain America besteht bis heute seine Abenteuer in Film und Comic, wurde aber 1941 als Propagandafigur eingeführt. So führte er wie viele anderen seiner Superheldenkollegen immer wieder Einsätze gegen die Schergen des dritten Reiches.

Superhelden traten ihren Siegeszug um die Welt an und gelangten auch nach Deutschland. Comics galten viele Jahre als Unterhaltungsmedium für Kinder und daher sind die Geschichten mit dritter Reich Thematik weitestgehend nicht in deutschen Veröffentlichungen berücksichtigt worden.

Seit den 80er und 90er Jahren werden auch Comics veröffentlicht, in denen die Helden gegen Bösewichter mit den Nazisymbolen antreten.

Die Hakenkreuze werden gewöhnlich durch zusätzliche Striche verfremdet. Diese Praxis ist bis heute in Superheldencomics üblich.

Der Fall Maus

In den Jahren 1973 – 1991 verarbeitete der amerikanisch-jüdische Autor Art Spiegelmann seine Familiengeschichte in Form eines zweiteiligen Comics. Im Zentrum stehen die Erlebnisse seines Vaters Vladek, der zur Zeit der deutschen Besatzung polnischer Staatsbürger ist und den Holocaust am eigenen Leib miterlebt. Spiegelmann hält sich mit grausamen Bildern nicht zurück und schildert den Weg Vladeks über das Warschauer Ghetto bis hin ins Konzentrationslager Ausschwitz. Er erzählt eine Fabel und macht aus den Juden Mäuse und aus den Nationalsozialisten Wölfe. Auf dem Umschlag der Ausgabe sind zwei Mäuse abgebildet, in deren Hintergrund ein Hakenkreuz abgebildet ist.

Im Jahr 1995 prangte das Maus-Cover auf einem Werbeposter für den Comic-Salon in Erlangen. Das Poster wurde beschlagnahmt und im Zuge der Ermittlungen geriet der Alpha Comic Verlag ins Visier der Behörden. Es ist allerdings anzumerken, dass das Augenmerk der Ermittler auf Comics anderer Themen lag, denn die Geschäftsführer wurden wegen Verbreitung pornografischer und gewaltverherrlichender Schriften angeklagt. Es erfolgten Beschlagnahmungen in über 1000 Buchhandlungen, die zwar auf der Suche nach besagten „pornografischen Material“ wie Ralf Königs Kondom des Grauens waren, aber im Zuge dieser Ermittlungen geriet auch Maus in Verdacht, nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten. 2001 endete das Verfahren vor einem Gericht, das mit einem Vergleich über 15.000 DM endete und das Ende des Verlages bedeutete.

1998 erblickte ein Passant eine Ausgabe von Maus im Schaufenster einer Berliner Filiale von Modern Graphics. Die Polizei beschlagnahmte jeweils eine Ausgabe beider Teile, um sie der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Die Polizisten waren im Gespräch nicht von der Sicherstellung abzubringen, selbst nicht nach dem Hinweis, dass bereits frühere Versuche einer Indizierung erfolglos waren.

Veröffentlichungslücken

Der Fall Maus hat gezeigt, dass Verlage in langjährige und kostenträchtige Rechtsstreitereien gelangen können. Vor allem Kleinverlage verfügen nicht über ausreichend personelle und finanzielle Kapazitäten, um derartige Prozesse führen zu können. Veröffentlichen sie eine Comicreihe und es erscheinen Geschichten mit einer Affinität zum dritten Reich, werden diese einfach ausgelassen.

Neben anderen Reihen ist Comicplus+ diesen Weg gegangen und hat bei seiner Veröffentlichung der Serie Wahne Shelton von Star Autor Jean van Hamme (fortgesetzt von Denayer) einen Band ausgelassen, in der der Held es mit Nazis zu tun bekommt. Die Begründungen der Verlage ähneln sich, indem die Episoden als Nazi-Kitsch und spannungsarm abgetan werden. Es ist nicht immer klar, ob dem wirklich so ist oder ob die Leserschaft besänftigt werden soll, die Lücken in ihren Sammlungen befürchten.

Historische Comics

Die Handlungen einiger Comicserien sind im 2. Weltkrieg angesiedelt und sind thematisch unterschiedlich ausgerichtet.

Hier finden sich Abenteuergeschichten, Thriller und Geschichten über tatsächliche Ereignissen. Viele dieser Serien erscheinen bei Kleinverlagen und es besteht keine einheitliche Handhabe in der Nutzung der Embleme.

In der Edition Zack erschien der Mehrteiler „Es war einmal in Frankreich“, der zur Zeit der deutschen Besatzung in Frankreich spielt. Er handelt von dem Einwanderer Joseph, der als Kollaborateur und Geschäftemacher in den Wirren des Krieges zu überleben versucht. In diesen Bänden sind die meisten Hakenkreuze durch Striche verändert, an einigen Uniformen sind sie unbearbeitet vorhanden. Die SS-Runen an den Uniformen der Besatzer sind zu erkennen.

In dem Mehrteiler „Afrikakorps“ beschreibt Olivier Speltens den Afrikafeldzug ab 1941 aus deutscher Sicht. Hier sind die Hakenkreuze nicht verfremdet. Die Serie erscheint bei dem Kleinverlag Bunte Dimensionen.

Unterschiedliche Auflagen

Ab dem Jahr 2002 veröffentlicht der Cross Cult Verlag Hellboy von Mike Mignola in einer Hardcover-Taschenbuchserie.

Die ersten Bände sind in schwarz-weiß und die Hakenkreuze verfremdet. Hellboy kommt im Jahr 1944 auf die Erde und kämpft in seinen ersten Abenteuern gegen Nazis und es finden sich eine Reihe von Hakenkreuzen in diesen Geschichten wieder.

Ab 2016 legt Cross Cult alle Hellboy-Geschichten in vier Kompendien neu auf. Das Seitenformat ist größer, die Zeichnungen sind koloriert und die Hakenkreuze nicht verfremdet.

Dramaturgischer Verzicht

In den Jahren 2003 bis 2018 veröffentlicht der Carlsen Verlag die Serie „Berlin“ von Autor und Zeichner Jason Lutes in drei Taschenbüchern.

Lutes beschreibt die Lebensgeschichte mehrerer Personen in den letzten Zügen der Weimarer Republik. Die Story endet im Januar 1933 mit der Machtergreifung der Nazis. An vielen Stellen sind Hakenkreuzflaggen und Armbinden der SA zu erkennen, allerdings fehlt dort das Hakenkreuz. Es ist nur ein leerer Kreis zu sehen.

Der Leser mag vermuten, dass Carlsen die Embleme aus den Seiten hat übermalen lassen. Lutes lässt in seinem Geschichtenzyklus neben bekannten historischen Persönlichkeiten, wie Göbbels, auch weniger bekannte auftreten. Der Verleger Alfred Hugenberg dürfte nur einem interessierten Publikum bekannt sein.

Er baut fiktive Charaktere ein, die u.a. Partei für die Nationalsozialisten ergreifen. Lutes möchte, dass sich der Leser mit den Figuren beschäftigt. Das Hakenkreuz ist für ihn ein Ausdruck des absolut bösen und daher verzichtet er auf dessen Abbildung.

So kann sich der Leser besser auf die Figuren einlassen und schreibt den Akteuren nicht gleich die Rolle der Bösewichter zu.

Alternative Welten

Im Genre der alternativen Welten schlagen die historischen Ereignisse ab einem bestimmten Zeitpunkt einen anderen Weg ein. Es existieren einige, wenige Comicreihen, in denen der 2. Weltkrieg einen anderen Verlauf nimmt.

Im All Verlag erscheint die fortlaufende Serie „Wunderwaffen“ von Nolane und Maza. Die Landung der Alliierten ist misslungen und der Krieg im Osten dauert im Jahr 1946 an. In der Geschichte sind Elemente wie die titelgebenden Wunderwaffen und geheime Stützpunkte der Nazis am Südpol eingearbeitet. Die vielen Hakenkreuze haben es unbearbeitet in die deutsche Ausgabe geschafft.

Diabolo Comics hat die Serie WW 2.2 im Programm. Im Herbst 1939 fällt Adolf Hitler einem Attentat zum Opfer und trotzdem eröffnet Deutschland den 2. Weltkrieg, der einen völlig anderen Verlauf nimmt. Die Hakenkreuze sind in dieser Reihe ebenfalls unbearbeitet abgedruckt.

Satiren

Es existieren einige amerikanische Comicreihen, in denen Hitler und die Nazis als verzerrte Karikaturen dargestellt werden. Das deutsche Publikum hat etwas Zeit benötigt, um den Gröfaz als Witzfigur ertragen zu können. In der Regel nimmt sich kein Verlag einer derartigen Veröffentlichung an. Der Weißblech Verlag veröffentlich die Comicserie Captain Berlin von Jörg Buttgereit. Hitler wird in diesen Geschichten grotesk überzeichnet und prangt auf dem Cover der ersten Ausgabe. Hakenkreuze oder andere Embleme des dritten Reiches sucht der Leser hier vergeblich. An Stelle des Hakenkreuzes befinden sich auf den Armbinden zwei „X“ oder die Stelle wird leer gelassen.

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