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Die Tafel des Todes - Eine Geisterjäger John Sinclair Story

FanfictionDie Tafel des Todes
Eine Geisterjäger John Sinclair Story

„Kannst du mir bitte nochmal erklären, was wir hier sollen? Es ist verdammt eng hier drin und stickig ist es auch noch!"

Ich saß zusammengekauert in einem Schrank. Meine Beine spürte ich schon lange nicht mehr. Neben mir saß mein Partner Suko. Wir hatten inzwischen 23:57 Uhr. Wir waren in einem abgeschlossenen Museum. Allerdings hatten wir uns freiwillig einsperren lassen, ohne dass jemand davon wusste.

 „Denk dran, Suko, wir sind hier, um einen Fluch zu brechen. Hab` Geduld!", antwortete ich meinem Partner.

Das Ganze hatte heute Nachmittag angefangen.

Wir waren im Scotland Yard gewesen und hatten an verschiedenen Berichten geschrieben. Unser gemeinsamer Chef Sir James Powell hatte dann einen Anruf vom leitenden Direktor der Londoner Saatchi Gallery bekommen.

In den letzten Tagen hatte die Galerie große Schlagzeilen gemacht, denn es fand eine Ausstellung der besonderen Art dort statt. In der Saatchi Gallery wurden nämlich zum ersten Mal überhaupt die ausgegrabenen Überreste von Pharao Raochorn ausgestellt. Man hatte seine Grabkammer vor über einem Jahr entdeckt und mehrere Ägyptologen hatten sich seitdem an die Arbeit gemacht, die Kammer zu untersuchen. Nun hatte die Saatchi Gallery also ihre Ausstellung über genau diesen Pharao. Allerdings waren schon direkt am ersten Abend nach der Ausstellung merkwürdige Dinge passiert, so beschrieb es zumindest der Direktor Mr. Crenshaw.

Ein Teil der Ausstellung war verwüstet worden und es hatte sogar einen Toten gegeben. Ein harmloser Nachtwächter war brutal ermordet worden. Man hatte ihn gepfählt, den Kopf abgeschlagen und anschließend verbrannt. Normalerweise wäre das ein Fall für die Mordkommission gewesen, doch es gab ein Detail, welches die Polizei hatte stutzen lassen, nachdem sie von einem der Professoren darauf aufmerksam gemacht worden war. Das Interessante daran war nämlich, dass es sich bei den Mordmethoden um alte ägyptische Todesstrafen handelte und nicht, wie zuvor angenommen, um Vernichtungsrituale gegen Vampire. Zwar nicht alle zugleich, aber anscheinend hatte da jemand einen schlechten Tag gehabt. Man konnte nur hoffen, dass der Mann schnell gestorben war.

Sir James hatte Mr. Crenshaw versprochen, sich um die Sache zu kümmern und seine besten Leute hinzuschicken.

Das hieß, ich und mein Partner sollten uns die Sache genauer angucken.

Die Saatchi Gallery war ein großes Gebäude mit hellbrauner Ziegelsteinfassade und weißen Fenstern. Der Eingang war einem typischen griechischen Tempel nachempfunden und das Gebäude verfügte insgesamt über drei Stockwerke. Vor dem Gebäude säumte eine riesige Grünfläche den Vorplatz. Am Eingang waren links und rechts Plakate für die neue Ausstellung aufgehängt gewesen, als ich und Suko vor sieben Stunden die Gallery betreten hatten. Der Direktor Mr. Crenshaw, ein etwas dicklicher Mann im hohen Alter, hatte uns sofort in die Ausstellung geführt. Gleich beim Betreten hatte sich mein Talisman, ein silbernes Kreuz, erwärmt. Ich hatte meinem Partner zugenickt und dieser hatte den Direktor darum gebeten, die Ausstellung sofort zu verlassen.

Mit dem Kreuz in der Hand liefen ich und Suko die Reihen der Glaskästen ab. In jedem war eine andere alte Antiquität zu sehen. Schließlich blieben wir vor einem Kasten mit einer Tafel stehen. Ich packte mein Kreuz in die Jackentasche. Die Tafel war schwarz und bestand, laut der Beschreibung, aus Obsidian. Verschiedene Schriftzeichen waren darin eingemeißelt.

„Kannst du das lesen?", fragte ich meinen Partner.

„Sehe ich so aus? Mann, John, ich bin Chinese und kein Ägypter!", gab Suko zurück.

„Entschuldige bitte, so war das nicht gemeint."

„Warte kurz, ich frage Glenda, ob sie das für uns übersetzen lassen kann."

Suko machte ein Foto und schickte es an Glenda. Wenn die Sekretärin wie üblich im Büro saß, würden wir in wenigen Minuten eine Antwort bekommen.

Derweil hatte ich mir die Tafel nochmal etwas genauer angeschaut. Die Schriftzeichen waren wirklich seltsam. Wie konnte man die denn bitteschön lesen, sie bestanden doch nur aus kleinen Bildchen. Dann fiel mir etwas ins Auge. Hektisch holte ich erneut mein Kreuz heraus und hielt es zum Vergleich gegen den Glaskasten. Suko schaute mich fragend von der Seite an.

„Auf der Tafel ist dasselbe Symbol wie auf meinem Kreuz!", sagte ich zu ihm.

„Welches denn, du hast da ganz schön viele auf dem Ding."

„Das Auge des Horus neben dem G. Es ist dasselbe wie auf dieser Tafel."

„Es ist ja auch ein ägyptisches Zeichen, kein Wunder, dass man es auch auf der Tafel findet!"

„Das Auge des Horus ist das ägyptische Symbol des Gottes Horus. Es ist ein magisches Symbol", erklärte ich Suko.

„Na, dann ist es ja kein Wunder, dass es auf deinem Kreuz ist, nur wieso ist es auch auf der Tafel?"

Nun bedachte Suko die Tafel mit einem äußerst kritischen Blick.

„Vielleicht wird die Tafel vom Gott Horus irgendwie magisch geschützt."

„Vielleicht. Aber was ist, wenn er hinter dieser ganzen Sache steckt?"

„Du meinst also, dass der Gott des Lichts zum Mörder geworden ist wegen irgendeinem seltsamen Fluch?"

„Kann doch sein", sagte Suko mit einem Schulterzucken.

Ich wollte schon etwas erwidern, da klingelte sein Handy. Er zog es aus seiner Tasche und hielt es in die Mitte. Er hatte auf Lautsprecher gestellt.

„Hallo Glenda. Du bist auf Lautsprecher, sodass John mithören kann. Was kannst du uns über die Tafel sagen?"

„Es ist nicht wirklich viel über die Tafel bekannt, was aber bekannt ist, wird euch sicherlich interessieren."

„Jetzt sag` schon, Glenda, was ist so besonders an dem alten Ding?"

„Das alte Ding, so wie du es nennst, ist eine Warnung und zugleich ein Fluch."

Ich runzelte die Stirn, auch Suko erging es ähnlich. Was meinte Glenda denn damit?

„Die Tafel warnt davor, den Pharao seiner Ruhe zu berauben, sonst würde der Gott Horus diejenigen bestrafen, die es tun."

Das ergab schon etwas mehr Sinn.

„Steht da auch, wie man den Fluch brechen kann?", fragte ich neugierig.

„Tatsächlich steht da so etwas Ähnliches. Man muss dem Gott Horus bei seinem Erscheinen seinen guten Willen zeigen, sonst wird er weiter Rache üben."

„Und wie sollen wir das anstellen? Sollen wir den lieben Horus auf eine Tasse Tee und Kuchen einladen?", fragte Suko.

„Tut mir leid, darüber steht hier nichts. Was ich euch aber auch noch sagen kann ist, dass ihr eine lange Nacht vor euch habt."

„Wieso das denn?"

„Der Gott Horus taucht erst um Mitternacht auf. Wenn ihr ihm also euren guten Willen zeigen wollt, müsst ihr solange warten. Aber immerhin könnt ihr euch solange eine Lösung ausdenken. Viel Spaß euch noch."

Und bevor ich oder Suko noch etwas erwidern konnten, hatte sie auch schon aufgelegt.

„Na super, dann dürfen wir uns jetzt also die Nacht um die Ohren schlagen!"

„Wie ich sehe, bist du begeistert. Aber immerhin hat Glenda mit einer Sache recht."

„Und mit welcher?", fragte mich Suko.

„Wir haben genügend Zeit, uns einen Plan auszudenken."

Und das taten wir dann auch. Allerdings ließen wir das Personal sowie auch den Direktor Mr. Crenshaw außen vor.

Der Plan lautete wie folgt:

Suko und ich ließen uns im Museum einschließen. Wir warteten, bis Horus auftauchen würde, und dann, ja, dann würden wir mit ihm verhandeln müssen.

„John, wir haben 23 Uhr 59." Suko holte mich aus meinen Gedanken.

„Es geht also gleich los."

„Sei mal kurz still, ich glaube, ich habe da etwas gehört."

Durch einen Spalt in der Tür konnten wir genau das Geschehen im Raum beobachten. Eine schwarze Gestalt hatte soeben den Raum betreten und machte sich am Glaskasten mit der Inschrift zu schaffen. Das war definitiv kein Gott, nein, das war ein gewöhnlicher Mensch. Ich erkannte die Gestalt und mir ging ein Licht auf. Auf einmal war ich mir sicher, dass wir an diesem Abend mit keinem Auftritt des Gottes mehr rechnen mussten.

„Aber das ist doch ..!", rief Suko ungläubig aus, dabei hatte er sich zu weit nach vorne gelehnt und dabei die Tür des Schranks aufgedrückt. Diese gab widerstandslos nach und Suko und ich fielen vornüber auf den Boden. Die schwarze Gestalt blickte uns für einige Sekunden ungläubig an, dann ergriff sie die Flucht.

„Verdammt." Suko und ich rappelten uns auf.

„John, du vorne, ich hinten!", rief Suko mir zu. Ich nickte und machte mich an die Verfolgung. Suko würde der Gestalt von der anderen Seite aus den Weg abschneiden, während ich direkt hinter ihr blieb. Wir hatten das schon tausende Male zuvor gemacht und waren deswegen ein eingespieltes Team.

Die Gestalt rannte die Flure entlang, sie schlug Haken und rannte jeden noch so kleinen Gang entlang. Kurzum, sie schien sich im Museum auszukennen.

Wir waren inzwischen an der Vordertüre angelangt. Gerade wollte die Gestalt um eine weitere Ecke biegen, da trat Suko aus einem der Schatten und beförderte die Gestalt mit einem gezielten Tritt ins Land der Träume. Ich kam prustend und schnaufend bei ihm an.

„Das hast du gut gemacht!" Suko klopfte mir anerkennend auf die Schulter.

Ich lächelte mühselig.

„Ich werd´ eindeutig zu alt für diesen Mist!"

Dann zog ich ein paar Handschellen aus meiner Tasche und kniete mich auf den Boden. Ich zerrte den Verbrecher hoch und ließ die beiden Metallringe mit einem Klick einrasten.

„Mr. Crenshaw, ich verhafte Sie hiermit wegen versuchten Diebstahls und wegen Mordes an Ihrem Angestellten."

Zusammen führten wir den Direktor zu unserem Wagen und fuhren mit ihm aufs Yard.

Wie sich herausstellte, hatte ich mit meiner Vermutung richtig gelegen. Mr. Crenshaw hatte die Tafel vor ein paar Tagen stehlen wollen. Anscheinend war es nicht das erste Mal, dass er ein wertvolles Kunstobjekt aus dem Museum stahl. Dieses Mal war er dabei allerdings vom Nachtwächter überrascht worden und hatte ihn kurzerhand ermordet. Um das Ganze zu vertuschen, hatte er sich der alten Legende des Grabfluchs bedient und auch noch einen Teil der Ausstellung verwüstet. Uns hatte er nur um Hilfe gebeten, um das Ganze glaubwürdiger zu gestalten. Er hatte nie damit gerechnet, dass wir den Fall übernehmen, geschweige denn aufklären würden. Für mich war das nur mal wieder ein weiterer Beweis dafür, dass es nicht nur übernatürliche Monster gab. Nein, die schlimmsten Monster können ebenso gut Menschen sein wie Suko oder ich selbst.

Ende

Kommentare  

#1 Robert Martschinke 2021-01-30 08:18
Catchy! - Ein klassischer "Hoax", wenn mich nicht alles täuscht. :D - Vorspiegelung falscher Tatsachen zwecks Vertuschung einer Straftat.
Erinnert mich irgendwie an eine Sherlock Holmes-Story - nur welche?

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