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Verräter der Extraklasse - »Kim Philby war der dritte Mann«

Kim Philby war der dritte MannVerräter der Extraklasse
»Kim Philby war der dritte Mann«

Während man sich in den 1960er Jahre im Kino bei Agentenfilmen an exotischen Locations und rasanten Actioneinlagen zu übertreffen versuchte, entwarf man für deutsche Fernsehzuschauer im gleichen Genre wirkungsvoll einen Gegenpol. Hier versuchte man, Agentengeschichten möglichst dicht an der Realität zu stricken, was ihnen zwar zumeist eine starke Dialoglastigkeit bescherte, in den Händen des richtigen Regisseurs aber durchaus auch zu einer spannenden Angelegenheit werden konnte.

Kim Philby war der dritte MannDas Streben nach Authentizität zeichnete in jenen Jahren das gesamte Krimi- und Thrillergenre der heimischen Mattscheiben aus, denn oftmals hieß es dazu im Vorspann, dass die Vorkommnisse nach Unterlagen der Polizei („Hafenpolizei“, „Polizeifunk ruft“, „Stahlnetz“) nacherzählt sind. Aus den Krimis entwickelte Helmut Ringelmann dann mit „Die fünfte Kolonne“ auch eine Spionagereihe, die nach ähnlichen Kriterien gezimmert war und das verwirrende Doppelspiel zu Zeiten des Kalten Krieges für das deutsche Fernsehpublikum aufbereitete. Helmuth Ashley hat mit „Kim Philby war der dritte Mann“ 1969 einen eigenständigen Spionagefilm als Dokumentarspiel für das ZDF inszeniert, der auf realen Vorkommnissen basierte, die der echte Philby im Jahr zuvor in seinen Memoiren „Mein Doppelspiel – Autobiografie eines Meisterspions“ niedergeschrieben hatte. Der Doppelagent verbrachte nach seiner Enttarnung den Rest seines Lebens im Moskauer Exil, und seine Lebensgeschichte diente auch John Le Carré als Vorlage für seinen mehrfach verfilmten Roman „Dame, König, Ass, Spion“.

Kim Philby war der dritte MannBei einem Empfang des britischen Botschafters in Beirut trifft Colonel Camerons (Hans Daniel) Gattin Patricia (Emely Reuer) auf Kim Philby (Arno Assmann), den sie bereits Jahre zuvor in ihrer Funktion als Sekretärin von Colonel Gibson (Karl-Heinz Hess) in der Türkei kennengelernt hatte. Damals erhärtete sich der Verdacht, dass Philby für das Verschwinden und den vermeintlichen Mord des russischen Konsuls Volkov (Franz Rudnick) verantwortlich zu machen war, der die Briten über Doppelagenten in den eigenen Reihen informieren wollte. Auch, nachdem Patricia zur Chefsekretärin des Chefs des britischen Secret Intelligence Service, Colonel Skardon (Hans Paetsch), aufgestiegen ist, macht sich Philby abermals verdächtig. Er verkehrt immer wieder mit den aus ihrer Homosexualität keinen Hehl machenden britischen Diplomaten Guy Burgess (Harald Juhnke) und Donald McLean (Herbert Bötticher), gegen die sich mehr und mehr der Verdacht erhärtet, dass sie die Sowjets mit Geheimnissen aus der Atomforschung versorgen. Cameron will den libanesischen Oberst Dschalbut (Friedrich Schütter) darüber informieren und für Kim Philby die Falle zuschnappen lassen.

Kim Philby war der dritte MannAuch diese Heimkinospionagegeschichte ist sehr dialoglastig geraten und braucht für ein heutiges Publikum eine gewisse Zeit, bis man in die vertrackten Verwicklungen richtig eintauchen kann. Ständig wechseln die Handlungsorte und die Personen, was eine hohe Aufmerksamkeit verlangt. Doch wer sich auf das raffinierte Doppelspiel einlassen kann, der wird mit wunderbaren Darstellerleistungen von einer Reihe exzellenter deutscher Fernsehgesichter (ungenannt tauchen in Kleinstrollen auch Rolf Schimpf, Helga Feddersen und der noch sehr junge Bernd Herzsprung auf!) belohnt, die die Geschichte auf unterhaltsame Weise am Laufen halten.

Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein nicht zu beanstandendes Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen ebenfalls den Gegebenheiten der Entstehungszeit entsprechenden deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0 Stereo). Extras sind nicht vorhanden.

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2021-03-25 11:45
Ich habe im Laufe der Jahre einiges Über die Philby-Affäre gelesen. Es fällt sehr schwer, sich Juhnke in der Rolle des homosexuellen Elite-College Oberschicht Beamten Burgess vorzustellen. Schräge Besetzung.
#2 Cartwing 2021-03-25 18:41
Ich warte immer noch auf das Juhnke - Biopic.
Wurde vor Jahren mal irgendwo erwähnt, dass es in der Mache ist...

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