Alisha Biondas Sherlock Holmes Anthologien - Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel/Das ungelöste Rätsel
Alisha Biondas Sherlock Holmes Anthologien
Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel &
Das ungelöste Rätsel
Etwas ganz besonderes sind ihre Anthologien um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Insgesamt vier Mal hat sie sich dieses Themas angenommen.
"Wir sollten ... Literatur niemals begrenzen, ihr Fesseln anlegen und (sie) in Schubladen pressen."
(Vorwort von Alisha Bionda in Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel)
EinführungDie Doppelanthologie Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel/Das ungelöste Rätsel erschien 2011. Nach der Trennung vom Blitzverlag, arbeitete Alisha Bionda mit verschiedenen Verlagen zusammen. Zu nennen sind beispielsweise Lerato, Sieben Verlag, Otherworld, Fabylon und Edition Roter Drache. Dann kam Voodoo Press, wo sie 2011 einige ihrer von der Aufmachung her schönsten Anthologien herausbrachte. Neben der Holmes-Anthologie erschienen dort die Poe-Hommage "Odem des Todes" und der Horrorband "Painstation".
Das Prinzip einer Anthologie verteilt auf zwei Bände hatte Alisha Bionda schon 2009 mit "Dark Ladies I u. II" bei Fabylon erfolgreich erprobt. Waren dort zuerst die Grafiken entstanden und dann quasi mit Geschichten versehen worden, so ging es hier wieder konventioneller zu. Für die künstlerische Ausgestaltung war diesmal Crossvalley Smith verantwortlich. Jeder Geschichte ist eine passende Illustration vorangestellt, die auf Wunsch der Herausgeberin bewusst minimalistisch gehalten ist. Die Buchdeckel sind aufklappbar und auch dort mit Grafiken versehen.
Auch diese Doppelanthologie überzeugt wieder durch ihre sorgfältige professionelle Aufmachung. Dazu gehören Informationen zu allen Autoren, die jeweils zwischen der Innenillustration und der entsprechenden Geschichte zu finden sind. Zwei Dinge sind an dieser Anthologie bemerkenswert. Alisha Bionda hat dort eine Kurzgeschichte von Christian Endres aufgenommen, die bereits zuvor in seinem eigenen Kurzgeschichtenband veröffentlich worden war. Außerdem gibt es mit Klaus-Peter Walter einen Autoren, der stattliche vier Geschichten beigesteuert.
Die Bände stehen ganz im Zeichen "fantastischer" Sherlock Holmes. Dies hatte damals schon eine gewisse Tradition. So veröffentlichte Klaus-Peter Walter 2008 einen Sherlock Holmes Band, in dem er ihn mit dem lovecraftschen Reich des Cthulhu konfrontierte. Auch Christian Endres hatte die fantastische Thematik ja im Jahr 2010 in seiner preisgekrönten Kurzgeschichtensammlung "Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes" schon erfolgreich aufgegriffen. Dieser Christian Endres hält denn auch in der Einleitung ein leidenschaftliches Plädoyer für Sherlock Holmes und das Unmögliche. Außerdem steuert er ein Essaye über Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes bei. Zusätzlich liefert Klaus-Peter Walter in einem Nachwort detaillierte Informationen zum "fantastischen" Holmes in der anglo-amerikanischen Literatur und streift dabei auch den deutschen Sprachraum.
Die GeschichtenInsgesamt gibt es 21 Kurzgeschichten und Novellen in den beiden Bänden. Neben Klaus-Peter Walter und Christian Endres findet man bekannte Autoren wie Arthur Gordon Wolf, Linda Budinger, Sören Prescher, Babara Büchner und Antje Ippensen. Auch die damals noch relativ unbekannten, heute aber fest etablierten Guido Krain und Florian Hilleberg steuerten jeweils eine Geschichte bei.
Die titelgebende Geschichte des ersten Bandes "Der verwunschene Schädel" stammt von Oliver Plaschka. Sie spielt auf Haiti. Sherlock Holmes und Dr. Watson bekommen es mit mit Voodoopriestern zu tun. Ein Schädel ist aus dem Britischen Museum in London gestohlen worden, und der Meisterdetektiv hat seine Spur bis in die Karibik verfolgt. Jetzt ist er aber auf die Hilfe einer einheimischen Priesterin angewiesen.
Die titelgebende Geschichte des zweiten Bandes "Das ungelöste Rätsel" hat Christoph Marzi verfasst. Hier trifft Sherlock Holmes auf Professor Challenger, der gerade von einer Expediton zurückgekehrt ist. Einige seiner Fundstücke geben Rätsel auf.
Es gibt auch wieder zwei längere Novellen. Tanya Carpenter erzählt in "Sherlock Holmes und die Eisprinzessin" eine romantisch-schaurige Geschichte um Lady Valerie und ihren Geliebten Michael, die beide vor langer Zeit Opfer eines verschmähten Liebhabers geworden waren. Die Lady war obendrein auch noch um die Unsterblichkeit gebracht worden, die sie durch den Besitz eines Amuletts erhalten hatte. Seit dem geisterte sie durchs nahe Moor. So jedenfalls die Sage und Holmes muss feststellen, dass sich dahinter ein wahrer Kern verbirgt. Von einem Lord, dem das Herrenhaus am Moor jetzt gehört, zur Hilfe gerufen, macht er sich zusammen mit Dr. Watson an die Aufklärung einiger mysteriöser Todesfälle. Unter anderem ist ein Privatdetektiv im Moor ums Leben gekommen, der den Auftrag bekommen hatte, den Geist der Lady Valerie aufzuspüren. Ein Geschichte, die vor allem Frauenherzen richtig erfreut.
Anders verhält es sich mit Christian Endres "Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes". Eine Mordserie erschüttert 1894 London. Die Opfer werden grauenvoll verstümmelt. Dabei kommen Schwerter und Morgensterne zum Einsatz. Der Mörder hat es irgendwie anscheinend auf Uhren bzw. Uhrwerke abgesehen. Stecken wirklich Kobolde dahinter? Die zweite Geschichte von Christian Endres "Der Fall der gebrochenen Achsen" stellt den Meisterdetektiv vor ein besonderes Rätsel. Warum kommt es in London zu einer so großen Zahl von Unfällen, bei denen die Achsen der Droschken zu Bruch gehen. Als Lohnkutscher verkleidet versucht er, dem Ganzen auf die Spur zu kommen.
Klaus-Peter Walter liefert sogar vier Beiträge. Zwei davon spielen in Griechenland. In "Sherlock Holmes und der Arpaganthropos" erholt sich Dr. Watson von einem Schlaganfall und freundet sich mit einem Delphin an. Schließlich bekommt er es mit einem "Haimenschen", dem örtlichen Gegenstück zum Werwolf, zu tun. In "Watson und die Frau aus dem Meer" sucht der Doktor nach dem Tode seiner Frau Ablenkung. In Elizabeth Snargrove, einer allein reisenden Engländerin, findet er eine verwandte Seele. Doch eines Tages verschwindet sie bei einem gemeinsamen Badeausflug. Statt dessen taucht eine wahrhaftige Meerjungfrau auf und becirct den Doktor. "Sherlock Holmes und der Orchideenzüchter" führt den Leser dagegen wieder nach England. Eine ehemalige Angestellte macht Sherlock Holmes auf merkwürdige Ereignisse im Hause von Dr. Belmondo Maltravers aufmerksam. Haben sie wirklich etwas mit Vampirismus zu tun? Gut, dass der Verdächtige Orchideen züchtet. So können Holmes und Watson als Orchideenliebhaber getarnt der Sache auf den Grund gehen. "Das Geheimnis der Unsterblichkeit" führt das Detektivgespann sogar bis in das Osmanische Reich. Der Gesandte eines abhängigen Gebietes bittet Holmes einen Fall von Massenmord zu untersuchen. Die grauenvoll verstümmelten Opfer beunruhigen die abergläubische einheimische Bevölkerung. Und was hat ein ausländischer Erfinder damit zu tun, der sich dort in einer Burg niedergelassen hat?
Barbara Büchner konfrontiert den Detektiv in "Sherlock Holmes und der Kephalorphagus" mit dem Todesfall eines Schriftstellers. Auf Bitten des örtlichen Pastors untersucht er das Haus des Verstorbenen und stößt auf eine merkwürdige Erscheinung.
Arthur Gordon Wolf und Linda Budinger bringen das Thema Ägypten ins Spiel. Wolf datiert seinen Fall ins Jahr 1887. In "Wheezey-Joe oder der dunkle Gott der Menge" schlägt immer wieder ein Mörder in London zu und entkommt jedesmal unerkannt. Die Zeugen berichten immer wieder von einem merkwürdigen Schnaufen bzw. Keuchen des Täters. Und Holmes endeckt auf dem Stadtplan ein Muster der Taten. In "Der stählerne Strahl" wird gerade eine neue Ägypten-Ausstellung eröffnet. Doch schon bald verdrängen Meldungen über eine mysteriöse Mordserie das Thema aus den Zeitungen.
Sören Prescher beschäftigt sich in "Der verfluchte Mann" mit einem verzwickten Fall. Samuel Blakely bittet Sherlock Holmes um Hilfe, weil er glaubt, dass er verflucht worden ist. Tatsächlich ereignen sich ungewöhnlich viele Unglücksfälle in seinem Umfeld. Und da gab es doch noch diesen Streit mit einem Apotheker. Aino Laos liefert mit "Das Duplikat" eine Geschichte, bei der es sich um Todesfälle unter Geistlichen dreht, die es nach Afrika, Island und England verschlägt. Scheinbar klassisch geht es auch bei Erik Hauser zu. In "Sherlock Holmes und der verschwundene Fakir" enkommt ein Gefangener aus seiner Gefängniszelle. Er hat lange in Indien gelebt und zuletzt im Varieté gearbeitet. Handelt es sich um eines seiner Bühnenkunststücke?
Andrä Martyna setzt mehr auf handfesten Horror. In "Die Kreatur von Eastchurch" macht eine geheimnisvolle Entität, die anscheinend der Gestaltwandlung mächtig ist, den kleinen Ort Eastchurch unsicher. Auch bei Melanie Stone geht es in "Sherlock Holmes und das schwarze Biest von Epping Forest" schaurig zu. Nachdem Sherlock Holmes ein Waldstück inspiziert hat, muss er feststellen, dass er nur noch als geisterhafte Erscheinung vorhanden ist. Zum Glück taucht eine geheimnisvolle Frau auf, die ihm und Watson im Kampf gegen einen Dämonen beisteht.
Karl-Georg Müller setzt in "Das verbotene Buch des Columban" auf Okkultismus. Eine irische Loge beschwört mit Hilfe eines alten Buches dunkle Mächte. Antje Ippensen wandelt in "Charlys Welt und Sherlocks Beitrag" auf den Spuren von Felidae. Holmes probiert den Traumstaub aus und so entsteht Kontakt zu einer kätzischen Welt.
Florian Hillberg lässt Holmes und Watson in "Der Werwolf von Canterbury" Todesfälle untersuchen, bei denen alles auf einen Wolf oder großen Hund hindeutet. Und tatsächlich gibt es bald eine Verdächtige, die unter typischen Symptomen leidet. Doch ganz so einfach liegt der Fall nicht. Guido Krain schildert in "Der Gesichtslose" schauerliche Ereignisse in der tiefsten Provinz. Ein Grab wurde scheinbar von innen aufgebrochen und mehrere Personen ermordet. Danach wurde ihnen die Haut abgezogen. Die abergläubischen Einheimischen schieben alles auf das Werk von Dämonen. Nur der Dorfpolizist hält nichts davon.
Fazit
Die Doppelanthologie ist sicher die umfassendste Anthologie für den "fantastischen" Sherlock Holmes, der eine Fortentwicklung des klassischen Holmes-Universums darstellt. Sie beeindruckt durch ihr thematisches und inhaltliches Spektrum. Barbara Büchner schrieb danach auch einige Holmes Romane für Fabylon, Sören Prescher verfasste, ebenfalls für Fabylon, noch einen Holmes-Roman. Etliche der Autoren waren auch wieder an der nächsten Holmes-Anthologie von Alisha Bionda beteiligt.
Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel