Harlem
Harlem
Bis dahin besteht ein Burgfrieden mit der weißen Mafia. Die Schwarzen beherrschen das Glücksspiel in Harlem und die Weißen den Alkoholschmuggel.
Die Probleme mit der weißen, irischen Polizei bereiten Probleme, können das illegale Treiben aber nicht weiter behindern. Allerdings neigt sich die Zeit der Prohibition dem Ende entgegen und der Gangster Dutch Schultz versucht Queenie ihr Geschäftsfeld abzujagen Der Konflikt eskaliert derart, dass es zu Todesfällen kommt und Queenie von der Polizei festgenommen wird.
Ihr Leibwächter Dumpty verhandelt heimlich mit Lucky Luciano, der die New Yorker Mafiafamilien unter einem Dach einen kann. Die Mafia plant ihr Geschäftsfeld von Alkohol auf Drogen und Glücksspiel zu verlegen.
Dutch Schultz will nicht mit Luciano zusammenarbeiten und so bietet Dumpty ohne Queenies Wissens eine Zusammenarbeit mit der Mafia an. Queenie darf demnach weiter das Glücksspiel in Harlem betreiben, muss aber einen Teil des Gewinnes an die Mafia abtreten. Queenie lenkt schließlich ein, als Luciano ihr Beweise gegen Dutch Schultz liefert und sie wieder freikommt.
Autor und Zeichner Mikael liefert ein wahrhaftiges Crime Noir Werk ab, dass zur Zeit der großen Depression und der Blütezeit der Mafia im schwarzen Stadtteil Harlem spielt. Die Zeichnungen zeichnen sich durch einen realitätsnahen Stil aus und einer Kolorierung, die größtenteils auf Erdfarben und dunkle Töne setzt. Es gibt nur wenig Actionsequenzen in dieser Geschichte. Die Handlung lebt von der Vielzahl der Charaktere, die alle ihre Schattierungen haben.
Im Mittelpunkt steht die Einwanderin Queenie, die von der heimischen Bevölkerung in Harlem nie ganz anerkannt wird.
Sie selbst stammt aus ärmlichen Verhältnissen einer karibischen Insel und flüchtet in die USA. Ein Gutsherr hatte versucht sie zu vergewaltigen und der Mann kommt zu Tode, als Queenie sich zur Wehr setzt. In Harlem angekommen, beginnt sie ein kleines Glücksspielimperium aufzubauen. Ein Teil ihres Gewinnes steckt sie zwar in soziale Projekte des Stadtteils, aber trotzdem erhält sie nie die Anerkennung der Einwohner, die sie sich erhofft. Sie engagiert den Journalisten Robert Bishop, der in seiner Zeitung Berichte platzieren soll, die Queenie selbst verfasst hat. Sie will, dass die Menschen über die Lebenssituation in dem Stadtteil erfahren. Bishop soll ihre Texte Korrektur lesen, aber nichts über sie oder ihre illegale Lotterie hinzufügen. Bishop gelangt in den inneren Kreis Queenies und verliebt sich in Tillie. Tragischerweise ist es einer Bishops Berichte, der die wunden Punkte Queenies offenlegt, so dass Dutch Schultz genau weiß, wie er die schwarze Frau zu Fall bringen kann.
Es ist recht ungewöhnlich, dass eine Frau an der Spitze dieses kleinen Kartells steht. In der Regel werden derartige Organisationen durch Männer geführt. Der Comic beschreibt den Weg einer schwarzen Frau, in der weiße Männer das Sagen haben.
Queenie unterhält eine sexuelle Beziehung zu ihrem Leibwächter Dumpty. Der hat sich in sie verliebt und würde die Bande mit ihr gern festigen. Sie ist nicht dazu in der Lage, sich emotional auf ihn einzulassen und hält in abseits des Bettes fern. Zu oft ist sie den Machenschaften der Männer ausgesetzt, als dass sich eine tragfähige Beziehung entwickeln könnte.
Dumpty erkennt die Zeichen der Zeit und die Notwendigkeit einer Übereinkunft mit der Mafia. Hinter Queenies Rücken verhandelt er mit Lucky Luciano, um die zukünftigen Bedingungen im illegalen Glücksspiel auszuloten. Er will Queenie nicht hintergehen, um sie zu betrügen oder ihren Platz einzunehmen. Er möchte, dass sie wieder aus dem Gefängnis raus kommt und die Lotterie weiter betreiben kann. Das geht nur mit einer Beteiligung der Mafia, auch wenn Queenie das nicht sofort einsehen kann.
Eine weitere tragische Figur ist der irischstämmige Polizist McCann. Er versucht Queenie das Leben schwer zu machen und ist das Stereotyp eines weißen, rassistischen Polizisten. Zum Ende der Geschichte kündigt sich der Nachzug seiner Frau und seiner Kinder aus Irland an. Darüber ist er nicht erfreut, denn er unterhält eine heimliche Liebesbeziehung zu einem schwarzen Mann.
Seit einiger Zeit veröffentlich der Splitter Verlag Mehrteiler in gesammelten Ausgaben. Harlem ist im Original in zwei einzelnen Ausgaben herausgebracht worden und auf deutsch liegen sie nun in einer kompletten Ausgabe vor. Für gesammelte Zweiteiler hat sich der Begriff Splitter Double etabliert. Der Leser bekommt nicht nur beide Episoden gesammelt in einer ziemlich stabilen Hardcover-Ausgabe präsentiert, er spart auch noch etwas Geld, als wenn er zwei einzelne Alben kaufen würde. Das bietet sich an, wenn man als Leser die Geschichte unbedingt komplett haben möchte. Es könnte abschreckend auf Leser wirken, die einen Mehrteiler nur mal antesten wollen und nach Kauf von Band 1 vielleicht wieder abspringen. Bei einem Zweiteiler mag das verkraftbar sein, aber bei einem gesammelten Vierteiler, bei dem der Leser 50€ auf den Ladentisch legen muss, könnte die Hürde zum Kauf etwas größer sein. Es lässt sich zumindest für Harlem sagen, dass der Leser nicht enttäuscht wird, wenn er an dem Schicksal von Queenie interessiert ist. Die Qualität der Zeichnungen und der Geschichte steht für sich.