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Privatdetektive und private Ermittler: Ein Interview mit dem Autor ERWIN KOHL

Erwin KohlEin Interview mit dem Kriminalautor
ERWIN KOHL

Erwin Kohl
über sich: Ich wurde 1961 im niederrheinischen Ort Alpen geboren. Bis ins Jahr 2001 war ich Postbeamter, habe nebenher zahlreiche Nebentätigkeiten ausgeübt, zum Beispiel als Gastwirt, Friedhofsgärtner, Partnervermittler oder Taxifahrer, um nur einige zu nennen.

Heute steht meine berufliche Ausrichtung auf zwei Beinen. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich als Journalist und Autor.


Erwin KohlZauberspiegel: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Erwin Kohl: Durch's Lesen, ganz klar. Ich habe bereits in der Kindheit Romane von Christie, Chandler oder Hitchcock verschlungen, später mehr und mehr deutsche Autoren bevorzugt. Mich reizte es immer wieder, Dinge anders zu beschreiben, Handlungen anders anzulegen als die Kollegen.
Das Schönste am schreiben ist für mich aber der "fiktive Schöpfungsakt", die Möglichkeit also, Figuren mit all ihren Facetten entwickeln und möglichst lebensnah zu kreieren.

Zauberspiegel: Hatten Sie Vorbilder aus Ihrer Kinder- oder Jugendzeit an denen Sie sich beim Schreiben Ihrer Romane und Geschichten orientieren?
Erwin Kohl: Nein. So sehr ich oben genannte Autoren auch verehrt habe, ihre Art des Schreibens wäre heute nicht mehr zeitgemäß. Außerdem diktiert die Realität das Geschehen im Krimibereich maßgeblich.
Man denke nur an die modernen Kommunikationsmethoden und - ganz wichtig - der Fortschritt in den Bereichen Technik und Forensik, den sich die Polizei heute zunutze macht. Generell, meine ich jedenfalls, sollten Autoren sich weniger an Vorbildern orientieren als vielmehr ihren eigenen Stil suchen.

Zauberspiegel: Wann, wo und unter welchem Titel wurde ihr erster Roman veröffentlicht?
Erwin Kohl: Im Jahre 2003 erschien mein Debütroman mit dem Titel: "Der doppelte Mord" im Betzel-Verlag, den es seit einigen Jahren nicht mehr gibt.

Zauberspiegel: Wovon handelte der Roman? Können Sie den Lesern kurz etwas zum Inhalt verraten?
Erwin Kohl: Damals wurden die ersten Windenergieanlagen am Niederrhein gebaut. Einer ihrer Betreiber wird an einem Pendlerparkplatz tot aufgefunden, Selbstmord. So zumindest scheint es Aber natürlich trügt der Schein, war das Opfer doch schon vorher tot. Einen postumen Selbstmord gibt es nicht, also nimmt Heinrich Grimm die Ermittlungen zu seinem ersten Fall auf.

Die MotteZauberspiegel: Wie würden sie Kommissar Grimms Charakter beschreiben? Ist er ein guter Polizist mit kriminalistischem Spürsinn?
Erwin Kohl: Ja, er war bis zu seinem letzten Fall ("Die Motte") ein guter Polizist, einer der auf fast romantische Art an das Gute im Menschen glaubt, obwohl er immer wieder eines Besseren belehrt wird. Er schätzt den offenen, direkten Umgang, ermittelt sehr penibel mit dem besonderen Blick für Details, den man nicht erlernen kann. Genau das macht seinen kriminalistischen  Spürsinn aus.

Zauberspiegel: In den ersten beiden Kommissar Grimm-Abenteuern „Der doppelte Mord“ sowie „Im Nebel Krebses“ mischt auch ein ganz spezieller Freund des Kommissars mit. Der Reporter Camel. Was hat es mit dieser Person auf sich?
Erwin Kohl: Konrad Walther alias "Camel" mischt bei allen Fällen in irgendeiner Form mit, sehr zum Unwillen Heinrichs. Die skurrile Figur sorgt nicht nur für humoristische Einlagen sondern bietet die Möglichkeit, jenseits der polizeilichen Grenzen Fakten einzusammeln, Fälle ins Rollen zu bringen oder ihnen entscheidende Wendungen zu geben. Er kann gleichsam als reine Nebenfigur, als auch als Taktgeber der Geschichte genutzt werden.

Zauberspiegel: Mischt sich in den ersten beiden Grimm-Romanen auch schon Grimms Mutter Gertrude in die Fälle ihres Sohnes ein?
Erwin Kohl: Auf jeden Fall. Ein Roman lebt von Konflikten und so habe ich die Figuren Gertrud Grimm / Camel auf der einen und Heinrich Grimm / Annette Gerland von Beginn an positioniert.

Zauberspiegel: In welchen der beiden Romane lernt Grimm seine spätere Lebensgefährtin, die Staatsanwältin Gerland kennen?
Erwin Kohl: Erste zarte Bande knüpft er gleich zu Beginn, also im Roman "Der doppelte Mord", mittlerweile leben sie zusammen.

Zauberspiegel: Nach „Der doppelte Mord“ sowie „Im Nebel Krebses“ erschien 2006 mit „ZUGZWANG“ der erste Roman mit dem Krefelder Kommissar Joshua Trempe. Können Sie den Lesern kurz etwas zum Inhalt des Romans verraten?
Erwin Kohl: Bei "Zugzwang" handelt es sich um den Beginn einer Reihe mit spektakulären Fällen jenseits der dörflichen Idylle. In "Zugzwang" geht es um die Beeinflussung von Menschen über den Zugang zu ihrem Unterbewusstsein.
Der Plot lag mir am Herzen und ich habe den Roman mit sehr viel Vergnügen geschrieben. Vor allem die Recherchen waren hochinteressant. Was anmutet wie ein Science-Fiction Roman, ist bis zum zweiten Drittel Realität, erst danach habe ich die  Möglichkeiten "weitergedacht" oder einfach konsequent durchgespielt.

Zauberspiegel: Warum dieser Wechsel zu einer neuen Kommissar-Figur?
Erwin Kohl: Die Handlungen dieser Reihe auf einen eingeschränkten ländlichen Bereich einzugrenzen, wäre unglaubwürdig. Diese Fälle würden niemals von Heinrich Grimm und der Weseler Kripo ermittelt.
Die Verbindung mit dem Betzel-Verlag war beendet und ich hatte die Ideen zu "Zugzwang" und "Grabtanz", dem zweiten Band der Reihe. Ich bin der Meinung, man sollte seine Ideen verwirklichen, das schreiben, was man selber gerne lesen würde ohne Rücksicht auf  bestehende Reihen oder Figurenensemble.

Zauberspiegel: Was unterscheidet den Krefelder Kommissar Trempe vom Weseler Kommissar Grimm?
Erwin Kohl: Er ist fünfzehn Jahre jünger, heißblütiger, in Düsseldorf aufgewachsen,  Heinrich ist eher analysierdend, besonnener und auf dem Land in Sonsbeck-Hamb groß geworden. Joshua ist Boxer und Motorradfahrer, Heinrich wäscht samstags seinen Opel auf der Garagenauffahrt.

Zauberspiegel: Gibt es auch berufliche und private Unterschiede?
Erwin Kohl: Beruflich sind die Unterschiede nicht sehr groß. Sie sind beide Hauptkommissare und ermitteln bei Mordfällen. Privat trennen die beiden Welten.
Joshua lebt mit Frau und zwei Kindern glücklich in Krefeld, Heinrich hat vor einigen Jahren seine Frau verloren, lebt mit seiner Freundin im Haus seiner Mutter.

Zauberspiegel: Zwischen Juli 2006 und Februar 2008 erschienen im Gmeiner Verlag mit „Grabtanz“, „Flatline“ sowie „Willenlos“ noch drei weitere Romane mit Kommissar Trempe. Danach erschien mit „DIE MOTTE“ ein neuer Grimm-Roman. Aus welchem Grund dieser erneute Wechsel?
Erwin Kohl: Zunächst sind die beiden Reihen höchst unterschiedlich. Krimis mit Tendenz zum Thriller hier und solche mit Tendenz zur Krimikommödie dort. Dementsprechend gespalten ist auch
ein Teil der Leserschaft. Man könnte sagen: Wir haben die "Grimms" vermisst. Aber der wahre Grund ist wieder die Idee zur Geschichte, in diesem Fall zum Roman  "Die Motte". Dass die Handlung in meinem Geburtsort angesiedelt ist und ich bei der Recherche in der eigenen Kindheitserinnerung kramen  konnte, kam als weitere Motivation hinzu, dieses Projekt zu verwirklichen.
Aber der "Mord vom Lande" passte natürlich nicht zum LKA-Team um Joshua Trempe. Da habe ich dann kurzerhand und mit viel Freude auf mein bestehendes Team zurück gegriffen.

Zauberspiegel: Wurde Kommissar Grimm in diesem Roman vorzeitig in den Ruhestand geschickt? Was war der Grund für die Frühpensionierung des Kommissars?
Erwin Kohl: Der offizielle Grund in der Handlung war ein Trauma (Heinrich hatte im Roman "Im Nebel des Krebses" einen Menschen erschossen), von dem er sich nicht mehr lösen konnte.
Der Grund für mich als Autor war, dass seine Mutter die Handlung mehr und mehr dominierte und ich mich dazu entschlossen habe, sie endgültig zur Hauptfigur zu "befördern".

Zauberspiegel: In „SCHWARZES WASSER“ spielt Gertrude Grimm, die Mutter des Ex-Kommissars eine sehr dominante Rolle. Sie entscheidet sich für die Gründung einer Detektei „Grimm & Sohn“ ohne ihren Sohn darüber zu unterrichten, was Anfangs auf Probleme stößt. Erst als sie ihren Sohn davon überzeugen kann, ist der Weg für die Detektei frei. Wie würden Sie den Charakter von Mutter Grimm beschreiben? Warum tut sie das, was sie tut?
Erwin Kohl: "Mutter Grimm" ist Krimifan durch und durch, nicht nur literarisch. Und sie ist die Mutter eines, mittlerweile pensionierten, Hauptkommissars. Ihrer Ansicht nach unterscheidet sich die Realität kaum von einem guten Kriminalroman, wenn man mit dem richtigen Spürsinn  vorgeht.
Was die Polizei in ihren Augen oft genug vermissen lässt. Da sieht sie es geradezu als ihre Bürgerpflicht an, helfend einzugreifen. Um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, ist der Seniorin jedes Mittel  recht, vor allem dann, wenn "Verdacht im Verzug" ist.

Zauberspiegel: Mutter Grimm verfügt über ein kriminalistisches Gespür, der sie nie im Stich lässt. Ist sie ihrem Sohn in dieser Hinsicht ‚überlegen‘ und ist sie so etwas wie eine Weseler ‚Miss Marple‘?
Erwin Kohl: Man könnte sie als eine Miss Marple-Adaption sehen. Zur Figur gehört es daher auch, nicht nur ihrem Sohn, sondern auch der Polizei am Ende überlegen zu sein.

Zauberspiegel: Wie würden Sie die Beziehung zwischen Mutter und Sohn beschreiben?
Erwin Kohl: Sie nervt Heinrich unglaublich, er würde am liebsten zu Hause ausziehen.  Aber er weiß auch, dass sie nicht alleine leben könnte, sie den sozialen Umgang braucht wie die Luft zum Atmen.
Umgekehrt sieht Gertrud Grimm ihn wieder als ihren kleinen Sohn, versucht seit dem Tod seiner Frau wieder in die angestammte Rolle der Erzieherin zu schlüpfen. Ein Vorhaben, dass nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch für reichlich Zündstoff sorgt.

Zauberspiegel: Kann sich der Ex-Kommissar gegen seine Mutter nicht durchsetzen oder warum willigt er schließlich ein, eine Detektei mit seiner Mutter zu gründen?
Erwin Kohl: Er hat ihr jahrelang vorgeworfen, illegale Nachforschungen anzustellen. Mit der Detektei legalisiert sie vieles. Im Grunde aber willigt er ein, weil er davon überzeugt ist, seine Mutter damit künftig vor gefährlichen Situationen zu bewahren. Denn nach seiner Erfahrung  beschäftigt sich der gewöhnliche Detektiv auf dem Lande überwiegend mit Kaufhausdiebstählen, Untreue und ähnlichen Bagatellen. Aber keinesfalls mit Mord. Dachte Heinrich ...

Das Hornveilchen-IndizZauberspiegel: Im August 2011 erschien unter dem Titel „DAS HORNVEILCHEN-INDIZ“ ein neuer Mutter Grimm-Roman. Diesmal als Ebook. Können Sie den Lesern kurz etwas zum Inhalt des Romans verraten?
Erwin Kohl: Inspiriert hatte mich der Raub des Flicksarges samt Inhalt. Ich habe mich gefragt, welches Motiv dafür herhalten könnte und kurz darauf stand der Plot zum Hornveilchen:
Leise Stimmen und seltsame Geräusche dringen durch die Dunkelheit. Eine menschliche Rippe, spiegelverkehrte Grabbepflanzung - für Charlotte Gesdonk gibt es keinen Zweifel. Aber warum?
Das leere Grab eines angesehenen Professors der kirchlichen Hochschule, ein fingierter Raubzug über den Friedhof und ein mysteriöser Beobachter, der unverhofft auftaucht und plötzlich für immer verschwindet. Welches Geheimnis birgt der Tote vom Annafriedhof? Und wo befindet er sich?
Gertrud Grimm bleibt nicht viel Zeit. Ihr Sohn glaubt an seinen Schulfreund. Er hat kein Motiv. Niemand hat ein Motiv. Oder doch?

Zauberspiegel: Wird das „DAS HORNVEILCHEN-INDIZ“ auch als gedrucktes Buch im Droste Verlag erscheinen?
Erwin Kohl: Es ist im August sowohl als Ebook für den Kindle als auch in der gedruckten Version beim Droste-Verlag erschienen und steht seitdem in den Regalen der Buchhändler.

Zauberspiegel: Ist das Ebook für Sie als Autor als auch als Privatmann eine wirkliche Alternative zum bedruckten Buch?
Erwin Kohl: Als Autor kann ich mich der Entwicklung selbstverständlich nicht verschließen. Als Privatmann kommen elektronische Bücher für mich nicht infrage, ich verbringe bereits beruflich sehr viel Zeit vor dem Bildschirm.
Insgesamt stehe ich der Entwicklung sehr skeptisch gegenüber. Ebooks bedrohen nicht nur die Buchhandelslandschaft, sondern bergen auch die Gefahr der illegalen Vervielfältigung sowie des Preisdumpings, was sich dann zwangsläufig über kurz oder lang auf die Qualität auswirken würde.

Erwin KohlZauberspiegel: Neben ihren Romanen veröffentlichten Sie auch Kurzgeschichten in Anthologien wie „MORD UNTER KOPFWEIDEN“, "ABMURKSEN UND TEE TRINKEN“ oder „AUSGEFRESSEN“. Waren das Geschichten mit Trempe oder Grimm?
Erwin Kohl: Nein, noch nie. Bei den Kurzkrimis handelt es sich um abgeschlossene Geschichten mit jeweils eigenem Figurensatz.

Zauberspiegel: Welche weiteren Buchprojekte sind für die nahe Zukunft geplant? Weitere Mutter Grimm-Romane oder auch vielleicht wieder ein Roman mit dem Krefelder Kommissar Trempe?
Erwin Kohl: Für dieses Jahr ist ein weiterer Krimi aus der Grimm-Reihe bereits fertig geschrieben. Was als Nächstes kommt, überlege ich gerade. Vielleicht mal ein eigenständiger Thriller oder eine völlig neue Reihe.

Zauberspiegel: Herr Kohl, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Die Seite des Autors Erwin Kohl: Erwinkohl.de

 

 

Kommentare  

#1 McEL 2012-02-05 01:19
Wat is de Welt doch en Dorf!!! Mann, wie viele Jahre habe ich in Alpen gewohnt!
Tolles Interview! :-)

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