Die Jagd - JAGTEN - Bundesstart 28.03.2013
Die Jagd
JAGTEN - Bundesstart 28.03.2013
Lucas ist im Kindergarten beliebt, er ist weniger der Erzieher, als vielmehr der Kumpel der Kleinen. Er ist frisch geschieden und ein wenig traurig. Seine Exfrau hält ihn für einen Versager und gibt vor, dass der gemeinsame Sohn gar nicht bei ihm leben möchte. Die kleine Klara ist die Tochter von Lucas' besten Freunden, kennt ihn also viel besser und möchte ihn gerne trösten.
Die Geschichte, die Vinterberg erzählt, ist nicht nur das Schicksal eines Mannes. Denn als die Jagd beginnt, zeichnet der Film auch ein sehr feinsinniges, aber schwer zu verdauendes Bild einer westlichen Gesellschaft. Der Film ist alles andere als leichte Kost. Gerade als es für Lucas aufwärts geht, er eine Frau kennenlernt und sein Sohn unbedingt bei ihm wohnen möchte, macht Klara gegenüber einer anderen Erzieherin verfängliche Äußerungen. Es setzt sich langsam ein nicht zu stoppender Prozess in Gang, der aus einem respektierten Mitglied der Gesellschaft ein Monster kreiert. Die Ereignisse scheinen zuerst so schleichend, dass Lucas dem eigentlichen Ausmaß kaum Bedeutung beimisst. Doch die Behörden müssen informiert werden, und natürlich auch die Eltern von Klara, also die besten Freunde von Lucas. Für den Beschuldigten ist es zuerst nur ein zehrender Faktor, der lediglich die Untersuchungen und somit den Beweis seiner Unschuld betrifft. Aber die Meinungen in seinem gesamten sozialen Umfeld sind bereits gefällt, die Schuldfrage längst geklärt. Lucas kann dem nicht mehr entrinnen, selbst als Klara immer wieder ihre Anschuldigungen widerruft.
Die Handlung versagt sich jede Art von übermotivierter Emotionalität oder heroischen Wendungen. Der Film ist so ehrlich und realistisch erzählt, wie es filmisch umsetzbar ist. Er wird auch für den Zuschauer eine sehr emotionale Erfahrung. Denn Vinterberg und sein Co-Autor Tobias Lindholm verzichten vollkommen darauf, Partei zu ergreifen. Sehr klug und unterschwellig fragt der Film den Zuschauer, wie er selbst auf Lucas reagieren und handeln würde in einer Gesellschaft, in der es mittlerweile unverantwortlich wäre, auf auch nur kleinste Hinweise nichts zu entgegnen. Dieser Film packt und fasziniert, und er schmerzt, weil der Regisseur genau wusste, wie er Akzente inszenieren musste, ohne den Zuschauer zu beeinflussen. Aber DIE JAGD hat auch das genau richtige Tempo, um Stimmungen zu erzeugen und auch wirken zu lassen, ohne irgendeinen Leerlauf aufkommen zu lassen. Und mittendrin Mads Mikkelsen, der als Lucas seine Verletzlichkeit und sein stoisches Unverständnis auf den Zuschauer zu übertragen versteht. Seine charismatische Präsenz ist neben Vinterbergs Inszenierung der entscheidende Faktor, dass DIE JAGD überzeugt. Dazu muss die Hauptfigur nicht selbst Vorwürfe erheben oder in emotionale Exzesse verfallen. Im amerikanischen Kino wäre das vielleicht so, und hat auch seine Berechtigung. Aber die Dänen wissen eben, dass man dem Kinogänger Alternativen bieten muss. Mit den selben Wirkungen.
Bildquelle: Wild Bunch / Nordisk Film Distribution