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Krimi-Klassiker: Die Leiche ist der Anfang allen Übels - Krimis gestern & heute

Krimi-KlassikerDie Leiche ist der Anfang allen Übels
Krimis gestern & heute

Ein Schrottplatz, die Kamera schwenkt über zahllose verschrottete Autos, Fahrräder und Motorräder. Ein leichter Wind säuselt hörbar. Dann macht die Kamera einen kleinen Bogen zu einem VW-Bus. Das Bild fährt näher heran - und näher. Die Türen des Wagens sind offen. Im Bus liegt die Leiche eines jungen Hippie-Mädchens. Das ist der Punkt indem die spannende Hintergrundmusik einsetzt und der Zuschauer den Schriftzug "Aus der Kriminalserie Der Kommissar" zu sehen bekommt.

Dann folgt der Untertitel "Der Papierblumen-Mörder".

Der Kommissar begann damals oftmals mit einer Leiche im Bild. Zumindest aber mit einer spannenden oder mysteriösen Szene. Nach dem Vorspann kommt meist Kommissar Herbert Keller und sein Team ins Spiel. Fragen werden gestellt, die Aufklärung beginnt. Das ist mal spannend, mal weniger. Kommt ganz darauf an, was dem Autoren vom Mord bis zur Aufklärung so alles einfällt. In einem Fall, "Der Segelbootmord", passiert der Mord erst nach etwa 5 Minuten. Genauso lange dauert der Epilog bevor der Vorspann einsetzt. Die längste Eingangsszene der Reihe, die von 1968 bis 1976 im ZDF lief.

In der Spin-Off-Reihe Derrick lief es etwas anders ab. Zunächst muss dabei aber beachten, dass es verschiedene Phasen in der Reihe gab. Das Howcathem-Prinzip erzählte eine kleine Vorgeschichte zum Mord, der an das Prinzip der Colombo-Serie orientiert war. Und das nicht ganz zufällig. Reinecker wollte sich bei der Reihe prinzipiell von Anfang an daran orientieren (1). Leider kam das beim Zuschauer nicht an und so schrieb der Autor zunächst eher Action-Krimis in denen Derrick eher an Schimanski erinnerte und sich durch die Unterwelt boxte. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Dem Darsteller Horst Tappert gefiel dies, da er selbst im realen Leben den Boxsport praktizierte. Doch schnell kam in seichtere Gewässer und Derrick löste normale Kriminalfälle. Oft wurde aber auch hier eine Vorgeschichte erzählt. Im spätesten Fall betraten Derrick und Klein erst nach 34 Minuten die Bühne des Geschehens. Horst Tappert berichtete in seiner Biographie von langen Drehtagen am Set. Bis zu 12 Stunden. Leider, so bedauerte er, verbrachte man oftmals 10 Stunden davon nur mit Warten, bis man zu seinem Einsatz kam (2). Die Szene wo man die Leiche fand wurde manchmal erst am Schluss gedreht - je nachdem wie es der Drehplan vorsah. Manchmal wurde die Aufklärung und das Geständnis des Mörders am ersten Drehtag gedreht. Fernsehen halt.

Aber muss die Leiche immer am Anfang eines Krimis stehen, wie einst bei Der Kommissar, oder sollte eine Vorgeschichte erzählt werden. Ich persönlich finde, dass es so und so sein kann. Es kommt eben darauf wie es die Geschichte und die Dramatik erfordert. Leider ist es heute anders. In jedem Krimi kommt am Anfang die Leiche. Auch im Tatort. Doch das hat keine dramaturgischen Gründe, sondern psychologische. Kommt die Leiche am Beginn, bleibt der Zuschauer dran, glauben Medienpsychologen. Denn in unserer heutigen Zeit wird allzu schnell weitergezappt. Das will der Sender verhindern. Einer guten Geschichte ist das jedoch leider nicht dienlich. Und so bleibt einem oft nur der klassische Krimi auf DVD als Ausweichprodukt, wenn die Leichen am Anfang etwas zu viel werden.

Quellen:
(1), (2) Horst Tappert: Derrick und ich, meine zwei Leben (Heyne, 1998)

Eigene Beobachtung, Recherche

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