Der Lynch-Mob - »Tragödie in einer Wohnwagenstadt«
Der Lynch-Mob
»Tragödie in einer Wohnwagenstadt«
Weit weniger bekannt dürfte „Tragedy in a Temporary Town“ sein, ein Drehbuch, das Rose 1956 für die Fernsehreihe „The Alcoa Hour“ geschrieben hatte und das erneut von Sidney Lumet mit Edward Binns, Lloyd Bridges und Jack Warden in den zentralen Rollen verfilmt worden war. Anstatt das knapp einstündige Fernsehdrama zu synchronisieren, entschied man sich anno 1967 dazu, den Stoff unter dem Titel „Tragödie in einer Wohnwagenstadt“ mit deutschen Schauspielern für ein deutsches Publikum noch einmal zu verfilmen. Gleichwohl hat man die Handlung in den USA verortet gelassen, weswegen die handelnden Personen nicht nur amerikanische Namen tragen, sondern man sich auch redlich bemüht hat, bei den Außenaufnahmen das Flair eines amerikanischen Trailerparks zu verbreiten, jenem Sammelbecken für finanziell minderbemittelte Menschen, die sich keine eigene Wohnung leisten können und stattdessen in einer Wohnwagensiedlung hausen müssen.
Viele der Arbeiter eines Flugzeugwerks leben in einer Wohnwagenstadt außerhalb einer größeren amerikanischen Stadt, umgeben von Wald und einigermaßen abgeschnitten vom Rest der Welt. Als die 15jährige Dotty Fisher (Susanne Beck) eines Abends heulend aus dem Wald zurückkommt und nur mit Mühe verständlich machen kann, dass sie dort von einem Mann belästigt wurde, dauert es nicht lange, bis der impulsive Frank Doran (Friedrich G. Beckhaus) die Zügel in die Hand nimmt. In Abstimmung mit Dottys Eltern (Peter Schiff und Waltraut Schmahl) bildet Doran einen „Untersuchungsausschuss“, dem auch der rabiate Pike (Peter Kuiper), Anderson (Günther Kieslich) und der grobschlächtige Sankey (Benno Hoffmann) angehören. Gemeinsam wollen die Männer alle anderen Männer der Wohnwagensiedlung nach ihrem Alibi zur Tatzeit befragen und mit dem verstörten Mädchen konfrontieren, das so den Täter identifizieren soll. Einzig dem Familienvater Alec Beggs (Werner Schumacher) kommen Zweifel, ob man nicht doch besser die Polizei verständigen sollte.
Genau wie in Reginald Roses Meisterwerk „Die zwölf Geschworenen“ geht es auch hier wieder um Rechtsprechung, vorschnelle Schuldzuschreibungen und die Beeinflussbarkeit der breiten Masse durch diejenigen, die sich am lautesten Gehör verschaffen können. Unterschwellig geht es auch hier wieder um Rassendiskriminierung und Vorurteile in der breiten Bevölkerung, was hier abermals in einem Mikrokosmos entfaltet wird. Durchweg sehr überzeugend gespielt, gelingt es Krimiroutinier Günter Gräwert („Derrick“), seinem Schwarz-Weiß-Drama sowohl Tiefgang als auch Spannung zu entlocken. Eine lohnenswerte Entdeckung für Freunde von Krimidramen und makelloser Schauspielerleistungen.
Die DVD-Erstveröffentlichung präsentiert den Fernsehfilm in einem guten Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und mit einem stets gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0). Bonusmaterial ist keines vorhanden.