Knobeleien bei Pfeifenrauch - »Sherlock Holmes« (1967)
Knobeleien bei Pfeifenrauch
»Sherlock Holmes« (1967)
Als Initialzündung für die Entwicklung der Miniserie kann die ab 1964 von der BBC produzierte britische Serie „Sherlock Holmes“ angesehen werden, die in jeweils knapp einstündigen Episoden Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle fürs Fernsehen adaptierte. In den Hauptrollen waren hier Douglas Wilmer als Sherlock Holmes und Nigel Stock als Dr. Watson zu sehen. Für die deutsche Version griff man einfach auf die Drehbücher der BBC-Serie von Giles Cooper, Anthony Read, Nicholas Palmer und Vincent Tilsley zurück und ließ diese kurzerhand ins Deutsche übersetzen. Das Ergebnis ist natürlich genau wie das Original vergleichsweise theatralisch ausgefallen, da ausnahmslos in Studiokulissen gedreht wurde und sich die wenigen Actionmomente in kurzen Handgreiflichkeiten zwischen den Figuren erschöpfen. Aber damit kommt man natürlich den Doyleschen Geschichten sehr nahe, die sich in erster Linie auf die genialen Überlegungen des cleveren Detektivs stützen und überwiegend in erlebter Rede geschrieben sind. Den elegant-snobistischen Tonfall hat Paul May („08/15“) mit diesen sechs Verfilmungen jedenfalls recht gut getroffen.
In der Londoner Baker Street werden Sherlock Holmes (Erich Schellow) und sein Freund und Gefährte Dr. Watson (Paul Edwin Roth) von den unterschiedlichsten Menschen aufgesucht, die um ihre Hilfe ersuchen. Zu den Klienten des Duos zählen die aparte Helen Stoner (Astrid Frank), die Zweifel hegt am Tod ihrer Schwester (Margot Philipp), zumal diese kurz zuvor etwas von einem „gefleckten Band“ stammelte; der Arzt Dr. Barnicot (Alfred Balthoff), dem zwei Napoleon-Büsten von einem Einbrecher zertrümmert wurden; der Pfandleiher Jabez Wilson (Helmut Peine), der von der „Liga der Rothaarigen“ eingestellt und gut bezahlt wurde, bis er plötzlich vor verschlossenen Türen stand; Sherlocks Bruder Mycroft Holmes (Hans Cossy), der für die Regierung arbeitet und fürchtet, dass die wertvollen „Bruce-Partington-Pläne“ in die falschen Hände gefallen sind; der Bankier Holder (Herbert Tiede), der das „Beryll-Diadem“ für eine hochgestellte Persönlichkeit als Sicherheit für einen Kredit verwahrte und einen Teil davon gestohlen bekam; sowie die Gesellschafterin Violet Hunter (Katinka Hoffmann), die im „Haus bei den Blutbuchen“ auf die seltsamen Gepflogenheiten ihrer Arbeitgeber eingehen muss und allmählich um ihr Leben fürchtet.
Alle sechs rund einstündigen Adaptionen haben die literarischen Vorlagen ziemlich akribisch und detailgenau in Fernsehbilder verwandelt. In stilvollen Schwarz-Weiß-Bildern spielt Bühnenstar Erich Schellow den Titelhelden auf steif-überlegene Weise, wohingegen Paul Edwin Roth als Dr. Watson für die humorvollen Zwischentöne zuständig ist, zumal er in seinem aufschraubbaren Regenschirm immer einen Schluck Whiskey für sich und seinen Freund parat hat. Ungewohnt schnippisch kommt Manja Kafka in der Rolle der Holmes-Haushälterin Mrs. Hudson daher, die auf abgeklärte Art selbst Holmes immer wieder Paroli bieten kann. In drei Episoden ist in Gestalt von Hans Schellbach auch Scotland-Yard-Inspektor Lestrade mit von der Partie. Bis in die Nebenrollen hinein ist diese Miniserie mit renommierten Darstellern besetzt, von denen etliche selbst in vergleichbaren Produktionen jener Zeit eher selten in Erscheinung traten. Für Holmes-Fans auf jeden Fall eine interessante Ausgrabung. Die DVD-Wiederveröffentlichung der zuvor in der „Straßenfeger“-Edition erschienenen Serie bietet in der Reihe „Pidax Serien-Klassiker“ ein weitgehend akzeptables Bild (im Vollbildformat 1,33:1), das mitunter Digitalartefakte aufweist. Der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0) ist stets gut zu verstehen, Bonusmaterial ist nicht vorhanden.