Russell, Craig: Carneval
Bevor er sich aber aus dem Polizeidienst verabschieden kann, erhält er vom BKA ein interessantes Angebot. Seine Erfahrung mit Serienkillern qualifiziert ihn in einmaliger Art und Weise, als Berater für eine neu gegründete Sondereinheit zu fungieren, die bundesweit agieren und in ganz Deutschland Schwerverbrecher und Serienmörder fassen soll. Obwohl Fabel mehr als skeptisch ist, bekommt er ein Dossier zu einer Mordserie in Köln in die Hände gedrückt, das er sich einfach mal anschauen soll, bevor er eine endgültige Entscheidung über seinen zukünftigen Werdegang fällt.
Recht widerwillig macht sich Fabel daran, die Akte durchzuarbeiten. Wie es aussieht, wird die rheinische Großstadt jedes Jahr zur Karnevalszeit von einem unberechenbaren Killer heimgesucht, der es auf jungen Frauen abgesehen hat. Erst jagt der Täter seine Opfer, dann erdrosselt er sie und schneidet ihnen schlussendlich ein Stück Fleisch aus dem Gesäß. Die Kölner Polizei konnte bislang keine verwertbaren Spuren finden, die sie dem Mörder auch nur einen Schritt näher gebracht hätten. Und nun, da die Karnevalszeit wieder einmal vor der Tür steht, scheint Fabel der einzige zu sein, der einen weiteren Mord verhindern kann.
Doch es gibt noch einen weiteren Grund für ihn, Köln einen Besuch abzustatten: Ein Mitglied seines Teams in die Domstadt gereist, um hier auf eigene Faust einen Verbrecher zu jagen, der ihr während ihres letzten Einsatzes schwere körperliche und seelische Schäden zugefügt hat...
Bevor man sich an die Lektüre von »Carneval« macht, sollte man die ersten Romane der Reihe gelesen haben, da ein Großteil der Handlung auf Ereignissen basiert, die ihren Auftakt in den vorangegangenen Büchern genommen haben. Wer sich also nicht erst mühsam in die verschiedenen Zusammenhänge hineindenken will, der liest »Carneval« tatsächlich erst als viertes.
Doch zurück zum Buch selbst.
In den Köpfen von Romanautoren scheint sich für das Schreiben von Serienkiller-Thrillern ein starres Schema festgesetzt zu haben: Man nehme einen möglichst durchgeknallten Psychopath und hetze dann ein Team von psychisch wenig stabilen Spezialisten auf ihn. Im Laufe der Handlung werden die Ermittler häufig persönlich in die Mordfälle involviert, und am Ende des Romans sind sie noch traumatisierter, als sie es zu Beginn ohnehin schon waren.
»Carneval« bildet da keine Ausnahme. Ein Großteil der von Craig Russell verwendeten Elemente findet sich mehr oder weniger genau so in einer Vielzahl weiterer Thriller, in denen es um die Jagd nach einem Serienmörder geht. Große Überraschungen und spektakuläre Handlungsbögen darf man daher von dem Roman nicht erwarten. Warum also sollte man das Buch anderen Serienkiller-Romanen vorziehen?
Nun, zum einen ist es wirklich gut geschrieben. Im Gegensatz zu manch anderem Schriftsteller verlässt sich Russell nicht nur auf die vermeintlich schockierende Wirkung seiner Geschichte, sondern bemüht sich auch, diese spannend und sprachlich einwandfrei in Szene zu setzen. Das gelingt ihm wirklich gut und macht die Lektüre sehr angenehm.
Zum anderen bleibt Russell nicht in allen Teilen seines Romans starr dem typischen Serienkiller-Schema verhaftet. Die tragisch-dramatische Storyline um Maria Klee, die in Köln ihren Peiniger jagt, sorgt für einen Aufbruch festgefahrener Strukturen und bereichert das Buch, das ansonsten handlungstechnisch bestenfalls Mittelmaß ist, um eine packende Facette.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass »Carneval« ein Thriller ist, der sich angenehm von der Masse an Romanen mit ähnlichem Thema abhebt. Dem versierten Thrillerfan wird zwar wenig Neues geboten, doch immerhin weist die Story so manch spannenden Moment auf. Insbesondere die Nebenhandlung um Maria Klee macht den Roman den ein oder anderen Blick wert.
Fans von Serienkiller-Thrillern, die Romane wie jene von Cody McFadyen mögen, werden auch an »Carneval« ihre Freude haben. Und wer bislang noch kein Buch um Serienmörder gelesen hat, es aber mal versuchen möchte, der sollte ruhig zu den Werken Russells greifen. Allerdings empfiehlt es sich, zunächst die ersten drei Bände der Reihe durchzuackern.
Nur eines schafft das Buch nicht: Wer bislang keine Romane mit Serienkillern mochte, der wird auch von »Carneval« nicht bekehrt werden.