Fernshefilm der Woche: Dorf des Schweigens mit Helmuth Lohner
Die Freude der Familie schlägt in Wut und Unverständnis um, als Lydia ihre überraschende Rückkehr nutzt, um mit den Menschen aus ihrer Vergangenheit abzurechnen. Denn Lydia klagt Christian, den Verlobten ihrer jüngeren Schwester Eva an, sie als 14-Jährige vergewaltigt zu haben. Ein Ereignis, das ihre Kindheit abrupt beendet und von dem sie sich nie richtig erholt habe. Im Ort beginnen sich Gerüchte zu verbreiten, die Familie ist fassungslos.
Eva trifft Lydias Anzeige besonders hart: Jahrzehntelang hatte sie vergeblich Kontakt zur Schwester gesucht, unter dem diffusen Gefühl gelitten, dass etwas Essentielles in ihrem Leben fehlt. Ein Gefühl, das vielleicht nur die Schwester ihr nehmen kann? Eva ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, der sichtlich labilen Lydia helfen zu wollen und sie gleichzeitig davon abzubringen, sich noch weiter in ihre Lügengeschichten zu verstricken. Denn obgleich niemand im Ort an der Unschuld des beliebten Lehrers zweifeln will, haben die Anschuldigungen schon bald Konsequenzen: Christian, durch die Gerüchte stigmatisiert, droht seine Anstellung zu verlieren.
Und dann wird Christians Leiche aus dem reißenden Fluss geborgen, der den traditionsreichen Ort schon seit jeher teilt. Die Polizei geht von einem Suizid aus und will den Fall zu den Akten legen. Eva ist jedoch der festen Überzeugung, dass ihre Schwester Christian in den Tod getrieben hat und sucht nach Beweisen. Je intensiver sich Eva dann mit der Vergangenheit ihrer Schwester auseinandersetzt, desto realer werden deren Anschuldigungen für sie.
Der Wunsch unseres Regisseurs Hans Steinbichler, den großen Wiener Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Helmuth Lohner in der Rolle des Hoteldirektors und Patriarchen zu besetzen, schien auf den ersten Blick verwegen. Wir wussten nicht, ob er überhaupt noch Filmrollen annimmt. Umso größer war dann die Freude, als die Zusage kam. In diesem besonderen Familiendrama, das in den Bergen von Bad Gastein spielt, verkörpert er den geheimnisvollen, in einem tiefen Schmerz versteinerten Patriarchen, der nicht verhindern kann, dass seine Familie durch den Strudel einer alten Tragödie in den Abgrund gerissen wird und auseinanderfällt. Die Kraft, Präzision und Würde, die Helmuth Lohner in diese Rolle gelegt hat, war ein Glück für diese Erzählung und ein Geschenk an alle, die an diesem Film beteiligt sind – und damit auch für die Zuschauer. Auch deshalb erfüllte uns die Nachricht seines Todes, eine Woche vor der Premiere des Films auf dem Filmfest in München, mit großer Trauer. Es ist seine letzte Filmrolle gewesen. Damit wird seine Präsenz und sein bewegendes Spiel in
"Das Dorf des Schweigens" auch ein kleines Stück seines großen schauspielerischen und künstlerischen Vermächtnisses weitertragen. (1)
Das Dorf des Schweigens
Bild: Logo des ZDF, ZDF
(1)= Daniel Blum, Redaktion Fernsehfilm II