Hörplanet stellt Programm ein
Wir mussten uns in den letzten Jahren mehr und mehr der Tatsache stellen, dass die Produktion von Hörspielen leider nicht einmal mit einer verhältnismäßig erfolgreichen Serie wie „Lady Bedfort“ genug abwirft, damit neben den Sprechern, Autoren, Studiobetreibern und Co auch noch wir davon leben UND eine gewisse Altersabsicherung aufbauen können. Daher ziehen wir heute die Konsequenzen aus dieser traurigen Erkenntnis und schließen das Kapitel „Hörspielproduktion“.
Wir werden Ende September „Lady Bedfort (100) und die Leiche ohne Gesicht“ veröffentlichen, die Veröffentlichung der Amadeus-Box rutscht aus den hier gerade geschilderten Gründen leider noch einmal nach hinten Richtung Jahresende. Aber wir freuen uns nach wie vor auf die finale Box und versprechen euch, dass wir das ernst und würdevoll abschließen.
Alle Abonnentinnen und Abonnenten werden von uns im Laufe der kommenden drei Monate ihr bereits gezahltes Geld zurückerhalten, alternativ bieten wir ihnen auch gerne die Umwandlung ihres Hörspiel-Abos in eines der Abo-Modelle unseres neuen Tätigkeitsfeldes (Taschenbücher, Hörbücher) an.
So betrübt wir sind über diesen unvermeidbaren Entschluss, so erfreut sind wir über das, was wir seit einigen Tagen parallel zu der Produktion unserer letzten beiden Projekte begonnen haben auszubauen. Seitdem wir in der Zwangspause von „Lady Bedfort“ im letzten und diesem Jahr angefangen hatten, unsere Videos zu produzieren, ist uns wieder klar geworden, wie sehr wir es lieben, Geschichten zu erzählen. Gerade für das Format „fresseSCHAU Quickie“ schrieben wir viele Texte, die anders als Skripttexte zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten der Erzählung boten.
Erst in den letzten Tagen, beim Schreiben unserer ersten Taschenbücher, ist uns so richtig klar geworden, wie einengend das Erzählen einer Geschichte in Hörspielform doch ist. Gerade, wenn das Hörspiel keinen Erzähler hat. Aber auch mit Erzähler ist man limitiert: wer würde ernsthaft Victor Hugos 50 Romanseiten über die Pariser Kanalisation in „Les Misérables“ von einer Erzählerin serviert bekommen? Im Roman hingegen funktioniert selbst so ein sperriges Kapitel wesentlich einfacher, denn der Leser kann eintauchen in die Beschreibungen und ist nicht darauf angewiesen, dass die Erzählerin ihm genug Gedankenpausen zum Vorstellen bestimmter Bilder lässt.
Und diese Limitierung setzt sich in den Spielszenen nahtlos fort. Was war das immer ein Kampf, tolle Szenen mit den vorgegebenen Rahmenbedingungen so einer Produktion hinzukriegen, neben zahlreichen anderen Hindernissen:
- So wenig Sprecher wie möglich, damit es die Kosten nicht noch mehr sprengt
(was dann aber auch zu sehr kleiner Besetzung und entsprechend wenig Vielfalt führte) - Vereinfachte Aktionen, denn nur über Geräusche lässt sich vieles nicht sehr beeindruckend umsetzen
(wer will schon das Stilmittel des Selbstgesprächs zum Vermitteln des Geschehens? „Lady Bedfort stutzte mit zunehmendem Unbehagen, dass sie nicht einmal genauer zuordnen konnte, als sie die Wand vor sich betrachtete. Irgendetwas stimmte nicht. Ob Max es auch bemerkt hatte?“ funktioniert, „Lady Bedfort: ‚Ich stutze, sogar mit zunehmendem Unbehagen, wenn ich die Wand vor mir betrachte. Irgendetwas stimmt da nicht. Bemerkst du es auch, Max'“ ist indiskutabel – das ist unbemühtes Groschenheft-Transkribieren jenseits irgendeines Niveaus) - Immer wieder die Besetzungsprobleme: wer soll Rolle XY sprechen? Wenn er/sie die spricht, ist er für eine andere Rolle, auch in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr verfügbar, sonst würde es blöd wirken, wenn ein neuer, fester Charakter auch andere Rollen spricht
- Alle benötigten Sprecher gebucht kriegen, jede Folge aufs Neue
- Viele Stunden Regie machen pro Folge
- Noch mehr Stunden Schnitt pro Folge
- Viele Stunden Komposition pro Folge
- Vorabkosten für Sprecher, Presswerk und Co
Das alles und noch einige andere, nicht minder umfangreiche Posten gehörten die letzten elf Jahre zu JEDER Produktion von uns. Und das im Zwei-Mann- bzw. mittlerweile Zwei-Mann-eine-Frau-Betrieb. Keine Frage, wir haben das ja auch elf Jahre lang hinbekommen. Aber eben leider nicht die finanziellen Gewinne eingefahren, die diesen Berg an Aufwand rechtfertigen würde.
Und jetzt schreiben wir Taschenbücher und sind selbst erstaunt, wie wunderbar es ist, dass man mit Lady Bedfort im „Boysen Inn“ sitzen kann und um sie herum vielleicht sogar 20 andere Einwohner von Marbles Cove sind. Die wir nach und nach kennenlernen können, denn die können bei Bedarf in allen Folgen dabei sein, es kostet ja keinen einzigen Cent, sich das alles auszudenken. Und es kostet keinen einzigen Cent, das zu produzieren. Zum ersten Mal in elf Jahren ist es uns gelungen, ohne Limitierungen des Mediums das zu erzählen, was wir erzählen wollen. Und wir können euch versprechen, dass es sich großartig liest, diese Form der „Lady Bedfort“.
Natürlich ist ein Taschenbuch keine Hörspielserie, das ist uns klar. Und wir sind uns natürlich ebenfalls im Klaren darüber, dass euch die Nachricht der Einstellung der Serie traurig machen wird, da tröstet einen Hörspielfan natürlich erstmal keine Option auf die Fortsetzung der Serie in Taschenbuchform. Aber es gibt Momente im Leben, da muss man etwas tun, das nicht nur positive Konsequenzen hat, und dann das Beste daraus machen. Wir sind bereit dazu. Und wir würden uns riesig freuen, wenn ihr den Weg mitgeht. Und so ganz gehen wir auch akustisch nicht, denn wir planen, alle Taschenbücher im hauseigenen Studio aufzunehmen und die Hörbücher als Download und in den Streaming-Portalen anzubieten.
Hier sind unsere in Kürze anstehenden Produktionen schon mal als eBook vorbestellbar. Wir werden uns natürlich freuen wie Bolle, wenn du uns mit einer Vorbestellung zeigst „Schade, dass ihr aufhört. Aber ich liebe Lady Bedfort und möchte gerne wissen, wie es weitergeht. Vor allem, da in Folge 100 etwas passiert ist, dass alles auf den Kopf stellt„. Die meisten VÖ-Angaben sind Platzhalter, wir werden bereits in ca. zwei Wochen die ersten eBooks veröffentlichen können. Die dazugehörigen Taschen- und Hörbücher werden später erscheinen.
Bild: Logo Hörplanet