WDR Fernsehen präsentiert Dominik Grafs Filmessays über den frühen deutschen Film
Sie beleuchten einen vergessenen Teil unserer Filmkultur – Filme, die neben dem offiziellen, seriösen, exportfähigen Output einen ungewohnten Ton anschlagen und einen ganz eigenen Blick auf unser Land, in unsere Seele und unser Unbewusstes werfen. Und sie stellen die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass eine Seite der deutschen Filmtradition so schnell verloren gegeben wurde?
In „Offene Wunde deutscher Film“ (WDR Fernsehen, 5.3.2018, 23.15 Uhr) setzen Graf und Sievert ihre Suche in den Abgründen, aber auch im Zentrum der deutschen Film- und Fernsehproduktion fort und werfen dabei berechtigte Fragen auf: Warum gibt das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht mehr so hellsichtige Science-Fiction-Filme wie Smog (1973) in Auftrag? Warum entwickelt das Kino keinen Wagemut im Genre?
Mit seinem ersten Film für den WDR – „Brandstifter“ – sorgte Regie-Enfant Terrible und Einzelgänger Klaus Lemke 1969 für einen Skandal. Er reagierte unmittelbar auf den Berliner Kaufhausanschlag von Gudrun Ensslin und Andreas Baader, den Lemke persönlich kannte: Die in der außerparlamentarischen Opposition aktive Studentin Anka (Margarethe von Trotta) deponiert aus Protest gegen den Vietnam-Krieg eine Bombe in einem Kölner Kaufhaus, um die Öffentlichkeit zur Auseinandersetzung zu zwingen. In einer weiteren Rolle (Astrid Proll) ist Iris Berben zu sehen.
Es folgt mit „Mädchen mit Gewalt“ ein Film des Regisseurs, Schauspielers und Fotografen Roger Fritz, der seinerzeit für einen kleinen Skandal sorgte, dessen Hauptdarsteller Klaus Löwitsch dafür aber einen Bundesfilmpreis gewann. „Zynisch-brutales Produkt der modernen Serienproduktion von sexuellem Missbrauch und Gewalt – Wir raten ab“ hieß es damals in einer Bewertung. Mike (Arthur Brauss) und Werner (Klaus Löwitsch) locken Alice (Helga Anders) zu einer abgelegenen Kiesgrube. Erst dann wird ihr klar, welche Absichten ihre Begleiter verfolgen. Der Film ist erstmals im deutschen Fernsehen zu sehen.
Mit „Smog“ sowie „Aufforderung zum Tanz“ folgen zwei – wenn auch grundverschiedene – Meilensteine deutscher Fernsehgeschichte der siebziger Jahre. „Smog“ simuliert in einer fiktiven Fernsehsondersendung eine Umweltkatastrophe im Ruhrgebiet. Ganz anders „Aufforderung zum Tanz“ (Regie: Peter F. Bringmann) eine Art Ruhrgebietskomödie. Es beginnt mit dem Traberhengst Prinz Eugen, der ausgerechnet in dem Rennen disqualifiziert wird, in dem Theo auf ihn gesetzt hat. Und mit dem Anti-Helden Theo begegnen wir hier einer Figur zum ersten Mal, die etwas später mit „Theo gegen den Rest der Welt“ dann doch noch ganz groß rauskommen sollte.
Abgerundet wird die Reihe durch den Thriller „Gambit“ von Peter F. Bringmann sowie Wolfgang Petersens Genrestück „Vier gegen die Bank“. Das Original des Films, dessen Remake Petersen selbst im vergangenen Jahr ins Kino brachte. Die Termine im Überblick:
19.02.2018, 23.15 Uhr: „Verfluchte Liebe deutscher Film“ (Dominik Graf); anschl. um 0.45 Uhr „Brandstifter“ (Klaus Lemke)
Bild: Logo WDR aus der Wikipedia