Russische Beziehungsgeflechte - »Die Dämonen« (1977)
Russische Beziehungsgeflechte
»Die Dämonen« (1977)
Claus Peter Witts vierteilige Fernsehadaption hält sich eng an die literarische Vorlage.
Bekannt geworden war der Regisseur Claus Peter Witt (1932-2017) Mitte der 1960er Jahre, als er mit dem Dreiteiler „Die Gentlemen bitten zur Kasse“ und den ersten Episoden der erfolgreichen Reihe „Die Unverbesserlichen“ mit Inge Meysel wahre Straßenfeger der deutschen Fernsehgeschichte schuf. Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb er dem Medium treu verbunden und schuf weitere Dauerbrenner („Hamburg Transit“, „Diese Drombuschs“ oder über 150 Episoden der „Lindenstraße“). Im Jahr 1977 nahm er sich schließlich des Dostojewskij-Romans „Die Dämonen“ an und verfilmte diesen als deutsch-österreichische Koproduktion aufwändig u.a. an Außenschauplätzen in Ungarn. Die daraus entstandene vierteilige Miniserie hat eine Laufzeit von insgesamt rund sechs Stunden, die den fast tausendseitigen Wälzer detailreich und akribisch mit großer Starbesetzung zu einem Fernseherlebnis machte.Ende des 19. Jahrhunderts kehrt Nicolai Stawrogin (Christoph Bantzer) auf den Landsitz seiner Mutter, der Generalin Warwara (Maria Wimmer), in der Nähe von St. Petersburg zurück. Gleichzeitig erscheint am Ort auch dessen Freund Pjotr Werchowenskij (Volker Lechtenbrink), der Sohn Prof. Stepan Werchowenskijs (Hannes Messemer), der seit über 20 Jahren bei der Generalin als Hauslehrer angestellt ist. Das Gleichgewicht in der noblen Familie gerät ins Wanken, als Nicolais bislang geheim gehaltene Ehe mit der hinkenden und geistig minderbemittelten Marja Lebädkina (Lisa Kreuzer) ans Licht kommt. Eigentlich hatte sich seine Mutter eine Ehe ihres Sohnes mit der liebreizenden Lisa Tuschina (Anita Lochner) gewünscht, doch diese gibt aufgrund von Nicolais Zurückhaltung den Werbungen von Mawrikij Drosdow (Lutz Mackensy) nach. Auch die Pflegetochter der Generalin, Dascha Schatowa (Hanna Schygulla), soll in den Bund der Ehe treten, als Gatten hat ihr die Matriarchin Hauslehrer Werchowenskij auserkoren. Doch aufgrund weiterer Intrigen, die von dessen Sohn Pjotr ausgehen, kommt es in der idyllischen Provinzstadt zu offenen Anfeindungen, Mord und Totschlag.
Die gar nicht so einfache Aufgabe, ein derart komplexes und umfangreiches Buch in eine sechsstündige Miniserie zu komprimieren, ist den Drehbuchautoren Leopold Ahlsen und Claus Peter Witt recht ordentlich gelungen. Die politischen Dimensionen bleiben über einen längeren Zeitraum noch allzu sehr in Andeutungen stecken, wohingegen die familiären Verwicklungen und Probleme anschaulich aufgerollt werden können. Aber auch die philosophischen Diskurse über Sozialismus und Atheismus kommen in Witts Inszenierung nicht zu kurz und nehmen einen entsprechenden Stellenwert ein. Noch heute beeindrucken die edlen Settings, Kostüme und Ausstattung sowie die gelungene Kameraarbeit Frank A. Banuschers, der interessante Perspektiven einnimmt und mit Reflexionen in Spiegeln spielt. Die DVD-Erstveröffentlichung des Vierteilers erfolgt in der Reihe „Pidax Serien-Klassiker“ auf zwei DVDs in einer Amaray-Box. Das Bild (im Vollbildformat 4:3) bietet relativ blasse Farben, dafür jedoch kaum Verunreinigungen oder Alterungserscheinungen. Auch der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) ist immer gut zu verstehen. Extras sind keine mit aufgespielt.