Das wertvolle Waisenkind - »Oliver Twist« (Langfassung)
Das wertvolle Waisenkind
»Oliver Twist« (Langfassung)
Mit diesem 1948 realisierten Film zementierte David Lean seinen Ruf als exzellenter Regisseur groß angelegter Kinodramen. Sehr viele der nur gut ein Dutzend Filme, die Lean im Laufe seines Lebens inszenierte, sind zu Klassikern geworden, so beispielsweise „Die Brücke am Kwai“, „Lawrence von Arabien“, „Doktor Schiwago“ oder „Reise nach Indien“, den er am Ende seines Lebens realisierte. Sein „Oliver Twist“ ist eine ziemlich werkgetreue Verfilmung, die neben der exzellenten Inszenierung durch die stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Fotografie Guy Greens, das beeindruckende Production Design von John Bryan und einige wirklich memorable Darstellerleistungen zusätzlich geadelt wird. Insbesondere Alec Guinness kann hier – wie so oft in einer ziemlich entstellenden Maske – überzeugen. Der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 34jährige Schauspieler schlüpft mit künstlicher Hakennase und Rauschebart in die Rolle des greisen Banditenanführers Fagin.
Hochschwanger schafft es eine junge Frau gerade noch bis zu einem Armenhaus, wo sie ihr Baby Oliver zur Welt bringt und kurz danach verstirbt. Waise Oliver wächst beim erbarmungslosen Bumble (Francis L. Sullivan) und der herzlosen Mrs. Corney (Mary Clare) auf, wird als kleiner Junge (John Howard Davies) dann an einen Leichenbestatter verscherbelt, wo er unter den Drangsalierungen eines älteren Angestellten leidet und schließlich die Flucht ergreift. Es verschlägt Oliver nach London, wo er in die Fänge des Taschendiebs Artful Dodger (Anthony Newley) gerät. Der nimmt ihn mit in die Bande des cleveren Fagin (Alec Guinness) auf, der auch aus Oliver einen Taschendieb machen will. Nach einem turbulenten Zwischenfall findet sich Oliver im edlen Zuhause von Robert Brownlow (Henry Stephenson) wieder, der sich rührend um den Jungen kümmert. Doch bei einem Botengang fallen Nancy (Kay Walsh) und Bill Sikes (Robert Newton) über Oliver Twist her und zwingen diesen, bei einem Raubzug mitzuwirken. Derweil setzt Mr. Brownlow alle Hebel in Bewegung, um Oliver Twist wieder aufzustöbern – zumal sich die Indizien häufen, dass der arme Waisenjunge doch noch lebende Verwandte hat…
Ein nach wie vor blendend unterhaltender Filmklassiker, dessen stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Bilder mit den ungewöhnlichen Perspektiven und Blickwinkeln einen ganz eigenständigen Look erschaffen. Herausragende Darstellerleistungen von Alec Guinness, Robert Newton, Francis L. Sullivan und John Howard Davies machen die werkgetreue Charles-Dickens-Adaption zu einem zeitlosen Vergnügen, sowohl für Kenner der Vorlage und anderer Verfilmungen, als auch für Neulinge. Die BluRay-Erstveröffentlichung in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ beruht auf der vom British Film Institute und der David Lean Foundation erstellten restaurierten Fassung, die mit einem exzellenten Bild (im Vollbildformat 1,33:1) aufwartet, auch der Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte) ist dem Alter entsprechend in Ordnung. Diese Fassung ist rund 20 Minuten länger als die bislang in Deutschland gezeigten (116 Minuten), die fehlenden Synchronstellen liegen im englischen Original mit deutschen Untertiteln vor. Wenn man nicht durch den ständigen Wechsel zwischen den Sprachversionen aus dem Film gerissen werden will, kann man sich auch die Kurzfassung (95 Minuten) ohne die eingefügten Passagen anschauen. Weitere Extras umfassen den englischen Originaltrailer, einen englischen Bewerbungsaufruf für die „Oliver Twist“-Hauptrolle von Tony Wager, dem Hauptdarsteller aus „Geheimnisvolle Erbschaft“ (1 Minute) sowie die deutsch untertitelte Dokumentation „A Profile of Oliver Twist“ aus dem Jahr 2000 (24 Minuten).