Ränkespiele um die Krone - »Richard III.« (1955)
Ränkespiele um die Krone
»Richard III.« (1955)
In seinen Shakespeare-Verfilmungen war Laurence Olivier stets darum bemüht, die Dramen des Barden so werkgetreu wie möglich umzusetzen und sie durch einfallsreiche filmische Mittel und großem Aufwand aber stets zu weit mehr als einer simplen Theaterinszenierung werden zu lassen. Schon „Heinrich V.“ erstrahlte 1944, als dies noch keinesfalls üblich war, in berauschenden Technicolor-Farben. Ein Jahrzehnt später inszenierte Olivier „Richard III.“ in Vistavision und gleichermaßen als opulenten Farbfilm, der dem damaligen Kinopublikum eine mitreißende Mischung aus dialogreichem Ränkespiel und aufwändig nachgestellten Kampfszenen zu bieten hatte. Für die Kinoauswertung in Westdeutschland hatte man Oliviers Film gleichwohl um geschlagene 23 Minuten gekürzt, die bei der DVD-Erstveröffentlichung im Jahr 2007 erstmals wieder hinzugefügt und deutsch untertitelt worden waren. In der Remastered Edition des Films in der Reihe „Pidax Historien-Klassiker“ wurde nun gleichermaßen verfahren. „Richard III.“ wurde schließlich nicht nur mit dem Golden Globe und dem Silbernen Bären der Berlinale bedacht, sondern brachte Olivier auch drei British Film Awards (als bester Film, als bester britischer Film und als bester Hauptdarsteller) ein. Lediglich den Hauptrollen-Oscar konnte er seinerzeit nicht in Empfang nehmen, sondern musste sich in dieser Kategorie Yul Brynner für „Der König und ich“ geschlagen geben.
Ende des 15. Jahrhunderts: Eduard IV. (Sir Cedric Hardwicke) ist gerade zum neuen König von England gekrönt worden. Sein jüngerer Bruder Richard von Gloucester (Lord Laurence Olivier) ist von der Natur benachteiligt, hat einen Buckel, einen verkrüppelten Arm und ein kürzeres Bein, strebt aber dennoch ebenfalls nach der Krone. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er bereits den Mann von Lady Anne (Claire Bloom) aus dem Weg geräumt. Nun macht er seinen Bruder George, den Herzog von Clarence (Sir John Gielgud), beim König schlecht, woraufhin dieser Clarence ins Gefängnis werfen lässt. Richard hat sich unterdessen mit Anne verlobt und bereitet immer weitere intrigante Machtspiele vor. Der Herzog von York (Andy Shine) und der Prinz of Wales (Paul Huson) stehen in der Thronfolge ebenfalls noch über Richard, weswegen er die beiden Kinder, genau wie zuvor seinen Bruder Clarence, von gedungenen Mördern (Michael Gough und Michael Ripper) aus dem Weg räumen lässt. Es dauert nicht lange, bis auch der amtierende König Eduard, der von schwacher Gesundheit ist, Richards Plänen, englischer König zu werden, nicht mehr länger im Wege steht.
Mit einem exzellenten Darstellerensemble, bestehend aus den besten britischen Theatermimen der Zeit, hat Laurence Olivier William Shakespeares bitterböse Machtstudie hier opulent in Szene gesetzt. Der Zuschauer staunt auch heute noch über die erlesenen Kostüme und die beeindruckenden Settings, bis zum Finale hin schließlich auch mit Außenaufnahmen gearbeitet und mit Statistenheeren die Entscheidungsschlacht nachgestellt wird. Olivier selbst ist in der Titelrolle gewaltig gegen den Strich gebürstet, genießt das Spiel als skrupelloser Despot aber auch sichtlich und hat sein Publikum dabei fest im Griff. Die DVD-Wiederveröffentlichung überzeugt durch ihr restauriertes Bild (im Widescreen-Format 1,66:1) mit intensiven Farben und einer beeindruckenden Schärfe, der Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen und englischen Untertiteln) ist in der deutschen Fassung teilweise schlecht zu verstehen, da das Rauschen sehr stark herausgefiltert wurde. Als Extras gibt es den verkleinerten Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 3444) als vierseitiges Booklet mit zahlreichen Fotos, der kompletten Besetzungsliste und einer ausführlichen Inhaltsangabe, den deutschen und englischen Kinotrailer zum Film, einen englischen Fernsehtrailer zum Film mit Making-Of-Material (13 Minuten) sowie Laurence Oliviers Dankesrede bei den British Film Academy Awards (2 Minuten).