One-Man-Show für Harald Juhnke - »Aus der Chronik der Familie Sawatzki«
One-Man-Show für Harald Juhnke
»Aus der Chronik der Familie Sawatzki«
Die ersten Leinwandauftritte Harald Juhnkes konnte man im Jahr 1950 erleben, als der damals Anfang Zwanzigjährige zunächst in leichten Unterhaltungsfilmen eingesetzt wurde. Diesem Genre sollte er die nächsten zwei Jahrzehnte eng verbunden bleiben, drehte Juhnke in dieser Zeit doch vornehmlich Schlagerlustspiele, Musikfilme und leichte Verwechslungskomödien. Einige Abenteuer- („Die goldene Göttin vom Rio Beni“) und Kriminalfilme („Das Testament des Dr. Mabuse“) bilden hier nur die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel, wenngleich auch diese Werke leichte Unterhaltungskost boten. Erst in den späteren 1960er Jahren erkannte man zunächst beim Fernsehen, dass Juhnke durchaus mehr draufhatte, als immer nur den Tollpatsch vom Dienst zu mimen. In Fernsehfilmen und Serienauftritten, oftmals historisch angehaucht und in entsprechenden Kostümen und aufwändigen Dekorationen umgesetzt, konnte Juhnke hier nun seine ganze Bandbreite ausspielen. Die drei rund einstündigen Fernsehfilme um die „Familie Sawatzki“ öffneten dabei so manchem Redakteur und Produzenten die Augen und ließen Juhnke danach auf eine neue Stufe der Schauspielkunst aufsteigen.
Anno 1880 hat es der Berliner Unternehmer Wilhelm Sawatzki (Harald Juhnke) geschafft – angesichts seiner Verdienste um die Gasbetriebe der Stadt wird dem Bürgerlichen die Adelsehre zuteil. Fortan dürfen er und seine Söhne Friedrich-Wilhelm (ebenfalls Juhnke) und Otto-Heinrich (nochmal Juhnke) ein „von“ vor ihren Namen setzen. Die neu erlangte Position bringt allerdings auch so manches Problem mit sich, denn die traditionellen Adelslinien der Stadt wollen mit dem Emporkömmling nichts zu tun haben, mit den bürgerlichen Freunden von einst will sich aber vor allen Dingen Wilhelms Gattin Luise (Wera Frydtberg) nun nicht mehr abgeben. Selbst der neue Diener (Karl Lieffen) im Hause „von Sawatzki“ hat hinter dem Rücken nur Spott und Verachtung für seinen Arbeitgeber übrig und tituliert diesen gerne als „Graf Koks von der Gasanstalt“. Charles-Hermann von Sawatzki (wieder Juhnke), der Sohn von Friedrich-Wilhelm, wächst bereits mit dem Adelszusatz auf, kann damit aber herzlich wenig anfangen. Auf den Kabarettbühnen von Berlin macht er sich über die preußische Akkuratesse von Militärangehörigen, wie seinem Onkel Otto-Heinrich, lustig, weswegen ihm die Familie verbietet, unter seinem richtigen Namen aufzutreten. Später übernimmt Charles-Hermann mit seiner Freundin Anita (Barbara Schöne) die Leitung eines Lichtspielhauses, in dem er selbst die Klavierbegleitung zu den dort aufgeführten Stummfilmen übernimmt. Aber „Charlie“ strebt nach Höherem, wird schließlich selbst Schauspieler und tritt auf der großen Leinwand sogar als der „große Fritz“ in Erscheinung, womit es ihm gelingt, Teile seiner Familie wieder mit sich zu versöhnen. Im dritten Teil der Trilogie geht es um die schweren Nachkriegsjahre vor der Währungsreform, als Berlin in Trümmern lag und die halbe Stadt auf dem Schwarzmarkt illegale Tauschgeschäfte durchführte.
Die drei Autoren Curth Flatow („Ich heirate eine Familie“), Werner E. Hintz („Berliner Weiße mit Schuss“) und Horst Pillau („Es muss nicht immer Kaviar sein“) haben hier ein buntes historisches Kaleidoskop Berlins entworfen, das die Stadtgeschichte anhand einer exemplarischen Familie über knapp einhundert Jahre hinweg humorvoll zusammenfasst. Die beiden in diese Zeit hineinfallenden Weltkriege hat man geschickt ausgeklammert, um sich auf das persönliche Auf und Ab der Beteiligten in den Zeiten davor und danach zu konzentrieren. Dadurch, dass Harald Juhnke in sämtliche männliche Rollen der Familie Sawatzki schlüpft und hier deswegen insgesamt ein gutes Dutzend unterschiedlicher Figuren Gestalt verleiht, dürfte „Aus der Chronik der Familie Sawatzki“ insbesondere Juhnke-Fans große Freude bereiten. Sein Talent für Dialekte und Spleens kann sich hier wirklich gut entfalten, ohne dass es insgesamt zu viel würde. Auch alle weiteren Rollen sind mit gestandenen und talentierten Darstellern besetzt, so dass Kurzweil garantiert ist, obschon es im dritten Teil öfter mal albern und insgesamt etwas zu schematisch zugeht. Die drei jeweils rund einstündigen Folgen „Preußenkorso Nr. 17“, „Lichtspiele am Preußenkorso“ und „Preußenkorso 45-48“, die 1974, 1975 und 1977 uraufgeführt wurden, finden sich hier alle auf einer DVD vereint. Das Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) sind nicht weiter zu beanstanden, Extras sind keine mit aufgespielt.
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