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Sensibles Kammerspiel - »The Whale«

The WhaleSensibles Kammerspiel
»The Whale«

Darren Aronofskys („Black Swan“) Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Samuel D. Hunter, „The Whale“, sorgte in den letzten Monaten für Furore. Das intensive Charakterdrama wurde Anfang des Jahres mit zwei Oscars ausgezeichnet und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Karriere von Brendan Fraser wiederbeleben, die ein wenig ins Stocken geraten war. Der sehenswerte Film ist nun auch erstmals auf BluRay erhältlich.

The WhaleBrendan Frasers (geboren 1968 in Indianapolis) Karriere begann in den frühen 1990er Jahren, als er sich mit Filmen wie „Unschuldig angeklagt“, „Steinzeit junior“ und „Der Außenseiter“ als neuer Teenie-Schwarm etablieren konnte. Der gutaussehende 1,91-Meter-Mann drehte in Folge die unterschiedlichsten Filme, die nicht immer nur zum nächsten Blockbuster-Hit taugen mussten, sondern auch häufig ein intelligentes und niveauvolles Arthouse-Publikum befriedigen konnten, wie beispielsweise „Mrs. Winterbourne“, „Gods and Monsters“ oder „Der stille Amerikaner“. Einem Massenpublikum wurde Fraser indes mit seinen aufwändigen Mainstreamfilmen bekannt, von denen „George – Der aus dem Dschungel kam“ und „Die Mumie“-Filme sicherlich am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben sein dürften. Nachdem er 2008 in der Cornelia-Funke-Verfilmung „Tintenherz“ noch die Hauptrolle übernommen hatte, wurde es in den 2010er Jahren merklich ruhiger um den einstigen Blockbusterstar. Im Nachhinein enthüllte er, dass Depressionen aufgrund einer sexuellen Belästigung sowie anhaltende gesundheitliche Probleme mit der Wirbelsäule für seinen Rückzug verantwortlich wären. Der auch sichtlich in die Breite gegangene Muskelmann der 1990er Jahre hat aber nun mit seiner Oscar-prämierten Hauptrolle in „The Whale“ ein solch grandioses Comeback gefeiert, dass man ihm nur wünschen kann, dass hiermit der zweite Frühling seiner Karriere eingeläutet wird.

The WhaleCharlie (Brendan Fraser) leidet unter Adipositas, kann sich mittlerweile nur noch mit einer Gehhilfe und unter größten Anstrengungen von einem Raum seiner Wohnung in den nächsten schleppen. Das Haus selbst verlässt er überhaupt nicht mehr. Essen erhält er vom Pizzalieferdienst oder von seiner besten Freundin Liz (Hong Chau), die sich als Krankenschwester auch um den Gesundheitszustand von Charlie kümmert. Immer wieder drängt sie ihn, endlich ein Krankenhaus aufzusuchen, da seine Blutdruckwerte erschreckend angestiegen sind und Liz befürchtet, dass Charlie nicht mehr lange zu leben hat. Der weigert sich beharrlich, sich in ärztliche Behandlung zu begeben und nimmt stattdessen wieder Kontakt mit seiner mittlerweile 17jährigen Tochter Ellie (Sadie Sink) auf, die er seit deren achtem Lebensjahr nicht mehr gesehen hat. Damals hatte er sich von Ellies Mutter Mary (Samantha Morton) getrennt, weil er sich in einen seiner Studenten verliebt hatte. Die jahrelange glückliche homosexuelle Beziehung der beiden endete allerdings tragisch, wodurch Charlies Übergewichtigkeit größtenteils hervorgerufen wurde. Charlie versucht nun mit allen Mitteln, eine Beziehung zu seiner Teenager-Tochter aufzubauen, die ihm noch immer ankreidet, in den entscheidenden Jahren nicht für sie dagewesen zu sein und sie im Stich gelassen zu haben.

The WhaleEs ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass „The Whale“ auf einem Theaterstück basiert, denn Samuel D. Hunters Geschichte spielt sich ausschließlich in Charlies Appartement-Wohnung ab. Dennoch hat Darren Aronofsky die Ereignisse so konzentriert und dynamisch in Szene gesetzt, dass man nie etwas vermisst. Stattdessen trägt die Tatsache, dass der Film im 4:3-Format gedreht wurde und in nur wenigen Zimmern spielt dazu bei, dass man sich viel intensiver in den begrenzten Lebensalltag des Protagonisten hineinversetzen kann. Den spielt Brendan Fraser mit einer solchen Wucht und Intensität, dass einem die Figur in kürzester Zeit ans Herz wächst. Das ebenfalls Oscar-prämierte Make-up ermöglicht es dem Schauspieler trotz künstlich aufgetragener zusätzlicher Kilos, überaus nuanciert und facettenreich zu spielen. Ein herausragendes Charakterdrama mit einer Handvoll grandios gezeichneter und gespielter Figuren, das sein Publikum zu Tränen rührt, ohne in klischeehaften Kitsch abzudriften. Die BluRay-Erstveröffentlichung präsentiert den Film im besagten 1,33:1-Vollbildformat in guter Bildqualität. Der Ton liegt auf Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 7.1-Format vor (optional mit deutschen Untertiteln), was sehr vorbildlich ist, bei einem derart ruhigen Kammerspiel allerdings nur selten zur Entfaltung kommt. Die Scheibe wartet darüber hinaus mit einigen Extras auf: das Making-Of „People Are Amazing“ (24 Minuten), das Feature „Sounds of the Sea: Scoring „The Whale“ mit dem Komponisten Rob Simonsen“ (8 Minuten), ein Interview mit den DarstellerInnen Brendan Fraser, Hong Chau und Sadie Sink (8 Minuten), ein Interview mit Fraser und dem Autoren Samuel D. Hunter (11 Minuten) sowie der deutsche und englische Trailer zum Film.

Kommentare  

#1 Postman 2023-08-14 08:11
Ich liebe vom gleichen Regisseur "The Fountain", da er herrlich gefühlvoll ist, mehrere Interpretationen zulässt und alle Darsteller einfach herausragend und das über mehrere Rollen in verschiedenen Zeitebenen spielen. Auch "Requiem for a Dream" war sowohl inhaltlich als auch von der Präsentation herausragend, von der absolut passenden Besetzung ganz zu schweigen.

Der Rest seiner Filme war für mich wegen falscher Story Auswahl eher uninteressant und zudem oft auch viel zu langatmig inszeniert. Aronofsky, das Wunderkind, hatte seine "Magie" verloren.

Schaue ich mir nun seinen neuen vorab hochgelobten bzw. Oscar prämierten Film an, gehen mir folgende Gedanken nach einer Bluray Sichtung durch den Kopf.

Als erstes fiel mir das Bildformat unangenehm auf - was soll heutzutage das TV-Format sprich links und rechts schwarze Balken zu belassen, wenn sich doch 16:9 bei Kinofilmen mehr als etabliert hat?

Im IMAX-Format bei Filmen wie "Interstellar" oder "The Dark Knight" war es noch schlimmer, denn da wechselte es einmal hin- und einmal her. Im Heimkino Format unerträglich, da es einen aus dem Film reißt.

Nun zum Film selbst, bewusst nicht zu tief, um nicht zu viel zu spoilern.
Alle Darsteller agieren bis in die kleinste Nebenrolle überdurchschnittlich, auch wenn mir "Charlies" unangebrachte Arschruhe schnell auf den Geist ging und manche seiner Verhaltensweisen nicht immer logisch waren. Nur in der Szene, als er sich weinend im Sessel herumdrehte (siehe mittleres Bild), zeigte er endlich offen seine Emotionen und das war für mein Empfinden auch der beste Moment des Films.

Brendan Fraser, von welchem ich bislang offen gesagt nicht so viel hielt, spielt hier in der Tat im Vergleich zu seinen anderen Filmen die Rolle seines Lebens, auch wenn man den "Fat Suit" für dicke Leute schon in anderen Filmen gesehen hatte.

Interessant beginnend treten aber ziemlich schnell viele Dialoge oder auch Kameraeinstellungen auf der Stelle. Der regelmäßig klingelnde Pizzabote ist da schon ein "Highlight".
Man hört zum x-ten Mal warum Charlie so fett ist und seine Tochter Probleme mit ihm hat und selbst die Einstellungen mit dem Vogel am Fenster wiederholen sich, da alles eben nur (Theaterstück basierend hin oder her) in ein paar Räumen spielt.

Sadie Sink als Tochter darf leider fast nur böse schauen und ihre Gesinnung bleibt mir bis zum Ende dem Drehbuch geschuldet etwas zu wechselhaft, um glaubwürdig herüberzukommen - in ihr steckt aber noch jede Menge mehr Talent und sie wirkt auch nicht so künstlich aufgedonnert wie viele in ihrem Alter - von ihr darf man mit Glück (neben der finalen Stranger Things Staffel) noch mehr erwarten.

Typisch amerikanisch muss auch ein Betbruder reingepackt werden, welcher am Ende mit einem Dampfhammer in die Story noch emotionaler eingepasst wurde.
Die auftauchende Ex-Frau bringt auch keine neuen Akzente oder gar Spannungsspitzen mehr rein und der Schlussakt erinnert nur an "The Fountain", welches ich hier eher unpassend fand.

Mein Fazit:
Schaut man sich den deutschen Trailer an, dann hat man schon fast alles Interessante gesehen.

Man sollte etwas für Kammerstücke übrig haben und keine Vorbehalte gegenüber übergewichtigen Menschen mit dieser manchmal vielleicht etwas zu selbst mitleidig geschilderten Geschichte hegen (nicht böse gemeint), um überhaupt durchzuhalten.
#2 Mainstream 2023-08-14 20:00
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Außer dem Bildformat, welches bewusst wegen Enge des Raumes gewählt worden ist, muss ich Postman mit jedem Satz Recht geben. Das waren auch exakt meine Ansichten und Worte zu diesem Film. Für mich tatsächlich nur wegen Brendan Fraser sehenswert, aber selbst dann kein Muss.

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