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Gordon Black - Aus der Sicht eines Lesers... (Teil 1)

CoverGordon Black –
Aus der Sicht eines Lesers...
(1. Teil)

 Ich kann mich dunkel erinnern. Es war ein trüber Oktober-Tag im Jahr 1982. Das übliche Programm musste vom Bahnhofsbuchhandel geholt werden. Larry Brent, John Sinclair, Der Magier, Gespenster-Krimi, Damona King oder Zamorra und auch sonst noch einiges.„Hier ist noch einer“, sagte die Verkäuferin, die wunschgemäß alle Heftromane mit der grünen Ecke zurückgelegt hatte.


Ich überlegte. Noch einer? Weder Bastei, Kelter, Zauberkreis noch Pabel hatten doch was angekündigt.

Die Verkäuferin reichte mir das Heft. Es war Gordon Black, laut Slogan Grusel-Krimis aus der Geisterwelt vom Marken Verlag.
Ich nahm den Roman mit und machte mich auf den Weg zum Bus.

Ich war noch auf der Oberstufe und wenn ich ansonsten auch trampte, so fuhr ich an Tagen, wenn ich meine Romane holte, mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Während der Busfahrt las ich den Larry-Brent-Roman. Das war klar – es war eben Dan Shocker. Den hatte ich fast durch, als ich den Bus verließ. Zu Hause angekommen las ich beim Essen den Rest des Brents und zog mich in mein Zimmer zurück.

CoverIch sah die Beute durch. Der Gordon Black reizte mich. Die Aufmachung war relativ dezent in blau gehalten mit einer stilisierten Fledermaus und den typischen Markenstrahlen. Das Cover war eher stimmungsvoll. Das Autorenpseudonym Norman Thackery sagte mir nix, aber das machte nichts. Titel des Romans war: "Der Spiegel des Grauens".

Ich beschloss, dass Der Magier – vorgeblich – aus Dan Shocker’s Grusel Kabinett (was wieder eine andere Geschichte ist) warten musste, hatte mich die im September gestartete Serie doch nur bedingt überzeugen können (was dann dem Abschlussband der Serie endlich gelang).

Zumindest wollte ich mal kurz reinlesen. Man würde ja sehen. Sicherheitshalber nahm ich den Stapel erworbener Romane mit in meine Leseecke, falls ich fand, ich bräuchte eine Alternative.

Also ab in den Lesesessel, Tasse Kaffee daneben und eine Zigarette.

Dann las ich die ersten Zeilen...

... und eine Stunde später erwachte ich wie aus einer Trance und der Roman war gelesen. In einem Rutsch, ohne Pause. Kaum geraucht. Der Kaffee war kalt geworden.

Der Roman war atmosphärisch dicht, in sich schlüssig und unglaublich spannend. Das war definitiv einer der besten Heftromane, die ich bisher gelesen hatte. Ich war völlig in dem Text versunken (und als ich kürzlich einen Bekannten auf die Serie stieß und ihm drei Romane gab, erging es ihm ähnlich: Er wollte nur mal reinlesen und ehe er es sich versehen hatte, war er mit dem dritten Roman durch).

Etwas Vergleichbares hatte ich gut zehn Jahre zuvor erlebt, als ich meinen ersten Horrorheftroman gelesen hatte.

Was hatte ich nun gelesen?

Ein Dämon mit vampiristischen Neigungen hauste in einem Spiegel und das Spiel eines alten Spinetts setzte ihn frei. Blutrünstig machte er sich daran, sein Unwesen zu treiben.

Der Bösewicht unterschied sich auch wohltuend von den Dämonen anderer Serien, die oft genug nur Karikaturen waren und die sich Redeschlachten mit dem Helden und untereinander lieferten, die an Kleinkinder im Sandkasten erinnerten. Nein, dieser hier geschilderte Dämon mit den Neigungen eines Vampirs war schon klug beschrieben.

Ich hatte köstlich gezeichnete Nebenfiguren wie Lieutenant Clancy erlebt.

Das beste aber: Der Held betrat auf Seite zwanzig die wohl bereitete Bühne der Handlung (es gab Romane, da tauchte Gordon Black erst zur Halbzeit – also noch gut zehn Seiten später - auf). So entwickelten die Autoren Thackery (es war übrigens Horst Hübner) und Danger (Rahn) die Geschichte erst, bevor der Held da hinein gebracht wurde und die Situation bereinigte.

Was bei der Planung, die Horst Hübner in seinem Artikel Gordon Black, Versuch einer Rekonstruktion nachzuzeichnen versuchte, gelang, war der Ausgangspunkt der Serie bzw. des Helden.

In vielen Serien stolpert ein unwissender Held in die Welt des Unheimlichen und er ist der Erbe einer Macht oder ein prädestinierter Kämpfer des Bösen. Das war unter anderem bei Macabros, Professor Zamorra, dem Dämonenkiller, Der Magier und Damona King so. Im Verlauf der Handlung wurde das auch bei John Sinclair herausgearbeitet, eben mit der ersten Vampir-Trilogie, wo sein Kreuz etwas "ganz Besonderes" wurde und – ich glaube mich dunkel erinnern zu können – der Begriff ‚Sohn des Lichts’ fiel. In Band 84 „Das Buch der grausamen Träume“ ging das weiter.

Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gab noch einiges mehr an Serien- und Subserienhelden.

Und je häufiger das vorkam, desto mehr überkam den geneigten Leser ein deja vu ...: Ach, schon wieder einer, toll.

Der Magier – eben der aus Dan Shocker’s Gruselkabinett – war mit dieser Prämisse zwei Wochen vorher an den Start gegangen (und das war eben nicht besonders originell).

Je mehr Horrorserien es gab, desto weniger Sinn ergab ein solches Vorgehen. Erst recht dann, wenn der Held nicht auf zyklische Entwicklung angelegt, sondern auf den Kampf gegen den Dämon der Woche oder das Monster des Tages ausgelegt war. Diese Helden (Modell ist dabei Larry Brent) sind quasi wie Polizisten, die einen Fall lösen, um gleich darauf den nächsten zu beginnen.

Für die gab es nach fünfzehn Jahren Horrorheft keinen wirklichen Grund mehr, einen Anfänger ins Gefecht zu senden. So ist Gordon Black auch von vornherein ein wohl präparierter Kämpfer wider das Böse.

Gut so! Richtig so!

Gordon Black konnte gleich in medias res gehen, konnte gleich loslegen und brauchte nicht ein paar Vampire, Zombies und Werwölfe zum Üben, um ein guter Geisterjäger zu werden.

Die Ausstattung des Helden wich wohltuend von dem üblichen Zeugs ab, das man den Helden so mitgab. Kein Kreuz, kein Amulett hing um den Hals des Dämonenjägers.

Horst Hübner beschrieb ja bereits das Hexenmesser mit der roten Schnur, die Statue der Göttin Aradia und die Anrufung Adonays, sowie kurz den Dogu am Hals seiner Co-Heldin Hanako Kamara.

Das faszinierte mich...

Aber die ultimative Waffe Gordon Blacks war die Dämonenpeitsche. Viele Sinclair-Fans meldeten immer wieder an, die wäre doch bei Sinclair geraubt (und Horst Hübner räumte das auch ein). Aber ... und ja dieses „Aber“ musste kommen ... wenn man sich mal anschaut wie Jason Dark die Peitsche beschrieb und wie Hübner, werden Unterschiede deutlich:

„Die Dämonenpeitsche ist ein röhrenartiger Stab, aus dem drei grünlich flimmernde und flirrende Riemen fallen, wenn man damit eine kreisende Bewegung über den Boden beschreibt.
Die Riemen bestehen aus der Haut des Dämons Nyrana, dem Herrn der roten Hölle. Die Peitsche ist ungefähr so lang wie ein Männerunterarm und hat einen seltsam warmen Griff, der ein Eigenleben der Peitsche vermuten läßt.
Trifft die Peitsche einen Dämon oder Untoten, so zergeht dieser zu Staub, oder wird in eine andere Dimension geschleudert.“
(aus gruselromane.de)

Die Version der Peitsche in Gordon Black liest sich folgendermaßen und man merkt, dass kaum mehr als die Bezeichnung von Rellergerd übernommen wurde:

Seine Hand verharrte über einem geflochtenen Peitschenstiel. (...) Die fünf Schnüre der Peitsche waren säuberlich aufgerollt, nach einem ganz bestimmten Muster. (...) Es handelte sich um eine Dämonenpeitsche. Jede Schnur war aus einem anderen Material – und hatte eine andere Bedeutung und Wirkung.
Eine Schnur war aus der Haut der Paradiesschlange geschnitten, eine war die Beinsehne des gefallenen Engels Leviathan, die dritte stammte aus dem Knäuel, das einmal der berühmte Gordische Knoten war, die vierte kam aus dem Seil, mit dem der Verräter Judas sich erhängt hatte, und die letzte war die Seidenkordel, mit der die Henker der osmanischen Herrscher ihre Opfer erdrosselten.
Die Energien aller Untaten, die mit den einzelnen Teilen je begangen, die Flüche und Verwünschungen, die ihn anhafteten, machten sie in ihrem Zusammenwirken zu einer fürchterlichen Waffe.
Eine Waffe, aus dem Bösen entstanden und für den Kampf gegen das Böse gedacht.

(aus "Der Spiegel des Grauens", Gordon Black 1 von Norman Thackery, Köln 1982)

Die Peitsche war auch kein Allheilmittel, denn sie funktionierte nicht.

Doch man sehe sich die Konzeption der Peitsche an. Welch ein Unterschied zum Rellergerdschen Machwerk. In die Blacksche Waffe wurde einiges an Gehirnschmalz investiert, wie eben auch in den Rest der Serie, was wohl in erster Linie Horst Hübner geschuldet ist.

Dieser erste Roman machte neugierig auf mehr ...

Doch, oh Gott, erst in vier Wochen sollte es den nächsten Roman geben. Das hatte bei Macabros funktioniert, aber da stand auch Dan Shocker als Autor drauf. Aber trotzdem erschienen noch neunzehn weitere Romane, denen ich mich zuwenden konnte und die ich heute – ein Vierteljahrhundert später – noch in guter Erinnerung habe.

Dazu ein andermal mehr...

(Fortsetzung hier...)

Kommentare  

#1 Norbert 2008-03-13 19:58
Hallo Hallo
Tagen wir da nicht ein wenig zu dick auf? Mit der Zeit neigt man dazu, einiges aus der Vergangenheit zu glorifizieren. Ich bin absolut Deiner Meinung, dass GORDON BLACK aus der Einheitsgrütze herausragte und seine Orientierung an klassischen Stoffen (die die Autoren wohltuend ernst nahmen) ein angenehmer Kontrapunkt war.
Ich verstehe, dass man manchmal ins Schwärmen kommen kann (geht mir ja auch so - siehe LERCHENLICHT), aber es liest sich beinahe so, als hätte es vorher den innovativen DÄMONENKILLER, die aussergewöhnlichen Stoffideen von Dan Shocker oder auch die bemerkenswert respektlosen frühen A.F. Mortimers nie gegeben, bzw müssten diese sich in der Truhe verstecken.
GORDON BLACK war und ist eine Heftserie. Sie hat eindeutige positive qualitative Unterschiede vorzuweisen, aber sie ist nicht der Mittelpunkt des Universums.
#2 Harantor 2008-03-13 20:27
Nee, der Dämonenkiller muss sich nicht verstecken (weiß Gott nicht), auch der frühe Tenkrat nicht, natürlich nicht Dan Shocker und auch manch andere Sachen nicht (wie Hugh Walkers Vampir- Romane, diverse weitere Vampir-Horror-Romane).
Aber ... dieser Roman hat mich überrascht und begeistert. -
In den folgenden Artikeln will ich das auch noch relativieren. So groß die Begeisterung war, die Romane zu lesen, die Serie ist - für ein Heft - außergewöhnlich gut geschrieben. Doch der sie ist nicht der literarische Olymp. Aber das kommt noch. Warte ab.
Dieser erste Artikel sollte nur die (erste) Begeisterung zeigen... Der Alltag kommt - Doch das Fazit wird am Ende aber sein: 20 sehr gute Heftromane. - Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Was ich mit vielen Worten sagen will: Die objektive Einordung kommt noch - das hier ist subjektiver erster Eindruck

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