Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Hexenhammer - Hunters jugendfreier Bruder - Bd. 289/13 Das Dämonennest

Hexenhammer - Hunters jugendfreier BruderBand 13 (Vampir Horror Roman 289)
Das Dämonennest
von Earl Warren (Walter Appel)

Derek Hammer, der Hexenhammer, seine Freunde Vesta, Red und Nappy sind zusammen mit den Magiern Mascara Snake und Chergui sowie der Ärztin Odetta Malisle unterwegs im Hohen Atlas auf dem Weg zum Magus und seinem Dämon Lemuron.

Ihr Ziel ist eine uralte Speicherfestung in den Bergen.


Hexenhammer - Hunters jugendfreier BruderWieder einmal geben sich Derek &Co als Gefangene der angeblichen Magusdiener Snake und Chergui aus, die aber mittlerweile auf ihrer Seite stehen.

Die Ereignisse überschlagen sich. Der Steingötze, den sie mitgeschleppt haben, erwacht zum Leben. Arganthonios, so sein Name, drängt sie zur Flucht. Im Dorf laufen nur Lamuronsklaven mit Buckeln herum. Irgendjemand schreit so fürchterlich, dass die Festung bebt. Das ist der Dämon Lemuron, der krank ist. Der Magus ignoriert die Gefangenen erst einmal und befiehlt Snake, Chergui und der Ärztin, jeder mit seinen Mitteln für Lemurons Genesung zu sorgen. Ob es das modifizierte Gift der Schlangen und Skorpione ist, über das Snake gebietet, das Wetter, das der Wettermacher angenehm machen soll, oder eine Gentherapie, die die Ärztin mal so eben auf die Beine stellen soll, egal was. Zwischendurch essen alle Sklaven einschließlich Magus gelegentlich Phosphat, was Lemurons Schmerzen lindert. Derek & Co landen im Kerker, bewacht von Lemuronen, künstlichen Monstern aus schwarzem Nebel.

Nun will Hammer sein Überich aktivieren, um den Dämon zu vernichten. Tatsächlich erhält er Kontakt und erfährt, dass sein Überich niemand anderes als die Persönlichkeit des kleine Joey ist, der damals bei der ersten Séance zur Beschwörung Lemurons verschwand, um dann als Derek Hammer großgezogen zu werden. Die gute Nachricht ist, dass Derek trotz seiner offensichtlich gespaltenen Persönlichkeit nicht schizophren ist, die schlechte, dass das Überich den Magus und Lemuron nicht direkt angreifen kann, weil es da eine mysteriöse Sperre gibt. Der kleine Joey in Hammers Kopf hat Angst und weigert sich, etwas zu tun. Derek & Co sind geliefert.

Lemuron wird immer kränker und tobt herum, während Snakes und Cherguis Magie ihn insgeheim noch kränker machen. Derek belabert sein Überich, ihm doch zu helfen, und das Überich peinigt ihn mit diversen Visionen, wie Lemuron seine Freunde umbringt, um ihn zur Flucht zu verleiten. Nicht einmal die Aussicht, vielleicht Hilfe von dem Steingötzen zu bekommen, stimmt den kleinen Joey um. Währenddessen entdeckt die Ärztin, dass Lemuron von Viren befallen ist. Offenbar bekommt ihm die irdische Luft nicht.

Dann ist es soweit. Magus will seine Gefangenen Derek und Vesta dem Dämon zum Fraß vorwerfen. Das missfällt dem atlantischen Steingott, der eigentlich ein persischer Steingott und dem Magus hilflos ausgeliefert ist. Der putzige Vampiropa Nappy bekniet nun die Statue, Hammer doch zu helfen. Planlos bettelt er auf den Knien und ruft wahllos antike Beschwörungsformeln, und zufällig funktioniert eine.

Derek und Vesta sollen zu Tode gestürzt werden. Magus outet sich in seinem Triumph als Dereks Vater, der einzige Überlebende der Séance auf Pooka Manor. Er hat den Keim des Überichs in ihn hineingepflanzt, als er noch in den Windeln lag. Darum auch die Sperre. Derek wird in die Tiefe gestürzt, aber Arganthonios meldet sich und teilt ihm telepathisch mit, dass der Magus gar nicht mehr sein Vater, sondern Lemuron selbst ist. Die Sperre zerbricht, Derek verwandelt sich in den brennenden Mann. Er vernichtet den Magus - der eigentlich bei der Séance damals alle retten wollte, seitdem aber von einem Lemuronableger beherrscht wird -, vernichtet den Dämon und die Festung und rettet seine Freunde. Am Ende findet man den bewusstlosen Derek im Gelände, und Vesta verkündet, dass auch ihr Leben keinen Sinn mehr gehabt hätte, wäre Derek gestorben.

DIE MEINUNG
Und damit endet der erste Zyklus von Hexenhammer. Hier wird alles aufgelöst und zu einem dramatischen Höhepunkt geführt. Zumindest theoretisch.

Walter Appel setzt auf Action im Atlas, und so etwas kann er ja. Also passiert viel. Dummerweise mussten die Macher nebenbei den Bogen bis zu Band 1 schlagen, und da gerät der Roman gewaltig ins Stottern. Im Nachhinein erweisen sich die meisten Pläne und Taten der Bösen tatsächlich als so sinnfrei, wie sie erschienen; selten ist ein Pabel-Zyklus so wirr und schlecht durchkonzeptioniert gewesen wie dieser. Hier will nichts zusammenpassen.

Einerseits will der Dämon Lemuron die Welt beherrschen, andererseits machen ihn Viren krank. Mal davon abgesehen, dass die Idee spätestens seit H.G.Wells und seinen Marsaliens wenig originell ist, wirkt sie im Kontext eines Gruselromans nur albern. Was für eine Pointe. Das Höllenwesen holt sich einen Schnupfen.

Hammers eigenständiges "Überich" ist noch immer der kleine Joey und damit bloß seine abgekapselte Persönlichkeit als Kind, die über gewaltige parapsychische Kräfte verfügt. Aber seiner geistigen Gesundheit schadet das nicht. Zwar hat er irgendwie zwei Persönlichkeiten in seinem Kopf, ist aber wie ausdrücklich betont keineswegs schizophren, nein! Das wirft so viele Fragen auf, die natürlich alle nicht angerissen werden. Glücklicherweise ist der kleine Joey sehr vernünftig für sein Alter, sonst hätte der Hexenhammer – auf den Hammer ja nie Einfluß hatte – aus seinen Feinden Hackfleisch gemacht statt sie immer nur zu belabern.

Der Magus, sein Hauptfeind, ist sein Vater. Man kann nur spekulieren, ob diese – im Grunde nicht mal üble - Idee von Anfang an da oder erst gegen Ende entwickelt wurde. Betrachtet man die Vorromane, macht nicht eine der vorigen Begegnungen der beiden Kontrahenten noch irgendwelchen Sinn, was das Letztere vermuten läßt. Nicht einmal in diesem Roman ergibt es Sinn, wie wir gleich sehen werden.

Gleich am Anfang gibt es mal wieder die HammerVision™ der großen Niederlage, die Hammer dann praktischerweise vor sich selbst zensiert, weil er "sonst die Wahrheit nicht erträgt". (Und weil der Autor dann auf Seite 4 die Pointe verraten hätte.) Wozu überhaupt eine so konstruierte Szene, die nicht funktionieren kann? Weil es im Expose stand?

Und in dem Stil geht es weiter. Da kann der Magus nicht genug Phosphat in den Atlas schaffen, um seinen rasenden Dämon zu beruhigen, aber ein Gen-Labor für die taffe Ärztin ist kein Problem. Da verkündet der persische Steingott nichts tun zu können, weil der Magus seinen wahren Namen kennt und ihn darum in seiner Gewalt hat, was aber dann keine Rolle mehr spielt, weil der Vampiropa in einer "witzigen" Szene, die direkt aus einer Filmklamotte der Zeit entsprungen sein könnte, zufällig die richtige Beschwörung ruft.

Und dann der missratene Höhepunkt. Da verkündet der Magus dem gefangenen Derek Hammer auf Seite 56, dass er sich über ihn und den brennenden Mann noch immer nicht im klaren ist, nur um auf Seite 59 ohne jeden ersichtlichen Anlass zu rufen "Luke, ich bin dein Vater!" Das ist nicht dramatisch, das ist nur noch dämlich. Was der Höhepunkt des ganzen Zyklus hätte sein sollen, das Verhältnis Hammer/Magus, was allein genug Stoff für einen halben Roman hätte sein müssen, wird in wenigen Worten nebensächlich abgehandelt und zum absoluten Antihöhepunkt.

Auch wenn das größtenteils mit viel Tempo geschrieben und darum flotter als die meisten der Vorgängerromane ist, ist es als Abschluss einer Zyklushandlung ein völliger Reinfall.

So wie der ganze Hexenhammer. Als Gruselroman betrachtet ist das alles fad und uninteressant, alles ist dem Diktat unterworfen, bloß keinen Anstoß zu erregen, sprich keine Neuauflage des Dämonenkillerdebakels zu provozieren. Die Kunst, ein Omelett zu machen, ohne Eier zu zerschlagen.

Vom Handwerk von Zyklusautoren betrachtet ist das einfach nur schlecht gemacht. Es wimmelt von peinlichen Fehlern, die selbst eine nur halbwegs sorgfältige Redaktion hätte ausbügeln können, es aber nicht tat. Die Abstimmung unter den Autoren ist bestenfalls flüchtig, die gravierenden Anschlussfehler sprechen für sich. Die wenigen guten Ideen wie der Konflikt zwischen Grenzwissenschaften und echter Magie oder das Familiendrama der Hammers wurden nie vertieft – sie wurden nicht einmal vernünftig thematisiert. Stadtdessen gab es einen langweiligen Helden, dessen gewaltloses Gutmenschentum schon groteske  Züge annahm, unsägliche Konzepte wie die Banshees, die inkompetenten Magus-Handlanger und grausliche Figuren wie Nappy, den Vampir mit den dritten Zähnen, dem schon vom Blutgeruch schlecht wird. Was für ein Brüller.

Es bleibt abzuwarten, ob der zweite Zyklus weniger konfus und besser geschrieben ist.

DAS TITELBILD
Das Titelbild von JAD passt hervorragend zu einem romantischen Vampirroman. Was es blöderweise nicht ist. So ist es völlig beliebig.

Zum Artikel - Zur Übersicht

 

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles