Der Luftpirat und Matthias - Band 8 Die Meuterer in der Mandschurei
Band 8 –
Die Meuterer in der Mandschurei
Band 8 – Die Meuterer in der Mandschurei
Die Stadt Mukden (heute Shenyang) im russisch-japanischen Krieg 1905
Europa, um 1905. Kapitän Mors war einst ein genialer Ingenieur, der im Kaukasus lebte. Auf seine großartigen Erfindungen wurde bald ein Ring von hochkrimineller politischer Abenteurer aufmerksam, die versuchten, ihn in seine Ziele einzuspannen. Als Mors merkt, das er benutzt wird, versucht er auszusteigen. Die Verschwörer ermorden seine Familie und stellen es so hin, dass er für schuldig gehalten wird. Im Geheimen baut der Ingenieur mit anderen Verfemten und ihm treuen Gehilfen ein gigantisches Kriegs-Luftschiff aus Metall, rüstet es mit hypermodernen selbsterfundenen Superwaffen aus und räumt zunächst unter seinen Feinden auf, die er in den Wirren der russischen Aufstände 1905 in Odessa in einer Art Privatkrieg grausam hinrichtet.
Danach zieht er als Robin Hood der Lüfte durch die Welt und überfällt Schiffstransporte, Gold- und Diamantenminen, um das Geld den Armen zu schenken. 1904 und 05 läßt er sich in die Kämpfe des russisch-japanischen Krieges verwickeln. Nachdem Mors in Port Arthur schlimmste Massenvernichtung verhindert hat, zieht das Luftschiff weiter zum Ort einer entscheidenden Monsterschlacht – Mukden in der Mandschurei...
Minski gibt ihnen einen Tag Bedenkzeit. Doch kaum ist er gegangen, tauchen chinesische Banditen auf, um den Händler zu berauben und Olga als Sklavin zu verschachern. Im letzten Moment – klar! - Trara – steht unser Luftpirat auf der Schwelle, wütet mit seiner Superwaffe, dass die Körperteile nur so umherfliegen und rettet die beiden. Mehr noch: Er organisiert ihnen einen Platz in einem der letzten Züge. Dabei erfährt er vom verschollenen Landau.
Mors verspricht, ihn zu finden.
Derweil tobt Minski, weil sein erpresserischer Plan nicht funktioniert hat. Mit meuternden russischen Soldaten beschließt er, den Zug zum Entgleisen zu bringen, um sich die Reichtümer des fliehenden Italieners anzueignen.
Derweil entdeckt und befreit Mors den deutschen Gelehrten aus den Händen von Söldnern – wie sich herausstellt, hat Minski ihn aus Eifersucht von Kumpanen in einem unterirdischen Kerker festsetzen lassen. Gemeinsam reisen Landau und der Pirat mit dem Luftschiff dem Zug nach.
Doch zu spät! Minski ist es gelungen, die Bahn entgleisen zu lassen. Wie durch ein Wunder befinden sich aber Olga und Donetti in einem Waggon, der kaum beschädigt wurde. In einem finalen Kampf besiegt Mors die Söldner, tötet Minski und vereint Landau und Olga.
1905. Die russische Armee ist auf dem Rückzug. Nicht nur das Militär, auch die Bevölkerung verläßt panisch zu Tauenden die Stadt Mukden, nicht nur aus Angst vor den Japanern, sondern auch vor chinesischen Plünderern. Die kulturelle Vielfalt der Stadt liegt in Trümmern: Einwohner und Gäste aller Nationen versuchen, die letzten Züge zu ergattern. Der italienische Händler Donetti hat zu lange gezögert. Seine Tochter flehte ihn immer wieder an, zu warten – weil im Tumult ihr Geliebter, ein deutscher Gelehrter namens Landau, verschollen ist. Nun gibt es keine Möglichkeit mehr, die Stadt zu verlassen. Oder doch? Der schmierige Pole Minski, ein Bediensteter (Proviantmeister) auf russischer Seite, läßt durchblicken, dass er beide aus Mukten schmuggeln kann, wenn Olga (seltsamer Name für eine Italienerin, aber vielleicht hat sie eine russische verstorbene Mutter?) ihn heiratet. Beide lehnen das Angebot ab.
Kommentar
Kein schlechtes Heft! Sogar sehr packend geschrieben, diesmal fast ganz aus der Perspektive der fliehenden Einwohner der Stadt. Der Luftpirat spielt nur eine Nebenrolle als nötiges
deus ex machina. Fast ist dies, vor allem im ersten Teil, zu gewichtig und düster für ein Groschenheft, sehr realistisch schildert der Autor die Stimmung im vom Untergang geweihten Mukden, die herumschleichenden Plünderer, den panischen Kampf um letzte Plätze im Zug.
Eine Marotte alter Heftromane ist hier – wie oft – jedoch sehr grell und exemplarisch zu besichtigen.
Ein Hauptvorwurf der Literaturkritik an den Heftroman war immer, dass hier die Charaktere, besonders die negativen, nicht entwickelt werden, sondern man ihnen die negativen Eigenschaften einfach draufpappt wie Etikette. Ein bißchen hat sich das nach dem zweiten Weltkrieg gewandelt. Durch stille Übereinkunft zwischen Leser und Autor gehen beide Seiten davon aus, dass Dämonen, Vampire und ähnliches Gesocks einfach böse ist, es muss gar nicht mehr ausdrücklich gesagt werden. (Natürlich nehme ich hier späte differenziertere Bastei-Serien wie Vampira und Maddrax aus.)
Minski – der Autor hätte es so leicht, ihn als gebrochene Figur aufzubauen. Ein Proviantmeister, verliebt in eine reiche Italienerin, die einen geschniegelten deutschen Interlektuellen liebt, das könnte einen zweiten Jago abgeben.
Aber nein, man muss ihn zu einem Oberscheusal machen, der einfach nur – erzböse ist.
„(...) ein schlechter Mensch(...), ein Mann, der trotz seiner Jugend schon ein wüstes Leben geführt hat, ein Wüstling und Verschwender, ein Spieler und vielleicht auch ein Betrüger“.
Während andere Figuren rufen, sprechen, reden, kann Minski im Text nur höhnen, knirschen, flüstern, zischen, er wirft tückische Seitenblicke und wütet. Ganz schön schablonig! Aber so ist sie halt, die holzschnittartige Welt des Heftromans vor 1916.
Sieht man mal davon ab, ist dies beste Unterhaltung und auch heute noch amüsant zu lesen – und vor allem kurzweilig.
Der lustigste Satz
Ist heute gar nicht so lustig, eher makaber. Ein Satz sticht wegen des unbeabsichtigten Beziehungsreichtums ins Auge. Wieder mal sorgt sich die Besatzung des Luftschiffs um ihren abenteuerlustigen Käpten.
„Die Mannschaft des rätselhaften Fahrzeugs suchte nach dem Kapitän Mors. Die Getreuen des Geheimnisvollen fürchteten vielleicht, dass ihr geliebter Führer bei der Katastrophe verwundet oder gar getötet sein könnte.“
Der geliebte Führer... Inwieweit Kolportageliteratur die Sehnsüchte eines Volkes nach dem starken Mann mit geschürt hat, ist weitgehend unerforscht. Solche Formulierungen deuten darauf hin, dass derartige Sehnsüchte schon 1910 längst bei Lesern und Autoren geweckt waren. Oder bedienten sich die Nazis (Hitler war ein begeisterter Karl-May-Leser) einfach sehr geschickt dieser alten Mythen vom unfehlbaren „Führer“ in der Unterhaltungsliteratur?
Das Cover:
Haut diesmal richtig rein! Bisher mein Lieblingscover mit viel, viel Action, fast ein Wimmel-Bild für Erwachsene. Im Hintergrund der entgleiste und brennende Zug. Im Vordergrund ballert Mors in die Menge der rebellierenden Soldaten. Und oben schwebt düsterdrohend das Luftschiff, herrlich gelbe Scheinwerfer auf die Katastrophe richtend, die fast aussehen wie marsianische Strahlen aus einem Wells-Roman. Das nenn ich mal ein aufregendes Jahrhundertwende-Cover!
Übersicht:
Kommentare
Es fällt auf, dass es trotz allem exotischen Krawumm meistens der gleiche Plot ist. Die junge Frau in Not, deren Unschuld gerettet werden muss. Ich hätte eigentlich gedacht, dass es hier mehr um geschlossene Männertümelei geht.
Ja, die ersten Hefte folgen oft diesem Damsel-in Distress-Muster. Aber nicht alle - letztes Heft kam ohne aus. Bald ändern sich die Schemen, (auch wenn das Muster immer wieder mal auftaucht) - da erweist sich die bedrohte Dame auch mal als Schurkin - oder männliche Mitstreiter des Käptens laufen Amok... Auch das wird dann phasenweise zur Manie.
Wenn man davon ausgeht, dass die Mannschaft dem Luftpiratenkapitän freiwillig folgt (ich kenne jetzt dem Roman nicht), muss es irgendetwas an ihm geben, weswegen die anderen ihm folgen. Er muss also wahrscheinlich eine Autorität sein, jemand, der das Kommando gibt - aber das "Führen" ist hier wohl tatsächlich im Wortsinn ohne gemeint.