Macabros revisited - Folge 18 Mogelpackungen ...
Folge 18
Mogelpackungen ...
Auch in dem wartet man - und zwar auf das im Titel prangende Geheimnis. Zu Beginn des Romans setzt das Energiewesen D´Dyll-vhon-Ayy seinen “Passagier” Björn Hellmark auf einer Welt ab, auf der sich - wie es der Zufall will (oder die Geschicke des Bösen, je nachdem woran man lieber glauben möchte) nicht nur die ominösen Grauen Riesen sondern auch das Blutsiegel des Molochos befindet. Bevor der Held allerdings Kontakt mit den den Grauen aufnehmen kann, muss er erst einmal einen Ritt auf einem gigantischen Saurierähnlichen Wesen überstehen, welcher sich als überaus schwierig erweist und sich dementsprechend in die Länge zieht, da Hellmark - um seine Kräfte zu schonen - zunächst darauf verzichtet, seinen Doppelkörper einzusetzen, und sich mit dessen Hilfe einfach von dem Vieh herunterzuversetzen.
Die Geduld des Lesers wird dadurch zwar weniger geschont, als vielmehr strapaziert, zumal das Tier auch keine größere Rolle spielt, als den Helden nur eine Zeitlang zu beschäftigen. Doch auch die ach so geheimnisvollen Grauen Riesen erweisen sich - wenn auch durchaus eine gewisse Faszination von ihnen ausgeht - letztlich als gar nicht so geheimnisvoll. Tatsächlich gibt es im Grunde gar kein großes Geheimnis, welches sich um sie rankt und wie es uns der Titel so vollmundig verspricht. Beinahe beschleicht einen hier der Verdacht, dass der Autor den Begriff “Geheimnis” nur deshalb so oft im Zusammenhang mit den Grauen verwendet, um von diesem Umstand abzulenken… Immerhin stößt Hellmark dafür bereits in diesem Roman auf das ominöse Blutsiegel, wobei dieses schon eher ein Geheimnis in sich birgt.
In der Nebenhandlung begegnen wir nach längerer Zeit mal wieder einem Schwarzen Priester, welche sich ja in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckerten, was ihrer Herangehensweise an die Beseitigung des großen Feindes Hellmark angeht. Und als sollte diese Kette der Unzulänglichkeiten nicht unterbrochen werden, legt auch dieses Exemplar einen doch eher jämmerlichen Auftritt hin. Zwar scheint er sich wenigstens besonnen zu haben, dass es doch schneller und einfacher wäre, Hellmark kurzerhand zu erschießen, als irgendwelche unfähigen Dienerkreaturen auf ihn zu hetzen, allerdings hat er dann in seinem Eifer leider die Dämonenmaske und deren verheerende Wirkung auf seine Gesundheit vergessen…
Immerhin gelingt es ihm vor seinem Ende noch, Hellmark in das Blutsiegel zu stoßen, was in dem anschließenden durchaus ernste und längerfristige Folgen für den hilf - und machtlos hineinstürzenden Helden hat. Wobei der Begriff Siegel hier eigentlich gar nicht zutreffend ist, zumindest nicht der gängigen Definition nach. Zwar handelt es sich bei dem auf dem Cover abgebildeten Objekt dem äußeren Anschein nach tatsächlich um ein Siegel, allerdings weicht Shockers Beschreibung der Funktion dieses im Roman eher überdimensionalen Gebildes doch deutlich von dem ab, was man sich üblicherweise darunter vorstellt. Vielmehr stellt es (mal wieder) ein gigantisches Tor dar, welches jedoch nicht einfach passierbar ist, sondern den Geist vom Körper trennt, welcher dann in Hellmarks Fall am Ziel in einen scheinbar willkürlich gewählten Körper fährt, diesen aber nicht übernimmt sondern erst mal ein Nischendasein ohne Bewusstsein, geschweige denn irgendwelche Handlungsmöglichkeiten fristen muss.
Mit anderen Worten: Die Zielperson wird zur Hauptperson des Romans, welcher mit der Handlung zuvor nur noch am Rande - eigentlich aber eher gar nichts mehr zu tun hat. Und wer bei dem Cover zumindest noch an so etwas wie ein mittelalterliches Setting gedacht hat, der wird auch in diesem Punkt überrascht, bzw. enttäuscht, denn was Shocker hier abliefert ist ein reinrassiger SF - Roman, der im Jahr des Herrn 2318 spielt. Allerdings merkt man ihm das nicht immer an, vor allem dann nicht, wenn es um die noch immer aus Papier bestehenden Zahlungsmittel geht (es tauchen sogar Banknoten aus dem Jahr 3000 auf…). Wenn man bedenkt, dass selbst im Jahr 2015 bereits darüber nachgedacht wird, Bargeld ganz abzuschaffen, ein nicht sehr futuristisches Element, selbst wenn der Roman aus den 70ern stammt. Auch dass hier im Zusammenhang mit einer Telefonverbindung noch von der damals mundartlichen “Strippe” die Rede ist, passt in dieses Bild.
Dennoch ist das Cover etwas irreführend, wobei auch hier wieder klar sein dürfte, dass es sich nicht um eine Auftragsarbeit handelt, was man wieder an mehreren Hinweisen erkennen kann. Zum einen natürlich an der Zweckentfremdung des Siegels (auch wenn immer von einem solchen die Rede ist) zum anderen muss Shocker natürlich die auf dem Cover abgebildeten Hände, die es halten irgendwie in den Roman einbauen, wobei er nicht sehr viel Einfallsreichtum beweist (die Hände sind halt da und weil das Siegel im Roman riesig ist, sind natürlich auch die Hände riesig…) Was dagegen die eigentliche Handlung dieses kleinen Einschubbandes betrifft, so kann von einem Mangel an Einfallsreichtum wirklich nicht die Rede sein. Im Gegenteil scheint es Shocker ein merkliches Vergnügen bereitet zu haben, mal wieder einen reinen SF - Roman schreiben zu dürfen, inklusive Zeitmaschinen, einem Mordfall, der gar keiner ist, und einer globalen Bedrohung durch eine außerirdische Macht. Einen Björn Hellmark vermisst man hier gar nicht, denn da gab es schon wesentlich schlechtere Einzelromane mit ihm als Helden.
Als nur unwesentlich schlechter stellt sich dagegen der heraus, zumal die Befürchtung, hier wieder einen reinen Chas Morgan Roman vorgesetzt zu bekommen, zum Glück nicht bestätigt wird. Als hätte der Autor selbst gemerkt, dass er den Leser im letzten Band ein wenig in die Irre geleitet und von dem zu Beginn des Zyklus eingeschlagenen Handlungspfad abgekommen ist, beginnt der Roman mir einem ausführlichem Rückblick, der sich nicht nur auf den laufenden Zyklus, sondern sogar auf das gesamte bisherige Seriengeschehen bezieht, wenn auch nur in groben Zügen. Als dann der eigentliche Held Björn Hellmark wieder zum Vorschein kommt, dessen Persönlichkeit sich, wie sich herausstellt, doch nicht so einfach unterkriegen lässt, richtet sogar - zum ersten Mal in der Serienhistorie - der große Gegner Molochos selbst das Wort an seinen Feind.
Nicht, dass dabei sehr viel mehr herumkäme, als das übliche Geprahle und die bekannten Sprüche (von wegen, ich könnte dich sofort töten, aber du sollst leiden, blah, blah), aber immerhin tut sich mal wieder etwas. Und auch wenn wir es hier handlungstechnisch zunächst wieder mit einem scheinbar reinrassigen SF - Roman zu tun haben, welcher mit einer schon klassischen Ausgangssituation aufwartet (der Funkspruch eines vor 150 Jahren verschwundenen Raumschiffs wird geortet) so stellt sich recht schnell heraus, dass dieses ganze Szenario nur eine Art Traumwelt des Molochos darstellt. Ob man das nun bedauern oder sich freuen sollte, dass es in der zweiten Hälfte wieder etwas fantasylastiger zugeht, liegt wohl am Geschmack des Lesers. Dass Hellmark hier endlich wieder einen Hinweis auf die Botschaft aus Tschinandoah erhält (wir erinnern uns, dass diese das große Geheimnis um Molochos lüften sollte), tröstet aber auf jeden Fall über den Umstand hinweg, dass die SF Elemente hier relativ schnell unter den Tisch fallen.
Die Idee, den Helden zu diesem Zweck in einen von Molochos nicht kontrollierbaren Bereich gelangen zu lassen, darf dann auch als gelungen bezeichnet werden. Etwas, was man von der “Ameisen - Story” zwar nur bedingt sagen kann, da sie sich doch etwas zieht, aber auch hier punktet Shocker wieder mit ungewöhnlichen Ideen. Die Handlungsebene um Richard Patrick und seine Mitarbeiter allerdings wirkt in diesem Roman nicht nur deplatziert sondern trübt das Gesamtbild auch durch ein paar Szenen, die eher unfreiwillig komisch als gruselig sind (siehe Zitate).
Doch auch wenn der Autor sich noch einen kleineren Patzer erlaubt, indem er Hellmark dessen wiedererwachte Identität vor Molochos verbergen und ihn darauf achtgeben lässt, sich nicht zu verquatschen - obwohl ihm klar sein sollte, dass der Gegner in seinen Gedanken lesen kann, fühlt dieser Roman sich im Gegensatz zum letzten Band (wenn dieser auch durchaus gelungen war) schon eher wie ein “richtiger” Macabros an. Das Wiedersehen mit Camilla Davies und Alan Kennan trägt zu diesem Umstand bei - auch wenn ihr zufälliges Auftauchen in der unmittelbaren Nähe des Helden wieder etwas an den Haaren herbeigezogen wirkt, aber wenn man sich darüber ärgern wollte, müsste man diese Serie wohl ad acta legen. Und das wollen wir ja nicht…
„Der Vergleich zwischen Rot und Weiß drängt sich einem auf. Ein Weißer oder eine Rothaut ist ein Schwein - also sind alle anderen es auch. Einfacher geht es nicht.“
Sein Gesicht war markant geschnitten. Ein kräftiges, energieverratendes Kinn…
Der Schrei erreichte nicht mehr ungeschmälert ihr Bewusstsein.
Die Atome seines Körpers lockerten sich wieder.
Der Ball - war kein Ball.
Er war nicht ganz rund.
Er hatte Ohren, eine Nase - einen Mund!
Der Kopf lebte noch.
Kommentare
Das Cover von 46 gehört - für mich - zu den Besten, die Lonati je gemacht hat. Einfach umwerfend. Da steckt Stoff für 3 Romane drin - schade, dass das im Roman so lustlos abgehandelt wurde und nur ein Wegwerfprodukt war.
Den Roman und den nächsten hatte ich noch ganz gut in Erinnerung - als ausgesprochen blah. Ich fand Grasmücks SF - ich habe vielleicht ein halbes Dutzend gelesen - immer nur schrecklich, ein Haufen schlichter Klischees, die damals schon weit überholt waren, in einer schlichten Handlung.
Heute - deine Artikelserie inspiriert zum erneuten reinlesen - drängt sich der Eindruck auf, dass die Abenteuer des unerschrockenen Chas Morgan ein Schubladenmanuskript war, das sich hier gut verwursten ließ. Blättert man da so rein, wirkt das Ganze wie eine unbeabsichtigte Scheer-Parodie. Der knallharte Abwehragent mit dem kühn geschnittenen Gesicht (ächz) und sein kleiner, fetter Sidekick Frankie. Woran erinnert das wohl?
Jedenfalls habe ich nach dem "Einschubband" nicht unbedingt danach Ausschau halten wollen
Kann ich mich nicht erinnern. So flexibel war Zauberkreis auch nicht, was punktgenaue Werbung anging. Eigentlich gab es in jedem Heft irgendeine Werbung für andere Verlagsprodukte, ob nun Western, Butler Parker die SF.