Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Satans blonder Engel
Satans blonder Engel
Satans blonder Engel
New York. 1975. Judith Waterman reist zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter Penny aus Vermont nach New York. Dort erwartet sie ihr Mann, der Reverend Luther Waterman. Luther, ein evangelischer Pfarrer, hat hier eine neue Gemeinde im Stadtteil Chelsea, einem Teil von Manhattan, übernommen. Der Vorgänger Reverend Palmer hat Selbstmord begangen. Er ist vom Kirchturm gesprungen.
Judith ist entsetzt von dem düsteren Pfarrhaus, der schäbigen Kirche und der heruntergekommenen Nachbarschaft. Aber als tapfere Pfarrersfrau macht sie gute Miene zum bösen Spiel. Die kleine Penny hingegen findet die Umgebung toll. Sofort plappert sie von unsichtbaren Kindern, die in den Schatten der Kirche leben und ihre neuen Spielgefährten sind.
Luther hat auch mit der Umgebung zu kämpfen. Trotz seiner Bemühungen schafft es er es nicht, die Kirche heller zu bekommen. Etwas mit den Leitungen, murmelt der Elektriker von der Stadt. Die Jugendgang, die hier herumlungert, erweist sich aber als ganz nett. Luther macht die Bekanntschaft von Pater Maldonado, der die Kirche Seven Sisters leitet. Maldonado meldet sich wegen einer in der leer stehenden Kirche verstorbenen alten Frau. Ihre Angehörigen suchen ein Medaillon.
Da verschwindet Penny. Die Watermans suchen sie in der Kirche, man hört Stimmen und sieht sich selbst bewegende Schatten. Penny findet das Medaillon. Im Kirchturm, der eigentlich unzugänglich ist.
Während Judith langsam hysterisch wird und an Geister glaubt, besucht Luther den Katholiken Maldonado in seiner Kirche. Er schüttet ihm das Herz aus und ist dankbar, als der Pater seine Hilfe anbietet.
Beim nächsten Spuk wird die Polizei geholt, und Pater Maldonado kommt auch vorbei. Der Geistliche bietet den Watermans an, einen Exorzismus durchzuführen, da es hier offenbar spukt. Schon der tote Palmer hatte diese Probleme. Luther weigert sich beharrlich. Als Protestant glaubt er nicht an solchen Unsinn.
Judith wird immer hysterischer, erst recht, als sie erfährt, dass der schöne Park in der Nähe einst ein Friedhof war, den man umgepflügt hat. Penny lässt nicht locker mit ihren unsichtbaren Spielgefährten. Luther findet einen mysteriösen lateinischen Text, wie man ihn bei einer Schwarzen Messe betet.
Dann erfahren die Watermans, dass man die Knochen der Toten aus dem Park aus Kostengründen in ihrem Hinterhof beerdigt hat. Luther hält eine Messe vor ihm unbekannten Kirchgängern, die es anscheinend gar nicht gab. Pater Maldonado schlägt erneut einen Exorzismus vor. Da verschwindet Penny schon wieder. Die Polizei wird gerufen. Sogar das FBI kommt. Man findet das Kind nicht.
Während die Polizisten auf einen Entführeranruf warten, setzt sich Judith durch, dass ihr Mann den Exorzismus durchführt. Maldonado kommt und bringt vermummte Helfer mit. Obwohl die Polizei nebenan im Pfarrhaus sitzt, gibt sich Maldonado als Satanspriester zu erkennen. Er hat den Vorgänger Palmer in den Selbstmord getrieben, weil der sich weigerte, die Schwarze Messe zu feiern. Während die mysteriösen Helfer Luther mit dem Messer in Schach halten, will Maldonado Judith auf dem Altar vergewaltigen.
Da kommt Penny dazu, begleitet von ihren unsichtbaren Spielkameraden, und gebietet Maldonado aufzuhören. Es gibt einen Blitz, und die Bösen sind verschwunden. Während man den verletzten Luther und seine Frau ins Krankenhaus schafft, wird die Fahndung nach Maldonado eingeleitet. Aber weder ihn noch seine Kirche Seven Sisters scheint es je gegeben zu haben.
Der Roman "The Darklings" – furchteinflößender als "Der Exorzist", spannender als "Böse Saat", verkündet das Originalcover - ist ein ziemlich langweiliger Roman, dessen Gruselszenen nicht besonders gut realisiert sind. Und die Wendung in den letzten Kapiteln ist derart aus dem Hut gezaubert, dass sie kaum überzeugt.
Julie Cameron ist in Wirklichkeit Lou Cameron (1924-2010), fleißiger Autor von hauptsächlich Taschenbüchern. Zuerst bediente er alle Genre, verfasste Mainstream, Krimis und ein paar Novelisations für recht bekannte Filme und Fernsehserien, darunter ein Roman zu "Kung Fu". Schließlich blieb er bei Western und Pseudonymen hängen. Sein größter Erfolg dürfte 1978 der Adultwestern "Longarm" gewesen sein, dessen Konzept er entwickelte und in der Folgezeit stetig Beiträge beisteuerte, zuletzt noch mit 82 Jahren. Nicht schlecht. Hierzulande größtenteils unbekannt dürften seine Westernserien "Stringer" und "Renegade" sein. Vor allem "Renegade" (1979-1986 als Ramsay Thorne) ist eine Serie, wie sie kein Pabel- oder Basteiredakteur auch nur mit der Kneifzange angefasst hätte. In den anfangs 280 Seiten (mit kleinem Satz) starken Romanen – zum Vergleich, der typische Longarm hatte 185 Seiten - werden die Abenteuer des Amerikaners Dick Walker geschildert, der um die Jahrhundertwende unschuldig zum Strang verurteilt aus der Armee desertiert. In 36 Romanen kämpft und vögelt er sich als Söldner Captain Gringo durch Südamerika, begleitet von seinem Kumpel Gaston und einem Maxim-Maschinengewehr. Harter Tobak. Man muss einen davon gelesen haben, um es wirklich zu glauben. Der englische Ebookverleger Piccadilly Publishing brach die Neuausgabe ab, weil er angeblich befürchtete, gegen das noch immer in Kraft befindliche Gesetz gegen die Verbreitung obszöner Schriften zu verstoßen. Demnächst geht es weiter, aber dann sollen die Sexszenen zensiert sein.
Von "Julie Cameron" gibt es nur zwei Horrorromane. Zuerst folgt der Plot den auf dem Titel beschworenen Vorbildern. Eine heruntergekommene Kirche in New York, wo es am hässlichsten ist, ein Kind in Gefahr durch ominöse Geister, die in den Schatten leben und nur von der Kleinen wahrgenommen werden. Auch wenn man da sofort an den Film "Poltergeist" denkt, erst recht, wenn es plötzlich um einen umgeschichteten Friedhof geht, entstand der Roman gut zehn Jahr vor dem von Spielberg produzierten Film. Die Motive sind hier klar aus "Der Exorzist". Dieser "schreckliche Film", wie ihn Judith sogar im Roman nennt, damit es auch die weniger belesenen Leser schnallen. Was die Kulisse angeht, leistet der Autor ganz gute Arbeit. Cameron hatte definitiv ein Händchen für die prägnante Beschreibung von Land und Leuten, und seine Figuren plaudern gern über Gott und Welt. Sogar der Konflikt zwischen den Religionen – der Calvinist Luther (ha, ha) kann mit den Thesen des katholischen Paters wenig anfangen - wird hier mit überraschender Ausführlichkeit geschildert.
Aber immer, wenn es um Pennys geisterhafte Spielgefährten geht, bekommt die Geschichte ihren Hintern nicht hoch und verschenkt das Thema. Das soll wohl mehrdeutig sein, wenn das Kind immer nur kurz von seinen Geisterfreunden erzählt, der Leser sie aber nie miterlebt. Und die Wendung, dass Maldonado plötzlich ein Satanspriester ist, der hier eine Schwarze Messe mit Luthers Frau als Opfer feiern will, tatsächlich sogar die ganze Zeit so etwas wie ein Dämon gewesen ist, verblüfft den Leser zwar, macht aber bei näherem Hinsehen genauso wenig Sinn wie das Eingreifen von Pennys unsichtbaren Geisterfreunden. Die vertreiben den Dämon, weil … keine Ahnung. Will man was Handfestes über besessene Kinder lesen, sollte man nach John Saul greifen.
Da das Original nicht zum Vergleich zur Verfügung stand, ist unmöglich zu sagen, wie gravierend die mutmaßlichen Kürzungen sind. Für sich genommen ist die Dämonenkiller-Ausgabe ein ziemlich langweiliges Buch mit einem angetackert wirkenden Ende.
New York anno 1975. Eine Stadt am Ende, pleite und korrupt. Die alte Nachbarin Flora im heruntergekommenen Viertel Chelsea (am Hudson) klärt Judith Waterman über die Stadt und ihre Menschen auf. Der zusammengefasste O-Text: "Oben im Norden [gemeint ist Queens] leben die Griechen. Denen ist nicht zu trauen. Am Hafen leben die Puertoricaner. Die haben ihre Messer am helllichten Tag in der Hand.
Aber das meiste Gesindel lebt dank der verfluchten Wohlfahrt in Greenwich Village. Dort hausen nur Drogensüchtige und Penner. Und erst die öffentlichen Schulen. Heutzutage schicken nicht einmal die Juden ihre Kinder auf eine öffentliche Schule. Denn Kinder in öffentlichen Schulen sind alle asozial." Hier sind wir in einem Amerika, wie man es aus Filmen wie "Dirty Harry" (1971), "Ein Mann sieht rot" (1974) und "Taxi Driver" (1976) kennt.
Es versucht zumindest die Idee wiederzugeben.
Das Original
Copyright © by Andreas Decker
Kommentare
Die ungeliebten Stadtteile (und Schulen) wie in New York gab es aber auch hier. Zumindest in Essen... halt Großstadt flair.
Das Titelbild ist sehr weit weg von "gruselig"... aber dafür schön bunt.