Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Die Angst vor dem Weltall – Lovecraft und der Kosmos

Die Angst vor dem Weltall – Lovecraft und der KosmosDie Angst vor dem Weltall
Lovecraft und der Kosmos

In den Chtulhu-Geschichten des Erfinders dieser Idee finden wir die Angst vor dem Kosmos vor dem Fremden, Unbekannten, Bizarren, dem Monster aus dem Weltall. Dieses erscheint aber nicht über rationale Wege  per Raumschiff  auf der Erde wie in (späteren) SF-Geschichten anderer Autoren, sondern es fliegt direkt mit seinen Schwingen durchs Weltall oder wird auf unheimliche Art transportiert (z.B. als Gehirn in einer Kapsel...hier wirft der Perry-Rhodan-Gehirnzyklus seine Schatten voraus...).

H. P. LovecraftOb diese Vorstellung  der Ängste, die weltraumbedingt sind, nun ursächlich in der Psyche des H.P. Lovecraft verankert sind, oder ob es sich eben nur um einen literarischen Kunstgriff handelt, darüber kann nun hier keine Aussage getroffen werden. Ob nun millionenjahrealte bizarre Kulte aus fernen Weltraumtiefen stammen, wie die alten Götter, vom „Rand“ des Kosmos oder aus Orten jenseits des bekannten Universums, in jedem Fall ist bei Lovecraft der Kosmos ein gefährlicher, unbekannter, bösartiger Ort, dunkel, düster und geheimnisvoll... Fremde Wesen sind nicht nur per se fremd. Also „Aliens“, wie wir heute sagen würden, oder „EBEs“. Sondern sie sind deshalb auch böse, weil ihre Interessen denen der Menschen (und der Menschheit) diametral entgegengesetzt sind.

Sie sind schleimig, faulend, pilz-oder pflanzenartig, aber auch andere Formen treten auf. In jedem Falle sind sie bösartig und pervers. Sie betreiben Praktiken, die mit der gewöhnlichen alltäglichen Moralvorstellung des Neu-Engländers (zumindest in den Fassaden der Städte) unvereinbar ist. Doch überall gibt es ja dunkle Stellen, Orte der Verdammnis und Menschen die den fremden Wesen folgen oder ihnen untertan sind. Die halbe Galaxis leuchtet nur, weil sie aus brennenden Objekten besteht, womit nicht der gewöhnliche Sternen-Fusionszyklus gemeint ist, der ja auch noch mehr oder weniger unbekannt war, als Lovecraft die Chtulhu-Reihe schuf. Selbst der arme, soeben entdeckte , damalige Planet Pluto muss herhalten als "Yoggoth", ein finsterer dunkler Planet, bevölkert von grausamen Wesen . Der arme Pluto muss ,weil damals am  dunklen Rande des Sonnensystems gelegen, für viele Handlungen auch bei anderen Autoren herhalten (später noch bis zu den „Bugs“ des Starship-Trooper-Filmserienzyklus oder dem schönen Terra-Astra-Band von Michael Nagula).

Doch diese Ängste genügen Lovecraft noch nicht. Er konstruiert seltsame, „verbogene“ Geometrien nichteuklidischer Art, die aufgrund ihrer Verzerrungen die nichtmenschliche, und damit gefährliche Denkweise der fremden  Wesen symbolisieren.Sie sind eben so fremd, ja sogar aus anderen Kosmen, dass ihre Bauwerke den menschlichen Geist beeinflussen durch bloßes Ansehen. Der Mensch steht dem Fremden, Bizarren, Au0erirdischen nur ängstlich gegenüber, weil er diese bizarren Strukturen nicht begreifen kann, sie sind denkungewohnt, fremd, damit feindlich oder gefährlich. So. zieht sich die Weltangst des HPL vor dem Kosmos durch viele seiner Stories. Dort draußen ist es gefährlich, weil fremde, bizarre Schemata existieren, die nicht zu uns passen. Nur selten findet sich eine handelnde Person, die sich diesen Strukturen annähern will, dann aber auch sofort als rettungslos verloren dargestellt wird. Die Hölle, das ist das Weltall für Lovecraft, hier findet er seine literarischen Ängste hineinprojiziiert, weil eine unbekannte Welt vor ihm liegt, die dies noch erlaubt.

Er wäre heute sicher kein Anhänger der bemannten Raumfahrt, sondern würde nur Sternenkarten malen mit Begriffen wie „dort sind Drachen...“ Auch in der Moderne finden wir in der Horror-SF diese irrationalen Bezüge, welche die inneren Ängste der Menschen vor dem Fremden, Unbekannten  eben nur in das Weltall verlegt, etwa bei  den Filmen„Alien“ oder „Event Horizon“, wo der Weltraum nur die Kulisse liefert für die Furcht vor dem Unbekannten.

Das ist die Botschaft, die HPL eigentlich vermittelt: „Geh' nicht in die Fremde...denn da sind Aliens mit bizarren Vorstellungen, die Dich fressen wollen...bleib' zuhaus und nähre Dich redlich...sei ein guter Amerikaner“. Selbst dort, wo Lovecraft Aufbruchstimmung erzeugt durch Reisen, landet der Protagonist bald an einem Ort mit fremder Kultur, seltsamen Riten und gefährlichen Wesen, der ganze Planet Erde ist von den Chtulhu-Kreaturen durchsetzt, egal, wo Du Dich hinwendest.., Du kannst nicht entkommen.

© 2015 by H .Döring

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2015-09-17 13:34
Zitat:
Er wäre heute sicher kein Anhänger der bemannten Raumfahrt, sondern würde nur Sternenkarten malen mit Begriffen wie „dort sind Drachen...“
Die These klingt nett, aber die Fakten sagen etwas anderes. Der Mann wollte in seiner Jugend Astronom werden, er war Hobby-Astronom, er gab als Jugendlicher 1903 das Rhode Island Journal of Astronomy heraus, das wöchentlich ( !) erschien und von dem 69 Ausgaben erhalten sind, eine Art Astronomie-Fanzine. Er wäre von der Raumfahrt begeistert gewesen.

HPL ist leider etwas komplizierter als hier angemerkt wird. Seine "Cosmicism"-Philosophie besagt, dass es keinen Gott gibt und der Mensch und seine Werke angesichts des Kosmos nicht die geringste Bedeutung haben. Das allein ist ein schwieriges und vielschichtiges Thema . Und ich will jetzt gar nicht auf die Rassismusdebatte eingehen, die sich daraus in letzter Zeit vor allem in Amerika um den Autor entwickelt hat.
#2 AARN MUNRO 2015-09-18 11:58
@Andreas Decker: Deine Aussage widerspricht ja nicht dem obigen Artikel: erstens wurden nur die literarischenProzesse von HPL beurteilt, ich interpretiere hier eher literaturimmanent, Du eher biographisch!...Und zweitens: er kann ja Astronom gewesen sein und dennoch die Dunkelheit und Weite des Weltalls fürchten, aber wie ich oben schon schrieb, das kann ja auch ein literarischer Kunstgriff sein, der nicht auf der Widerrspiegelung der Psyche des Autors Lovecraft beruht sondern allein für seine schreibe vorgesehen ist...andererseits, wer in das Weltall schaut und nur Leere sieht und große kosmische Prozesse, der findet natürlich die Menschheit banal und nichtig, ein sehr sympathischer Zug...und könnte sich fürchten vor dem da draußen! Wir in unserer eher ruhigen kosmischen Ecke haben es ja gut.. Dort draußen könnten ja auch Aliens sein, die uns zu fremd sind...und zu weit voraus.Und eine Million Jahre in der Differenz planetarer Evolutionen ist ja auch nicht viel, in der Entwicklung technischer Zivilisationen hingegen schon.
#3 Andreas Decker 2015-09-21 10:58
zitiere AARN MUNRO:
@Andreas Decker: Deine Aussage widerspricht ja nicht dem obigen Artikel: erstens wurden nur die literarischenProzesse von HPL beurteilt, ich interpretiere hier eher literaturimmanent, Du eher biographisch!...Und zweitens: er kann ja Astronom gewesen sein und dennoch die Dunkelheit und Weite des Weltalls fürchten, aber wie ich oben schon schrieb, das kann ja auch ein literarischer Kunstgriff sein, der nicht auf der Widerrspiegelung der Psyche des Autors Lovecraft beruht sondern allein für seine schreibe vorgesehen ist.


HPL ist mittlerweile gut erforscht, was nicht zuletzt an seinen Tausenden von Briefen liegt. Das macht das mit Thesen so zu einer Sache.

Mein Kommentar bezog sich auf das Zitat. Da geht es nicht mehr um das literarische Element, sondern um das biographische. ;-) Natürlich bleibt das alles nur Spekulation, aber ich glaube, in dem Punkt tut man dem Mann dann doch unrecht.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles