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Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Herrin der Wölfe

Dirk und die VampireDer Vampir-Horror-Roman
Herrin der Wölfe

Der Vampir-Horror-Roman ist eine Legende des Heftromans. Ich bin leider erst nach Einstellung der Reihe auf die Serie gestoßen und habe in den achtziger Jahren jede Menge davon gelesen.

Dreißig Jahre später wiederhole ich das Experiment Vampir-Horror-Roman lesen nochmals. Ob es immer noch gefällt?


Herrin der WölfeHerrin der Wölfe
von Hugh Walker

Vampir Horror-Roman Nr. 16
April 1973 / DM 1,-

Pabel Verlag
Auf dem Weg zur Arbeit hat Thania Lemar, eine junge Reporterin, wieder mal einen Albtraum. Sie träumt von verstümmelten, zerrissenen Leichen die zu ihren Füßen liegen und literweise Blut. Überall ist Blut. Auf dem Boden, an ihren Händen und selbst ihr  weißes Kleid ist blutgetränkt. Der Geschmack und Geruch des roten Lebenssaftes ist überall, bereiten ihr Übelkeit. Und was hat der große, weiße Wolf mit der Sache zu tun der immer nur kurz auftaucht?  An den schrecklichen Traum, der immer dann in ihr Leben drängt wenn der Mond zu einer prallen Kugel heranwächst, ist sie seit frühester Kindheit gewöhnt und er lässt sich selbst mit ärztlicher Hilfe nicht verdrängen. Peinlich wird es nur, wenn sie der Traum am helllichten Tag überkommt und sie nichts dagegen machen kann. Für ein paar Augenblicke ist Thania dann hilflos und zieht oft die erstaunten Blicke der Passanten an. Mit einem „...geht schon“, lehnt sie die angebotene Hilfe ab.

Sichtlich angeschlagen und etwas blass im Gesicht erreicht sie das Verlagsgebäude, wo ihr Kollege Ed Wolf und ihr Chef,  Dr. Weißer,  schon mit einem heiklen Auftrag auf sie warten. Die attraktive, aufstrebende Journalistin soll den scheinbar weltfremden und wortkargen Karel Woiew, der mit einem Rudel Wölfe etwas außerhalb der Stadt Quartier bezogen hat, ein Interview oder Sonstwas aus der Nase ziehen. Mehrere Reporter haben sich an dem bekannten Tierforscher schon die Zähne ausgebissen, woraufhin Dr. Weißer jetzt voll auf Thanias Reize setzt. Widerwillig nimmt sie den Auftrag an. Vielleicht kann sie sich ja so ein wenig von den Träumen erholen oder sich zumindest ablenken, denn in sechs Tagen ist wieder Vollmond. Finanziell lohnt sich der Artikel für sie auch und wenn er gut wird, kann er einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter nach oben bedeuten.

Ein paar Stunden später steigt sie auf einer staubigen Landstraße aus einem Taxi. Nach dem Schild : VORSICHT! WÖLFE! UNANGEMELDETES BETRETEN AUF EIGENE GEFAHR... ist für den Fahrer die Tour beendet. Thania macht sich alleine auf den Weg zu dem großzügig angelegten Hof, der in einer idyllischen Ecke des Pilzachtals, samt Bachlauf, liegt. Ein bedrohliches Knurren stoppt  ihre forschen ersten Schritte und ein großer, roter Wolf stellt sich ihr in den Weg. Das Schild hat also nicht gelogen! Nachdem das beeindruckende Tier sie ein wenig beäugt hat, zeigt er keinerlei Aggression ihr gegenüber und läuft der jungen Frau bis zu den Gebäuden voraus. Als erstes trifft sie auf den verblüfften und mürrischen Gehilfen von Woiew, der es nicht fassen kann, dass Cuon (der Rote)  sie einfach auf das Gelände gelassen hat. Wütend packt er Thania am Arm und gibt ihr einen Stoß, so dass sie zu Boden stürzt. Augenblicklich sind drei graue Wölfe über ihr, die jedoch von Cuon  vertrieben werden. Er scheint ein schützendes Auge auf sie geworfen zu haben. Der Bedienstete, Alexis, ist sichtlich beeindruckt und lässt die junge Frau von den anderen Wölfen bewachen. Da sie, bis  Karel Woiew eintrifft nicht vom Hof kann, sieht sie sich auf der Suche nach einem Telefon ein wenig um und entdeckt schließlich eine kleine Bibliothek. Bücher über Wölfe füllen etliche Regale. Sie schnappt sich eins und setzt sich auf einen der gemütlichen Stühle die um einen Tisch herum stehen. Über dem Buch schläft sie schließlich ein und hat erneut diesen widerwärtigen Traum. Sie läuft einsam durch menschenleere Straßen, ihr weißes Kleid voller Blut...

Erschrocken fährt sie hoch und entdeckt den Mann, der sie schon seit einiger Zeit beobachtet. Er stellt sich als Woiew vor und ist sofort an der Reporterin interessiert. Er möchte herausbekommen warum sein Wolf die Frau so ungewöhnlich friedfertig empfangen hat. Die  Wölfe greifen ohne sein Wort natürlich keinen Menschen an, aber der Rote ist doch einen Ticken wilder als die anderen. Zur Abschreckung von unliebsamen Besuchern reicht es allemal. Woiew schlägt vor, dass sie einige Tage auf dem Hof verbringen soll. Bis dahin kann sie ihren Artikel schreiben, wobei er ihr bereitwillig zur Verfügung steht, und er kann ein wenig nachforschen. Sie willigt ein, obwohl sie das Gefühl hat bei diesem Deal eh nicht Nein sagen zu können. Zunächst führt er seinen Gast aber durch die Gehege und zeigt ihr den Rest der Gebäude. Fünfzehn Wölfe der verschiedensten Rassen hören zur Zeit auf seine Befehle und Gesten. Dann gibt es lecker Essen von Alexis, der ein hervorragender Koch ist. Woiew ist in Thanias Augen zwar kein Traummann, aber er hat  etwas interessantes, animalisches an sich. Schließlich erzählt sie von ihren Albträumen. Woiew spitzt die Ohren und hat schon eine Vermutung: Sie ist ein Werwolf ! Dazu würden dann auch die Träume passen, die in Wirklichkeit Erinnerungen sind. Natürlich glaubt die Reporterin nicht daran, aber in den Augen ihres Gastgebers liegt ein Ausdruck von Wissen und Verständnis.

Eine Gefangene ist Thania auch nicht, denn Karel Woiew leiht bereitwillig seinen Wagen, damit sie aus ihrer Wohnung ein paar Sachen holen kann. Da sich Cuon nicht abschütteln lässt, nimmt sie ihn kurzerhand mit. Überhaupt scheint der Wolf nur noch auf sie fixiert zu sein und bei einer Rangelei zwischen Alexis und dem Tier hält nur ihre Stimme den Mann weiter am Leben.

Die Feststellung, dass Thania ein Werwolf ist bestätigt sich für Woiew immer mehr und er denkt, dass der rote Wolf in ihr seine Gefährtin sieht. Als Kind hatte Thania ein Erlebnis, bei der eine Freundin von einem plötzlich auftauchenden weißen Wolf getötet wurde. Ein weiteres Indiz.

Ein paar Tage später kommt sie vom baden im nahegelegenen Weiher und entdeckt in der Scheune ein fremdes Fahrzeug mit Salzburger Nummernschild. Im Wagen findet sie Papiere die auf den Namen Gerd Rohrich lauten. Von dem Besuch bekommt sie aber nichts zu sehen. Mitten in der Nacht meint sie den spitzen Aufschrei einer Frau zu hören, schläft aber wieder ein.

Am Tag des Vollmonds überschlagen sich  die Ereignisse. Gegen Abend holt sie Karel Woiew ab und geht mit ihr zu den Gehegen. Ein kleiner Schubser befördert das Mädchen in einen Käfig, angeblich zu ihrer eigenen Sicherheit. Ein Gefühl der Gleichgültigkeit und  ein tierischer Hunger auf frisches Fleisch überkommen sie plötzlich. Als Woiew mit einer gefesselten Frau erscheint und  Thania mit ansehen muss, wie er ihr aus nächster Nähe die Kehle aufreißt, kann sie ihre Gier kaum noch unterdrücken. Die Frau jedoch ist für den Rest des hungrigen Rudels bestimmt. Aber da gibt es ja noch Gerd Rohrich, der jetzt an der Reihe ist. Mit ihm ist allerdings nicht gut Kirschen essen, schon gar nicht als er die Kleider seiner Begleiterin zwischen den Wölfen entdeckt. Er gebärdet sich wie ein Irrer und bekommt die Hände frei. Woiew ist überrascht und klappt nach einem Magenhaken zusammen. Rohrich fesselt ihn, verschwindet kurz und kommt mit einem Gewehr zurück. Zuerst schießt er ein paarmal auf Woiew und dann bekommt Thania, die sich inzwischen zu einem weißen Wolf verwandelt hat, ebenfalls eine Kugel in die Schulter. Im Hintergrund sieht sie die Gebäude des Hofes brennen. Ein Feuer ist ausgebrochen. Dann macht Rohrich einen Fehler. Er öffnet die Tür um nachzusehen ob Woiew tot ist und rechnet nicht mit einem Angriff des verletzten weißen Wolfes. Dieser Fehler bedeutet sein Ende. Thania verwandelt sich lautlos und schmerzfrei zurück und versucht Woiew vor den Flammen zu retten. Irgendwann, mitten im Flammenmeer, versagen ihre Kräfte und der Bach scheint die  letzte Rettung zu sein. Schließlich fällt der dunkle Vorhang.

In einem sauberen Krankenhausbett wacht sie wieder auf. Außer ein paar Verbrennungen und Prellungen ist sie völlig gesund. Die Füße haben noch am meisten abbekommen. Das Feuer. Sie weiß nun, dass sie sich die Sache nicht eingebildet hat. Am Nachmittag bekommt  sie Besuch von Kommissar Kraus, dem sie ein paar unangenehme Fragen beantworten muss, der aber auch etwas Licht in die Sache bringt. Angeblich wurde sie von einem großen Mann mit roten Haaren gerettet, der anschließend spurlos verschwand. Zwei Leichen, eine Frau und ein Mann, wurden gefunden. Wahrscheinlich der Besuch aus Salzburg. Im allgemeinen bleibt sie bei der Wahrheit, klammert ihre    Rolle dabei allerdings aus. Geglaubt hätte ihr eh keiner. Überdies verwunderlich ist der Fund von Knochenresten eines Mähnenwolfs. Ein solches Tier gab es nicht auf dem Hof.

Nach ein paar Tagen verlässt sie immer noch leicht gehbehindert das Krankenhaus. Die Polizei tappt weiter im Dunklen und der Fall liegt schon so gut wie sicher bei den Akten. Da Thania bezüglich ihrer Träume endgültig ein Licht aufgegangen ist, besucht sie nochmals ihren alten Psychiater Dr. Ferring.  Aus der Deckung der ärztlichen Schweigepflicht heraus erzählt sie ihm alles. Natürlich glaubt der Arzt ihr nicht und beschließt, es auf eine Probe ankommen zu lassen. In zehn Tagen ist wieder Vollmond, da wird man ja sehen.

Nach ein paar Tagen sind ihre Wunden verheilt und mit den  finsteren Erinnerungen des Wolfs in ihrem Innern hat sie sich auch abgefunden.  Dann kommt ein Päckchen aus Ungarn von Alexis, worin ein Büchlein und ein Brief liegen. Er berichtet ihr vom Tod Woiews in Gestalt des Mähnenwolfes und bittet sie, dessen Aufzeichnungen zu lesen. Der Bitte kommt sie nach und erfährt so die Geschichte über einen Mann, der sich ganz der Forschung rund um das Thema Lykanthropie verschrieben hat und selbst ein lupenreiner Werwolf war. Einst gab es in Bulgarien ein Rudel Wölfe in deren Mitte ein Tier lebte, Zapinsky, das sich durch die vereinten Kräfte der Gruppe in einen Menschen verwandeln konnte. Das diente zur Tarnung um sich besser unter den Menschen=Nahrungsquellen bewegen zu können. Mit der Zeit wurden die Kräfte stärker, aber auch der Bedarf an Menschenfleisch. Wölfe waren nicht mehr gern gesehen und so fing Zapinsky an, speziell Werwölfe zu züchten, die sich unter Menschen bewegen konnten. Woiew forschte in seinem Sinne schließlich weiter und stieß irgendwann auf Cuon. Die letzten Eintragungen galten Thania. Er hielt sie für die nächste Entwicklungsstufe der Lykanthropen, denn sie verwandelte sich nur bei Vollmond in einen Wolf und braucht dafür kein Rudel. Bisher hatten sich nur die Wölfe in Menschen verwandelt.

Nach einem unruhigen Tag macht sie sich auf zu Dr. Ferring, denn heute ist wieder Vollmond. Nochmals warnt sie ihn vor den wahrscheinlichen Folgen seiner Anwesenheit, aber er schlägt sämtliche Sicherheitshinweise in den Wind. Vor einem Spiegel gehen ihm dann die Augen auf, er sieht nur sich. Die Verwandlung beginnt und nach kurzem Erstaunen haut er dem Mensch/Wolfwesen  seine Faust in den Nacken und fesselt sie schließlich mit Handschellen an einen Stuhl und die Verwandlung geht vor seinen Augen  weiter. Schließlich schlüpft sie aus den Fesseln und gibt dem Doktor den Rest. Die Leiche entsorgt sie im Keller in einer alten Truhe. Anschließend zieht sie frische Kleidung an und wäscht sich gründlich.

Als sie einen Brief von einem gewissen Khuon aus Wien erhält, macht sie sich auf den Weg zur genannten Adresse. Natürlich ist es der Rote in Menschengestalt, dem noch fünf andere Wölfe gefolgt sind. Er kann sich jetzt auch in einen Menschen verwandeln, aber das Rudel ist zu schwach um ihm dauerhaft die Kraft zu geben und ein Anführertyp ist er auch nicht. Er bittet Thania das Rudel zu übernehmen und verwandelt sich wieder in Cuon. Das unschuldig wirkende Mädchen nimmt an und geht für ihre neue Familie jetzt sogar gerne über Leichen. Und davon wird es in nächster Zeit einige geben, denn sie ist eine gute Jägerin und das Rudel ist hungrig...

Dirk und sein SenfMein Senf
Seit die  ersten Menschen Zwitterwesen mit Tierköpfen auf Höhlenwände malten  und dem ein paar unwesentliche Jahre später verfassten Gilgamesch-Epos, wo die Göttin Istar einen Schäfer in einen Wolf verwandelte, hat sich auf dem Gebiet Werwolf viel getan. Der griechische König Lykaon gab der ganzen Sache dann noch einen Namen und den Rest besorgten die Sagen und Mythen des Mittelalters oder die Gebrüder Grimm. Die Menschen wussten nun: Werwölfe sind unter uns und Wölfe sind böse Tiere. Als die Hexenprozesse wüteten, stellten die Gerichte auch gerne mal Männer, unter dem Verdacht sie seien Werwölfe, auf den Scheiterhaufen. Hatte Mann stark zusammengewachsene Augenbrauen und war irgendwie ein Absonderling oder politisch im Weg, stand man noch schneller auf dem Haufen. Frauen sagte man eher nach, sie seien auf Wölfen geritten oder haben sich mit ihnen eingelassen. Vermehrt kam es zu diesen Prozessen, wenn die Population an Wölfen überhand nahm oder die Tiere in kalten Wintern nichts zu fressen fanden und den Menschen deshalb näher kamen.  In Bedburg bei Köln fand 1589 ein Werwolf-Prozess statt, bei dem ein Bauer, seine Tochter und seine Geliebte ihr Leben ließen. Ihnen wurde vorgeworfen, 13 Kinder auf schreckliche Art umgebracht zu haben. Da mussten wohl wieder ein paar lästige Menschen verschwinden, denn wahrscheinlich handelte es sich um einen inszenierten Schauprozess. Der Vorwurf ein Werwolf zu sein war wohl, neben dem der Hexerei, ein  beliebter Grund Menschen in die  Flammen zu schicken.

Mit diesen Werwölfen hatten die Kreaturen in Walkers Roman nichts zu tun. Sie gehörten eher zur Gattung  Lupus Hefterensis  oder  Grusellitis-Lykanthropus. Hubert Straßl hat direkt zwei neue Arten von Werwölfen erfunden. Der eine, ein Wolf der durch die geistigen Kräfte des Rudels zum Mensch  wird und von der anderen Seite ein Mensch, der sich in einen Wolf verwandelt, ohne jemals gebissen worden zu sein. Meet me half way... Die Verwandlung spielte dabei eigentlich keine Rolle, hier ging es um die Endgestalt in Form des Wolfes auf vier Pfoten. Seine Kreaturen im Roman waren intelligente Wesen die forschten und über den Sinn ihres  Wolf-Seins sinnierten. Wenn ich an die schönen, alten Werwolfschinken, bevorzugt in Schwarz/Weiß oder an Joe Dantes Film „Das Tier“ denke, waren die Metamorphosen doch eigentlich noch das Beste. Bei Heftromanen konnte man schon mal darauf verzichten. Sätze wie: „...gar grausliche Krallen schossen aus seinen Fingern...Fell wuchs ihm im Gesicht...usw. blieben dem Leser des Vampirs Nr.16  also erspart und wirken auf mich auch oft etwas schnarch und öde. In Filmen kann ich zumindest mehr damit anfangen. Umso besser fand ich die Lösung von HS, und es würde mich nicht wundern, wenn er darüber irgendetwas gelesen hat und dieses dann im Roman verwurstete. In solchen Sachen bin ich leichtgläubig, passend zur trivialen Lesekost und hinterfrage selten etwas. Eigentlich der beste Weg um Heftromane zu lesen. So ganz klappt das bei Straßl aber dann doch nicht, denn für einen Heftroman war sein Sprachgebrauch fast schon etwas too much und manche Sätze ergaben für mich erst  beim zweiten mal lesen einen Sinn. Aber das liegt wohl eher an mir... Zumindest legt er in Sachen  „Verständnis für Randgruppen“  eine Schippe drauf und war zudem noch für bedrohte Tiere unterwegs. Okay, die Menschen in den letzten Jahrhunderten waren jetzt nicht gerade Wolfsfreunde und wenig verständnisvoll, wenn mal wieder ein Schaf fehlte. Außerdem wärmte Wolfsfell ungemein und sah auch noch schick aus. Mit anderen Worten, die Tiere haben echt gelitten und die bösen Killer, wie oft berichtet wurde, waren sie in Wirklichkeit auch nicht. Der Mensch war auf diesem Gebiet viel kreativer und hat die Wölfe in unseren Breiten fast völlig ausgelöscht. Aus dieser Sicht heraus war der Roman eine verdiente Abrechnung mit der Menschheit, wenn man so will.

Der Autor hätte den Roman auch WERWOLF TEIL II nennen können.  Hubert Straßl ist nach dem Haus der bösen Puppen  am Thema Werwolf hängen geblieben, nur dass es diesmal eine Frauwolf gab, die es faustdick hinter den Ohren hatte. Zuerst war sie das unschuldige, aber selbstbewusste Girl (Hallo Jason) der 70er, das jeder mochte und dem keiner etwas böses will und am Ende ist sie eine kalte und berechnende Killerin, die über Berge von Leichen geht. Was für eine  Wesensveränderung. Die gelegentlichen Zwischenrechnungen von Straßl waren eine große Hilfe die Toten zu zählen, die sie seit Kindheitstagen so verbuddelt hat. Woiew legt ihr Bilder mit  Vermissten vor, von denen einige  in Ihren Träumen eine Rolle spielten. Als sie, um sich zu vergewissern, das  heimliche Grab ihres letzten verscharrten Opfers  aufsucht und der Autor schreibt, ihr sei  etwas unheimlich zumute weil der Weg dahin so düster ist, musste ich lachen. Ein echter Schenkelklopfer. Da kam wieder das ängstliche Mädchen zum Vorschein. Vor dem Besuch bei Dr. Ferring packt sie sich schon mal eiskalt frische Kleidung ein und nimmt ein Stückchen Seife mit, Frau will ja nach dem ganzen  Gemetzel und dem fiesen Blut  noch frisch aussehen, aber der Weg war ihr zu düster. Überhaupt sparte  HS  nicht mit Blut und Gewaltszenen, die teilweise recht plastisch beschrieben wurden. Pfälzer Leberwurst würde ich beim lesen nicht gerade empfehlen. Allein die Farben...

Hubert Strassl aka Hugh WalkerThania Lemars Albträume hatten es in sich. Hier zeigte Straßl mal wieder seine feine Schreibe und oft traf bei ihm Poesie auf Splatter (oder so). Man lausche seinen Worten, samt dem scharfen ß.

Das Knurren des Wolfes ließ sie in die Höhe schießen. Ihr Herz pochte wie rasend. Furcht verdrängte die wohlige Sattheit, die sie von innen her wärmte, wie heißer Tee an einem kalten Wintertag. Dann erst sah sie die Leiche zu ihren Füßen. Es war ein Junge. Zwölf vielleicht, nicht älter. Er war blond, seine Züge im Todesschrecken verzerrt, seine Augen glasig, die Pupillen nach oben verdreht. Sein Mund war zum Schrei geöffnet - stumm nun für immer. Die Kehle – zerfetztes Fleisch, aus dem weiß und bläulich Knorpel und Adern hingen. Eine dunkle Nässe überzog alles. Blut. Auch an ihr. An ihrem Kleid, ihren Händen. Selbst in ihrem Gesicht fühlte sie die klebrige Substanz, an die so magisch das Leben geknüpft war.
Sie mußte ihn fortschaffen. Verzweifelt nahm sie den Jungen in die Arme und hob ihn hoch. Ein Schwall von Blut ergoß sich über sie.

Oder etwas direkter...

Ein tiefes Grollen kam plötzlich aus seiner Kehle. Blitzschnell beugte er sich vor und grub seine Zähne in den Hals der Gefesselten. Ihr Schrei erstarb in einem Gurgeln. Es knirschte bestialisch, als Woiews Kiefer zuschnappten. Dann riß er seinen Schädel herum, wie ein Wolf, der sich Fleisch aus der Beute reißt, und eine Blutfontäne...

Abschließend muss ich sagen, dass  Straßl/Walker mal wieder einen guten Roman zur Vampir-Horror Serie beigesteuert hat. Am Ende musste er zwar noch, in Form zweier Briefe und einem Tagebuch, ein paar Erklärungen nachlegen, was ein Zeichen für den plötzlich nahenden Schluss sein kann, aber  irgendwann muss ein Autor auf den Punkt kommen. Um den Leser nicht ganz verwirrt und mit offenen Fragen stehen zu lassen, ist dieses Stilmittel nicht die schlechteste Variante. Wenn die Herrin der Wölfe auch nicht so ganz an die beiden Vorgängerromane heranreichte, war das Heft doch sehr lesenswert. Ich kann immer nur wiederholen, dass es hier um die Anfänge des Heftromans (außer Shocker) mit gruseligen Inhalt in Deutschland ging und dafür machte es Hubert Straßl richtig gut. Man könnte auch behaupten, dass er bis jetzt  nur Vampire und Werwölfe auf der Pfanne hatte, aber seine Storys und Gestalten waren dann doch etwas nachdenklicher und intelligenter entworfen, als so manch anderer Autor es hinbekommen hat.

Was gab es sonst noch?
Diesmal ein wirklich geniales Titelbild. Ja, so kann Thania ausgesehen haben. Tholes Wölfe gefielen mir um Längen besser als seine Werwölfe und die Szene gab es im Roman auch genau so, als die Reporterin nackt aus dem Wasser des nahe gelegenen Weihers stieg. Irgendwie habe ich immer diesen klassischen Werwolf mit Kleidungsresten ala Lon Chaney Junior vor Augen, wie er im Schein des Vollmondes nach Beute sucht. Bei der blonden Maid  hätte er sich wohl eine Abfuhr geholt.

Berthold griff sich für seine Zeichnungen wieder die heftigsten Stellen heraus, wie z.B. die verstümmelten Körper zu Thanias Füssen. Bei dem ganzen Durcheinander bin ich mir nicht sicher, ob sämtliche Gliedmaßen noch an ihrem angestammten Platz sind und wie man diesen Menschenkneul  anschließend vergräbt, aber über solcherlei nebensächlichen Dingen braucht sich der Zeichner ja keine Gedanken zu machen.

Mit den kleinen Särgen und Schrumpfköpfen nach den Kapiteln war auch wieder Essig, aber es gab eine Nummerierung. Immerhin. Ab der Nummer 17 sind sie aber wieder dabei -  habe gerade nachgesehen. Richtig horrormäßig war diesmal eine Werbung von REVAL auf dem back cover. Die bläuliche Gesichtsfarbe gibt die Durchblutungsstörungen trefflich wieder und erinnert mich daran, dass einer der guten Vorsätze (nicht mehr Qualmen) fürs neue Jahr wieder mal fürn Ar... waren.

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Kommentare  

#1 Andreas Decker 2016-03-09 10:28
Da ist wenig hinzuzufügen. Wie immer perfekt getroffen. Zu der Zeit hatte Straßl einen Lauf. Wie weit das alles noch von dem schlichten "PI mit Zauberschwert jagt Dämonen mit hirnrissigen Plänen" entfernt war. Ein echter Horrorroman.

Und du hast recht: Werwölfe funktionieren vor allem visuell.

Bei der Tabakreklame muss ich auch immer grinsen, wenn ich die alten Hefte sehe. Ich habe die 70er zwar in vielerlei Hinsicht als turbulent in Erinnerung - soweit man das als politisch desinteressierter Heranwachsender wirklich mitbekommen hat- aber die heute allerorten übliche Hysterie gab es zumindest auf diesem Sektor dann doch noch nicht. Klasse sind auch diese Schauspielerkurzportraits, die bei einer Zigarettenlänge irgendwelche albernen, von der Agentur getexteten Kalendersprüche von sich geben.
#2 Peter Emmerich 2016-03-09 13:19
Wie immer: sehr schön geschrieben (musste ich sofort verlinken)!

Noch eine Zusatzinfo: Zu dieser "Werwolf-Saga" um Thania Lemar sollten ja an sich noch Fortsetzungen erscheinen, die dann aus nicht nachvollziehbaren Gründen unrealisiert blieben. Eines der Exposés wurde von Hugh Walker noch in der Kurzgeschichte "Vollmond" umgesetzt.
#3 Toni 2016-03-10 16:05
Danke Andreas. Ja, das waren noch Romane ohne Schema F und keine Fließbandware wie in den 80ern. Da mussten die Autoren noch selber nachdenken, auch wenn die eher klassischen Themen (Werwolf,Hexe,Vampir) überwogen, kam oft was tolles bei rum.

Die Autorenportraits waren wirklich einmalig und manch einer der noch lebenden Vips sah damals älter aus als heute. Auch in den Talkshows von damals konnte man die "Talker" teilweise gar nicht richtig sehen, vor lauter Qualm. Der internationale Frühshoppen ähnelte manchmal einem coffee-shop. Aber die Leute waren irgendwie freier... :-) Vieles geht heute in Richtung unmündiger Bürger, zumindest vom Gefühl her.

Danke Peter Emmerich. Verlink nur, wenn es eurem Verlag nicht schadet :lol:
Mist, das mit der Fortsetzung habe ich bei euch auch gelesen, aber wieder vergessen. Danke nochmals für die Info. Hätte was werden können mit Thania Lemar. So eine Art frühe Damona King. Nur auf welcher Seite hätte sie gestanden? Hub Straßl hat ja gerne den Menschen eins übergebraten...

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