Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Preisgekrönt I - Constantin Dupien (Hrsg.) Mängelexemplare - Dystopia

Preisgekrönt I - Constantin Dupien (Hrsg.) Mängelexemplare - DystopiaPreisgekrönt I
Mängelexemplare - Dystopia
Constantin Dupien (Hrsg.)

Es gibt einige Literaturpreise in Deutschland für den Bereich der Phantastik. Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass ich die meisten der ausgezeichneten Titel zum Zeitpunkt der Preisverleihung noch gar nicht kenne. Für mich lenkt die Auszeichnung den Blick meist erst auf die jeweilige Veröffentlichung. So war es auch bei Mängelexemplare - Dystopia.


Preisgekrönt I - Constantin Dupien (Hrsg.) Mängelexemplare - DystopiaEinführung
Zauberspiegelleser wissen, dass ich mich seit Ende 2014 intensiv mit dem Bereich Anthologie/Kurzgeschichte befasse. In diese Kategorie gehört auch Mängelexemplare - Dystopia, die von Constantin Dupien herausgegeben wurde. Mängelexemplare hat sich inzwischen zu einer richtigen Reihe mit einem Band pro Jahr entwickelt und ihre verlegerische Heimat im Amrûn-Verlag gefunden.

Der Herausgeber Constantin Dupien stellt sich selbst in seinem Blog mit dem Dreiklang "Sportjunkie - Autor - Leipziger" vor. Er zählt zu den relativ neuen Personen in der Szene. Sein Werk ist - noch - überschaubar. Es gibt seine 2013 erschienene Storysammlung "In Blut und Liebe" und ein paar in anderen Anthologien erschienene Kurzgeschichten. Sein bislang größter Erfolg ist seine ebenfalls seit 2013 erscheinende Anthologiereihe "Mängelexemplare". Teil eins belegte 2013 den dritten Platz beim Vincent Preis, Teil zwei gewann den Vincentpreis 2014 und Teil drei gewann den Preis 2015.

Constantin Dupien schreibt im Vorwort zu Dystopia ein wenig über seine Intentionen:
"Das Branding 'Mängelexemplar(e)' ist mehr als eine Wortspielerei. Es ist Ausdruck der Idee, ein bestimmtes Thema aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten und trotzdem ein ansprechendes, in sich geschlossenes Gesamtbild zu erhalten"
und fährt fort:
"Ist es nicht gruselig genug, in eine Welt einzutauchen, die kurz vor dem Untergang steht, sich inmitten des Chaos aufzulösen droht oder bereits ganz nah am Abgrund steht - in diesen eventuell sogar schon hineingestürzt ist?" (Vorwort zu Mängelexemplare - Dystopia)

Bei den Autoren gibt es einen Mix aus bekannten Namen Newcomern. So konnte Dupien einige wirkliche Hochkaräter zur Mitarbeit verpflichten. Markus K. Korb, Vincent Voss, Uwe Voehl und Arthur Gordon Wolf haben jeweils eine Story verfasst. Dazu kommen aufstrebende Talente wie D.J. Frantzen, Xander Morus, Michael Dissieux und Andreas Zwengel.

Die Anthologie ist aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung thematisch ähnlicher Beiträge. Als Intro zu jeder Geschichte gibt es eine Illustration von Julia Takagi. Darunter steht ein Zitat aus der Story, dass die zu Grunde liegende Situation verdeutlicht. Und am Schluss jeder Geschichte findet sich ein Statement des Autors zur Entstehung der Story. Als weiteres Extra gibt es eine Leseprobe von Torsten Scheibs Novelle "Göttersturz".

Überblick über die Geschichten
Tim Svart schildert in "No.2/209/197/613" wie die beiden Freunde Mark und Florian die letzten Wochen auf einer dem Hitzetod entgegen gehenden Erde verbringen. Sie fahren nach Spanien und gabeln unterwegs noch die Mädchen Alina, Lara und Jennifer auf.


Bei Jennifer Jäger geht es in "Clara. Wissen ist Macht" um Klonen und Wissen als universelle Währung.
Richtig morbide kommt Uwe Voehl in "Kreationen in Samt und Tod". Er schildert den Aufstieg und das Ende einiger Designer in einer Welt, in der arme Menschen langsam zu Müll transformieren.


Um einen einsamen Kämpfer dreht sich alles bei D.J. Frantzen in "Der Nomade". Am Ende eines langen Krieges zieht ein Mann durch eine verwüstete Welt. Endlich trifft er auf andere Überlebende. Aber letztendlich ist nichts so wie es scheint.

Recht märchenhaft ist Jana Oltersdorfs Geschichte "Das schlafende Schloss". Fünf Zwerge machen sich auf, Schätze in einem angeblich verwunschenen Schloss zu bergen. Angesichts der Tatsache, dass die früheren Bewohner alle in einen tiefen festen Schlaf gefallen sein sollen, scheinbar eine einfache Aufgabe. Doch der Herbergswirt, von dem sie ihre Informationen haben,  hat ihnen nicht alles erzählt.

Ziemlich aussichtslos ist die Lage auch bei Lisanne Surborgs "Rosa Schaum". Die junge Joker haust mit ihrem Bruder und ein paar Schicksalsgenossen in einem alten Bunker. Nahrung ist knapp und sie benötigen ein Medikament. Als der Bruder stirbt, soll der Bunker als Seuchenherd ausgereuchert werden.

Andreas Zwengel beschreibt in "Souljacker" die Arbeit von Cayce, die als Schuldeneintreiberin für die Firma RepoFox arbeitet. Sie braucht das Geld dringend um die Arztkosten für ihren Vater zu begleichen, der an einer heimtückischen Krankheit leidet. Auftraggeber der Firma ist allerdings niemand anders als Lutz Iver und es geht nicht um Geld, sondern um die Seelen der Schuldner.

Vincent Voss eröffnet "Wellen" mit einer Schockszene. Zwei Rettungssanitäter finden nach einem Autounfall ein tödlich verletztes Mädchen, dass nur noch wenige Minuten zu leben hat, aber bei vollem Bewußtsein ist, keine Schmerzen hat und noch sprechen kann. Aber das ist nichts gegen das, was danach auf die Sanitäter zukommt.

Mit der Welt der Ameisen befasst sich Regina Müller in "Larventräume". In einem Versuchslabor werden die Bewusstseine der Probanden in Ameisen übertragen, um von diesen Tieren zu lernen. Das hat Folgen.

Arthur Gordon Wolf eröffnet ein weiteres Kapitel seiner großen UMC-Saga. Mutter Julia hat ganz eigene Erziehungsmethoden. Die Sprößlinge werden munter gefoltert und gequält. Dann stellt sich heraus, dass Julia in Wirklichkeit ein elfjähriges Mädchen ist, dass das Spiel "Die perfekte Hausfrau 4.0" in einer virtuellen Realität gespielt hat. Und alles scheint gut...

Michael Disseux schildert in "Dagnin" eine düstere Endzeitstadt. Die Bewohner leben in Furcht vor einer Seuche. Und die Befallenen werden bei Entdeckung unter Zwang zum Sterben in die Wildnis vor den Stadttoren gebracht. So erging es vor drei Jahren auch der Schwester des Protagonisten. Jetzt macht er sich auf, sie zu suchen.

Ein Hund ist der wahre Held in "Der Vollstrecker" von Xander Morus. Angesiedelt ist die Story in Südafrika. Das Land hat sich allerdings erheblich verändert. Die Meere sind ausgetrocknet und der Ozean verschwunden. Mutige Überlebende starten eine Exkursion Richtung Antartis.

Superkurz macht es Thomas Backus in "Schicksal". Das Ganze ist nach etwa einer Seite erzählt.

Constantin Dupien beschreibt in "Das Ende" minutiös die letzte Stunde eines Selbstmörders, der sich mit Gas umbringt.

Moe Teratos greift in "Der Schrecken" ein bekanntes Szenario auf. Vom Südpol her nähert sich eine Plage, die scheinbar unaufhaltsam die gesamte Menschheit vernichtet. Die letzten Überlebenden kauern verzweifelt in den Geisterstädten.

Bei Stefanie Maucher in " Ella" dreht sich wieder alles um eine Seuche, die das Leben der Menschen bestimmt. Auch hier versucht die Regierung mit gnadenlosen Maßnahmen der Bedrohung her zu werden. Oder nicht?

Und auch in "Der Rote Tod" von Manfred Schnitzler wird die Menschheit von einer scheinbar unaufhaltsamen Krankheit bedroht. Perfiderweise wird sie durch einen Kuss, also durch die Liebe, übertragen. Sophie und David fragen sich, wo die besseren Überlebenschancen liegen, in der Großstadt oder in der Provinz. Schließlich verlässt David Sophie. Doch er hat die falsche Entscheidung getroffen.

Um Mutationen und darüber wie die Menschen darauf reagieren, geht es bei Markus K. Korb in "Rattenjagd". Zwei Kammerjäger im Einsatz räuchern ein Rattennest aus.

Fazit
Mängelexemplare - Dystopia ist eine bemerkenswerte Anthologie. Das Thema Weltuntergang bietet Raum für zahlreiche Szenarien. Die Mischung aus bekannten Autoren und Newcomern zeigt auf, wie sich die Herangehensweise an ein Thema im Laufe der Zeiten ändert. Die Zeichnungen von Julia Takagi wirken verbindend und schaffen so etwas wie eine einheitliche Atmosphäre. Und die Hintergrundinfos der Autoren zur Entstehungsgeschichte der Stories sind hoch interessant. Constantin Dupien hat als Herausgeber dafür gesorgt, dass eine Anthologie entstanden ist, die sich von anderen Veröffentlichungen abhebt. Von den Geschichten haben mir Andreas Zwengels "Souljacker", Jana Oltersdorfs "Das schlafende Schloss" und Vincent Voss "Wellen" am meisten zugesagt.


Um es kurz zu machen, nach meiner Ansicht ist Mängelexemplare - Dystopia ein würdiger Preisträger.  

Preisgekrönt I - Constantin Dupien (Hrsg.) Mängelexemplare - DystopiaMängelexemplare - Dystopia
Constantin Dupien (Hrsg.)
Cover: Timo Kümmel
Innenillustrationen: Julia Takagi
373 S.
ISBN 978-9444729-41-1
EURO 14,90
Amrûn 2014

Kommentare  

#1 Laurin 2016-05-15 01:32
Zitat:
"Dazu kommen aufstrebende Talente wie D.J. Frantzen, Xander Morus, Michael Dissieux und Andreas Zwengel."

Bei D.j. Frantzen und Andreas Zwengel kann das stimmen mit "aufstrebende Talente". Xander Morus wohl auch noch, obwohl ich da schon vor längerer Zeit das eine oder andere verlagsfreie (Printausgaben über Amazon) gelesen habe. Bei Michael Dissieux kann man aber durchaus sagen, dass er schon eine ziemlich bekannte Persönlichkeit als Autor ist, da muss man nur mal sehen, was er alles schon beim Luzifer Verlag an eigenen Büchern verfasst hat. Da mangelt es nicht an eigenen Fans. ;-) Im Horrorbereich z.B. "Die Legende von Arc's Hill" (5 Bände) oder im Bereich Dystopie "Graues Land" (3 Bände) sowie die Einzelromane "Der Schuppen" und "Die Saat der Bestie".
#2 Hermes 2016-05-15 07:48
@ Laurin

In Bezug auf Michael Dissieux hast Du natürlich recht, er hat schon einige Bücher geschrieben. Nur im Bereich Kurzgeschichte scheint es bisher eher wenig von ihm zu geben.
In "Horror-Legionen II" heißt es zwar: "In den neunziger Jahren erschienen erste Kurzgeschichten in den John-Sinclair-Ausgaben des Bastei-Verlages, wo er für einige Zeit auch als Mitautor der Romanreihe "Jessica Bannister" tätig war." Dann wird jedoch nur noch auf Kurzgeschichten in diversen Fanzines hingewiesen. Erst ab 2012 gibt es dann etliche Veröffentlichungen.

Im Vergleich zu Markus K. Korb oder Arthur Gordon Wolf, die seit Jahrzehnten Kurzgeschichten veröffentlichen, kann man da schon von einem Newcomer reden.
#3 Laurin 2016-05-15 18:41
@ Hermes:
Ja, in Sachen Kurzgeschichten magst du wohl recht haben. In dem Bereich ist mein Einblick durchaus auch etwas beschränkter. Aber Dissieux scheinen die längeren Sachen wohl auch mehr zu liegen. Markus K. Korb und Arthur Gorgdon Wolf sind da in Sachen Kurzgeschichten durchaus andere Kaliber. ;-)

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles