Wenn sie aus den Gräbern steigen...
Wenn sie aus den Gräbern steigen...
Die Wiederkehr der SF-Hefte
An und für sich ein durchaus verdienstvolles Unternehmen, dass aber doch so einige Tücken mit sich bringt. Diese Probleme sollen im Nachfolgenden aufgezeigt werden. Dahinter steht die Frage, wie darf man mit diesen Texten umgehen, wieweit darf man sie verändern.
Wirft man einen kurzen Blick in die aktuellen Angebote der Kleinverlage findet man bei der Romantruhe die Zamorra-Liebhaber-Edition mit jeweils zwei alten Heftromanen und Maddrax mit jeweils drei alten Heftromanen in einem Band, bei Zaubermond Dorian Hunter (den alten Dämonenkiller) mit jeweils 5 alten Romanen in einem Band, Torn u.a., bei Blitz Macabros und Larry Brent. Und bei Mohlberg die Serien Rex Corda, Mark Powers, Ad Astra, Zeitkugel, Erde 2000 und Die Terranauten. In Aussicht gestellt worden ist auch eine Neuauflage von Commander Scott, allerdings nur die Romane der deutschen Autoren. Wieder im Mohlberg-Verlag. Interessanter Weise werden neuerdings auch aktuelle Romanserien schon nach kurzer Zeit wieder in Buchform aufgelegt. So PR-Aktion oder auch die Sternenfaust. Neuauflagen haben Tradition, wie ein kleiner Blick zurück zeigt:
In den sechziger und siebziger Jahren war es Gang und Gebe Hefte neu aufzulegen. Etwa Hefte aus den Serien Utopia und Terra in Terra Astra. Es gab mit Terra Extra sogar eine Serie, die nur aus Neuauflagen bestand. Auch im Bereich der eigentlichen Serien war die Neuauflage eine gängige Praxis. So ist Perry Rhodan in fünf Auflagen erschienen und Ren Dhark immerhin in drei. Und auch schon hier gab es durchaus Veränderungen. Bei PR etwa wurde in den Neuauflagen ein Teil der Innenillustrationen weggelassen, bei RD wurden in der dritten Auflage komplett neue Titelbilder verwendet. Ein anderes Problem ergab sich bei der Horrorserie Dämonenkiller. Dort waren einige Romane indiziert worden und wurden in der Zweitauflage deshalb durch neue Romane ersetzt.
Neuauflagen im Taschenbuch sind ebenfalls schon aus den siebziger Jahren bekannt. In der Reihe Utopia Bestseller erschienen etwa Neuauflagen der Romane von K.H.Scheer, W.D.Rohr und anderen. Interessanterweise waren darunter auch Romane, die ursprünglich als Leihbücher veröffentlich worden waren, dann den Weg ins Heft gefunden hatten und jetzt wieder ins Taschenbuch kamen. Bekannteste Serie aus diesem Bereich ist wohl ZBV von K.H.Scheer. Nachdem die 18 Leihbuch/Heftromane im Taschenbuch erschienen waren, wurde die Serie mit 21 neuen Romanen, ebenfalls aus K.H.Scheers Feder, fortgesetzt.
Aus dem Heft ins Buch? Vorbild für alle Projekte dieser Art sind zweifellos die Silberbände aus der PR-Redaktion. William Voltz erfüllte damit sich und allen anderen PR-Fans den Traum, raus aus der trivialen Ecke des Heftromans in die höhere literarische Ebene des "richtigen" Buches. Und schon Voltz ging dabei nicht eben zimperlich zu Werke. Ganze Abschnitte der aus den Heftromanen bekannten Handlung wurden einfach weggelassen, so die Venusromane oder der Plophos-Zyklus. Auch sonst flogen "Füllromane" raus und die verbliebenen wurden gekürzt und verändert im Sinne einer Entschärfung. Anderes Beispiel für ein solches Vorgehen ist die Neuauflage der klassischen RD-Serie. Auch hier wurden der Handlungsstrang um die Hefte 40-50 einfach weggelassen und sogar durch eine neue Geschichte von neuen Autoren ersetzt. Eher behutsam war die Bearbeitung der Serie Raumschiff Promet. Aber auch hier wurde gekürzt und indem man gerade bevorzugt die kleinen Geschichten an Bord wegließ, ging auch ein wenig vom besonderen Charme der Serie verloren.
Generell gibt es drei Problemfelder bei der Neuauflage alter Serien: Allgemeines, Bearbeitung und Fortführung.
Man stelle sich nur einmal vor, dass ZDF bringt den "Kommissar" wieder ins Programm. Aber es werden nicht einfach die alten Folgen erneut gezeigt, nein es gibt eine bearbeitete Fassung. Die alte Titelmelodie wird durch eine neue zeitgemäße von Sido ersetzt, alle Folgen werden neu synchronisiert (zeitgemäß im HipHop-Slang), die Folgen werden nachträglich eingefärbt und nur noch im Doppelpack in Spielfilmlänge gezeigt. Zur Verbindung der jeweiligen Folgen werden neue kurze Verbindungssequenzen mit neuen Schauspielern gedreht und dafür aus den alten Folgen entsprechend ein paar Minuten gekürzt. Aus Kommissar Keller wird Profiler Keller usw.. Würden die Kommissar-Liebhaber so etwas wirklich begrüßen?
Oder ein anderer Hinweis: Bei Karl May, dessen Erzählungen ja auch wohl seinerzeit auch eine ähnliche Verbreitung und ähnliche Zielgruppen hatten, wie früher der Heftroman, bemüht man sich seit Jahren um eine Wiederherstellung der authentischen unbearbeiteten Textfassungen der Erstausgaben. Und das trotz der darin zweifellos vorhandenen zeitgenössischen Vorurteile gegen bestimmte Völker und Rassen. Auch bei Jules Vernes "Das Geheimnis des Wilhelm Storitz" geht Piper den Weg zurück von der Bearbeitung zum Original und verkündet stolz: "Dieser bedeutende Roman Jules Vernes war bislang nur in einer stark veränderten und entschärften Fassung erhältlich. Nun liegt erstmals die ursprüngliche Version des phantastischen Abenteuers vor, wie Verne selbst es erdacht hat." Auf die neuen Conan-Ausgaben bei Heyne sei noch kurz verwiesen, wo ebenfalls auf die Originalerzählungen zurückgegriffen wird.
Ich denke, wenn man eine alte Serie wieder auflegt, sollte man möglichst wenig verändern, wenn es geht die alten prägenden Titelbilder verwenden und auf Anpassungen an den heutigen Zeitgeist tunlichst verzichten. Damit befriedigt man die Bedürfnisse der "Nostalgieleser" wohl am ehesten. Und man vermeidet so den sonst unausweichlich entstehenden Mischmasch. Anders sieht es allerdings aus, wenn man die Serie weiterführen will und das Ziel verfolgt, neue junge Leser zu gewinnen. Aber dann stellt sich eine andere Frage.
Ist so eine Fortsetzung überhaupt sinnvoll? Das lässt sich zunächst nicht pauschal beantworten. Wenn wie bei wie Raumschiff Promet, Rex Corda oder Dämonenkiller einstellungsbedingt kein oder nur ein abgewürgtes Ende geschrieben wurde, so wird wohl niemand ernstlich etwas gegen einen neuen Abschluss einzuwenden haben, der auf dem ursprünglichen Exposse fusst oder die ursprüngliche Intention der Autoren im Auge behält. Aber darüber hinaus? Rex Corda war Mitte der sechziger Jahre sicher die modernere Version von PR, anstelle von Dritte Macht-Gedanken und ähnlichen Rückgriffen auf die Vorkriegszeit, bildete die Erde im Konflikt zwischen Laktonen und Orathonen den Hintergrund des Geschehens (und für jeden Zeitgenossen war die Ähnlichkeit mit Deutschland in der weltpolitischen Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR offensichtlich). Kann der heutige (neue!) Leser noch etwas damit anfangen? Braucht man also wirklich eine Fortsetzung der Serie? Die gleiche Frage stellt sich bei den Terranauten. Anfang der achtziger Jahre (die Zeit der Anti-AKW-Bewegung) waren sie mit ihrer kritischen Einstellung zur Technik und den grünen Gedanken sicher die zeitgemäße Serie. Aber will das heute noch jemand lesen? Mehr noch, wird nicht durch die Fortführung der alten Serien der Markt für neue Serien kaputt gemacht?
Kommentare
Zu den PR Büchern: Da hat man damals schon erkannt, dass es viel zu viele Füllromane in der Serie gibt. Wenn ich mir die EA so anschaue, frage ich mich momentan, was da in Buchform noch übrigbleiben würde. Ich selbst würde aus den Heften 2450 - 2487 genau ein Buch machen. Der Rest...
Heute wird immer gesagt, "wir haben keine Zeit für Nebenhandlungen" und es passiert trotzdem wochenlang nix wirklich aufregendes.