Phänomen Zeitkugel - In die Zukunft
Phänomen Zeitkugel -
In die Zukunft
In die Zukunft
Trotz aller Kontinuitäten begann die neue Serie mit der Nummer 1 und erhielt ein neu gestaltetes Titelbild. An die zwölf Zukunftsreisen aus der Serie Zeitkugel wurde bei Erde 2000, nicht wieder angeknüpft, sie wurden schlichtweg unter den Tisch fallen gelassen. Insgesamt also ein zwiespältiger Eindruck. Man wollte die alten Zeitkugelleser mitnehmen und doch etwas ganz anderes, neues machen. Der Weg ging weg von den historischen Themen, hin zur richtigen Science-Fiction. Und trotz aller Veränderungen nimmt auch diese Serie eine Sonderstellung unter den deutschen Science-Fiction-Heftserien ein.
Anders als bei der Zeitkugel, war Horst Hübner hier von Anfang an federführend und konnte seine eigenen Vorstellungen einbringen. Und Hübner war der erste, der in einer SF-Heftserie nicht die Eroberung des Weltraums oder zumindest seine friedlichen Erforschung thematisierte, sondern mögliche negative Entwicklungen in der Zukunft der Menschen und der Erde. Die Bände waren zunächst wieder in sich abgeschlossen und jedes Heft behandelte ein mögliches Zukunftsszenario. Das ging von der Gentechnik über Klimakatastrophen, das Ende der fossilen Treibstoffe, bis hin zu den Gefahren der atomaren Mülls. Also noch vor den Terranauten nahm Erde 2000 sich solcher kritischen ökologischen Themen an. Ich muss gestehen, damals in meiner Oberstufenzeit wusste ich mit dem Themenwechsel nicht so recht etwas anzufangen, und begab mich zunächst nur sporadisch auf die Erde 2000.
Und so zukunftsweisend das Konzept auch war, bald zeigten sich auch erste Schwächen. Hübner und seinen beiden Mitautoren (W.A.Hary und O.J.Birner) gingen nach so etwa 15 Bänden ein wenig die Themen aus. Kurzerhand wurde das Konzept wieder geändert. Neben einigen weiteren Einzelromanen nach oben beschriebenen Muster, begann jetzt die Zeit der Zyklen. Atlantis, die Ukilionen (ein zeitreisendes Volk) und Timandra hießen die drei Themenschwerpunkte. Vanessa Carpenter wurde jetzt zu einem integralen Bestandteil der Serie, die Zeitkugel kurzerhand so umgebaut, dass vier Personen mitreisen konnten. Auch das Umfeld in der Eigenzeit der Zeitspringer wurde noch stärker thematisiert. Mit anderen Worten, man war fast wieder bei einer typischen SF-Heftserie angelangt. Mich haben diese Zyklen damals übrigens stärker angesprochen, als die abgeschlossenen Einzelabenteuer, wie ich heute verwundert einräumen muss.
Auch die Erde allein bot jetzt nicht mehr genügend Raum und so gab es Abenteuer auf der Venus und im Sonnensystem. Die Begegnungen mit fremden Völkern waren durchaus spannend geschrieben, aber sie waren eben nichts Aussergewöhnliches, sondern fügten sich nahtlos ein in die entsprechenden Darstellungen anderer SF-Heftserien. Obwohl es in den Romanen überaus spannend zuging und die drei Zeitspringer des öfteren in Verfolgungsjagden oder Prügeleien verwickelt wurden, galt doch wie schon bei der Zeitkugel: "Von Gewalt hielt Lintberg im Allgemeinen nichts. Er sah jedoch ein, dass sie hin und wieder vonöten war."
Geändert hatte sich jedoch etwas anderes. Bei den Vergangenheitsreisen hatten die Zeitspringer immer den Vorteil, dass sie über die Ereignisse zumindest grob informiert waren. Durch diese Kenntnisse waren sie den Personen gegenüber, denen sie dort begegneten, im Vorteil. Dazu kam die überlegene technische Ausrüstung. Für die Reisen in die Zukunft galt geradezu das Gegenteil. Die drei von der Zeitkugel waren jetzt technisch rückständig und hatten im Gegensatz zu den dort beheitmateten Menschen nur unzureichende Kenntnisse über nahezu alle Aspekte des täglichen Lebens und die allgemeinen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge. Es erwies sich jetzt als viel schwerer als in den Vergangenheitsabenteuern, eine schlüssige Erklärung dafür zu finden, warum sie nicht als Zeitreisende enttarnt wurden.
Protagonisten waren wie schon gesagt wieder die drei (vier) Zeitreisenden;
Prof. Robert Lintberg, 42 Jahre, 1,74 cm, 66 kg, Astro-Physiker
Frank Forster, 35 Jahre, 1,75 cm, 72 kg, Kybernetiker
Ben Hammer, 34 Jahre, 1,92 cm, 104 kg, Hochfrequenztechniker
Dr. Vanessa Carpenter, 28 Jahre, 1,76 cm, 66 kg, Astro-Biologin
Gerade die Zyklen boten aber auch Gelegenheit, Charaktere aus der Zukunft stärker herauszuarbeiten und über mehrere Bände zu bringen. Auch in der fiktiven Realzeit der Zeitspringer wurde jetzt ein wenig mehr Background geliefert. So erhielt mit MacNamara z.B. eines der geheimnisvollen Mitglieder des "Clubs der Sieben" Namen und Gesicht. Die Ausrüstung der vier wurde um einen Duplikator ergänzt, mit dem z.B. Geldmittel vervielfältigt werden konnten.
Geblieben waren auch die typischen Kabbeleien zwischen den drei Hauptpersonen. Dazu mal ein anschauliches Beispiel:
"Wenn sie wenigstens eine Brücke hier hätten" bemängelte Frank.
"Willst du dich runterstürzen?"
"Drunter schlafen, du Gemütsbolzen!"
Ben rang in komischem Entsetzen die Hände."Es zieht wie auf einem sibirischen Bahnhof. Du holst dir den Tod. Stürze die Leute nicht in Verwirrung. Marubeni genügt schon. Wenn ein unbekannter Toter dazukommt, drehen sie durch. Kannst du das verantworten?"
"Nein. Also schlafen wir in einem Gleiter."
Die Leserschaft insgesamt mochte sich allerdings mit den Veränderungen nicht so recht anfreunden. Lange gab es von ihrer Seite noch Nachfragen auf Reisen in die Vergangenheit. Eine gegen Ende der Serie durchgeführte Umfrage, ob die Leser lieber Zyklen oder Einzelabenteuer haben wollten, hatte keine Auswirkungen mehr. Übel genommen wurde dem Verlag auch, dass die Bände 35 und 37 als Remittendenbände erschienen und die Nummern 39 und 41 ganz ausfielen. Zuletzt verlor auch Hübner ein wenig den Überblick über die von ihm entworfene zukünftige Geschichte der Erde. Der letzte Zyklus etwa lässt sich überhaupt nicht mit den Abenteuern der ersten Bände in Verbindung bringen, obwohl sie zeitlich eng beieinander liegen. Er selbst hat später dazu geäussert, dass er zu diesem Zeitpunkt ein wenig die Lust an der Serie verloren hatte und mit einer baldigen Einstellung rechnete. Ach ja und die Titelbilder waren auch nicht gerade verkaufsfördernd, oftmals mehr schlecht als recht bei anderen Serien entlehnt. Ausserdem waren sie sehr farbenfroh gestaltet, was nicht so recht zu den doch eher nachdenklich stimmenden Inhalten vor allem der ersten Hefte passte.
Während die Zeitkugel mit den Vergangenheitsabernteuern gewissermaßen "zeitlose" Unterhaltung darstellt, sieht es bei Erde 2000 anders aus. Viele der von Horst Hübner skizzierten Szenarien sind inzwischen brandaktuell, wenn auch in anderer Form als von ihm damals erdacht. Hier muss man doch davon sprechen, dass einiges inzwischen veraltet ist.
Während die Zeitkugel mit den Vergangenheitsabernteuern gewissermaßen "zeitlose" Unterhaltung darstellt, sieht es bei Erde 2000 anders aus. Viele der von Horst Hübner skizzierten Szenarien sind inzwischen brandaktuell, wenn auch in anderer Form als von ihm damals erdacht. Hier muss man doch davon sprechen, dass einiges inzwischen veraltet ist.