Die Novelization - Der Roman zum Film: Gefundenes Fressen
Die Nacht der lebenden Toten (Night of the living dead)
Dürfte wohl jeder kennen, deshalb nur ganz kurz:
Dieser als Freizeitprojekt mit einem sehr geringen Budget von geschätzten 114.000 $ gedrehte Schwarz-Weiß-Film gilt als wegweisend für das Horror-Genre. Aus Kostengründen drehte George A. Romero den Film mit Hilfe von Freunden und Bekannten, die ihre Freizeit dafür opferten. Teilweise sind Mitarbeiter aus dem Dreh- und Produktionsteam als Darsteller zu sehen: Produzent Karl Hardman spielt den cholerischen Starrkopf Harry Cooper, Drehbuchautor John A. Russo ist einer der „Ghouls“ und Production Manager George Kosana spielte den Sheriff McClelland.
Obwohl lebende Tote bereits zuvor in Filmen auftauchten, waren sie in diesem Film anders. Sie entstiegen nicht wie früher durch Voodoo und Zauberkraft ihren Gräbern, sondern erhielten ihr untotes Leben wie von selbst. Über Ursache des Phänomens wird im Film nur spekuliert.
Eine ausführliche Besprechung gibt´s von Kollege Konrad Wolfram hier: Als die Toten ihre Essgewohnheiten radikal änderten.
P.S.: Die mir vorliegende DVD stammt aus der Steelbox-Edition mit 3 DVD´s, inkl. Der Kolorierten Fassung.
Die Story:
Wie aus heiterem Himmel bricht das Unheil über ein junges Geschwisterpaar herein, das nach ermüdender, stundenlanger Fahrerei endlich das Familiengrab erreicht, um dort Blumen niederzulegen. Ein anderer, seltsam herumtorkelnder Besucher entpuppt sich als angriffslustiger Unhold. Johnny unterliegt ihm, das Mädchen aber kann fliehen und erreicht ein abgelegenes, einsames Farmgebäude, in dem sie Zuflucht findet.
Bald jedoch stellt sie fest, dass rings um das Gebäude noch mehr seltsame Gestalten auftauchen. Sie bleibt nicht lange alleine, denn sie bekommt überraschend Besuch von einem weiteren Flüchtling, Ben mit Namen. Gemeinsam verbarrikadieren sie das Haus, müssen aber bald feststellen, dass sie nicht alleine sind: im Keller sind weitere Personen, sowie ein verletztes kleines Mädchen.
Ein Fluchtversuch bleibt erfolglos und dezimiert die Gruppe. Die Untoten werden zunehmends mehr und können schließlich in das Haus eindringen. Ein Rettungs- und Säuberungstrupp aus beherzten Bürgern erreicht das Gebäude im Morgengrauen und findet Ben als einzigen Überlebenden vor, allerdings bleibt er dies nicht sehr lange…
Die Romanfassung:
Der Drehbuchautor und Hobby-Darsteller verfasste selbst diese Novelization, die lupenrein ist. Es gibt keine Abweichungen vom Film, die Handlung und das Timing sind exakt 1:1. Das Buch erschien 1974 erstmals als Warner Paperback. Über die Jahre hinweg folgten Veröffentlichungen des Buches in diversen anderen Verlagen und Aufmachungen. Russo war und ist nach Night noch aktiv für Film und Fernsehen tätig: als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und auch Darsteller.
Seine Nacherzählung erschien erstmals auf Deutsch im Jahre 1978 als Vampir Horror Roman Taschenbuch Nr. 73, übersetzt von Michael Kaelble. Da man den Umfang des Originals in knappe 160 Seiten pressen musste, und man zudem Probleme mit dem Jugendschutz befürchtete, wurde gnadenlos gekürzt und geschnippelt. Was dem Buch sehr abträglich ist, so wirken sie hier nämlich nicht vordergründig gefährlich oder bedrohlich sondern eher verwirrt. Vermutlich hat man deshalb auch den Alkoholiker auf´s Cover gebracht. Egal. Der Roman wirkt seltsam entstellt und unvollständig. Anhand von 3 Beispielen wichtiger Szenen zeigt sich der Umfang der Bearbeitungen:
Auch die Beschreibungen der Toten sind sehr mädchenhaft, genauso wie die Kampf- und Tötungsszenen: allesamt nahezu gewalt- und jugendfrei.
Insgesamt handelt es sich also ein sehr weichgespültes Buch, das aber sehr gut zu den damaligen Veröffentlichungen des Verlags passte. Man war wohl zu sehr eingeschüchtert von den Folgen der Dämonenkiller-Indizierungen, die schließlich zur Einstellung dieser Erfolgsserie führten. Einerseits ist dies natürlich verständlich, andererseits aber ist es unpassend, warum man dann sehr explizite Romane in stark bearbeiteter Form brachte.
1993 brachte dann der Goldmann-Verlag den Roman neu übersetzt von Bettina Zeller heraus, und zwar unbearbeitet, was man alleine am Umfang von knapp 190 Seiten (Die Originalausgabe ist ungefähr genauso lang) merkt. So wird die Leiche im ersten Stock nun sehr genau beschrieben, ebenso das Aussehen der lebenden Toten an sich. Auch die Tötungsszenen geizen nicht mit Details. Bens unrühmliches und makabres Ende wird explizit und schonungslos dargestellt: er wird wie im Film mit Fleischerhaken ins Feuer gezogen, wo sein Fleisch „blasenwerfend von den Knochen fällt“.
Filmbilder wie sonst gerne bei Novelizations üblich finden sich leider nicht in der Ausgabe. Ich hatte das Glück, diese Ausgabe zum unschlagbaren Preis von 0,01€ zu ergattern.
Ich bevorzuge eindeutig die Goldmann-Ausgabe, da sie wie bereits dargestellt der Originalfassung sehr nahe ist. Die Übersetzung ist gelungen und liest sich sehr flüssig.
Das VHR-Taschenbuch hat man gleich durch, und man fragt sich immer wieder ärgerlich und kopfkratzend „Da fehlt doch was?“.
Ich will nun nicht den Eindruck erwecken, dass ein Buch alleine durch seine Gewaltdarstellung besser wird. Aber durch Kürzungen und Streichungen wird es das auch nicht, vor allem verliert es dadurch an Authentizität. Russo hat sein Drehbuch originalgetreu umgesetzt, die Gewaltdarstellungen waren kein Selbstzweck. Warum also eine Übersetzung mit Maulkorb?
Zum Cover der deutschen Ausgaben:
Stammt vom spanischen Künstler Xavier Vilanova, der auch viele Titelbilder zur Vampir-Horror-Roman-Heftserie beisteuerte. Das vorliegende Bild ist leider wieder nur eine Zweitverwendung. Angekauft und verwendet wurde es ursprünglich für den Vampir Horror Roman Nr. 285 Der Wettermacher von Marrakesch. Verwendet wurde es auch für die Nr. 18 des spanischen Magazins Morbo. Das Bild ist weder sehr stimmungsvoll, noch passt es gar zum Roman. Der dargestellte Unhold sieht auch nicht unbedingt wie ein lebender Toter aus, sondern ähnelt mehr einem Alkoholiker. Was manchmal aber sehr nahe beieinander liegen dürfte…
Das Cover ist typisch für eine Novelization, zeigt es nämlich eine Szene aus dem Film: hier ist es Russell Streiner als der von den Toten auferstandene Johnny. Das Cover ist gelungen und passend zum Film.
Bewertung:
Gut und eindringlich erzählt. Empfehlenswert ist aber in jedem Fall die Goldmann-Version, da ungekürzt und ohne Weichspüler übersetzt.
Ich vergebe 5 von 5 Fleischerhaken für die Goldmann-Ausgabe, sowie 2 von 5 Kopfschüssen für das VHR-Taschenbuch.