Die Novelization - Der Roman zum Film: Eine kleine und knappe Einführung
Eine kleine und knappe Einführung
Die Novelization ist ein Buch, das einen Film (oder auch ein anderes Medium, wie etwa ein Comic oder ein PC-Game) zur Vorlage hat. Ein passendes deutsches Wort dafür kenne ich leider nicht. Literarische Nacherzählung klingt irgendwie zu sehr nach Beamtendeutsch, und Romanfassung, wie es Langenscheidt vorschlägt, trifft es meiner Meinung nach nicht so ganz. Bleiben wir also beim Englischen, und verwende die deutschen Begriffe nur zur Abwechslung.
Beispiele gibt es genug, und oft wird man erstaunt sein, auf welche Romane dies zutrifft (Taxi Driver, Das Omen, Club der toten Dichter). Es gibt diese Nacherzählungen übrigens schon recht lange, die ersten entstanden bereits während der Stummfilmära. Sie entsteht häufig auf der Basis des Drehbuchs. Manchmal entsteht sie auch simultan zum Drehbuch. Das ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig. Nicht immer ist der Verfasser des Drehbuchs auch der Autor der Romanfassung (hier verwende ich Langenscheidt).
Es gibt Autoren, die sich ganz auf das Schreiben von Romanen zum Film spezialisiert haben. Nehmen wir Alan Dean Foster. Neben seinen Science-Fiction-Romanen verfasste er auch zahlreiche Filmbücher, wie z.B. Alien 1-3, Das Ding aus einer anderen Welt (Zum Film von John Carpenter), Das Schwarze Loch, etc. Donald F. Glut, bekannt durch seine auch auf Deutsch erschienene Reihe The New Adventures of Frankenstein hat die Romanfassung zu Das Imperium schlägt zurück geschrieben. Soweit ich weiß, ist das sein einziger Abstecher in das Reich der Nacherzählung.
Ein weiterer bekannter und geschätzter Autor des Phantastischen, Ramsey Campbell hat zu Anfang seiner Laufbahn (gleich nach seinem Erstling The Doll who ate his Mother) noveliziert, und zwar einige Klassiker des Horror-Films. Unter dem Sammelpseudonym Carl Dreadstone verfasste er die Nacherzählungen The Bride of Frankenstein, Dracula's Daughter und The Wolfman. Alle drei sind auch auf Deutsch erschienen. Zwei davon werde ich in den nächsten Wochen hier vorstellen und rezensieren. Es folgten zwar weitere Novelizations von Carl Dreadstone (Creature from the Black Lagoon und Werewolf of London), stammen allerdings aus der Feder von Walter Harris. Einen der genannten Romane werde ich ebenfalls im Zauberspiegel besprechen.
Auch Bestseller-Autoren wie Ken Follett schrieben während ihrer Karriere solche Nacherzählungen: Capricorn One, zu Deutsch Unternehmen Capricorn stammt aus seiner Feder und ist unter seinem Pseudonym Bernard L. Ross erschienen. Sogar „ernsthafte“ und sozialkritische Schrifsteller machten Novelization: Der eigenwillige William Kotzwinkle (Fan Man) schrieb die seichten E.T. Romane. Von irgendetwas muss man ja auch leben, gute Kritiken alleine füllen keinen Kühlschrank.
Ist ja auch nicht Schlechtes dran, ganz im Gegenteil: die Nacherzählung will gekonnt sein! Peter Kobel schrieb 2001 in der New York Times, dass eine übliche Romanfassung aus ca. 60.000-70.000 Wörtern besteht, ein Drehbuch hingegen nur aus 20.000-25.000 Wörtern. Knapp ein Drittel also. Ein geschickter Autor wird den Roman nun nicht künstlich aufblähen, sondern den Umfang erreichen, indem er Introspektive Passagen einbaut, Selbstbeobachtungen und Gedankengänge niederschreibt.
Aber auch die Beschreibung von Szenarien oder die Schilderung von Mimik und Gestik dicken den Umfang auf. Aber nicht zu sehr, sonst wird das Buch womöglich langweiliger als der Film.
Manchmal steht der Verfasser der Romanfassung auch gehörig unter Zeitdruck (wie bisweilen auch die Schreiber von Drehbüchern. Man denke nur an Truman Capotes Arbeit an Frühstück bei Tiffany). So hatte Max A. Collins nur knappe 9 Tage Zeit, um seine Fassung von In the Line of Fire – Die zweite Chance zu Papier zu bringen.
Aufgemacht sind die Roman-Veröffentlichungen üblicherweise dergestalt, dass sie eine Affinität zum Film vermitteln. Meist zieren nämlich ein Filmbild oder ein Ausschnitt des Filmplakats den Umschlag.
So richtig Profitabel waren die Nacherzählungen in den Siebzigern, bevor VHS, Betamax und Video 2000 die Wohnzimmer eroberten. Der Roman war bis dahin die einzige Möglichkeit, einen geliebten Film zuhause noch einmal nachzuerleben. Spätere Novelizations (Alien, Star Wars) verkauften sich aber auch noch millionenfach.
In der Welt der Novelization gibt es natürlich auch Skurrilitäten.
Man sieht, die Novelization ist ein interessantes, spannendes und schillerndes Thema, über das man gut und gerne viele, viele Seiten lang schreiben könnte, was ich aber nicht tue: dieser Artikel soll auch nur eine Art Einleitung sein. Wie ich nämlich weiter oben bereits erwähnte, werde ich in den nächsten Wochen einige dieser
Nacherzählungen/Romanfassungen/Novelizations
in recht lockerer Folge vorstellen. Je nach Lust und Laune des Verfassers, der diese Schinken ja auch lesen und mit den Filmen vergleichen muss.
P.S.: Den Anfang der Vorstellungen macht eine Story, die buchstäblich an den Haaren herbeigezogen ist.
- Der Wolfsmensch
- Das Monster der Schwarzen Lagune
- Squirm – Invasion der Bestien - 08.01.2017
- Der Teufel auf Rädern - 22.01.2017
- Der Werwolf von London - 05.02.2017
- Die Nacht der lebenden Toten - 19.02.2017
- Frankensteins Braut - 05.03.2017
- Alien - 19.03.2017
- King Kong - 02.04.2017
- Das Omen - 16.04.2017
- Dark Star - 30.04.2017
- Die Mumie - 14.05.2017
- Halloween - 28.05.2017
- Draculas Tochter - 11.06.2017
- Das Ding aus einer anderen Welt - 25.06.2017
Kommentare
Kurios sind allerdings oft die Dopplungen. Die Bücher nach Filmen nach Büchern. Nur selten erreicht das Buch nach dem Film die Qualität des Originalwerkes. Bei Dean Foster merkt man mitunter die "Blähung". Bei RIddick schwafelt er nur, tritt die Geschehnisse zu breit...aber ein nettes Zubrot war es sicher.
Sehr lustig sind Bücher nach Games...meist spannend 8Star Craft, Lara Croft, Hellgate London), nur wenige dröge (Sacred...)
Das mit dem Bond ist interessant. Das ist einer der seltenen Fälle, in denen Filmbuch und Drehbuch vom selben Autor sind. Wenn da also viel geändert wurde, muss irgendwo aber viel daran herumgebastelt worden sein.
Das Geschäft muss eine absolut undankbare Aufgabe sein. Vor allem in den 70ern hat man die Autoren oft über den Tisch gezogen. Barry Malzberg ist heute noch sauer, dass er für sein erfolgreichstes Buch, die Novelisation von Kung Fu, nicht einen Pfennig Tantiemen bekam.